D 0015/19 21-09-2021
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I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die mit Entscheidung der Prüfungskommission vom 1. Juli 2019 getroffene Feststellung des Nichtbestehens der Europäischen Eignungsprüfung (EEP) 2019, und zwar bezüglich der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Benotung der Prüfungsaufgabe B mit 42 Punkten.
II. Mit Schreiben vom 10. Juli 2019 legte der Beschwerdeführer dagegen form- und fristgerecht Beschwerde ein, der die Prüfungskommission nicht abhalf. Mit Schreiben vom 11. September 2019 legte die Prüfungskommission die Beschwerde der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten (im Folgenden: Beschwerdekammer) vor.
III. Die Beschwerdekammer lud mit verkürzter Frist zu einer mündlichen Verhandlung. Die Verhandlung fand am 2. März 2020 in Anwesenheit des Beschwerdeführers sowie des Präsidenten des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter und einer Vertreterin des Präsidenten des Europäischen Patentamts statt. Der Beschwerdeführer beantragte,
- die angefochtene Entscheidung aufzuheben,
- die Note von "nicht bestanden" in "bestanden", hilfsweise in "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" zu ändern und
- die Beschwerdegebühr zu erstatten.
IV. Am Ende der mündlichen Verhandlung schloss die Vorsitzende die Debatte und erklärte, dass das Verfahren schriftlich fortgesetzt und gegebenenfalls schriftlich entschieden werde. In einer anhängigen Beschwerde sei eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots an der EEP 2019 wegen der Durchführung eines Pilotversuchs mit elektronischen Hilfsmitteln (Laptop) geltend gemacht worden. Sobald eine Entscheidung in der parallelen Beschwerdesache ergehe, würde der Beschwerdeführer informiert werden, ob die Beschwerdekammer etwaige Auswirkungen auf seine Beschwerdesache sehe, und er erhalte dann auch Gelegenheit, über die Weiterführung oder Rücknahme seiner Beschwerde zu entscheiden. Der Beschwerdeführer erklärte sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden.
V. In einer Mitteilung vom 15. Juni 2021 teilte die Beschwerdekammer dem Beschwerdeführer mit, dass in der Beschwerdesache D 11/19 in gleicher Besetzung entschieden worden sei, dass die Durchführung eines Pilotversuchs im Rahmen der EEP 2019 das Gebot der Gleichbehandlung von Bewerbern der Europäischen Eignungsprüfung verletzt habe. Der Beschwerdeführer sei vom Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gleichermaßen betroffen, weshalb die Beschwerdekammer beabsichtige, wie in der Beschwerdesache D 11/19 auch vorliegend die angefochtene Entscheidung der Prüfungskommission aufzuheben und die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die Prüfungskommission zurückzuverweisen. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
VI. Am 26. Juli 2021 teilte der Beschwerdeführer auf telefonische Nachfrage des Geschäftsstellenbeamten mit, dass er zwischenzeitlich die Prüfungsaufgabe B bestanden habe und mit der in der Mitteilung der Beschwerdekammer vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden sei.
VII. Das Vorbringen des Beschwerdeführers lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Der Beschwerdeführer machte geltend, dass die Bewertung der Prüfungsarbeit in Bezug auf die Ausräumung des Klarheitseinwands zu Anspruch 2 auf einem schwerwiegenden und eindeutigen Fehler beruhe. Er beanstandete, dass der Prüferbericht eine Ergänzung des Anspruchs 2 mit dem Merkmal des leeren Raums ohne Angaben zu seiner Dimensionierung als unvollständig erachte und keinen Punkt für einen derart geänderten Anspruch zugestehe. Diese Bewertung sei nicht nachvollziehbar, da kein Unterschied zu einem in dieser Hinsicht gänzlich unveränderten Anspruch gemacht worden sei und die Anspruchsformulierung nur geringfügig hinter der Musterlösung zurückbleibe. Eine Ergänzung des Merkmals des leeren Raums ohne Dimensionierung sei zudem ein vertretbarer Ansatz. Die Angabe des Mittels genüge als erfindungswesentliches Merkmal. Die Angabe des Zwecks dieses Mittels sei nicht erforderlich, sondern dem Mittel inhärent. Daher könne die vom Beschwerdeführer vorgenommene Änderung nicht mit 0 Punkten bewertet und damit auch als gänzlich unbrauchbar oder falsch qualifiziert werden. Gemäß der Entscheidung D 24/17, Punkt 10.2, stelle eine solche nicht nachvollziehbare Bewertung mit 0 Punkten einen schwerwiegenden und eindeutigen Fehler dar.
