T 0162/85 20-05-1987
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Schieberplatte für Schieberverschlüsse und Schieberverschluss
Verspätetes Vorbringen von Einspruchsgründen
Nicht-Befassung der Grossen Beschwerdekammer
Neuheit: Genus Spezies
Erfinderische Tätigkeit
late submission of grounds of opposition
non-referral of the Enlarged Board of Appeal
novelty: genus/species
inventive step
I. Auf den Gegenstand der am 2. Mai 1981 angemeldeten europäischen Patentanmeldung 81 103 299.4, für die die Priorität einer früheren Anmeldung vom 17. Mai 1980 in Anspruch genommen wird, ist am 28. September 1983 das vier Ansprüche umfassende europäische Patent 0 040 340 erteilt worden. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 lauten:
"1. Schieberplatte, bestehend aus einer in einem Rahmen (3) eingespannten einstückigen Platte aus feuerfestem Material als Kopf- oder Schieberplatte (1, 1a) für Schieberverschlüsse (12) an den Ausgußöffnungen (10) metallurgischer Gefäße, wobei die Platte (1, 1a) zwischen zwei durch Schrauben (4) lösbar miteinander verbundenen an gegenüberliegenden Schmalseiten der Platte (1, 1a) anliegenden Rahmenteilen (3, 3) eingespannt ist, dadurch gekennzeichnet, daß die beiden Rahmenteile (3, 3) gleich sowie bezüglich der Einspannung der Platten (1, 1a) achssymmetrisch ausgebildet und daß die Umfangsseiten der Platten (1, 1a) und der zugehörigen Spannflächen der Rahmenteile (3, 3) eben ausgebildet sind.
4. Schieberverschluß an der Ausgußöffnung (10) eines metallurgischen Gefäßes (11), der die Kopfplatte (1) und die Schieberplatte (1a) der Ansprüche 1 bis 3 aufweist, mit einem die Schieberplatte (1a) aufnehmenden Schieberwagen (7), der in Führungen des Schiebergehäuses (9) schiebbar und nach oben gegen die auf einer am Boden des Gießgefäßes (11) befestigten Montageplatte (6) angeordneten Kopfplatte (1) drückbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Schieberwagen (7) und die Montageplatte (6) jeweils Paßstifte (8) zum Eingreifen in die Bohrungen oder Schlitze (5) in den Rahmenteilen (3, 3) der Kopfplatte (1) sowie der Schieberplatte (1a) aufweisen."
II. Gegen das erteilte Patent hat die Beschwerdeführerin am 27. Juni 1984 Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen, da dessen Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zur Begründung hat sie auf die Dokumente DE-A- 2 620 423 und US-A- 4 116 372 verwiesen. Des weiteren machte sie mangelnde Einheitlichkeit der Gegenstände der Ansprüche 3 und 4 mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 geltend.
III. Nachdem der Einspruch durch Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 6. Mai 1985 zurückgewiesen worden war, hat die Beschwerdeführerin am 18. Juni 1985 Beschwerde eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdegebühr ist am 27. Juni 1985 gezahlt worden, und die schriftliche Begründung ist am 10. September 1985 eingegangen.
IV. In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin zum ersten Mal vorgetragen, daß die im erteilten Anspruch 1 enthaltenen Merkmale, daß die beiden Rahmenteile bezüglich der Einspannung der Platten achssymmetrisch sowie die Umfangsseiten der Platten und der zugehörigen Spannflächen der Rahmenteile eben ausgebildet sind, in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht offenbart seien (Artikel 100 (b) EPÜ) und daß das europäische Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, daß ein Fachmann sie ausführen könne (Artikel 100 (c) EPÜ).
Im übrigen hat sie wiederum fehlende Einheitlichkeit (Artikel 82 EPÜ) sowie mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) für den Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber den den Entgegenhaltungen DE-B- 2 620 423 (identisch mit der DE-A- 2 620 423) und US-A- 4 116 372 zu entnehmenden Lehren geltend gemacht. Zur erfinderischen Tätigkeit verweist die Beschwerdeführerin überdies erstmals auf das im Recherchenbericht genannte Dokument DE-B- 2 739 750. Schließlich ist die Beschwerdeführerin der Auffassung, daß der Gegenstand des Anspruchs 4 im Hinblick auf die ebenfalls schon im Recherchenbericht genannten Dokumente DE-A- 2 821 839 und DE-A- 2 732 094 naheliegend sei.
