Patente und Normen

Stellen Sie sich einmal vor, mobile Geräte könnten nur mit anderen Geräten desselben Herstellers kommunizieren. Glücklicherweise ist das nicht der Fall – dank Normung.

Normen schaffen einen gemeinsamen Rahmen und stellen so eine reibungslose Zusammenarbeit von Technologien – unabhängig vom Anbieter, Hersteller oder Land – sicher. Sie sind ein zentraler Bestandteil der modernen "Wissensgesellschaft" und fördern die Verbreitung neuer Technologien.

In der heutigen Digitalwirtschaft, in der Normen für Interoperabilität sorgen und die Entwicklungen rasant voranschreiten, enthalten Normen häufig neue und patentierte Technologien. Dies führt zu Wechselwirkungen zwischen Patenten und Normen.

Los geht's

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Standards und das europäische Patentsystem – Studie 2025

Diese Studie soll die Beziehung zwischen Normen und Patenten in Europa transparenter machen.

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Patent standards explorer

Dieser Datensatz verbindet Patentanmeldungen mit SDO-Dokumenten und verknüpft damit die Welt von Patenten und von Standards jenseits der üblichen selbst abgegebenen Standard-Wesentlichkeitserklärungen.

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Veranstaltung zu Patenten und Standards

Eine weitere Möglichkeit zur Teilnahme an unserer Veranstaltung am 14. Mai 2025, bei der über 20 Expertinnen und Experten aus dem öffentlichen und privaten Sektor über neueste Entwicklungen bei Patenten und Standards diskutieren.

Warum Normen in der heutigen Welt so wichtig sind

Wert
 
4,8 bis 11 Billionen EUR

zusätzliche Wertschöpfung durch das Internet der Dinge (IoT), laut McKinsey.

Nutzungsquote
 
100 Millionen

vernetzte Fahrzeuge, die von über 80 Automobilherstellern verkauft werden, nutzen Mobilfunktechnologien wie die Standards 4G und 5G, laut Avanci.

Dokumente
 
5,5 Millionen

Normendokumente sind in den SDO-Datenbanken des EPA enthalten

Fragen und Antworten – Erkenntnisse vom EPA

Wie werden Normendokumente im Patenterteilungsprozess behandelt?

Wenn während der Ausarbeitung von Normen eine neue Technologie bekannt wird – und in Bezug auf sie keine Geheimhaltungspflicht greift –, gilt dies als Offenlegung. Damit gehören diese Dokumente zum Stand der Technik im Sinne des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ).

Dies gilt für:

  • endgültige Normen (auch als technische Unterlagen bezeichnet) und
  • Entwurfsunterlagen oder vorbereitende Dokumente (auch als Beiträge bezeichnet), die während der Erarbeitung der Norm vorgelegt und diskutiert werden.

Nähere Informationen über die Verwendung von Normendokumenten im Patentprüfungsverfahren finden sich in den Richtlinien für die Prüfung im EPA (EPA-RL G-IV, 7.6).

Wie stellt das EPA sicher, dass diese Normen im Patenterteilungsprozess angewendet werden?

Seit der Mitte des ersten Jahrzehnts im neuen Jahrtausend hat das EPA erhebliche Investitionen vorgenommen, um die Qualität seiner Recherchen zum Stand der Technik durch die Aufnahme normenbezogener Dokumente in seine internen Datenbanken zu verbessern. Diese Dokumente sind inzwischen ein fester Bestandteil des Patenterteilungsprozesses.

In enger Zusammenarbeit mit den Normungsorganisationen hat das EPA 13 spezielle Datenbanken erstellt. Sie enthalten Materialien von 15 Normungsorganisationen, darunter 3GPP, ETSI, ITU-T, IEEE-SA, IETF, IEC und andere. Insgesamt befinden sich in diesen Datenbanken über 5,5 Millionen Dokumente, z. B. technische Unterlagen, Beiträge und andere Dokumente, die als Offenlegung gelten.

Mithilfe dieser umfangreichen Sammlung lässt sich vermeiden, dass Technologien patentiert werden, die bereits bei der Entwicklung von Normen offengelegt wurden oder bei denen es sich um geringfügige Weiterentwicklungen handelt, die den Ansprüchen an die Erfindungshöhe nicht genügen.

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Wie häufig und auf welchen Gebieten werden normenbezogene Datenbanken zum Stand der Technik bei der Patentprüfung verwendet?

Dokumente von Normungsorganisationen sind inzwischen ein zentraler Bestandteil der Recherchetools des EPA. Nach der Extraktion ihrer bibliografischen Daten werden diese Dokumente ins Patenterteilungsverfahren integriert, wodurch die Prüfer den Stand der Technik effizienter recherchieren können.

Infolgedessen steigt die Zahl der Anführungen von Dokumenten von Normungsorganisationen in den Recherchenberichten des EPA stetig an. Früher verwendete, weniger systematische Quellen werden nicht mehr genutzt, und die Recherche wird insgesamt effizienter.