b) Der Beschwerdeführer beanstandete im Zusammenhang mit der Ausräumung des Klarheitseinwands zu Anspruch 2 zudem einen Mehrfachabzug. Der Punkteabzug bei der Argumentation betreffe einen Folgefehler und führe zu einer "Doppelbestrafung" im Sinne der Rechtsprechung (D 16/17 und D 21/17).
c) Der Beschwerdeführer machte zudem geltend, dass im Mandantenschreiben und im Prüfungsbescheid ein Hinweis fehle, der eine Änderung des Schutzbereichs in Anspruch 5 rechtfertige. Der Abzug von Punkten sei folglich unbegründet.
d) Weiter machte der Beschwerdeführer folgende Fehler bei der Bewertung geltend:
i) Nach Maßgabe der Bewertungsrichtlinien des Prüferberichts hätten die Änderungen der Ansprüche 1 und 2 mit 15 statt 14 Punkten bewertet werden sollen.
ii) Die Stützung der alternativen Änderung des Schmelztemperaturbereichs in den Ansprüchen 1 und 2 sei vom Beschwerdeführer korrekt erörtert worden. Statt 7 Punkte hätten 9 vergeben werden müssen.
iii) Die Begründung der Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 mit der fehlenden Bündelung der Sonnenstrahlen in der Druckschrift D2 stelle eine korrekte Alternative dar. 10 statt 9 Punkte seien daher gerechtfertigt.
iv) Die Bewertung der Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit mit 11 von 40 möglichen Punkten sei nicht gerechtfertigt. Die Begründung für den nächstliegenden Stand der Technik sei wohl übersehen worden. Die Formulierung der objektiven technischen Aufgabe verdiene die volle Punktzahl. Die Argumentation zum erfinderischen Schritt sei mit der Musterlösung des Prüferberichts gleichwertig. Es hätten insgesamt 15 Punkte vergeben werden müssen.
1. Bewertungsfehler und Mehrfachabzug
1.1 Nach Artikel 24 (1) VEP kann gegen die Entscheidungen der Prüfungskommission nur wegen Verletzung dieser Vorschriften oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Bestimmung Beschwerde erhoben werden. Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten ist nicht befugt zu prüfen, ob die Benotung der Prüfungsarbeiten eines Bewerbers sachlich angezeigt oder richtig ist, und kann sich nicht mit ihrer sachlichen Einschätzung über diejenige der Prüfungskommission hinwegsetzen. Anders gesagt, kann die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten in Ermessensfragen die angefochtene Entscheidung nur wegen eines Rechtsfehlers aufheben, nicht aber durch ihre eigene Entscheidung ersetzen (grundlegend D 1/86, Punkt 2 der Entscheidungsgründe). Als Rechtsfehler können nur schwerwiegende und eindeutige Fehler bei der Bewertung berücksichtigt werden. Derartige Fehler müssen festgestellt werden können, ohne dass sich die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten dabei wertend mit der Arbeit eines Beschwerdeführers auseinandersetzen muss.
1.2 Der Beschwerdeführer machte geltend, dass die Ergänzung von Anspruch 2 durch das Merkmal des leeren Raums ohne Angabe zur Dimensionierung einen vertretbaren Ansatz darstelle und die Bewertung mit 0 Punkten nicht nachvollziehbar sei (siehe Punkt VII a)). Gemäß der Entscheidung D 24/17, Punkt 10.2, stelle eine solche nicht nachvollziehbare Bewertung mit 0 Punkten einen schwerwiegenden und eindeutigen Fehler dar.