V. In der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 1985 hat die Beschwerdeführerin nochmals die Gründe gemäß Artikel 100 (b) und (c) EPÜ sowie fehlende Einheitlichkeit der Erfindung (Artikel 82 EPÜ) geltend gemacht. Des weiteren hat sie zur Begründung ihrer Auffassung, daß der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht patentfähig sei, ausgeführt, dieser sei gegenüber den aus den Entgegenhaltungen DE-B- 2 620 423 und US-A- 4 116 372 bekannten Schieberplatten nicht mehr neu; auf keinen Fall beruhe er im Hinblick auf die diesen Entgegenhaltungen zu entnehmenden Lehren auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die angefochtene Entscheidung sei deshalb aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdeführerin hat außerdem beantragt, ggf. die Große Beschwerdekammer mit folgender Rechtsfrage zu befassen: "Ist der Offenbarungsgehalt einer Vorveröffentlichung auf das konkrete Ausführungsbeispiel beschränkt oder ist auch eine allgemeinere Lehre der Patentansprüche zu berücksichtigen?" Die Beschwerdegegner (Patentinhaber) sind dem Vorbringen der Beschwerdeführerin entgegengetreten. Sie beantragen, das Patent mit den erteilten Unterlagen, hilfsweise unter Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 1 und 2 und entsprechender Änderung der Rückbeziehung der Ansprüche 3 und 4, aufrechtzuerhalten.
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Bei der Formulierung des Oberbegriffs des Anspruchs 1 ist von der Schieberplatte nach Fig. 1 bzw. Fig. 5 und dem Anspruch 5 der DE-B- 2 620 423 ausgegangen. Die bekannten Platten weisen ein C-förmig ausgebildetes Rahmenteil auf, in das die Platte eingesetzt und in dem sie durch Anschrauben einer sich über die offene Längsseite des Rahmenteils erstreckenden abnehmbaren Leiste eingespannt wird. Die Innenflächen der Längsseiten des Rahmens sind mit leistenförmigen Vorsprüngen versehen, an denen entsprechend ausgebildete Ausnehmungen der Platte zur Anlage kommen. Die Herstellung eines solchen Rahmens ist aufwendig; außerdem besteht die Gefahr, daß die spröde Platte beim Einsetzen oder Herausnehmen aus dem Rahmen beschädigt wird.
3. Der Erfindung liegt nach Spalte 1, Zeilen 48 bis 55 der Patentschrift die Aufgabe zugrunde, eine Kopf- oder Schieberplatte, bei welcher der Rahmen, in dem die Platte eingespannt wird, verhältnismäßig einfach ausgebildet und leicht sowie ohne Gefahr von Beschädigungen an der Platte montiert und demontiert werden kann, und einen zugehörigen Schieberverschluß zu schaffen.
4. Die Prüfung der Gegenstände der Ansprüche 1 und 4 auf Neuheit ergibt folgendes:
4.1. Gemäß den Merkmalen nach Anspruch 1 der DE-B- 2 620 423 weist der die Schieberplatte umfassende Rahmen wenigstens einen an den Umfang der Schieberplatte heran- und wegstellbar angeordneten Rahmenabschnitt auf. Wie der Rahmen zu unterteilen sowie die Umfangsseiten der Platte und die zugehörigen Einspannflächen des Rahmens auszubilden sind, ist im Anspruch 1 offen gelassen. Konkrete Lösungen hierfür sind erst in den rückbezogenen Ansprüchen offenbart. Sie stellen jedoch nicht die einzig möglichen Lösungen dar. Demnach fallen unter die dem Anspruch 1 unmittelbar und eindeutig zu entnehmende allgemeinere Lehre auch noch andere Ausführungsformen der Teilung des Rahmens sowie der aneinander anliegenden Flächen. Der Tatbestand der Offenbarung des Gegenstands des Anspruchs 1 des Patents ist hierdurch jedoch nicht erfüllt. Im Verfahren vor dem europäischen Patentamt gilt der Grundsatz (vgl. Richtl. EPA C-IV, 7.4), daß die Offenbarung eines allgemeinen Begriffs ein einem Dokument nicht zu entnehmendes spezielles Beispiel, das unter den offenbarten allgemeineren Begriff fällt, nicht vorwegnimmt.
