Informationen
Diese Entscheidung ist nur auf Französisch verfügbar.
T 0404/89 09-04-1991
Download und weitere Informationen:
Schienenfahrzeug für schwere Lasten, insbesondere für metallurgische Gefäße
1) Voest-Alpine AG
2) Hoogovens Groep
Novelty (yes)
Inventive step (no)
Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (verneint)
I. Auf die am 16. Dezember 1981 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 3. Februar 1981 (DE 3 103 538) eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 81 110 479.3 wurde das europäische Patent Nr. 0 057 282 erteilt. Der Hinweis auf die Erteilung wurde am 19. Februar 1986 bekanntgemacht.
II. Gegen das erteilte Patent hat die Beschwerdegegnerin I (Einsprechende 01) am 31. Oktober 1986 und die Beschwerdegegnerin II (Einsprechende 02) am 18. November 1986 Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen.
Zur Stützung dieser Anträge wurde insbesondere geltend gemacht, daß der Patentgegenstand unter Berücksichtigung des Stands der Technik, wie er u. a. in den Druckschriften D1: DE-A-2 926 321 (CA-A-1 093 504) D2: FR-A-2 200 817 und in der eine offenkundige Vorbenutzung betreffenden D3: Lieferantenzeichnung der Voest AG mit dem Titel "Stahlentnahmewagen" und mit der Nummer JS- LUN 0452 1000A 1/2 offenbart ist, im Hinblick auf die Vorschriften der Artikel 52 bis 57 EPÜ nicht patentfähig sei.
III. Durch Entscheidung vom 18. Mai 1989 hat die Einspruchsabteilung das Patent mit der Begründung widerrufen, daß den Alternativ-Gegenständen des Anspruchs 1 des Patents gegenüber D1 bzw. D3 die Neuheit fehle und diese daher nicht patentfähig seien.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 24. Juni 1989 Beschwerde eingereicht und die vorgeschriebene Gebühr rechtzeitig entrichtet.
Mit der am 20. September 1989 eingegangenen Beschwerdebegründung wurde noch ein Anspruchssatz vorgelegt, welcher als Hilfsantrag für den Fall, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents als nicht patentfähig angesehen werde, gelten sollte.
V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 9. Dezember 1990 vertrat die Kammer die vorläufige Meinung, daß im Hinblick auf den in D1 offenbarten Stand der Technik die Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag nicht den Erfordernissen des Artikels 100 a) entsprächen und daher die Beschwerde voraussichtlich zurückzuweisen sei.
Auf entsprechende Hilfsanträge der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin I hin wurden die Parteien zur mündlichen Verhandlung am 9. April 1991 geladen.
VI. In der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen und hilfsweise das Patent in geänderter Form gemäß
- Hilfsantrag 1: Ansprüche 1 bis 7, eingegangen am 25. März 1991; Beschreibung vollständig, eingegangen am 25. März 1991; Zeichnungen, wie erteilt
- Hilfsantrag 2: Ansprüche 1 bis 9, eingegangen am 25. März 1991; Beschreibung vollständig, eingegangen am 25. März 1991; Zeichnungen, wie erteilt aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin I beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
Die Beschwerdegegnerin II hat mit Schreiben vom 28. März 1991 mitgeteilt, daß sie nicht bei der mündlichen Verhandlung anwesend sein werde; sie ist deshalb auch nicht erschienen.
