Recherche

Die Arbeit beginnt mit der Recherche, d. h. der Ermittlung der vorhandenen technischen Dokumentation ("Stand der Technik"), anhand derer die Patentierbarkeit der in der Patentanmeldung beschriebenen Erfindung beurteilt wird.

Die Recherche umfasst folgende Schritte:

1. Studium der Anmeldung

Zu Beginn der Recherche macht man sich mit der Beschreibung, den Ansprüchen und den Zeichnungen der Anmeldung vertraut, um

  • den technischen Beitrag der Erfindung (d. h. ihren technischen Gehalt) zu erfassen,
  • den Umfang der Ansprüche zu verstehen,
  • eine etwaige mangelnde Einheitlichkeit festzustellen und
  • im Fall mangelnder Einheitlichkeit die einzelnen Erfindungen zu bestimmen (zunächst wird nur zur ersten Erfindung eine Recherche durchgeführt; die übrigen werden erst recherchiert, wenn der Anmelder weitere Recherchengebühren entrichtet hat).

Erläuterungen
Ansprüche sind Aussagen oder Erklärungen, die den Erfindungsgegenstand definieren. Obwohl mitunter recht lang, bestehen Ansprüche immer nur aus einem einzigen Satz. Sie bestimmen den Schutzumfang des späteren Patents. So könnte z. B. der Inhaber eines Patents, in dem "ein Fahrzeug mit fünf Rädern" beansprucht wird, Rechte für alle Gegenstände geltend machen, die als Fahrzeug mit fünf Rädern bezeichnet werden können.
Mangelnde Einheitlichkeit liegt vor, wenn in einer Patentanmeldung mehrere Erfindungen beansprucht werden. Bezieht sich beispielsweise der erste Anspruch auf ein Mobiltelefon mit verbesserter Tastatur und der zweite auf ein Mobiltelefon mit verbesserter Antenne, handelt es sich um zwei Erfindungen: die erste betrifft eine verbesserte Tastatur, die zweite eine verbesserte Antenne.

2. Klassifizierung der Anmeldung

Die Patentanmeldung wird innerhalb ihres technischen Gebiets einer bestimmten Klasse zugeordnet.

Erläuterungen
Klasse: Alle Patentanmeldungen werden nach Gebieten der Technik klassifiziert, um sie für spätere Recherchen auffindbar zu machen.

3. Festlegung der Recherchenstrategie

Es gilt für jede Recherche eine Strategie zu entwickeln, indem man

  • geeignete Datenbanken auswählt,
  • die Klassen und/oder Suchbegriffe für die Recherche festlegt und
  • gegebenenfalls fachlichen Rat im Hinblick auf verwandte Klassen oder sonstige Fragen einholt.

In der Regel gibt es mehrere mögliche Recherchenstrategien, von denen je nach Kenntnisstand und Erfahrung diejenige ausgewählt wird, die am geeignetsten erscheint.

Erläuterungen
Datenbanken
enthalten technische Dokumentation, hauptsächlich Patentschriften, aber auch Artikel aus Fachzeitschriften, Bücher u. Ä. Manche Datenbanken beschränken sich auf Zusammenfassungen, die meisten enthalten aber die vollständigen Dokumente.
Klassen festlegen: Unter Umständen ist es erforderlich, in mehreren Klassen zu recherchieren. So werden z. B. Dokumente, die sich auf ein Laserschneidwerkzeug beziehen, unter B23K26/00D klassifiziert, ähnliche Werkzeuge lassen sich aber vielleicht auch in der Klasse für Laserschweißgeräte finden.

4. Umsetzung der Recherchenstrategie

Anhand der festgelegten Recherchenstrategie wird nun die Recherche in den Datenbanken durchgeführt. Das Recherchenergebnis besteht in einer Reihe von Dokumenten, die vor dem Einreichungstag der Anmeldung (Anmeldetag) veröffentlicht wurden und den Stand der Technik wiedergeben.

Eventuell muss der Gegenstand der Recherche noch einmal umformuliert werden, nachdem die Ergebnisse ausgewertet wurden.

Aus Wirtschaftlichkeitsgründen sollte die Recherche beendet werden, sobald nach dem Ermessen des Prüfers bzw. der Prüferin die Wahrscheinlichkeit, weiteren relevanten Stand der Technik zu finden, im Verhältnis zum dafür erforderlichen Aufwand zu gering wird.

Erläuterungen
Stand der Technik: technische Sachverhalte, die bekannt waren, bevor die Patentanmeldung beim Patentamt eingereicht wurde.