Allein im Jahr 2024 enthielten knapp 12 000 Recherchenberichte des EPA mindestens eine Anführung aus einem Dokument einer Normungsorganisation. Das entspricht über 4 % aller Akten. In Prüfungsabteilungen, die sich mit stark normierten Technologien befassen, sind die Zahlen noch höher.

  • In der Abteilung für drahtlose Netzwerke und Datennetzwerke beziehen sich über 30 % der Recherchenberichte auf Akten, die einen Bezug zu Normen aufweisen, und in über 20 % wird mindestens ein Dokument einer Normungsorganisation angeführt.
  • In der Abteilung für Bilder, Ton und Video, die sich mit Patentanmeldungen für Videokompressions- und -codierungstechnologien befasst (IPC-Klasse H04N19), erreicht der Anteil von Akten mit Normenbezug knapp 70 %.

Diese Zahlen zeigen, wie wichtig Dokumente von Normungsorganisationen inzwischen für die Recherche- und Prüfungsverfahren des EPA geworden sind.

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Wo kann ich einen verlässlichen Datensatz finden, der Patente und technische Normen verknüpft?

Wenn die Prüfer des EPA im Patenterteilungsverfahren Dokumente von Normungsorganisationen anführen, erstellen sie dadurch eine natürliche, evidenzbasierte Verknüpfung zwischen Patenten und technischen Normen. Um diese Verknüpfung weiter nutzen zu können, hat die Beobachtungsstelle des EPA einen neuen Datensatz aufgebaut, die alle von den Prüfern angeführten Dokumente aus den Datenbanken mit Dokumenten der Normungsorganisationen enthält. 

Zum Datensatz

Er enthält:

  • 168 620 einzigartige Normendokumente
  • 417 951 einzelne Anführungen
  • 190 116 eigene Patentanmeldungen

Damit schafft er eine direkte Verknüpfung zwischen den PATSTAT-Patentdaten (über die XP-Nummern) und den Dokumenten der Normungsorganisationen (über eindeutige Identifizierungen der Beiträge und technischen Unterlagen).

Dieser auf dem Patenterteilungsprozess basierende Ansatz bietet eine neue Alternative zu traditionellen Datensätzen, die sich auf Selbstauskünfte zu standardessenziellen Patenten stützen. Er eröffnet spannende Möglichkeiten:

  • Für die Praxis: Hilfe bei der Beurteilung einer möglichen Essenzialität und der Nachverfolgung von Anführungen in Beiträgen zu Normen.
  • Für die Forschung: eine neue Perspektive darauf, wie sich Patente und Normen gemeinsam entwickeln, um Innovation und technologischen Fortschritt zu gestalten.

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Können Anführungen von Dokumenten von Normungsorganisationen dabei helfen, festzustellen, welche Patente für eine Norm wirklich essenziell sind?

Ja. Patente, die auf Dokumente von Normungsorganisationen verweisen, werden mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit zu standardessenziellen Patenten erklärt.

Die Daten belegen diese enge Verbindung:

  • 25 % der Patente, die Dokumente von Normungsorganisationen anführen, werden zu standardessenziellen Patenten erklärt
  • 37 % der standardessenziellen Patente enthalten mindestens eine Anführung eines Dokuments einer Normungsorganisation
  • 17,4 % aller Patente, die Dokumente von Normungsorganisationen anführen oder zu standardessenziellen Patenten erklärt wurden, gehören zu beiden Kategorien

Je mehr Dokumente von Normungsorganisationen ein Patent anführt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es als essenziell erklärt wird. Dieser Zusammenhang bleibt auch dann signifikant, wenn man andere Faktoren wie z. B. den Patentinhaber, den Wert des Patents oder seine Anführungshäufigkeit einbezieht.

Auch die Art des Dokuments einer Normungsorganisation spielt eine Rolle. Patente, die einzelne Beiträge anführen, werden mit höherer Wahrscheinlichkeit zu standardessenziellen Patenten erklärt als solche, die offizielle technische Unterlagen anführen. Das könnte daran liegen, dass die Verfasser von Beiträgen selbst oder ihre Organisationen ein Interesse an dem Patent haben. Technische Unterlagen dienen dagegen als allgemeine Referenzen.

Diese Muster sprechen dafür, dass von Prüfern angeführte Dokumente von Normungsorganisationen eine nützliche und objektive Möglichkeit sein können, mögliche essenzielle Patente zu identifizieren. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für eine transparentere und datengetragene Analyse in diesem Bereich.

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Können Mediations- und Schiedsverfahren zur Lösung von Streitigkeiten beitragen, bei denen es um standardessenzielle Patente geht?

Ja. Eine außergerichtliche Streitbeilegung bietet beträchtliche Chancen auf einen effizienteren Umgang mit Streitigkeiten über standardessenzielle Patente oder faire, angemessene und diskriminierungsfreie Lizenzen (FRAND). Bisher werden diese Möglichkeiten noch immer nicht hinreichend genutzt.