Im schriftlichen Verfahren hat sie beantragt, die Beschwerde sei zurückzuweisen und es sei im Falle einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung über die Kostenverteilung nach Artikel 104 (1) EPÜ zu treffen.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:
"1. Schienenfahrzeuge für schwere Lasten, insbesondere für metallurgische Gefäße, bei dem sich die Schwerlast auf den Wagenrahmen und der Wagenrahmen sich mittels der Radachsen auf zwei Paare von Rädern oder auf mehrere Gruppen von Rädern stützt, dadurch gekennzeichnet, daß zwei (6 und 7 bzw. 8 und 9) sich auf einer oder auf beiden Schienen (3 und 4) eines Gleises (5) gegenüberliegende Räder bzw. Radgruppen (6 bis 9) mit ihren Radachsen (6a, 7a bzw. 8a, 9a) über Radgabeln (10 bzw. 11 oder 26 bzw. 27) in der Höhe unverstellbar am Wagenrahmen (2) befestigt sind, daß die übrigen Räder bzw. Radgruppen (8, 9) mit ihren Radachsen (8a, 9a) ebenfalls über Radgabeln (12 bzw. 13 oder 35 bzw. 36) jeweils mittels eines Gelenkes (14 bzw. 15 oder 33 bzw. 34) zumindest höhenverstellbar am Wagenrahmen (2) befestigt sind und daß die Gewichtskraft der Schwerlast (1) innerhalb einer Grundfläche (20) angreift, die durch die Befestigungs- und Gelenkstellen (16, 17; 18, 19) der Räder bzw. Radgruppen (6 bis 9) als Eckpunkte der statisch funktionell dreieckförmigen Grundfläche (20) bestimmt ist."
Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags lautet:
"1. Schienenfahrzeug für metallurgische Gefäße, bei dem sich die Schwerlast auf den Wagenrahmen und der Wagenrahmen sich mittels der Radachsen auf zwei Paare von Rädern oder auf mehrere Gruppen von Rädern stützt, dadurch gekennzeichnet, daß zwei (6 und 7 bzw. 8 und 9) sich auf einer oder auf beiden Schienen (3 und 4) eines Gleises (5) gegenüberliegende Räder bzw. Radgruppen (6 bis 9) mit ihren Radachsen (6a, 7a bzw. 8a, 9a) über Radgabeln (10 bzw. 11 oder 26 bzw. 27) in der Höhe unverstellbar am Wagenrahmen (2) befestigt sind, daß die übrigen Räder bzw. Radgruppen (8, 9) mit ihren Radachsen (8a, 9a) ebenfalls über Radgabeln (12 bzw. 13 oder 35 bzw. 36) jeweils mittels eines Gelenkes (14 bzw. 15 oder 33 bzw. 34) zumindest höhenverstellbar am Wagenrahmen (2) befestigt sind, daß die Gewichtskraft der Schwerlast (1) innerhalb einer Grundfläche (20) angreift, die durch die Befestigungs- und Gelenkstellen (16, 17; 18, 19) der Räder bzw. Radgruppen (6 bis 9) als Eckpunkte der statisch funktionell dreieckförmigen Grundfläche (20) bestimmt ist und daß die verstellbaren Gelenke (14 und 15 oder 33 und 34) jeweils mittels Winkelhebel (21 bzw. 22 oder 37 bzw. 38) gebildet sind, an deren einem Hebelarm (21a bzw. 22a oder 37a bzw. 38a) die Radachse (8a bzw. 9a oder 7a bzw. 9a) und an deren anderem Hebelarm (21b bzw. 22b oder 37b bzw. 38b) ein Zug- bzw. Druckglied (25 bzw. 25a) angeschlossen ist."
Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags lautet:
"Schienenfahrzeug für schwere Lasten, insbesondere für metallurgische Gefäße, bei dem sich die Schwerlast auf den Wagenrahmen (2) und der Wagenrahmen (2) sich mittels der Radachsen (6a, 7a bzw. 8a, 9a) auf zwei Paare von Rädern oder auf mehrere Gruppen von Rädern (6 bis 9) stützt, wobei zwei (6 und 7 bzw. 8 und 9) sich auf einer oder auf beiden Schienen (3 und 4) eines Gleises (5) gegenüberliegende Räder bzw. Radgruppen (6 bis 9) mit ihren Radachsen (6a, 7a bzw. 8a, 9a) über Radgabeln (10 bzw. 11 oder 26 bzw. 27) in der Höhe unverstellbar am Wagenrahmen (2) befestigt sind, daß die übrigen Räder bzw. Radgruppen (8, 9) mit ihren Radachsen (8a, 9a) ebenfalls über Radgabeln (12 bzw. 13 oder 35 bzw. 36) jeweils mittels eines Gelenkes (14 bzw. 15 oder 33 bzw. 34) zumindest höhenverstellbar am Wagenrahmen (2) befestigt sind und daß die Gewichtskraft der Schwerlast (1) innerhalb einer Grundfläche (20) angreift, die durch die Befestigungs- und Gelenkstellen (16, 17, 18, 19) der Räder bzw. Radgruppen (6 bis 9) als Eckpunkte der statisch funktionell dreieckförmigen Grundfläche (20) bestimmt ist, dadurch gekennzeichnet, daß ein Gelenkviereck (14, 15, 62, 63) gebildet ist, dessen Hebelarme (21b, 22b) mittels eines Gelenks (14; 15) am Wagenrahmen (2) gelagert sind und durch ein Zug- bzw. Druckkraftglied (25) verbunden sind und parallel verlaufen und daß bei vom Normalniveau (61) abweichenden Lagen der Räder bzw. Radgruppen (8, 9) auch die Räder bzw. Radgruppen (8, 9) tragende Hebelarme (21a, 22a), die um das Gelenk (14;15) schwenkbar sind, parallel verlaufen."
VI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu D1 im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung läßt sich wie folgt zusammenfassen:
D1 beschreibe zwar ein Schienenfahrzeug für schwere Lasten (Laufkran), bei dem sich die Schwerlast auf dem Wagenrahmen und der Wagenrahmen sich mittels der Radachsen auf vier Paaren von Rädern abstütze, keinesfalls seien jedoch zwei sich auf einer oder auf beiden Schienen eines Gleises gegenüberliegende Räder bzw. Radgruppen mit ihren Radachsen "über Radgabeln" in der Höhe verstellbar am Wagenrahmen befestigt. Radgabeln seien in D1 nämlich gar nicht vorhanden.
D1 beschreibe weiterhin vier Fahrgestelle 18, die über offene Lagerschalen und zwischengeschaltete Exzenterhebel an vier Auflagen eines in D1 gesondert gebildeten "Umfangrahmens 2" lediglich abgestützt und somit nicht befestigt seien. Auch sei eine im erteilten Anspruch 1 gekennzeichnete dreieckförmige Grundfläche nicht vorhanden.
Ferner fehle es in D1 auch an "Gelenken" (entsprechend 14 bzw. 15 oder 33 bzw. 34 gemäß dem Patentgegenstand), denn die bekannten Exzenter befänden sich nicht "am Rahmen", sondern auf den Fahrgestellen 18 und könnten somit am Rahmen kein Gelenk bilden.
Es werde auch widersprochen, daß bei Schwerlast- Schienenfahrzeugen die gleichen Probleme wie bei Laufkränen zu erwarten seien. Vielmehr müßten der Sicherheit wegen Kranbahnen eben sein, und der Fachmann würde sich daher bei der Kompensation von Laufbahnabweichungen nicht an Laufkranen orientieren.
