Das EPG ist ein neues europäisches Gericht, das errichtet wird, um in Fragen der Verletzung und der Rechtsgültigkeit von Einheitspatenten und klassischen europäischen Patenten nach dem Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPG-Übereinkommen) vom 19. Februar 2013 zu entscheiden (siehe ABl. EPA 2013, 287).
Derzeit entscheiden nationale Gerichte und Behörden
in Fragen der Verletzung und der Rechtsgültigkeit von europäischen Patenten. In
der Praxis kann dies Probleme bereiten, wenn ein Patentinhaber ein europäisches
Patent in mehreren Ländern durchsetzen oder ein Dritter den Widerruf eines
europäischen Patents erreichen möchte. Parallele Rechtsstreitigkeiten in
mehreren Ländern sind teuer, und es besteht die Gefahr voneinander abweichender
Entscheidungen und mangelnder Rechtssicherheit. "Forum-Shopping" ist
oft unvermeidlich, denn Beteiligte versuchen, die Unterschiede zwischen
nationalen Gerichten und deren Verfahren auszunutzen.
Das EPG-Übereinkommen löst diese Probleme durch die
Errichtung eines spezialisierten Patentgerichts mit ausschließlicher
Zuständigkeit für Streitigkeiten in Bezug auf Einheitspatente und europäische
Patente sowie die Harmonisierung des Umfangs und der Beschränkungen der Rechte
aus dem Patent und der verfügbaren Rechtsbehelfe über die
EU-Richtlinie 2004/48/EG (Durchsetzungsrichtlinie) hinaus.
Das EPG besteht aus
- einem Gericht erster Instanz,
- einem Berufungsgericht und
- einer Kanzlei.
Das Gericht erster Instanz umfasst eine Zentralkammer (mit Sitz in Paris und einer Abteilung in München) sowie mehrere Lokal- und Regionalkammern. Das Berufungsgericht hat seinen Sitz in Luxemburg.
Das EPG bietet
allen, die in Europa an Patentstreitigkeiten beteiligt sind, einen besseren
Rahmen. Insbesondere reduzieren sich die Kosten, da die Beteiligten nicht in
mehreren Mitgliedstaaten parallele Patentstreitigkeiten führen müssen.
Voneinander abweichende Entscheidungen verschiedener nationaler Gerichte zu
Verletzung und Rechtsgültigkeit ein und desselben Patents werden nach und nach
verschwinden, da das EPG eine europäische Rechtsprechung entwickeln und damit
die Rechtssicherheit für alle Nutzer erhöhen wird. Mit der Zeit wird sich ein
effizienteres und ausgewogeneres Streitregelungssystem für Patente
herausbilden, das Patentinhabern und Dritten zugutekommt:
-
Patentinhabern wird das EPG eine bessere
Durchsetzung rechtsgültiger Patente bieten, da Entscheidungen, Verfügungen und
die Zuerkennung von Schadenersatz in allen Mitgliedstaaten gelten, die das
EPG-Übereinkommen ratifiziert haben;
-
Dritten und der Öffentlichkeit bietet das EPG eine
zentrale Nichtigkeitsklage, die vom Einspruchsverfahren des EPA getrennt ist
und während der gesamten Laufzeit des Patents möglich ist.
Das
EPG-Übereinkommen (ABl. EPA 2013, 287) wurde am 19. Februar 2013
von den EU-Mitgliedstaaten (mit Ausnahme von Kroatien, Polen und Spanien)
unterzeichnet. Es wurde von 17 Mitgliedstaaten (darunter die drei
Mitgliedstaaten, in denen es im Jahr 2012 die meisten geltenden europäischen
Patente gab, d. h. Deutschland, Frankreich und Italien) ratifiziert und
ist am 1. Juni 2023 in Kraft getreten. Es ist davon auszugehen, dass in
den nächsten Jahren weitere Mitgliedstaaten das EPG-Übereinkommen ratifizieren werden.
Informationen zum Stand der Ratifizierung sind auf der Website
des Rats der Europäischen Union zu finden.
Nähere Informationen sind hier zu finden: