FAQ: Einheitspatent

Allgemeine Informationen

Was ist ein Einheitspatent?

Ein "europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung" oder "Einheitspatent" ist ein europäisches Patent, das vom EPA nach den Vorschriften und Verfahren des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) erteilt wird und auf Antrag des Patentinhabers in den am einheitlichen Patentsystem teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht ratifiziert haben, einheitliche Wirkung entfaltet. Das Einheitspatent gilt anfänglich in 17 teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten (siehe auch "Was ist der territoriale Geltungsbereich des Einheitspatents?").

Das Einheitspatent bietet Erfindern einen einheitlichen und territorial breiten Schutz in den teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten. Einheitlicher Schutz bedeutet, dass die Rechte aus einem Einheitspatent und ihre Beschränkungen sowie die verfügbaren Rechtsbehelfe für alle teilnehmenden Staaten identisch sind.

Warum wurde das Einheitspatent eingeführt?

Vor der Einführung des Einheitspatents konnte ein Erfinder eine Erfindung in Europa mit einem nationalen oder einem europäischen Patent schützen. Das EPA prüft europäische Patentanmeldungen zentral und erspart Erfindern damit die Kosten paralleler nationaler Anmeldungen, während es gleichzeitig eine hohe Qualität der erteilten Patente gewährleistet.

Allerdings müssen erteilte europäische Patente in jedem Land, in dem sie Wirkung entfalten sollen, einzeln validiert und aufrechterhalten werden. Dies ist ein komplexer und äußerst kostspieliger Prozess: die Validierungserfordernisse sind in jedem Land anders und können hohe direkte und indirekte Kosten nach sich ziehen, darunter Übersetzungskosten, Validierungsgebühren (d. h. manche Länder erheben Gebühren für die Veröffentlichung der Übersetzungen) und Vertretungskosten wie die Anwaltshonorare für die Validierung und Verwaltung des Patents (d. h. die Zahlung nationaler Jahresgebühren). Diese Kosten können erheblich sein und hängen von der Zahl der Länder ab, in denen der Patentinhaber das europäische Patent validieren will.

Mit dem Einheitspatent entfällt die Notwendigkeit komplexer und kostspieliger nationaler Validierungsverfahren. Das EPA fungiert als universale Anlaufstelle und ermöglicht eine einfache Eintragung des Einheitspatents auf den Gebieten von anfänglich 17 EU-Mitgliedstaaten.

Genaueres ist dem Leitfaden zum Einheitspatent zu entnehmen.

Welche Aufgaben in Bezug auf das Einheitspatent haben die 25 an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten dem EPA übertragen?

Nach der EU-Verordnung Nr. 1257/2012 über die Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes haben die teilnehmenden Mitgliedstaaten dem EPA die folgenden Aufgaben übertragen:

  • Entgegennahme und Prüfung von Anträgen auf einheitliche Wirkung
  • Eintragung der einheitlichen Wirkung
  • Veröffentlichung der Übersetzungen während der Übergangszeit
  • Einrichtung und Pflege eines neuen "Registers für den einheitlichen Patentschutz" mit Einträgen insbesondere zu Rechtsübertragungen sowie zu Lizenzierung, Erlöschen, Beschränkung oder Widerruf von Einheitspatenten
  • Erhebung der Jahresgebühren für Einheitspatente
  • anteilige Verteilung der Jahresgebühren an die teilnehmenden Mitgliedstaaten
  • Verwaltung des Kompensationssystems zur Unterstützung bestimmter Anmelder (siehe auch "Gibt es Ermäßigungen für kleine Einheiten wie KMU, Start-ups und Hochschulen?").

 

Entscheidungen des EPA im Zusammenhang mit Einheitspatenten werden von einer neuen, nach Artikel 143 (2) EPÜ gebildeten "Abteilung für den einheitlichen Patentschutz" getroffen. Diese Entscheidungen können vor dem Einheitlichen Patentgericht angefochten werden.

Start des neuen Systems

Wann ist das Einheitspatentsystem gestartet?

Das Einheitspatentsystem ist gleichzeitig mit dem Einheitlichen Patentgericht am 1. Juni 2023 in Kraft getreten.

Das Einheitspatentsystem ist untrennbar mit der Errichtung des Einheitlichen Patentgerichts verknüpft, das die Zuständigkeit in Bezug auf Einheitspatente und klassische europäische Patente besitzt: die beiden EU-Verordnungen zur Einführung des Einheitspatents (Verordnungen (EU) Nr. 1257/2012 und (EU) Nr. 1260/2012) finden daher seit dem Datum des Inkrafttretens des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht, d. h. dem 1. Juni 2023, Anwendung.

Das Sekundärrecht für das Einheitspatent, insbesondere die Durchführungsordnung zum einheitlichen Patentschutz und die Gebührenordnung zum einheitlichen Patentschutz, ist ebenfalls am 1. Juni 2023 in Kraft getreten. Dieser Rechtsrahmen betraut das EPA formell mit der Verwaltung des Einheitspatents.

Territorialer Geltungsbereich des Einheitspatents und Kombinationsmöglichkeiten mit anderen Patenten

Was ist der territoriale Geltungsbereich des Einheitspatents?