VII. Die Beschwerdegegner vertreten demgegenüber folgende Auffassungen:
Die Ansprüche 1 des Haupt- und Hilfsantrags 2 seien nicht auf Schienenfahrzeugen für metallurgische Gefäße beschränkt. Das aus D1 bekannte Schienenfahrzeug sei durchaus als Schienenfahrzeug für schwere Lasten zu bezeichnen und aufgrund der Identität der Aufgabenstellungen sei eine Anwendung des aus D1 bekannten Ausgleichsprinzips bei Schienenfahrzeugen für metallurgische Gefäße als naheliegend zu betrachten. Der einen Alternativlösung nach dem Anspruch 1 des Hauptantrags, bei der ein Längsausgleich stattfindet und Rädergruppen vorhanden sind, fehle die Neuheit gegenüber dem aus D1 bekannten Gegenstand. Den Gegenständen der Hilfsanträge 1 und 2 könne keine erfinderische Tätigkeit zugemessen werden, denn das bekannte Schienenfahrzeug aus D1 offenbare ebenfalls alle weiteren über den Anspruch 1 des Hauptantrags hinausgehenden Merkmale dieser Ansprüche.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der Anspruch 1 des Hauptantrags entspricht dem Anspruch 1 des erteilten Patents. Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags betrifft eine Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 1 und 3 und ist durch Streichung von "für schwere Lasten, insbesondere" auf ein Schienenfahrzeug für metallurgische Gefäße beschränkt worden.
Der Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags betrifft Anspruch 1 des erteilten Patents und wurde durch Hinzufügung von Merkmalen aus der Beschreibung (siehe Spalte 7, Zeilen 3 bis 37, insbesondere Zeilen 23 bis 28) weiter eingeschränkt.
Die jeweiligen Ansprüche 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge erfüllen somit das Erfordernis des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.
3. Neuheit
3.1. Hauptantrag
3.1.1. Nach Ansicht der Kammer stellt die D1 den dem Patentgegenstand am nächsten kommenden Stand der Technik dar.
Diese Druckschrift offenbart ein Schienenfahrzeug für schwere Lasten (Laufkran), bei dem sich die Schwerlast auf den Wagenrahmen (4, 6, 8) und der Wagenrahmen sich mittels der Radachsen auf mehrere Gruppen (18, 20) von Rädern stützt, wobei sich auf einer Schiene eines Gleises gegenüberliegende Radgruppen (20) mit ihren Radachsen über Radgabeln in der Höhe unverstellbar am Wagenrahmen (8) aufgelegt sind, daß die übrigen Radgruppen (18) mit ihren Radachsen ebenfalls über Radgabeln jeweils mittels eines offenen Gelenkes (32, 24) zumindest höhenverstellbar am Wagenrahmen (2) anliegen und daß die Gewichtskraft der Schwerlast innerhalb einer Grundfläche angreift, die durch die Anlage und Gelenkstellen der Räder bzw. Radgruppen als Eckpunkte der statisch-funktionell dreieckförmigen Grundfläche bestimmt ist.
3.1.2. Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, daß die D1 sich nicht auf ein Schienenfahrzeug für metallurgische Gefäße beziehe und weder Radgabeln noch Gelenke im Sinne des Anspruchs 1 des Streitpatents offenbare, so daß auch nicht von unverstellbar bzw. verstellbar am Wagenrahmen befestigten Radgabeln gesprochen werden könne.
Hierzu wird bemerkt, daß Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf Schienenfahrzeuge für metallurgische Gefäße beschränkt ist, da der Ausdruck "insbesondere für metallurgische Gefäße" in diesem Anspruch keine Beschränkung des Schutzumfangs des Anspruchs bewirkt, d. h. das nach "insbesondere" stehende Merkmal ist als ganz und gar fakultativ zu betrachten. Die Kammer ist weiterhin der Ansicht, daß in D1 klar ersichtlich die Fahrgestelle (18, 20) die Räder übergreifen und daher mit "Radgabeln" gleichzustellen sind. Ebenfalls ist nach Ansicht der Kammer darin zweifelsfrei offenbart, daß die Auflagen 30 und 32 und Lagenzapfenanordnungen 24 und 26 ein höhenverstellbares Gelenk bilden (siehe hierzu insbesondere die Fig. 3 und Seite 5, Zeile 9 bis Seite 6, Zeile 8).
Aus diesen Gründen vermag die Kammer diese von der Beschwerdeführerin geltendgemachten Unterschiede zwischen dem Stand der Technik nach der D1 und dem Gegenstand des angefochtenen Patents nicht anzuerkennen.
