Die Sammlung

© Panamarenko; Detail

Avantgarde und Fortschrittsidee in Kunst und Wissenschaft

Aufgabe des EPA ist es, Patente zu erteilen und damit Erfindungen zu schützen. Die Behörde erfüllt somit eine eminent wichtige politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Funktion für Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum in Europa. Die Technikeuphorie der Industriegesellschaft ist dabei längst von der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts abgelöst, in der sich die technologische Entwicklung in immer rasanteren Innovationszyklen niederschlägt. Digitalisierung und Globalisierung sind entscheidende Faktoren für wirtschaftlichen Erfolg geworden. Patente reflektieren dieses Bewusstsein, stellen sie doch für die Wirtschaft intangible assets dar.

Die Patentdatenbanken machen dabei die rapide Entwicklung technologischen Weltwissens greifbar und zeigen auf die Innovationen von morgen. Offenheit gegenüber dem Neuen, der Wille zu Risikobereitschaft und die Beharrlichkeit bei Forschungsinvestitionen sind die Faktoren, die sich in der Höhe der Patentanmeldungen niederschlagen und die Innovationskraft einer Volkswirtschaft bemessen. Der Zeit voraus zu sein und dies durch das Sammeln von Gegenwartskunst zu reflektieren - das ist der Grundgedanke, der die Kunstförderung bis heute antreibt.

Naturwissenschaft, Technologie, Umwelt als Schlüsselthemen

Der Avantgarde-Gedanke von Gegenwartskunst und die Fortschrittsidee von technischen Erfindungen bereichern einander und führen zu neuen Erkenntnissen. In der Sammlung finden sich über die Jahrzehnte nicht wenige Künstler, die sich mit Referenzen zum EPA, mit Fragen aus Naturwissenschaft, Umwelt und Technologien aller Art auseinandersetzen oder sich Methoden wissenschaftlichen Arbeitens angeeignet haben. Fragen stellen, Analysieren, Diskutieren - die explodierende Vielfalt des technologischen Weltwissens bietet genügend Anhaltspunkte für die Positionierung der Sammlung an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft, ganz gleich, ob diese nun assoziativ, ironisch, spielerisch, konsumistisch, pop-kulturell oder einfach nur ästhetisch sind.

Maschinenästhetik, Lichtkinetik und konstruktive Arbeiten 

© Maurizio Nannucci; Detail

Die Maschinenästhetik der 1960er Jahre, die Lichtkinetik, Op-Art und konstruktive Arbeiten internationaler Künstler bilden den Grundstock der Sammlung. Dass konkrete, kinetische und konstruktive Positionen und ihre Weiterentwicklung in die Gegenwart im Programm vorherrschend sind, ist kein Zufall. Seit Theo van Doesburg und Max Bill sollte die ungegenständliche Kunst die Vision einer neuen verwissenschaftlichten Weltordnung versinnbildlichen und in einer exakten, kalkulierbaren Technik gestaltet sein: dies geschieht durch einfache Bildkompositionen, die auf geometrischer Konstruktion beruhen, Formen wie Kreis, Dreieck, Quader oder orthogonale Raster aufgreifen und durch wohlkalkulierte Farbklänge illustrieren. Der fortschrittliche Geist definiert demnach seine Welt mit Zahlen und mathematischen Proportionen und braucht daher auch eine „verwissenschaftlichte" Kunst, die diese Fortschrittsidee darstellt. Die Wissenschafts- und Technikaffinität spiegelt sich auch in den konzeptuellen und postminimalistischen Kunstrichtungen der Gegenwart wider, die den Avantgarde-Gedanken der "Vergeistigung" des bildnerischen Denkens aufgreifen und in unterschiedlichster Form ausdrücken.

Zukunftsorientierung, Weiterentwicklung, Blick nach vorne

Künstler antizipieren seismografisch Veränderungen der Gesellschaft und entwickeln neue Sichtweisen auf die Welt. In Folge der Auseinandersetzung mit der Welt der Wirtschaft zeigen Künstler gern industrielle Verfahren bei der Produktion ihrer Werke, ganze Teams treten an die Stelle des künstlerischen Genies und die so entstandenen Objekte spielen mit Bezügen zur Warenästhetik, zum Konsum, zum Design oder zur Architektur. Die Ambivalenzen, die sich daraus im jeweiligen räumlichen Kontext der Werke ergeben können, sind aus kuratorischer Perspektive gewollt und ergeben bisweilen ganz neue Semantiken für die Arbeiten. Aus dieser Präsentation am Arbeitsplatz entsteht ein ganz eigener Reiz. Neben etablierten Positionen, die repräsentative Bedürfnisse im Unternehmen erfüllen, werden auch aufstrebende Künstler gefördert, da sie den Gedanken der Avantgarde, der Zukunftsorientierung, der Neugier gegenüber dem Kommenden und Offenheit für Wandel und Veränderung besonders gut ausdrücken. Spannend ist, dass das kuratorische Handeln dabei wesentlich von der vorgegebenen Architektur und ihren Nutzungskonzepten geprägt ist und aus diesen Bedingungen seine kreative Anregung bezieht.

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