1.3 Die Beschwerdekammer kann allerdings keinen eindeutigen Bewertungsfehler erkennen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers besteht kein notwendiger Zusammenhang von Mittel und Zweck. Die im Bescheid der Aufgabe B der EEP 2019 geforderte und im Prüferbericht erwartete funktionelle Angabe, dass der leere Raum so dimensioniert ist, dass sich die Salzzusammensetzung beim Schmelzen ausdehnen kann, bestimmt nicht nur die Dimensionierung des leeren Raums, sondern auch dessen räumliche Anordnung in Relation zur Salzzusammensetzung. Zweck ist es, die Ausdehnung der Salzzusammensetzung beim Schmelzen derselben zu ermöglichen. Ohne die erwartete Ergänzung geht der funktionelle Zusammenhang des leeren Raums mit dem Schmelzen der Salzzusammensetzung verloren. Der leere Raum kann dann beliebig angeordnet und dimensioniert sein und beispielsweise nur der anspruchsgemäßen Wärmeisolierung der Wände dienen. Daher liegt kein eindeutiger Fehler vor, wenn bei der Bewertung kein Unterschied zwischen der Ergänzung des leeren Raums ohne funktionelle Angabe und einem gänzlich unveränderten Anspruch 2 gemacht wurde. Das erfindungswesentliche Merkmal fehlt nach wie vor. Es kann aus demselben Grund auch nicht gesagt werden, dass die Anspruchsformulierung nur geringfügig hinter der Musterlösung zurückbleibt.
1.4 Der Beschwerdeführer hat in seiner Prüfungsarbeit auch nicht dargelegt, warum es entgegen der im fiktiven Bescheid vertretenen Auffassung der Prüfungsabteilung nicht erforderlich ist, das Merkmal des leeren Raums durch die funktionelle Charakterisierung ("der so dimensioniert ist, dass sich die Salzzusammensetzung (6) beim Schmelzen ausdehnen kann") zu ergänzen, um den Klarheitseinwand auszuräumen. Auf Seite 8 der Arbeit findet sich unter der Überschrift "Klarheit der Ansprüche (Art. 84 EPÜ)" lediglich die Aussage, dass der erhobene Einwand wegen Fehlens des wesentlichen Merkmals durch Hinzufügen desselben behoben worden sei und Anspruch 2 somit alle für den Gegenstand wesentlichen Merkmale enthalte. Dies ist jedoch keine Begründung. Die im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Argumente fehlen in der Prüfungsarbeit. Daher konnten die Prüfer deren Stichhaltigkeit auch nicht beurteilen und als abweichende Antwort bewerten. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf Seite 5 seiner Arbeit geht fehl. Dort ist zwar ausgeführt, dass Absatz [10] offenbare, dass die Box einen leeren Raum (7) aufweise, und dass dies für die Ausdehnung der Salzzusammensetzung beim Schmelzen wesentlich sei. Diese Ausführungen im Zusammenhang mit Artikel 123 (2) EPÜ legen allerdings nicht dar, weshalb die funktionelle Charakterisierung des leeren Raums weggelassen werden kann. Der Hinweis auf den notwendigen Zusammenhang mit dem Schmelzen der Salzzusammensetzung spricht im Gegenteil für eine Ergänzung der funktionellen Charakterisierung. Zudem wirft diese Aussage die Frage auf, ob der genannte Abschnitt [10] sowie die Figuren 2 und 3 der Anmeldung als Grundlage für den "leeren Raum" ohne Einschränkung hinsichtlich seiner Dimensionierung und Anordnung in Relation zur Salzzusammensetzung dienen können. Wäre dies zu verneinen, könnte die vom Beschwerdeführer vorgenommene Änderung in Anspruch 2 gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoßen. Sodann ist fraglich, weshalb die Prüfer diese Passage außerhalb ihres Kontextes bei der Erörterung der Klarheit hätten berücksichtigen sollen. Dem Beschwerdeführer ist daher nicht beizupflichten, dass die Sachlage mit derjenigen der Entscheidung D 24/17 (Punkt 10.2) vergleichbar ist.