4.2. Figur 24 der US-A- 4 116 372 zeigt eine Schieberplatte aus feuerfestem Material, die in einem als Schieberwagen eines Schieberverschlusses ausgebildeten einstückigen Metallrahmen eingespannt ist. Die Schieberplatte weist an ihrem einen Ende abgeschrägte Ecken auf, an denen ihnen angepaßte Keile angreifen, die durch in der zugeordneten Querseite des Metallrahmens angeordnete Schrauben gegen ein Distanzstück an der Innenfläche der anderen Querseite des Metallrahmens gepreßt werden. Dadurch wird die Schieberplatte in dem Schieberwagen eingespannt (vgl. Spalte 17, Zeilen 9 bis 33). Dieser Schieberplatte gegenüber ist der Gegenstand des Anspruchs 1 schon deshalb neu, weil sein Rahmen aus zwei Teilen besteht.
4.3. Die Prüfung der übrigen Entgegenhaltungen ergibt, daß durch sie kein Stand der Technik bekanntgeworden ist, der dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 näher kommt als die Schieberplatte nach Anspruch 5 der DE-B- 2 620 423.
4.4. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1, der auch die Forderungen der Regel 29 (1) EPÜ erfüllt, ist daher neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
4.5. Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, daß durch die Entgegenhaltungen der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 4, der die Kopfplatte und die Schieberplatte nach dem Anspruch 1 bis 3 aufweist, ebenfalls nicht bekanntgeworden ist.
5. Zur Frage, ob der vorliegende Stand der Technik dem Fachmann die Lehre der Ansprüche 1 und 4 nahelegen konnte, ist folgendes auszuführen:
5.1. Wie schon im obigen Abschnitt 4.1 erwähnt, befaßt sich die DE-B- 2 620 423 nach Anspruch 1 mit einer Schieberplatte, die in einem sie umfassenden Rahmen eingespannt ist, der wenigstens einen an den Umfang der Schieberplatte heran- und von dieser wegstellbar ausgebildeten Abschnitt aufweist. Dadurch kann die Einspannkraft direkt und gleichmäßig von den Spannflächen des Rahmens auf die Umfangsseiten der Schieberplatte übertragen werden. Die Schieberplatte nach der Figur 24 der US-A- 4 116 372 (s. Abschnitt 4.2) wird dagegen durch zwei an einem einstückigen Rahmen verschiebbar gelagerte und an der Schieberplatte angreifende Keile in dem Rahmen eingespannt. Dadurch wird die Einspannkraft indirekt nur an zwei Stellen von dem Rahmen auf die Schieberplatte übertragen, wobei an diesen Stellen die Einspannkraft jeweils wiederum in eine in Längs- und in eine in Querrichtung der Schieberplatte wirkende Kraft aufgeteilt wird (vgl. Spalte 17, Zeilen 30 bis 34). Die US-A- 4 116 372 offenbart mithin ein anderes Lösungsprinzip zur Einspannung einer Schieberplatte in einen Rahmen.
