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Bernhard Gleich, Jürgen Weizenecker

Magnetic particle imaging (MPI) for medical diagnostics

Preiskategorie
Industrie
Technisches Gebiet
Medizintechnik
Firma
Philips GmbH
Die deutschen Physiker Bernhard Gleich und Jürgen Weizenecker vom Philips Research Laboratory in Hamburg haben eine neue Methode der medizinischen Diagnostik entwickelt, die sogenannte Magnetpartikelbildgebung (MPI), mit der die diagnostische Bildgebung in Echtzeit und detaillierter als je zuvor möglich sein könnte.

Gewinner des Europäischen Erfinderpreis 2016

Das auf Magnetismus basierende Bildgebungsverfahren des Teams wurde seit 2014 in klinischen Studien getestet und soll Ärzten ermöglichen, sofort dreidimensionale Bilder von Tumoren und Gefäßerkrankungen, mit einer räumlichen Auflösung von bis zu 0,5 mm zu erhalten. MPI könnte außerdem in der Materialwissenschaft und der Fluiddynamik eingesetzt werden und eröffnet dort neue Ebenen im Bereich Qualität und Sicherheitskontrolle, da durch sie Oberflächenrisse und Brüche erkannt werden können.

Bernhard Gleich und Jürgen Weizenecker gelang der Durchbruch, indem sie umfassend die Eigenschaften superparamagnetischer Eisenoxid-Nanopartikel (SPIOs) in einem oszillierenden Magnetfeld erforschten. Die Wechselwirkung zwischen dem Magnetfeld und den Partikeln, die von Patienten in flüssiger Form aufgenommen und vom Eisenstoffwechsel des Körpers sicher weiterverarbeitet werden, ist der Schlüssel zur dreidimensionalen Darstellung von Arteriensystemen und Organen in Zusammenhang mit zahlreichen dynamischen medizinischen Phänomenen, die mittels anderer Bildgebungsverfahren nicht erkannt werden können.

Gesellschaftlicher Nutzen

Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist eine der Hauptursachen für Todesfälle und Behinderungen in den Industrieländern. Laut der American Heart Association ist mehr als ein Drittel der Todesfälle bei über 35-Jährigen auf diese Krankheit zurückzuführen. Vorsorge und Frühdiagnose sind wichtig, um die oft langsam fortschreitende Krankheit aufzuhalten, die etwa die Hälfte der Männer und ein Drittel der Frauen im mittleren Alter im Laufe ihres Lebens betrifft.

Durch die klinische Verfügbarkeit von MPI ergeben sich neue Möglichkeiten, koronare Systeme darzustellen und arterielle Blockaden zu erkennen. MPI ermöglicht nicht nur die Erkennung von Tumoren, sondern könnte auch die Übertragung von Live-Bildern während einer Operation ermöglichen. So können Ärzte die Auswirkungen von Eingriffen und Medikamentengaben in Echtzeit überwachen.

Wirtschaftlicher Nutzen

Präklinische Studien an der MPI-Technologie begannen im September 2014, als der Philips-Partner Bruker seinen ersten präklinischen MPI-Scanner am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) in Betrieb nahm. Ärzte verwenden den Scanner für die CT-Angiographie und nutzen dabei die hervorragenden Möglichkeiten zur Bildgebung des kardiovaskulären Systems. Bruker ist ein US-Unternehmen mit Sitz in Billerica, Massachusetts. Es beschäftigt 6 100 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2014 einen Umsatz von 1,65 Mrd. EUR. Das Unternehmen ist spezialisiert auf wissenschaftliche Geräte für die Molekular- und Materialforschung.

Die schnellen und präzisen Scanner könnten eine Verschiebung auf dem weltweiten MPI-Markt auslösen. Dieses Segment wird dem Markt der präklinischen (In-vivo-)Bildgebung zugeordnet, der dem Marktforschungsunternehmen MarketsandMarkets zufolge bis 2019 auf weltweit 731 Mio. EUR ansteigen könnte. Dies entspräche einer jährlichen Wachstumsrate von 6 % zwischen 2014 und 2019.