1.5 Der Beschwerdeführer machte im Zusammenhang mit der Ausräumung des Klarheitseinwands auch Mehrfachabzüge bei Folgefehlern in unterschiedlichen Aufgabeteilen ("Doppelbestrafung") geltend (siehe Punkt VII b)). Die Beschwerdekammer kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. Der Umstand, dass die für die Ausräumung des Klarheitseinwands bei Anspruch 2 zu erreichenden Punkte auf zwei Bewertungskategorien aufgeteilt wurden, nämlich auf die Formulierung der Änderung einerseits und deren Begründung andererseits, ist nicht als Rechts- oder Ermessensfehler zu beanstanden und führt auch zu keiner "Doppelbestrafung" im Sinne der Rechtsprechung (D 16/17 und D 21/17). Denn die Änderungen eines Anspruchssatzes und deren Begründung im Antwortschreiben gegenüber dem EPA gehören als komplementäre Gesichtspunkte zusammen und stellen daher keine unterschiedlichen Aufgabenteile dar. Die zur Rechtfertigung der Änderung erforderliche Begründung gibt einem Bewerber sogar die Gelegenheit, die vorgeschlagenen Änderungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, und gegebenenfalls den Prüfern bei einer vom Prüferbericht abweichenden Antwort die Möglichkeit, deren Stichhaltigkeit zu beurteilen und sie zu bewerten.
2. Verstoß gegen Regel 22 (3) ABVEP
2.1 Die Beanstandung der Bewertungsvorlage zu Anspruch 5 (siehe Punkt VII c)) verstand die Beschwerdekammer dahingehend, dass die Tatsachendarstellung der Prüfungsaufgabe B unvollständig sei, so dass von den Bewerbern unter Zuwiderhandlung gegen Regel 22 (3) ABVEP tatsächliche Annahmen zu treffen waren, um zur erwarteten Lösung zu gelangen.
2.2 Allerdings geht aus dem Schreiben des Mandanten in der Prüfungsaufgabe B der EEP 2019 hervor, dass die Ansprüche 4 und 5 getauscht wurden, "um eine tragbare Wärmespeichereinheit mit einem oder mehreren Griffen sowohl für die zweite als auch für die erste Ausführungsform" zu beanspruchen (Hervorhebung durch die Beschwerdekammer). Nach Auffassung der Beschwerdekammer konnten sich Bewerber auf diese Absicht als gegebene Tatsache stützen, ohne der Regel 22 (3) ABVEP zuwiderzuhandeln. Zudem waren nach Regel 24 (3) ABVEP "sämtliche Änderungen in den Ansprüchen und ihre Basis in der eingereichten Anmeldung" anzugeben. Dies hat der Beschwerdeführer auch getan, in den Abschnitten [012] und [013] der Anmeldung wohl den Hinweis auf einen oder mehrere Griffe überlesen. Im Abzug von 2 Punkten kann die Beschwerdekammer daher keinen schwerwiegenden und eindeutigen Fehler erkennen.
3. Fehler bei der Punktevergabe
3.1 Es ist ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten, dass sie nicht befugt ist, die Notengebung durch die Prüfungskommission sachlich zu überprüfen (siehe Punkt 1.1). Beanstandungen über die Anzahl von Punkten, die einzelne Teile der Prüfungsarbeit und die Arbeit insgesamt verdienen, können von der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht ohne wertende Neubetrachtung der Prüfungsarbeit feststellbar sind. Dementsprechend sind derartige Anträge zurückzuweisen.