Der geografische Geltungsbereich des Einheitspatents wird sich letztlich auf alle 25 EU-Mitgliedstaaten erstrecken, die der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes beigetreten sind. Um vom Einheitspatent erfasst zu werden, muss ein Mitgliedstaat aber nicht nur an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligt sein, sondern auch das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) ratifiziert haben. Beim Start des neuen Systems am 1. Juni 2023 haben dies 17 Staaten getan.

Der geografische Geltungsbereich eines bestimmten Einheitspatents bleibt über dessen gesamte Lebensdauer hinweg gleich und kann auch nicht auf Staaten ausgedehnt werden, die das EPGÜ erst nach der Eintragung der einheitlichen Wirkung ratifizieren.

Kann ich das nationale Patent, das europäische Patent und das Einheitspatent kombinieren?

Das Einheitspatent bietet eine zusätzliche Option für den Patentschutz in Europa neben dem nationalen Weg und dem klassischen europäischen Patent. Anmelder, die es vorziehen, Schutz in einzelnen EPÜ-Vertragsstaaten zu erlangen, können weiterhin Patentanmeldungen bei den nationalen Ämtern dieser Staaten einreichen; außerdem ist es weiter möglich, ein europäisches Patent in einem oder mehreren EPÜ-Vertragsstaaten zu validieren.

Ein Einheitspatent kann auch mit einem klassischen europäischen Patent kombiniert werden: Es ist möglich, ein europäisches Patent als Einheitspatent eintragen zu lassen und das europäische Patent zusätzlich in den anderen EPÜ-Vertragsstaaten validieren zu lassen, deren Gebiete nicht vom Einheitspatent erfasst sind. Nicht möglich ist dagegen der Doppelschutz einer Erfindung durch ein klassisches europäisches Patent und ein Patent mit einheitlicher Wirkung in den vom Einheitspatent abgedeckten Staaten.

Kosten des Einheitspatents und Ermäßigung für kleinere Unternehmen

Was kostet das Einheitspatent?

Der Antrag auf einheitliche Wirkung ist vollständig kostenlos, d. h. dafür sind keine Anmelde-, Prüfungs- oder Eintragungsgebühren beim EPA zu entrichten.

Die Jahresgebühren für die Aufrechterhaltung eines Einheitspatents sind sehr attraktiv und unternehmensfreundlich. Die Gesamtgebühren für die ersten zehn Jahre – die durchschnittliche Lebensdauer eines europäischen Patents – belaufen sich auf weniger als 5 000 EUR.

Ein Vergleich der Gebühren und indirekten Kosten zeigt, dass die Gesamtkosten eines Einheitspatents bedeutend geringer sind als die Kosten der Validierung und Aufrechterhaltung eines klassischen europäischen Patents in vier Ländern.

Der volle Umfang der möglichen Kostenersparnis wird deutlich, wenn auch die Einsparungen aus der vereinfachten Verwaltung mit einkalkuliert werden:

  • Beim europäischen Patent sind in der Phase nach der Erteilung, wenn das europäische Patent in ein Bündel von Patenten zerfällt, die dem nationalen Recht des jeweiligen Landes der Validierung unterliegen, unterschiedliche Jahresgebühren in unterschiedlicher Höhe und unterschiedlichen Währungen an unterschiedliche nationale Patentämter zu entrichten, die ihrerseits unterschiedliche Rechtserfordernisse haben, insbesondere was die Fristenwahrung anbelangt.
  • Beim Einheitspatent ist dagegen nur eine einzige Jahresgebühr in einer einzigen Währung (Euro) zentral an das EPA zu entrichten, und zwar in einem standardisierten Verfahren mit nur einer Frist und ohne obligatorische Vertretung.

Darüber hinaus haben KMU Anspruch auf eine Kompensation von 500 EUR für die Kosten einer beim EPA einzureichenden Übersetzung ihrer ursprünglichen Patentanmeldung in einer der drei Amtssprachen.

Genaueres ist dem Leitfaden zum Einheitspatent zu entnehmen.

Gibt es Ermäßigungen für KMU, Start-ups und Hochschulen?

Ja, es gibt ein Kompensationssystem, das die Kosten der Übersetzung der Anmeldung in der Phase vor der Erteilung abdeckt; dieses steht Einzelpersonen (natürlichen Personen), KMU, Non-Profit-Organisationen, Hochschulen und öffentlichen Forschungseinrichtungen zur Verfügung. Um Anspruch auf die Kompensation zu haben, müssen solche Unternehmen ihren Wohnsitz oder Sitz in einem EU-Mitgliedstaat haben, und sie müssen die europäische Patentanmeldung oder die Euro-PCT-Anmeldung, die zum Einheitspatent führt, in einer EU-Amtssprache eingereicht haben, die nicht Deutsch, Englisch oder Französisch ist.