Funktionsweise

Die MPI-Technologie basiert auf einem zweistufigen Verfahren: Vor der Untersuchung wird den Patienten eine Nanoflüssigkeit verabreicht, die kleinste superparamagnetische Eisenoxid-Nanopartikel (SPIOs) von 20 bis 40 nm Größe enthält. Anschließend wird ein Magnetfeld als Antriebsfeld angelegt, das die Partikel erkennbar macht. Die Partikel werden angeregt, und eine 3D-Bildgebungssoftware erstellt räumliche Aufzeichnungen des Körpers.

SPIOs übermitteln aufgrund ihrer magnetischen Ladung detaillierte Bilder von Gefäßbahnen, bei denen andere Verfahren wie die MRT, die den Wasseranteil im menschlichen Körper misst, an ihre Grenzen stoßen. Die Bezeichnung "superparamagnetisch" bedeutet, dass SPIOs nicht mehr magnetisiert sind, sobald das Magnetfeld abgeschaltet wurde. Die Nanopartikel werden anschließend vom Stoffwechsel des Körpers sicher weiterverarbeitet.

Die Erfinder

Bevor Bernhard Gleich und Jürgen Weizenecker im Jahr 2000 zu Philips Research Hamburg kamen, beschäftigten sich beide unabhängig voneinander mit der Erforschung der Funktionsweise von Magneten und Paramagneten: Gleich an der Universität zu Ulm und Weizenecker an der Universität Karlsruhe. 2005 veröffentlichten die beiden deutschen Physiker in der Zeitschrift Nature die Methode, die hinter MPI steckt, und präsentierten sie als ein vielversprechendes neues Verfahren zur Erkennung von Gefäßerkrankungen und Tumoren.

Im Laufe der Jahre hat das Europäische Patentamt den beiden Erfindern gemeinsam 18 Patentfamilien für Verbesserungen der MPI-Technologie erteilt, zu denen auch ein überlagertes oszillierendes Magnetfeld gehört, das noch feinere Signale auffängt.

Bernhard Gleich reichte seine Doktorarbeit "Principles and Applications of Magnetic Particle Imaging" (deutsch: Prinzipien und Anwendungen der Magnetpartikelbildgebung) 2013 an der Universität zu Lübeck ein und erhielt dafür 2014 den begehrten Professor-Otto-Roth-Preis. Zurzeit arbeitet er am Prototyp eines MPI-Scanners. Jürgen Weizenecker ist seit 2008 als Professor an der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik der Hochschule Karlsruhe tätig und betreibt translationale Forschung im Bereich MPI.

Wussten Sie das?

Die Eisenoxid-Nanopartikel, die bei MPI verwendet werden, gehören auf den ersten Blick nicht unbedingt zu den Stoffen, die Patienten gerne einnehmen oder sich injizieren lassen möchten. Aber Eisenoxid-Partikel sind im Grunde nichts anderes als - Eisen. Sie sind daher bestens geeignet, um vom Eisenstoffwechsel des Körpers innerhalb einiger Stunden oder Tage weiterverarbeitet zu werden.

Tatsächlich ist Eisen lebensnotwendig: Alle unsere Körperzellen benötigen Eisen, denn das Element ist unverzichtbar für die Energieproduktion, den Sauerstofftransport und das Zellwachstum. Der menschliche Körper enthält durchschnittlich 3,5 g Eisen, und bei normaler Ernährung werden jeden Tag zusätzlich etwa 10-20 mg aufgenommen. Nur 10 % des Eisens aus der Ernährung werden absorbiert. Der Rest wird von dem Glykoprotein Transferrin transportiert. Die Mengen an Eisenoxid, die bei der MPI verwendet werden, sind winzig im Vergleich zu den Mengen, die das Transferrin in der Regel transportiert.

 

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