3.2 Auch der Umstand, dass die dem Prüferbericht zugrundeliegende Bewertungsvorlage für die Aufgabe B der EEP 2019 die Punktevergabe sehr detailliert festlegt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Anders als bei der Vorprüfung, die den Hauptprüfungen als Zulassungsvoraussetzung vorangeht, geht es bei der Prüfungsaufgabe B darum zu beurteilen, ob Bewerber in der Lage sind, eine Erwiderung auf einen Bescheid abzufassen, in dem der Stand der Technik entgegengehalten wird. Diese Aufgabe ist ganzheitlich zu betrachten und nicht als eine Summe von Teilaufgaben, für die der Bewerber Punkte sammeln kann, bis die zum Bestehen erforderliche Mindestzahl erreicht ist. Denn im Berufsleben wird eine Eingabe, die wesentliche Aspekte unbeantwortet lässt oder Beanstandungen nur unzureichend ausräumt, zum Nachteil des vertretenen Anmelders ihren Zweck verfehlen. Obschon eine feine Untergliederung der Bewertungsvorlage für die Prüfer einer einheitlichen und objektivierten Bewertung dient, darf diese den Wertungsspielraum nicht so weit reduzieren, dass eine ganzheitliche Bewertung der Prüfungsaufgabe nicht mehr möglich ist. Bewertungsvorlagen müssen deshalb gewisse Spielräume lassen. Auch bei einer detaillierten Bewertungsvorlage ist die Beschwerdekammer nicht befugt, die individuelle Bewertung der einzelnen Arbeiten anhand dieser Vorlage im Einzelnen nachzuvollziehen und die Vergabe von Einzelpunkten zu überprüfen. Dies würde einer Wiedereröffnung des Bewertungsverfahrens durch die Beschwerdekammer gleichkommen, was nach Artikel 24 (1) VEP ausgeschlossen ist.
3.3 Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Bewertungsvorlage sei durch die Prüfer nicht korrekt angewandt worden, laufen diese Beanstandungen nach dem Gesagten auf eine Überprüfung der zugrundeliegenden Werturteile hinaus, die außerhalb der Kompetenz der Beschwerdekammer liegt. Gleiches gilt für Beanstandungen, denen zufolge Teile der Prüfungsarbeit des Beschwerdeführers mehr Punkte verdient hätten. Diese Beanstandungen (oben Punkt VII d) i) bis iv)) werden daher als unzulässig zurückgewiesen.
4. Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung
4.1 In der Beschwerdesache D 11/19 hat die Beschwerdekammer in gleicher Besetzung wie in vorliegender Beschwerde entschieden, dass die Durchführung eines Pilotversuchs im Rahmen der EEP 2019 das Gebot der Gleichbehandlung von Bewerbern der Europäischen Eignungsprüfung verletzt hat. Sie hat daher die angefochtene Entscheidung der Prüfungskommission aufgehoben und die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung an die Prüfungskommission zurückverwiesen.
4.2 Der Beschwerdeführer hat mit seiner Beschwerde keine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots durch den Pilotversuch anlässlich der EEP 2019 geltend gemacht. Dennoch ist er vom Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot in gleichem Maße betroffen wie der Beschwerdeführer in der Sache D 11/19. Die Beschwerdekammer ist in ihrer Prüfungsbefugnis nicht durch das Antragsprinzip auf das Vorbringen in einer Beschwerde beschränkt. Dies folgt einerseits aus Artikel 24 (4) Satz 1 VEP in Verbindung mit Artikel 25 (1) VDV, denen zufolge Artikel 114 (1) EPÜ und damit der darin statuierte Grundsatz der Amtsermittlung auf Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten anwendbar ist. Zusätzlich ergibt sich die stärkere Bedeutung der Amtsermittlung aus der verwaltungsgerichtlichen Natur von Beschwerden nach Artikel 24 (1) VEP. In Anbetracht der Bedeutung des Gebots der Gleichbehandlung von Bewerbern der Europäischen Eignungsprüfung als höherrangiges Recht (D 2/95; D 14/95; D 10/97; D 5/99; D 19/04) berücksichtigt die Beschwerdekammer dessen Verletzung durch den Pilotversuch anlässlich der EEP 2019 von Amts wegen auch im vorliegenden Verfahren. Der Beschwerdeführer hat diesem Vorgehen zugestimmt. Zur Begründung der Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung in der EEP 2019 kann vollumfänglich auf die Entscheidung D 11/19 (Punkt 8 der Entscheidungsgründe) verwiesen werden. Die dort genannten Rechtsfolgen sind im vorliegenden Fall dieselben.