Die Kompensation wird nur auf ausdrücklichen Antrag des Patentinhabers gewährt. Der Kompensationsantrag ist zusammen mit dem Antrag auf einheitliche Wirkung zu stellen und muss eine Erklärung enthalten, wonach der Inhaber des europäischen Patents eine natürliche Person oder eine Einheit im obigen Sinne ist. Die Kompensation - ein Pauschalbetrag von 500 EUR - ergänzt die Ermäßigung der Anmelde- und Prüfungsgebühren, die gewährt wird, wenn eine europäische Patentanmeldung bzw. ein Prüfungsantrag in einer anderen Sprache eines EPÜ-Vertragsstaats als Deutsch, Englisch oder Französisch eingereicht wird (Regel 6 (3) EPÜ). Genaueres ist dem Leitfaden zum Einheitspatent zu entnehmen.

Neben diesem Kompensationssystem bietet das Einheitspatentsystem eine Reihe anderer Vorteile für Anmelder mit begrenzten Ressourcen wie KMU, Start-up-Unternehmen und Hochschulen. Vor der Einführung des Einheitspatents setzten viele kleinere Unternehmen tendenziell auf nationale Patente, was dazu führte, dass ihre Erfindungen in Europa häufig keinen wirksamen Schutz hatten oder nur in sehr wenigen Ländern. Das einheitliche Patentsystem baut die bürokratischen und finanziellen Hürden ab, mit denen sie konfrontiert sind, wenn sie ihre Erfindungen auf den EU-Markt bringen. Ein Einheitspatent bietet einen umfassenden und einheitlichen territorialen Schutz sowie eine unternehmensfreundliches Niveau an Jahresgebühren. So ist es nicht erforderlich, in jedem teilnehmenden Mitgliedstaat Validierungsvoraussetzungen zu erfüllen. Diese Kosten können erheblich sein, vor allem dann, wenn ein europäisches Patent in mehreren teilnehmenden Mitgliedstaaten validiert wird, und umfassen in der Regel nicht nur Übersetzungskosten für Validierungen sowie die an die verschiedenen nationalen Patentämter zu entrichtenden Veröffentlichungsgebühren, sondern auch die von örtlichen Anwälten oder anderen Dienstleistern erhobenen Gebühren. Bei einem Einheitspatent ist es dagegen nicht notwendig, weiterhin verschiedene örtliche Anwälte oder spezialisierte Dienstleister in Anspruch zu nehmen. Zum finanziellen Nutzen des Einheitspatents siehe auch "Was kostet das Einheitspatent?" sowie die EPA-Website.

Zudem müssen Inhaber klassischer europäischer Patente unter Umständen parallele Rechtsstreitigkeiten in allen Ländern führen, in denen sie validiert wurden. Ein solches System mit mehreren Gerichtsständen ist teuer und komplex und kann für Rechtsunsicherheit sorgen. Als gemeinsames Gericht der teilnehmenden Mitgliedstaaten zentralisiert das Einheitliche Patentgericht die Rechtsstreitigkeiten in Zusammenhang mit Einheitspatenten und klassischen europäischen Patenten, was nicht nur die Kosten für die Beteiligten reduziert, sondern auch die Entwicklung einer konsistenten Rechtsprechung fördert und für mehr Rechtssicherheit sorgt. Nähere Informationen zu den Vorteilen, die kleine Unternehmen in Zusammenhang mit den Kosten vor dem EPG haben, finden Sie auf der EPG-Website.

Beantragung eines Einheitspatents

Welche Erfordernisse sind zu erfüllen, um ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatent) zu erlangen?

Bevor das EPA die einheitliche Wirkung eintragen kann, muss der Anmelder zunächst ein europäisches Patent erlangen. Daher muss eine europäische Patentanmeldung gemäß dem EPÜ eingereicht und bearbeitet werden.

Damit ein europäisches Patent als Einheitspatent eingetragen werden kann, muss eine materielle Voraussetzung erfüllt sein: es muss mit den gleichen Patentansprüchen für alle 25 an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten erteilt worden sein. Diese Voraussetzung muss unabhängig davon erfüllt sein, ob alle diese Staaten tatsächlich vom Einheitspatent abgedeckt sein werden. Es ist daher wichtig, keine der Benennungen der 25 an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten zurückzunehmen, denn dies würde die Erlangung eines Einheitspatents ausschließen. Ferner darf ein europäisches Patent keine unterschiedlichen Ansprüche für verschiedene teilnehmende Mitgliedstaaten enthalten, da auch dies ein Hinderungsgrund für die Eintragung eines Einheitspatents durch das EPA ist.

Ist ein europäisches Patent erteilt worden, muss der Patentinhaber beim EPA einen "Antrag auf einheitliche Wirkung" stellen, um ein Einheitspatent zu erhalten. Der Antrag ist spätestens einen Monat nach Bekanntmachung des Erteilungshinweises im Europäischen Patentblatt schriftlich in der Verfahrenssprache zu stellen und kann auch online eingereicht werden. Der Antrag auf einheitliche Wirkung muss auch eine Übersetzung des europäischen Patents enthalten (Näheres dazu siehe auch: "Muss ich mit dem Antrag auf einheitliche Wirkung eine Übersetzung des europäischen Patents vorlegen und wenn ja, in welcher Sprache?").

Das EPA empfiehlt hierzu die Verwendung des Formblatts 7000.