Was die Wirkungsangabe im letzten Teil des Anspruchs 1 anbetrifft, kann ebenfalls kein Unterschied gegenüber der bekannten Anordnung festgestellt werden, denn auch die bekannten Radgruppen 18 sind durch die offenbarte Gelenk- Ankoppelung funktionell als eine am Rahmen in einem einzigen Punkt angreifende Stütze anzusehen und bilden somit mit den weiteren Radgruppen 20 eine "statisch- funktionell dreieckförmige" Grundfläche.
3.1.3. Das Schienenfahrzeug nach der ersten in Anspruch 1 des Hauptantrags enthaltenen Alternativlösung, bei der ein Lastausgleich auf einer Schiene stattfindet und das Schienenfahrzeug mit Radgruppen versehen ist, unterscheidet sich somit von dem Schienenfahrzeug nach der D1 dadurch, daß a) die Radgruppen am Wagenrahmen nicht über ein "offenes" Gelenk "anliegen", sondern daran mittels eines Gelenks "befestigt" sind.
Diese Lösung ist daher neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
3.2. Hilfsantrag 1
3.2.1. Der nächstkommende Stand der Technik D1 zeigt weiter, daß die verstellbaren Gelenke (bei 30, 26) jeweils mittels Winkelhebel (28, 24 bis 26) gebildet sind, an deren einem Hebelarm (24 und 26) die Radgruppe und an deren anderem Hebelarm (28) das Zugglied (34) angeordnet ist.
3.2.2. Zusätzlich zu dem bei der ersten Alternativlösung des Anspruchs 1 des Hauptantrags festgestellten Unterschied, daß die Radgruppen nicht am Wagenrahmen "anliegen" sondern daran "befestigt" sind (vgl. Merkmal a oben Abschnitt 3.1.3) unterscheidet sich die erste Alternativlösung des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 weiterhin noch dadurch von D1, b) daß der Anspruchsgegenstand auf ein Schienenfahrzeug für metallurgische Gefäße beschränkt wurde und, infolge der Tatsache, daß auf die Radachse (viertletzte Zeile des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag) Bezug genommen wird, auch noch dadurch, c) daß nur "eine" Radachse für einzelne Räder verwendet wird.
3.2.3. Die erste Alternativlösung des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 ist somit ebenfalls neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
3.3. Hilfsantrag 2
3.3.1. Das Schienenfahrzeug nach der D1 zeigt weiterhin, daß ein Gelenkviereck gebildet ist, dessen Hebelarme (22) mittels eines Gelenks (26, 30) am Rahmen 2 gelagert und durch ein Zugkraftglied (34) verbunden sind und parallel verlaufen (siehe Fig. 2, Seite 3, letzter Absatz und Seite 4, erster Absatz), und daß bei vom Normalniveau abweichenden Lagen der Radgruppen (18) auch die Radgruppen (8) tragenden Hebelarme (zwischen 24 und 26), die um das Gelenk (26, 30) schwenkbar sind, parallel verlaufen.
Die in der ersten Alternativlösung nach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 definierte Parallelführung beim Schwenken ist nicht explizit in D1 beschrieben. Nach Auffassung der Kammer ist jedoch dieses Merkmal direkt und klar aus der Figur 2 von D1 ableitbar, insbesondere in Anbetracht der Beschreibung Seite 3, letzter Absatz, wo es heißt, daß der Winkelhebel vorzugsweise horizontal und vertikal sich erstreckende Hebelarme hat.