Der Ansicht der Beschwerdeführerin, daß bei Kenntnis der der Figur 24 der US-A- 4 116 372 und der DE-B- 2 620 423 entnehmbaren Lehren der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 naheliegend sei, kann nicht gefolgt werden. Würde man das bekannte Prinzip der indirekten Kraftübertragung zwischen Rahmen und Schieberplatte durch verschiebbare Keile auf die Schieberplatte nach Anspruch 1 der DE-B- 2 620 423 übertragen, so würde die direkte Einspannung aufgehoben. Auf diesem Weg gelangt der Fachmann somit nicht zur Lehre des erteilten Anspruchs, durch eine spiegelbildliche Ausbildung der Rahmenteile und deren spiegelbildliche Anordnung an der Platte bezüglich der Längsachse sowie die ebene Ausbildung der Umfangsseiten der Platte und der Spannflächen der Rahmenteile den Rahmen einfach sowie leicht und ohne Gefahr von Beschädigungen an der Platte montier- bzw. demontierbar auszubilden.
5.2. Die zum Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 4 genannten Entgegenhaltungen DE-A- 2 821 839 und DE-A- 2 732 094 befassen sich jeweils mit einem als einstückiger Rahmen ausgebildeten Gehäuseteil eines Schieberverschlusses. Diese Gehäuseteile weisen an ihren Längsseiten je zwei Laschen für Befestigungsschrauben auf, die dazu dienen, die Teile eines Schiebergehäuses miteinander zu verbinden. Ein Hinweis, anstelle der Laschenmit den Ausnehmungen an den Teilen des Schiebergehäuses Paßstifte und diesen entsprechend angepaßte Bohrungen oder Schlitze zur paßgenauen Montage oder einfachen Demontage der einzelnen Teile vorzusehen, ist den obengenannten Entgegenhaltungen nicht zu entnehmen.
5.3. Durch die im Recherchenbericht und in der schriftlichen Begründung der Beschwerde genannte Entgegenhaltung DE-B- 2 739 750 sind die zur Lösung der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe vorgeschlagenen Merkmale ebenfalls nicht bekanntgeworden. Sie kann daher weder für sich noch in Verbindung mit den durch die in den Abschnitten 5.1 und 5.2 erörterten Entgegenhaltungen vermittelten Lehren eine Anregung geben, aufgrund deren der Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit zu einer Schieberplatte oder einem Schieberverschluß gemäß der Lehre des erteilten Anspruchs 1 bzw. 4 gelangt.
5.4. Die Schieberplatte nach dem erteilten Anspruch 1 und der Schieberverschluß nach dem erteilten Anspruch 4 beruhen somit auch auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
6. Die Ansprüche 1 und 4 sowie die Ansprüche 2 und 3, die besondere Ausführungsformen des Gegenstands des Anspruchs 1 betreffen, können deshalb Bestand haben.
7. Bei dieser Sachlage braucht auf den Hilfsantrag nicht eingegangen zu werden.
8. In der Begründung ihrer Beschwerde hat die Beschwerdeführerin erstmals geltend gemacht, daß das erteilte europäische Patent die Erfindung nicht hinreichend offenbare (Artikel 100 (b) EPÜ) und daß der Gegenstand desselben über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinausgehe (Artikel 100 (c) EPÜ). Das Vorbringen dieser Gründe zu diesem Zeitpunkt ist im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ als verspätet zu betrachten. Diesen Einwand hätte die Beschwerdeführerin schon innerhalb der Einspruchsfrist geltend machen müssen. Für sein Nachbringen liegt auch deshalb kein Grund vor, weil die Ansprüche nicht geändert worden sind. Die von der Kammer, gestützt auf Artikel 114 (1) EPÜ, von Amts wegen durchgeführte Ermittlung hat im übrigen ergeben, daß die Behauptungen der Beschwerdeführerin nicht zutreffen und somit unbeachtlich sind. Da die Entscheidung über die Berücksichtigung verspäteter Vorbringen gemäß Artikel 114 (2) EPÜ außerdem im pflichtgemäßen Ermessen der entscheidenden Instanz liegt, bedarf diese keiner Begründung.