5. Festlegung einer bestimmten Note
5.1 Soweit der Beschwerdeführer beantragte, die Note für die Prüfungsaufgabe B von "nicht bestanden" in "bestanden", hilfsweise in "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" zu ändern, kann die Beschwerdekammer dem nicht stattgeben.
5.2 Nach Artikel 24 (1) VEP kann gegen die Entscheidungen der Prüfungskommission nur wegen Verletzung dieser Vorschriften oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Bestimmung Beschwerde erhoben werden. Die Beschwerdekammer ist nicht befugt zu prüfen, ob die Benotung der Prüfungsarbeiten eines Bewerbers sachlich angezeigt oder richtig ist, und kann sich nicht mit ihrer sachlichen Einschätzung über diejenige der Prüfungskommission hinwegsetzen (siehe schon oben Punkt 3.1). Anders gesagt kann die Beschwerdekammer in Ermessensfragen die angefochtene Entscheidung nur wegen eines Rechtsfehlers aufheben, nicht aber durch ihre eigene Entscheidung ersetzen (grundlegend D 1/86, Punkt 2 der Entscheidungsgründe). Im Falle einer Gutheißung einer Beschwerde verweist die Beschwerdekammer daher die Angelegenheit an die Prüfungskommission zurück und ordnet die Neubewertung der betreffenden Arbeit an. Somit sind Anträge, die auf Zuerkennung zusätzlicher Punkte oder Festlegung einer bestimmten Note gerichtet sind, im Grundsatz unzulässig. Nur ganz ausnahmsweise, bei Vorliegen besonderer Gründe, die gegen eine Zurückverweisung sprechen, könnte sich ein solcher Antrag rechtfertigen. Dies ist etwa denkbar, wenn der Prüfungskommission kein Ermessen bleibt oder wenn die Bindungswirkung einer Rückverweisungsentscheidung nicht beachtet wäre (D 1/86, Punkt 2 der Entscheidungsgründe; zur ersten Fallgruppe siehe etwa D 3/14 betreffend die Vorprüfung; zur zweiten Fallgruppe siehe D 14/17 und D 20/17). Solche außerordentlichen Gründe bedürfen einer eingehenden Darlegung seitens des Beschwerdeführers.
5.3 Obschon die Note "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" in der Prüfungsaufgabe B für das Bestehen der Europäischen Eignungsprüfung insgesamt ausreichend wäre und dem Beschwerdeführer lediglich 3 Punkte fehlen, sind die vorliegenden Umstände nicht mit denjenigen vergleichbar, die den Entscheidungen D 14/17 und D 20/17 zugrundeliegen. Rückverweisungsgrund ist einzig die Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung. Die Auswirkung des Verstoßes auf das Prüfungsergebnis erfordert noch Feststellungen der Prüfungskommission zu Art und Ausmaß der Ungleichbehandlung. Erst danach kann die Prüfungskommission die zum Ausgleich gegebenenfalls erforderlichen Anordnungen treffen. Anders als in den Entscheidungen D 14/17 und D 20/17 ist das Ergebnis der Zurückverweisung zur erneuten Entscheidung offen. Es steht daher nicht von vornherein fest, dass eine Entscheidung der Prüfungskommission, die den Anträgen des Beschwerdeführers nicht stattgibt, gegen die Bindungswirkung der vorliegenden Rückverweisungsentscheidung verstoßen würde.
6. Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Da der vorliegenden Beschwerde stattzugeben ist, soweit die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung an die Prüfungskommission zurückzuverweisen ist, entspricht es der Billigkeit, die Rückzahlung der ganzen Beschwerdegebühr gemäß Artikel 24 (4) letzter Satz VEP im vorliegenden Fall anzuordnen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung der Prüfungskommission wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur erneuten Entscheidung an die Prüfungskommission zurückverwiesen.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.