3.3.2. Die erste Alternativlösung des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich somit wie die des Anspruchs 1 des Hauptantrags von der bekannten Lösung nach D1 lediglich dadurch, daß die Radgruppen nicht "am Wagenrahmen ... anliegen", sondern daran "befestigt" sind (Merkmal a) und ist ebenfalls neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
4. Aufgabe und Lösung
4.1. Nach der im angefochtenen Patent erwähnten Problemstellung werden Maßnahmen angestrebt, das Schienenfahrzeug bei annähernd gleicher Lastverteilung auf die Räder bzw. auf die Rädergruppen an Niveau-Abweichungen des Schienenweges anzupassen, ohne die zulässigen Biege- bzw. Torsionsspannungen des Wagenrahmens zu überschreiten. Dadurch könne der Rahmen leichter als bei vergleichbaren Schienenfahrzeugen gebaut werden, was zu beachtlichen Werkstoffeinsparungen führen kann.
4.2. Diese im angefochtenen Patent angesprochene Problematik ist jedoch auch schon in D1 beschrieben. Auch hier soll nämlich vermieden werden, daß örtliche Abweichungen oder Absenkungen der Fahrbahn unzulässige Torsionsspannungen in der Rahmenbrücke des Laufkrans bewirken (siehe Seite 2 der Beschreibung von D1). Bei der bekannten Lösung findet ein Lastausgleich zwischen zwei auf einer Schiene laufenden Radgruppen statt, wodurch - statisch gesehen - eine Dreieckauflage geschaffen wird. Hierdurch kann die bekannte Brücke natürlich auch leichter konstruiert werden.
4.3. Es stellt sich nun die Frage, ob die als Unterschiede a) bis c) (vgl. oben Abschnitte 3.1.3 und 3.2.2) definierten neuen Anspruchsmerkmale zur Lösung einer über die bekannte Problematik hinausgehenden Aufgabenstellung dienen.
4.4. In bezug auf das in den Ansprüchen 1 aller Anträge enthaltene Unterscheidungmerkmal a) hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung auf das mögliche Herausspringen der nicht "befestigten" Lagerzapfen des bekannten Schienenfahrzeugs aus den offenen Lagerschalen hingewiesen. Daraus lasse sich folgern, daß das Unterscheidungsmerkmal a) zur Lösung eines solchen Sicherheitsproblems dienen könnte.
4.5. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin I bilden die Lagersättel in D1 zwar nur eine Auflage für den Zapfen, jedoch sorge die Belastung dafür, daß die Zapfen in den Satteln gehalten werden. Daher müsse bei D1 ebenfalls von einer "Befestigung" gesprochen werden.
Die Kammer kann dieser Auffassung nicht vorbehaltlos folgen, denn es könnten zumindest theoretisch Umstände auftreten, in denen die Auflagekraft nicht gewährleistet und ein Herausspringen des Zapfens möglich ist. Die Kammer ist jedoch der Ansicht, daß der Fachmann in einem solchen Fall die offenen Lagerschalen bzw. Sättel durch geschlossene Lager ersetzen wird, zumal dies bei Schienenfahrzeugen allgemein üblich ist und dem Standard entspricht.
Die Lösung eines solchen Sicherheitsproblems durch die Anwendung von geschlossenen Lagern beruht daher nach Auffassung der Kammer nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.6. Demzufolge erfüllt zumindest die jeweils erste Alternativlösung aus dem Anspruch 1 des Hauptantrags bzw. des Hilfsantrags 2 nicht das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ; diese Ansprüche sind daher nicht patentfähig.
Der Hauptantrag und der Hilfsantrag 2 können daher auch in ihrem Gesamtumfang nicht gewährt werden.
4.7. Wie vorstehend unter Abschnitt 3.2.1 angegeben, unterscheidet sich die erste Alternativlösung gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch die Merkmale a) bis c) vom bekannten Gegenstand nach D1.
Die Benutzung des Merkmals a) beruht aus den unter Abschnitt 4.4 und 4.5 erörterten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Das Merkmal b) betrifft die Anwendung des bekannten Lastausgleichsprinzips nach D1 bei einem Schienenfahrzeug für metallurgische Gefäße. Die Beschwerdeführerin hält insbesondere diese Anwendung für erfinderisch und ist der Ansicht, bei Laufkränen, wie z. B. nach der D1, seien andere Probleme als bei Schwerlastschienenfahrzeugen für metallurgische Gefäße zu erwarten und daher würde sich der zuständige Fachmann für die Lösung des Lastausgleichsproblems bei Schienenfahrzeugen für metallurgische Gefäße nicht bei Laufkränen orientieren.