5. Genaue Auswertung der gefundenen Dokumente

Die ermittelten Dokumente werden durchgesehen, dann werden die relevanten Dokumente ausgewählt (z. B. 20 Dokumente).

Daran schließen sich eine eingehendere Auswertung und die Bestimmung der relevantesten Dokumente an, d. h. derjenigen, die dieselbe oder eine ähnliche Erfindung wie die beanspruchte beschreiben bzw. denselben oder im Wesentlichen denselben Erfindungsgegenstand betreffen.

Erläuterungen
Relevante Dokumente: Dokumente, die auf den ersten Blick einen technischen Gegenstand offenbaren, der der in der Patentanmeldung beschriebenen Erfindung ähnelt.
Relevanteste Dokumente: Die Zahl der Dokumente wird reduziert, z. B. auf nur noch vier.

6. Sachprüfung der Anmeldung

Die Anmeldung wird daraufhin geprüft,

  • ob die Ansprüche klar (verständlich, eindeutig und vollständig) sind,
  • ob die Erfindung gegenüber den relevantesten Dokumenten neu ist und
  • wenn ja, ob sie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (oder ob sie für einen Fachmann in Anbetracht der relevantesten Dokumente naheliegend gewesen wäre) und
  • ob die Erfindung weitere einschlägige Erfordernisse des Europäischen Patentübereinkommens erfüllt.

Obwohl sich das Anmeldeverfahren offiziell in eine Recherchen- und eine Prüfungsphase unterteilt, werden die anfänglichen Prüfungsarbeiten zum Großteil bereits in der Recherchenphase erledigt.

Erläuterungen
Neu: Neuheit ist eine Voraussetzung für die Erteilung eines europäischen Patents. Die beanspruchte Erfindung muss neu sein, d. h. sie darf noch nicht aus dem Stand der Technik bekannt sein.
Erfinderische Tätigkeit ist eine Voraussetzung für die Erteilung eines europäischen Patents. Erfinderische Tätigkeit liegt vor, wenn die Erfindung für einen Fachmann auf dem entsprechenden technischen Gebiet nicht naheliegend ist.

7. Erstellung des erweiterten europäischen Recherchenberichts

Die Erstellung des Recherchenberichts umfasst

  • die Auflistung der ermittelten Dokumente mit Angabe der maßgeblichen Passagen (nach Möglichkeit die Dokumente, auf die in der Stellungnahme zur Recherche Bezug genommen wird),
  • die Beurteilung der Relevanz jedes dieser Dokumente für die Ansprüche (ausgehend von den Feststellungen in der Stellungnahme zur Recherche) und
  • die Angabe der für die Anmeldung relevanten IPC-Klasse.

Der Recherchenbericht wird veröffentlicht und dem Anmelder zugesandt. Bei den meisten Anmeldungen wird gleichzeitig auch eine Stellungnahme zur Recherche erstellt. Beides zusammen wird als erweiterter europäischer Recherchenbericht bezeichnet.

Erläuterungen
Recherchenbericht: liefert dem Anmelder, den Prüfungsabteilungen und der Öffentlichkeit Angaben zum einschlägigen Stand der Technik. Nachstehend sehen Sie ein Beispiel für einen Recherchenbericht.
IPC: Internationale Patentklassifikation
Stellungnahme zur Recherche: Darin legen die Prüfer bzw. Prüferinnen dar, warum die Anmeldung bzw. die Erfindung ihres Erachtens nicht die Erfordernisse des EPÜ erfüllt. Sie können darin auch Änderungen vorschlagen, durch die sich diese Einwände ausräumen lassen.

Beispiel für einen Recherchenbericht

Von den zwei ermittelten Dokumenten beschreibt das erste dieselbe Erfindung wie die in Anspruch 1 beanspruchte. Das X steht für "besonders relevant". Das andere enthält lediglich technische Hintergrundinformationen. Dies wird mit dem Buchstaben A gekennzeichnet.

8. Abschluss der Recherche

Wenn der Recherchenbericht bei Veröffentlichung der Anmeldung nach spätestens 18 Monaten vorliegt, wird er zusammen mit der Anmeldung veröffentlicht. Anderenfalls wird die Anmeldung zunächst allein veröffentlicht (allerdings mit Angabe der IPC-Klassifikation, die zugewiesen werden muss). Der Recherchenbericht wird später separat veröffentlicht.

Nach der Veröffentlichung des Recherchenberichts hat der Anmelder sechs Monate Zeit, um zu entscheiden, ob er seine Anmeldung weiterverfolgen will.  Zahlt er die Prüfungsgebühr, beginnt das Prüfungsverfahren. Zahlt er sie nicht, gilt die Anmeldung als zurückgenommen.