Wie ist der Antrag auf einheitliche Wirkung einzureichen?

Der Antrag auf einheitliche Wirkung (Formblatt 7000) sollte vorzugsweise online eingereicht werden. Das EPA bietet drei Möglichkeiten für die Online-Einreichung des Formblatts 7000:

Online-Einreichung
Online-Einreichung 2.0
Web-Einreichung

Bei der Online-Einreichung und der Online-Einreichung 2.0 ist das Formblatt 7000 integriert, was die Eintragung der für den Antrag auf einheitliche Wirkung erforderlichen Informationen über verschiedene Tabs ermöglicht. Bei der Web-Einreichung können Sie ein bereits ausgefülltes PDF des Formblatts 7000 hochladen.

Der Antrag auf einheitliche Wirkung und nachgereichte zugehörige Unterlagen sind nicht als Anlage zu Formblatt 1038 einzureichen.

Weitere Informationen zur Einreichung des Formblatts 7000 über die Online-Einreichung, die Online-Einreichung 2.0 und die Web-Einreichung:

Online-Einreichung: Stellen Sie sicher, dass Sie die aktuelle Version der Software für die Online-Einreichung (Version 5) heruntergeladen haben. Wählen Sie dann in der Online-Einreichung das Formblatt 7000 aus. Wenn Sie ein weiteres Dokument in Bezug auf Ihren Antrag einreichen möchten, wählen Sie das Formblatt 7038 aus und fügen Sie das Dokument an.

Online-Einreichung 2.0: Stellen Sie sicher, dass Ihr Administrator Ihnen unter Verwaltung à Zugriffsrechte/Berechtigungen die Rechte für die Erstellung, Unterzeichnung und/oder Einreichung der Formblätter 7000 and 7038 zugewiesen hat. Gehen Sie dann auf Verfahren starten, wählen Sie Inhaber oder Vertreter als Rolle aus und wählen Sie dann das Formblatt 7000. Wenn Sie ein weiteres Dokument in Bezug auf Ihren Antrag einreichen möchten, wählen Sie das Formblatt 7038 aus und fügen Sie das Dokument an.

Web-Einreichung: Laden Sie das Formblatt 7000 herunter und lesen Sie vor dem Ausfüllen aufmerksam das zugehörige Merkblatt. Um das Formblatt dann in der Web-Einreichung zu übermitteln, wählen Sie 7000 - Antrag auf einheitliche Wirkung unter Art der Einreichung. Wenn Sie ein weiteres Dokument in Bezug auf Ihren Antrag einreichen möchten, wählen Sie als Art der Einreichung 7038 - Nachgereichte Unterlagen.

Was kann ich tun, wenn ich die Einmonatsfrist für die Stellung des Antrags auf einheitliche Wirkung versäume?

Wenn Sie die Frist für die Stellung eines Antrags auf einheitliche Wirkung – ein Monat nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents im Europäischen Patentblatt (siehe Regel 6 (1) der Durchführungsordnung zum Einheitlichen Patentschutz (DOEPS)) – trotz Beachtung aller nach den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt versäumt haben, können Sie die Wiedereinsetzung in diese Einmonatsfrist beantragen (siehe  Regel 22 (1) DOEPS). Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss jedoch innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der Einmonatsfrist gestellt werden (s. Regel 22 (2) DOEPS), und die Stellung des Antrags auf einheitliche Wirkung ist innerhalb dieser Frist von zwei Monaten nachzuholen (s. Regel 22 (3) DOEPS). Außerdem ist die vorgeschriebene Gebühr zu entrichten.

Genaueres ist dem Leitfaden zum Einheitspatent zu entnehmen.

Wann und für welche europäischen Patente kann ein Einheitspatent beantragt werden und gibt es Übergangsmaßnahmen?

Der einheitliche Patentschutz kann für jedes europäische Patent beantragt werden, das am oder nach dem Tag des Geltungsbeginns der Verordnungen (EU) Nr. 1257/2012 und (EU) Nr. 1260/2012 erteilt wird. Diese zwei Verordnungen gelten ab dem 1. Juni 2023, dem Tag des Inkrafttretens des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ).

Damit das Einheitspatent zeitnah genutzt werden kann, hatte das EPA zwei Übergangsmaßnahmen für die Nutzer eingeführt: den frühen Antrag auf einheitliche Wirkung und den Antrag auf Verschiebung der Entscheidung über die Erteilung des europäischen Patents. Diese beiden Übergangsmaßnahmen waren vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Mai 2023 verfügbar, seit dem 1. Juni 2023 sind sie es nicht mehr, siehe die Mitteilung des EPA vom 26. April 2023 über die Einreichung von frühen Anträgen auf einheitliche Wirkung nach Inkrafttreten des Einheitspatentsystems.

Wird für Einheitspatente eine Patentschrift ausgestellt?

Eine gesonderte Patentschrift über die vom EPA im Einklang mit dem EPÜ veröffentlichte europäische Patentschrift hinaus wird es für Einheitspatente nicht geben. Dem Inhaber des Einheitspatents wird jedoch eine Urkunde zugeschickt, sobald die einheitliche Wirkung eingetragen ist.

Online-Einreichung

In der Online-Einreichung 2.0 (OLF 2.0) heißt es unter Zugriffsrechte/Berechtigungen, dass die mit dem Patentinhaber verbundenen Formblätter für den Vertreter nicht zugänglich sind. Kann der Vertreter trotzdem Formblätter für den Patentinhaber einreichen?

Vertreter können in OLF 2.0 Formblätter für einen Patentinhaber einreichen, wenn sie zu Beginn des Verfahrens „Patentinhaber“ auswählen und ihre eigenen Angaben auf dem Formblatt im Abschnitt „Beteiligte“ hinzufügen.

Wenn der Antrag auf einheitliche Wirkung fertig ist, generiert die Online-Einreichung 2.0 (OLF 2.0) eine XML-Datei. Ist es möglich, eine XML-Datei mit den erforderlichen Informationen automatisch hochzuladen?

Weder die Online-Einreichung (OLF) noch OLF 2.0 unterstützt XML-Dateien (d. h. das Anhängen des Formblatts im XML-Format). Allerdings unterstützen die Systeme das Importieren von Paketen. Wenn das Paket also mit der Schnittstelle eines Patentverwaltungssystems (PMS) erstellt wurde und die Standards und Anforderungen erfüllt, kann es in OLF und OLF 2.0 importiert werden.

Die technische Dokumentation zur PMS-Schnittstelle ist unter
epo.org/applying/online-services/online-filing/interface_de.html abrufbar.

Vertretung

Benötige ich einen zugelassenen Vertreter, um einen Antrag auf einheitliche Wirkung zu stellen?

Es gelten dieselben Regeln für die Vertretung wie nach dem EPÜ. Hat der Patentinhaber seinen Sitz oder Wohnsitz in einem EPÜ-Vertragsstaat, kann er in Verfahren vor dem EPA, die das Einheitspatent betreffen, selbst handeln.

Hat der Patentinhaber weder Sitz noch Wohnsitz in einem EPÜ-Vertragsstaat, muss er einen Vertreter bestellen und alle Handlungen in den das Einheitspatent betreffenden Verfahren vor dem EPA durch ihn vornehmen lassen, auch die Verfahrenshandlung der Beantragung der einheitlichen Wirkung (s. Regel 20 (1), (2) l) und (3) der Durchführungsordnung zum einheitlichen Patentschutz). Für die Zahlung von Gebühren gilt die Vertretungspflicht allerdings nicht (s. Artikel 6 der Gebührenordnung zum einheitlichen Patentschutz).

Genaueres ist dem Leitfaden zum Einheitspatent zu entnehmen.

Benötigt ein Vertreter eine separate Vollmacht, um in Verfahren zum Einheitspatent vor dem EPA aufzutreten?

Die Vertretungsbefugnis kann durch eine Einzelvollmacht oder in Form einer allgemeinen Vollmacht erteilt werden. Für alle Verfahren in Zusammenhang mit dem Einheitspatent bedarf es jedoch einer zusätzlichen Vollmacht. Eine Vollmacht für die durch das EPÜ geschaffenen Verfahren gilt also nicht für Verfahren, die das Einheitspatent betreffen. Aus diesem Grund wurde in die Formblätter 1003 (Einzelvollmacht) und 1004 (allgemeine Vollmacht) ein separates Kästchen aufgenommen, damit alle Verfahren in Bezug auf das Einheitspatent abgedeckt werden können. Daneben gibt es auch zwei Formblätter – 7003 und 7004 –, die verwendet werden können, um eine nur für das Einheitspatent geltende Einzel- bzw. allgemeine Vollmacht auszustellen. Es ist möglich, bei der Einreichung von EPA Form 7000 (Antrag auf einheitliche Wirkung) auf eine zuvor eingereichte Einzel- oder allgemeine Vollmacht Bezug zu nehmen, wenn sie auch die Verfahren in Bezug auf Einheitspatente abdeckt.

Übersetzungen

Muss ich bei der Beantragung der einheitlichen Wirkung eine Übersetzung des europäischen Patents einreichen, und wenn ja, in welcher Sprache?

Ja, gemäß Artikel 6 (1) der Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 ist während eines Übergangszeitraums einem Antrag auf einheitliche Wirkung eine Übersetzung des europäischen Patents beizufügen, und zwar nachfolgenden Modalitäten:

  • sofern die Verfahrenssprache Französisch oder Deutsch ist, eine vollständige Übersetzung der Patentschrift des europäischen Patents ins Englische oder
  • sofern die Verfahrenssprache Englisch ist, eine vollständige Übersetzung der Patentschrift des europäischen Patents in eine andere Amtssprache der Europäischen Union.

Gemäß den Erfordernissen der Verordnungen (EU) Nr. 1257/2012 und (EU) Nr. 1260/2012 sowie der Regel 6 (2) d) der Durchführungsordnung zum einheitlichen Patentschutz prüft das EPA, ob die Übersetzung zusammen mit dem Antrag auf einheitliche Wirkung eingereicht wurde. Ist dies nicht der Fall, kann die erforderliche Übersetzung noch innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von einem Monat eingereicht werden. Die Übersetzung dient ausschließlich Informationszwecken und besitzt keine Rechtswirkung. Sie muss daher nicht beglaubigt sein und wird vom EPA nicht auf Korrektheit geprüft. Allerdings sollten diese Übersetzungen laut Erwägungsgrund 12 der Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 nicht maschinell erstellt werden.