Obwohl es sich bei dem Laufkran nach D1 nicht um ein Schienenfahrzeug für metallurgische Gefäße handelt, ist das dort offenbarte Lastausgleichsprinzip nach Auffassung der Kammer für den Fachmann klar ersichtlich zum Schwerlasttransport bestimmt. Einen Hinweis hierzu entnimmt der Fachmann nach Auffassung der Kammer schon allein aus der Tatsache, daß der in D1 offenbarte Laufkran auf Radgruppen, statt auf einzelne Räder abgestützt ist. Im übrigen werden Laufkräne auch in der Hüttenindustrie verwendet, so daß der mit dem Transport von metallurgischen Gefäßen befaßte Fachmann unmittelbar an deren Einsatzort mit dem eng benachbarten Fachgebiet der Laufkräne konfrontiert wird.
Daher kann nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, daß der Fachmann eine Lösung des bei einem Schienenfahrzeug für metallurgische Gefäße bestehenden Problems auch bei anderen Schienenfahrzeugen für schwere Lasten, insbesondere bei Laufkränen, suchen und dabei im Hinblick auf die übereinstimmenden Problemstellungen auf die D1 stoßen wird.
Demzufolge ist die Anwendung des aus D1 bekannten Lastausgleichsprinzips (Merkmal b)) bei einem Schienenfahrzeug für metallurgische Gefäße, bei dem besonders schwere Lasten (von 1200 t oder mehr) anfallen können, als für den Fachmann naheliegend anzusehen.
4.8. Nach Auffassung der Kammer trägt das Merkmal c) nichts zur Lösung der in Rede stehenden Aufgabenstellung bei, da eine Anwendung von Einzelrädern anstelle von Radgruppen offensichtlich die maximale Last beschränkt und es für den Fachmann offensichtlich ist, daß im Falle kleinerer Lasten Einzelräder ausreichen.
Auch Merkmal c) kann daher nach Auffassung der Kammer nichts Erfinderisches hinzufügen.
4.9. Nachdem die Merkmale a) bis c) offensichtlich in keiner funktionellen Wechselwirkung zueinander stehen, ihre Gesamtwirkung ferner nicht über die Summe der Einzelwirkungen hinausgeht und die Beschwerdeführerin hierfür auch nichts geltend gemacht hat, beruht auch die Kombination dieser Merkmale mit den weiteren aus D1 bekannten Merkmalen des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 nach Auffassung der Kammer nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
4.10. Somit erfüllt zumindest die erste Alternativlösung nach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1, bei der ein Lastenausgleich auf nur einer Schiene stattfindet, nicht das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ und ist daher nicht patentfähig.
Demzufolge kann der Hilfsantrag 1 insgesamt nicht gewährt werden.
5. Antrag auf eine Entscheidung über die Kostenverteilung im Falle einer mündlichen Verhandlung
5.1. Nach Artikel 104 (1) EPÜ kann eine Entscheidung über eine Verteilung der Kosten, die durch eine mündliche Verhandlung verursacht worden sind, getroffen werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdegegnerin II einen Antrag auf eine solche Entscheidung gestellt, ohne hierfür Gründe anzugeben. Nachdem die Beschwerdegegnerin II an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat, sind ihr im Zusammenhang mit dieser auch keine Kosten entstanden. Die Kammer sieht im übrigen auch sonst keinen Anlaß, von dem aus Artikel 104 (1) enthaltenen Grundsatz, wonach jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt, abzuweichen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Entscheidung über die Verteilung der Kosten wird zurückgewiesen.