9. Wenn die Beschwerdeführerin ferner die Auffassung vertritt, daß die in Artikel 82 EPÜ geforderte Einheitlichkeit der Erfindung nicht mehr gegeben sei (hier: der Gegenstände des vom Anspruch 1 abhängigen Anspruchs 3 und des unabhängigen Anspruchs 4 mit dem Gegenstand des Anspruchs 1) und daß die Einspruchsabteilung diesen Mangel, gestützt auf Artikel 114 (1) EPÜ, von Amts wegen hätte prüfen müssen, so ist dazu folgendes festzuhalten:
9.1. In Artikel 100 EPÜ sind die Gründe, worauf der Einspruch gestützt werden kann, erschöpfend aufgezählt. Dies folgt eindeutig aus dem Wortlaut ("... kann nur darauf gestützt werden, daß ...") dieser Vorschrift.
9.2. Die fehlende Einheitlichkeit der Erfindung wird in dieser Aufzählung nicht erwähnt. Folglich stellt sie auch keinen Einspruchsgrund dar. Im übrigen ist im Übereinkommen auch keine Möglichkeit vorgesehen, eine etwa vorhandene Uneinheitlichkeit zu beseitigen.
9.3. Artikel 102 (1) EPÜ ist dahin auszulegen, daß der Widerruf des europäischen Patents nur dann erfolgen darf, wenn die (und nur die) in Artikel 100 EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung dieses Patents entgegenstehen.
9.4. Wird der Einspruch nicht auf sämtliche Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 EPÜ gestützt, so muß die Einspruchsabteilung zusätzlich überprüfen, ob die restlichen Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegenstehen, falls dies in bezug auf die von der Einsprechenden vorgebrachten Gründe nicht zutreffen sollte. Die Einspruchsabteilung ist zu diesem Vorgehen auf Grund des in Artikel 114 (1) EPÜ verankerten Grundsatzes der Ermittlung von Amts wegen verpflichtet. Dagegen erteilt diese Vorschrift der Einspruchsabteilung jedoch unter gar keinen Umständen die Befugnis, das europäische Patent gestützt auf Gründe zu widerrufen, die in der Aufzählung des Artikels 100 EPÜ nicht enthalten sind.
9.5. Die Einspruchsabteilung hat demnach zu Recht von einer Überprüfung der Einheitlichkeit der Erfindung im Rahmen des vorliegenden Einspruchsverfahrens abgesehen. Auf Grund von Artikel 102 (1) EPÜ in Verbindung mit Regel 66 (1) EPÜ ist sie auch in diesem Beschwerdeverfahren unerheblich. Mit anderen Worten ist ein Widerruf des europäischen Patents infolge fehlender Einheitlichkeit der Erfindung nicht vorgesehen.
9.6. Nur am Rande sei vermerkt, daß die von der Beschwerdeführerin in Frage gestellte Einheitlichkeit der Erfindung gemäß Artikel 82 EPÜ besteht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß es für die Gewährung sowie gegebenenfalls die Bestandsfähigkeit eines abhängigen Anspruches nur darauf ankommt, ob er auf eine besondere Ausführungsart der Erfindung gerichtet ist (vgl. Regel 29 (3) EPÜ). Das ist beim Gegenstand des auf den Anspruch 1 rückbezogenen Anspruches 3 der Fall. Des weiteren können nach Regel 30 EPÜ zwei oder mehr unabhängige Ansprüche verschiedener Kategorien geltend gemacht werden, allerdings unter der Voraussetzung, daß sie durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee untereinander verbunden sind. Dies trifft auf den Anspruch 4 zweifellos zu, wird doch in dessen Oberbegriff auf die Kopf- und die Schieberplatte der Ansprüche 1 bis 3 Bezug genommen.
10. Was den Antrag der Beschwerdeführerin auf Befassung der Großen Beschwerdekammer (Artikel 112 (1) EPÜ) angeht, so ist die Kammer der Überzeugung, daß eine Entscheidung über die darin gestellte Rechtsfrage nicht erforderlich ist. Daß nämlich der Offenbarungsgehalt einer Veröffentlichung in erster Linie durch den Inhalt der Patentansprüche mitbestimmt wird, ist als Grundsatz allgemein anerkannt und wird von der Kammer nicht in Frage gestellt. Sie weist einzig darauf hin, daß die allgemeine Lehre eines Patentanspruches keinesfalls die konkreten Ausführungsbeispiele offenbart, die unter diese Lehre fallen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.