Genaueres ist dem Leitfaden zum Einheitspatent zu entnehmen.

Welcher Teil des europäischen Patents muss übersetzt werden?

Gemäß Artikel 6 (1) der Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 und Regel 6 (2) d) DOEPS ist eine vollständige Übersetzung der Patentschrift des europäischen Patents erforderlich. Gemäß Regel 73 (1) EPÜ enthält die europäische Patentschrift die Beschreibung, die Patentansprüche und gegebenenfalls die Zeichnungen. Daher sind die Übersetzung der Beschreibung, der Patentansprüche und von Textbestandteilen der Zeichnungen einzureichen.

Genaueres ist dem Leitfaden zum Einheitspatent zu entnehmen.

In welchem Format muss ich die Übersetzung einreichen?

Die Übersetzung des europäischen Patents ist gemäß den Formerfordernissen für die Beschreibung, die Patentansprüche und Zeichnungen gemäß dem Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 25. November 2022 über die Form von Anmeldungsunterlagen und anderen Schriftstücken einzureichen. Die Übersetzung ist in einer Form zu erstellen, in der sie verbreitet werden kann, d. h. sie soll mit Maschine geschrieben oder gedruckt sein (s. Regel 50 (2) EPÜ, Regel 20 (2) c) DOEPS und Nr. 60 des Leitfadens zum Einheitspatent).

Einreichung einer Mitteilung über den Ausschluss der Zuständigkeit ("Opt-out")

Ist es möglich, beim EPA eine Mitteilung über einen Ausschluss der Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts einzureichen?

Nein, eine Mitteilung über einen Ausschluss der ausschließlichen Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts kann nur bei der Kanzlei des Einheitlichen Patentgerichts eingereicht werden. Die Einreichung beim EPA ist nicht möglich. Eine Ausnahmeregelung bezüglich der ausschließlichen Zuständigkeit des EPG kann nur für klassische europäische Patente in Anspruch genommen werden. Für alle Einheitspatente ist das Einheitliche Patentgericht zuständig. Zu weiteren Informationen siehe die FAQ des Einheitlichen Patentgerichts. https://www.unified-patent-court.org/de/faq/opt-out#faqs

Register für den einheitlichen Patentschutz

Gibt es ein spezielles Register für das Einheitspatent und was ist darin enthalten?

Ja. Es wurde ein Register für den einheitlichen Patentschutz als integraler, aber gesonderter, d. h. dedizierter Bestandteil des gemäß Artikel 127 EPÜ beim EPA geführten Europäischen Patentregisters geschaffen. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Transparenz für die Nutzer weist das Register für den einheitlichen Patentschutz dieselbe Struktur und dieselben Funktionen auf wie das Europäische Patentregister, wobei einige neue Ansichten für das Einheitspatent hinzukommen werden.

Das Register für den einheitlichen Patentschutz enthält alle Einträge, die in der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 ausdrücklich aufgeführt sind. Dazu gehören insbesondere die Eintragung der einheitlichen Wirkung und der Tag der Eintragung sowie andere Verfahrensdaten wie der Tag der Stellung des Antrags auf einheitliche Wirkung, die teilnehmenden Mitgliedstaaten, in denen das Einheitspatent einheitliche Wirkung hat, und der Tag der Abgabe sowie der Tag der Zurücknahme einer Erklärung über die Lizenzbereitschaft. Ausgewiesen werden auch Angaben über die Zahlung von Jahresgebühren für das Einheitspatent und über Entscheidungen des Einheitlichen Patentgerichts über die Gültigkeit eines Einheitspatents. Eine vollständige Liste der Angaben findet sich in Regel 16 (1) der Durchführungsordnung zum einheitlichen Patentschutz.

Zeigt das Europäische Patentregister etwaige Ausschlüsse aus der Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts?

Ja, ab dem Inkrafttreten des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht am 1. Juni 2023 zeigt das Europäische Patentregister an, ob in Bezug auf ein europäisches Patent die ausschließliche Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts ausgenommen worden ist.

Zeigt das Register für den einheitlichen Patentschutz Informationen über den Wohnsitz oder den Sitz der Hauptniederlassung oder eine Niederlassung des Anmelders zum Zeitpunkt der Einreichung der europäischen Patentanmeldung im Sinne des Artikels 7 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 (Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung als Gegenstand des Vermögens)?

Artikel 7 (1) der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 ("Behandlung des Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung wie ein nationales Patent") besagt: "Ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung als Gegenstand des Vermögens ist in seiner Gesamtheit und in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten wie ein nationales Patent des teilnehmenden Mitgliedstaats zu behandeln, in dem dieses Patent einheitliche Wirkung hat und in dem gemäß dem Europäischen Patentregister:

a) der Patentanmelder zum Zeitpunkt der Einreichung einer Anmeldung eines Europäischen Patents seinen Wohnsitz oder den Sitz seiner Hauptniederlassung hat oder,

b) sofern Buchstabe a nicht zutrifft, der Patentanmelder zum Zeitpunkt der Einreichung einer Anmeldung eines europäischen Patents eine Niederlassung hatte."

  1. Zum Wohnsitz oder Sitz der Hauptniederlassung am Anmeldetag (Artikel 7 (1) a) der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012), der im Register für den einheitlichen Patentschutz angegeben ist (Regel 16 (1) x) DOEPS):

Der Antrag auf Erteilung eines europäischen Patents ist auf einem vom Europäischen Patentamt vorgeschriebenen Formblatt einzureichen (EPA-Formblatt 1001, s. Regel 41 (1) EPÜ). Für internationale Anmeldungen nach dem PCT muss der Antrag auf dem Formblatt PCT/RO/101 eingereicht werden (s. Regel 3.1 PCT). Das EPA-Formblatt 1001 verlangt vom Anmelder die Angabe seines "Wohnsitzes oder Sitzes" (s. Regel 41 (2) c) EPÜ); das Formblatt PCT/RO/101 verlangt von ihm die Angabe von "Sitz oder Wohnsitz" (s. Regel 4.5 c) PCT). Um im Register für den einheitlichen Patentschutz den Wohnsitz oder Sitz einer Hauptniederlassung am Anmeldetag anzuzeigen, stellt das EPA bei europäischen Patentanmeldungen einen Link zum EPA-Formblatt 1001 und bei Euro-PCT-Anmeldungen einen Link zum Formblatt PCT/RO/101 bereit.

  1. Zum Sitz der Niederlassung am Anmeldetag (Artikel 7 (1) b) der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012), der im Register für den einheitlichen Patentschutz angegeben ist (Regel 16 (1) w) DOEPS):

Eine Niederlassung am Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung im Sinne des Artikels 7 (1) b) der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 (siehe Regel 16 (1) w) DOEPS) kann freiwillig zusammen mit dem Antrag auf einheitliche Wirkung angegeben werden.

Die Eintragung einer "Niederlassung am Anmeldetag" im Register für den einheitlichen Patentschutz (das Bestandteil des Europäischen Patentregisters ist) (s.  Regel 16 (1) w) DOEPS) kann sich als zweckmäßig erweisen, wenn ein Anmelder bei der Einreichung einer europäischen Patentanmeldung oder einer internationalen Anmeldung nach dem PCT mit dem EPA als Bestimmungsamt oder ausgewähltem Amt (Euro-PCT-Anmeldung) in keinem der teilnehmenden Mitgliedstaaten einen Wohnsitz oder eine Hauptniederlassung im Sinne des Artikels 7 (1) a) der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 hatte, z. B. bei Wohnsitz oder Sitz des Anmelders in den Vereinigten Staaten oder der Schweiz (s. Regel 16 (1) x) DOEPS).

Die Angabe einer solchen "Niederlassung am Anmeldetag" ist freiwillig. Sie kann jedoch nur zusammen mit dem Antrag auf einheitliche Wirkung erfolgen (Regel 16 (1) w) DOEPS). Wird im oben beschriebenen Fall zusammen mit dem Antrag keine Angabe einer solchen Niederlassung gemacht, gilt im Hinblick auf die Behandlung des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung als Gegenstand des Vermögens gemäß Artikel 7 (3) Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 deutsches Recht.

Siehe auch den Leitfaden zum Einheitspatent.

Gibt es im Register für den einheitlichen Patentschutz oder im Europäischen Patentblatt einen besonderen Code?

Ein spezieller Code ("C0") kennzeichnet die Einheitspatente im Register für den einheitlichen Patentschutz, im Europäischen Patentblatt und in den vom EPA bereitgestellten Datensätzen. Damit lassen sich Einheitspatente in den Patentinformationsprodukten und -diensten des EPA (etwa in Espacenet und im Global Patent Index) leichter identifizieren.

Recherche hinsichtlich älterer nationaler Rechte

Führt das EPA eine Recherche hinsichtlich älterer nationaler Rechte durch?

Ab 1. September 2022 wird das EPA systematische abschließende Recherchen durchführen, um ältere nationale Rechte in allen EPÜ-Vertragsstaaten zu ermitteln und deren prima facie-Relevanz zu beurteilen. Der neue Service steht kostenlos zur Verfügung und erfordert keinen Antrag des Anmelders.

EPA-Prüfer führen eine Recherche hinsichtlich etwaiger weiterer kollidierender europäischer Patentanmeldungen durch, die unter Artikel 54 (3)  EPÜ fallen, sofern dies noch nicht im Rahmen des europäischen Recherchenberichts geschehen ist. Bei der abschließenden Recherche des EPA werden neben Dokumenten nach Artikel 54 (3), die zum Zeitpunkt der ursprünglichen Recherche noch nicht verfügbar waren, unter anderem potenziell relevante Dokumente zum Stand der Technik berücksichtigt, die andere Patentämter Anmeldungen entgegengehalten haben, die derselben Patentfamilie wie die vom EPA zu prüfende Anmeldung angehören. Eine solche Recherche muss daher für jede Akte zu Beginn und am Ende der Prüfung durchgeführt werden (siehe Richtlinien für die Prüfung im EPA, C-IV, 7.1).