Außergerichtliche Streitbeilegungen bieten verschiedene wichtige Vorteile. Bei diesem Instrument können die Parteien neutrale Schlichter wählen, die über Expertise mit FRAND-Lizenzen verfügen, das Verfahren auf ihren spezifischen Bedarf abstimmen und vertrauliche Informationen wie z. B. vergleichbare Lizenzen auch tatsächlich vertraulich halten. Insbesondere kann eine globale FRAND-Streitigkeit in einem einzigen Verfahren entschieden werden, sodass es nicht zu unterschiedlichen nationalen Urteilen kommt. Eine außergerichtliche Streitbeilegung kann darüber hinaus den Zeit- und Kostenaufwand reduzieren, und Schiedssprüche können international durchgesetzt werden.

Das Einheitliche Patentgericht (EPG) wird in Kürze mit seinem Mediations- und Schiedszentrum für Patentsachen (PMAC) eine spezielle Stelle für solche Verfahren schaffen. Die Richter am EPG sind verpflichtet, die Möglichkeit einer Einigung mit den Parteien zu prüfen, auch im Wege der Mediation und/oder eines Schiedsverfahrens über das PMAC, was bei FRAND-Streitigkeiten, die standardessenzielle Patente betreffen, besonders wichtig sein kann. So könnte das Gericht über Fragen der Gültigkeit oder Verletzung von Patenten entscheiden, das PMAC dagegen über die Vertraulichkeit von FRAND-Lizenzierungsbedingungen.

In diesem Sinne entwickelt das PMAC einen speziellen Verfahrensrahmen für Streitigkeiten über standardessenzielle Patente oder FRAND-Lizenzen. Mithilfe dieser maßgeschneiderten Regeln ist es möglich, auf die spezifischen Bedürfnisse der Parteien einzugehen und die Rolle des PMAC als vertrauenswürdiges Forum für die Lösung komplexer Lizenzierungsfragen zu stärken.

Mehr über das PMAC

Publikationen

Lesen Sie unsere Studie zur Beziehung zwischen Patenten und Normen sowie andere Publikationen zu Technologien, die Normen nutzen, z. B. intelligente, vernetzte Technologien oder autonomes Fahren

Alle Publikationen zu Patenten und Normen anschauen

Studie
Patents, standards and innovation: securing Europe’s competitive edge

Technologiestandards sind der stille Motor, der die moderne digitale Wirtschaft am Laufen hält. Ein neuer Datensatz belegt die immer enger werdende Verbindung zwischen Patenten und Standards. Das EPA hat in seinen Datenbanken inzwischen über 5,5 Millionen Dokumente von Normungsorganisationen gespeichert. 

Studie
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Diese Studie soll politischen Entscheidungsträgern, der Industrie und der breiten Öffentlichkeit als Orientierungshilfe dienen, indem sie eine umfassende Bestandsaufnahme und Analyse der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Europa und den USA bereitstellt, die in den letzten zehn Jahren 4IR-Technologie entwickelt und patentiert haben.

Studie
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Diese Studie liefert ein umfassendes Bild von aktuellen Trends und angehenden Marktführern bei den Technologien für autonomes Fahren.

Patent standards explorer 

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Zugang zu neuen Informationen über das Zusammenspiel von Patenten und Normen

Der Datensatz der vom EPA angeführten SDO-Dokumente zeigt, wie Dokumente von Normungsorganisationen in europäischen Patentanmeldungen angeführt werden.

Erfinder, die Standards setzen

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Marta Karczewicz

Marta Karczewicz

Die polnische Software-Ingenieurin Marta Karczewicz hat ihr gesamtes Berufsleben der Aufgabe gewidmet, Verfahren zu entwickeln, mit denen sich Daten immer schneller und besser streamen lassen. Ihre Technologien haben die Video-Unterhaltungsindustrie revolutioniert und Videostreaming auf Laptops und mobilen Endgeräten für die breite Masse zugänglich gemacht.

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Ajay V. Bhatt

Ajay V. Bhatt und Team

Eine heute allgegenwärtige Errungenschaft im Computerbereich neben dem Prozessor ist der Universal Serial Bus (USB). Er löste das frühere Durcheinander von Steckervarianten und ermöglichte problemlos Plug-and-Play-Funktionalität sowie den parallelen Anschluss mehrerer Geräte.

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Erik Dahlman and team

Erik Dahlman und Team

Die 3G-Netze, die den ersten mobilen Breitband-Internetzugang ermöglichten, werden nun durch LTE-Netze ersetzt, die viel höhere Datenübertragungsraten bieten als die jahrzehntealte alte 3G-Technologie.

Veranstaltungen

Die Beobachtungsstelle des EPA organisiert in Zusammenarbeit mit INPI France und unserem Medienpartner Euronews eine Hybridveranstaltung in Paris, bei der die neue Studie und der Datensatz vorgestellt werden. Die Online-Veranstaltung finden Sie hier.