Nach Artikel 139 (2) EPÜ haben eine nationale Patentanmeldung und ein nationales Patent in einem Vertragsstaat gegenüber einem europäischen Patent, soweit dieser Vertragsstaat benannt ist, die gleiche Wirkung als älteres Recht wie gegenüber einem nationalen Patent. Damit gemeint sind nationale Anmeldungen eines oder mehrerer in der europäischen Anmeldung benannter Staaten, deren Anmeldetag vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der europäischen Anmeldung liegt und die an oder nach diesem Tag als nationale Anmeldungen oder Patente veröffentlicht worden sind.

Ältere nationale Rechte gehören nicht zu dem Stand der Technik, der vom EPA bei der Prüfung auf Patentierbarkeit zu berücksichtigen ist (Artikel 54 EPÜ). Nach Artikel 139 (2) EPÜ können jedoch nach der Erteilung des europäischen Patents ältere nationale Rechte als Nichtigkeitsgrund in nationalen Verfahren geltend gemacht werden. Deshalb können Anmelder unterschiedliche Anspruchssätze für Länder einreichen, in denen ältere nationale Rechte festgestellt werden (Regel 138 EPÜ).

Das Einheitspatentsystem wird voraussichtlich Anfang 2023 starten. Ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung (“Einheitspatent“) ist ein europäisches Patent, das vom EPA nach den Vorschriften und Verfahren des EPÜ erteilt wird und auf Antrag des Patentinhabers auf den Gebieten der EU-Mitgliedstaaten, die an der Verstärkten Zusammenarbeit zur Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes teilnehmen und das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) ratifiziert haben, einheitliche Wirkung entfaltet. Damit für ein europäisches Patent einheitliche Wirkung eingetragen werden kann, muss es mit den gleichen Ansprüchen für alle 25 teilnehmenden Mitgliedstaaten erteilt worden sein (s. Artikel 3 (1) der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012).

Ab 1. September 2022 hilft das EPA Anmeldern bei der Entscheidung, ob sie gesonderte Anspruchssätze einreichen, indem es sie in einer Mitteilung nach Regel 71 (3) EPÜ unverbindlich über ältere nationale Rechte informiert, die für prima facie relevant befunden wurden. Da dieser Service kein Erfordernis nach dem EPÜ ist, sondern eine zusätzliche Qualitätsmaßnahme des EPA, die den Nutzern kostenlos zur Verfügung gestellt wird, seien die Anmelder daran erinnert, dass sie selbst die Verantwortung dafür tragen, ältere nationale Rechte sorgfältig zu prüfen und gesonderte Anspruchssätze einzureichen (siehe Richtlinien für die Prüfung im EPA, G-IV, 6).

Es wird darauf hingewiesen, dass dieser neue Service für alle Anmeldungen durchgeführt wird, zu denen ein Prüfer am oder nach dem 1. September 2022 eine Mitteilung nach Regel 71 (3) EPÜ erlassen hat. Bitte beachten Sie jedoch, dass in der Übergangsphase die interne Bearbeitungsdauer zwischen dem Erlass der Mitteilung und ihrem Versand dazu führen kann, dass dieser Service unter Umständen nicht alle Anmeldungen abdeckt, für die eine Mitteilung nach Regel 71 (3) EPÜ am oder nach dem 1. September 2022 versandt wird. Wenn eine abschließende Recherche hinsichtlich älterer nationaler Rechte durchgeführt und deren prima-facie-Relevanz beurteilt wurde, so wird dies in der Mitteilung nach Regel 71 (3) EPÜ ausdrücklich angegeben.

Nähere Informationen siehe auch die FAQ „Welche Erfordernisse sind zu erfüllen, um ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatent) zu erlangen?“

Ergänzendes Schutzzertifikat (ESZ) auf der Grundlage eines Einheitspatents

Ist es möglich, auf der Grundlage eines europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatent) ein ergänzendes Schutzzertifikat (ESZ) zu erhalten?

Ja, eine Laufzeitverlängerung durch ein ergänzendes Schutzzertifikat (ESZ) ist möglich, falls sich der Patentinhaber für den einheitlichen Patentschutz entscheidet. ESZ, die für bestimmte Arzneimittel und Pflanzenschutzmittel erteilt werden, können die Laufzeit des Patents um bis zu fünf Jahre verlängern.

Nach den derzeitigen Bestimmungen betreffend ESZ ist ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung ein "Grundpatent" im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 und der Verordnung (EG) Nr. 1610/96. Beide Verordnungen finden auf ein Einheitspatent in der gleichen Weise Anwendung wie auf ein "klassisches" europäisches Patent.

Allerdings können Einheitspatente nach den derzeitigen Bestimmungen betreffend ESZ nur durch nationale ESZ verlängert werden (siehe die Sondierung der Europäischen Kommission 2022, Seite 2, Nr. 2). Die Kommission hat angekündigt, dass die Schaffung eines Systems für einheitliche ESZ geplant ist.

Weitere Informationen finden sich auf der Website der Europäischen Union zu ESZ.

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