Zusammenfassung
Im März 2024 billigte der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation einstimmig den Strategieplan 2028 (SP2028) des EPA. Der SP2028 hat ein übergeordnetes Ziel – nämlich Nachhaltigkeit –, das mithilfe von fünf Treibern erreicht werden soll: Personal, Technologien, qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen, Partnerschaften und finanzielle Nachhaltigkeit.
Die Fortschritte bei der Umsetzung des SP2028 werden laufend anhand einer Reihe von Leistungskennzahlen (KPIs) überwacht. Dabei werden die Qualitäts-KPIs im Qualitäts-Dashboard auf der Internetseite des EPA veröffentlicht, das regelmäßig aktualisiert wird, damit alle Nutzer und Stakeholder sich ein transparentes Bild von der Qualität beim EPA machen können.
Bei Treiber 1 gehörte es nach wie vor zu den wichtigsten Prioritäten, das Engagement der Bediensteten zu fördern. Der durch die Umfrage zum Mitarbeiterengagement 2024 ermittelte Engagement-Score von 73 % lag um 11 % höher als 2022. Dies zeigt, wie wichtig eine Stärkung der sozialen Beziehungen für das Zugehörigkeitsgefühl ist. Zu diesem Zweck organisierte das EPA an allen Standorten Campus-Tage, um die Interaktion der Teams sowie Lernen, Gesundheit und Wohlbefinden und Diversität und Inklusion zu fördern. Daran nahmen über 4 400 Bedienstete teil. Für 2025 sind weitere derartige Initiativen geplant.
Gleichzeitig stellten eine gezielte Einstellungspolitik, innovative Talententwicklung und verbesserte Mobilität und Flexibilität sicher, dass unsere Bediensteten bei der Transformation des EPA weiterhin im Mittelpunkt stehen. 2024 stellten wir 146 neue hoch qualifizierte Fachleute ein, darunter 111 Prüferinnen und Prüfer mit 21 Nationalitäten. Gemäß den Zielen des SP2028 wirkten wir proaktiv darauf hin, die Diversität im Einstellungsverfahren zu erhöhen. Von 102 jungen Fachkräften, die 2024 beim EPA anfingen, waren 64 % weiblich.
Wir unterstützten unsere Bediensteten bei der Weiterentwicklung und dem Erwerb der erforderlichen Kompetenzen durch kontinuierliches Lernen. Wir haben in über 145 000 Schulungsstunden, davon 50 000 zum Patenterteilungsprozess, investiert und das Angebot der Akademie für neue Prüfer verbessert. Die überarbeiteten Regelungen zu den neuen Formen der Arbeit wurden umgesetzt, und 2024 haben 98 % der Bediensteten die flexiblen Arbeitsmöglichkeiten genutzt.
Das EPA hat den sozialen Dialog in Einklang mit der Sozialagenda 2024 weiter gestärkt: In über 40 Treffen mit der Personalvertretung wurden Fortschritte bei einer Reihe von Themen erzielt, z. B. bei der Aufnahme geschlechtergerechter Formulierungen ins Statut der Beamten und sonstigen Bediensteten des Europäischen Patentamts, der Weiterentwicklung des Pilotprogramms Neue Formen der Arbeit und der Einführung des neuen Kompetenzrahmens.
Im SP2028 setzt sich das EPA das Ziel, dass seine Gebäude den Bediensteten als berufliches Zuhause dienen und eine engagierte Gemeinschaft fördern sollen. Dank eines effizienten und verantwortungsbewussten Gebäudemanagements sank der Energieverbrauch der Gebäude im Vergleich zu 2023 um 14 %. Unser CO2-Fußabdruck wurde auf 3 032 t CO2e reduziert (-29 % im Vergleich zu 2023), sodass wir unserem übergreifenden Ziel näher rückten, bis 2030 CO2-neutral zu werden. 2024 wurde die Renovierung des EPA-Gebäudes in Wien abgeschlossen, neue, moderne Büros für die Bediensteten in Berlin wurden angemietet, und der Verwaltungsrat billigte das Gebäudeinvestitionsprogramm 2024–2028 für die Immobilien in München und Den Haag.
Im Rahmen von Treiber 2 wollen wir Technologie nutzen, um Effizienz, Qualität und Nachhaltigkeit zu steigern – und dabei wurden 2024 wichtige Fortschritte gemacht. Im Jahresverlauf konzentrierten wir uns auf die Vereinfachung und Automatisierung von Prozessen, die Abkoppelung von veralteten Legacy-Systemen, die Einbindung sicherer Cloud-Technologien und Maßnahmen, um eine hohe Verfügbarkeit von IT-Systemen sicherzustellen.
Wir haben die Tätigkeit der Prüfer und Prüferinnen mithilfe digitaler Workflows vollständig digitalisiert, was uns einem vollständig digitalen Patenterteilungsprozess einen Schritt näher bringt, und die Legal Interactive Platform eingeführt (ein KI-basiertes Tool, mit dessen Hilfe die Nutzer Antworten auf Fragen zum europäischen Patentsystem bekommen können). Die Einführung einer KI-gestützten Klassifikation hat die Genauigkeit und Konsistenz verbessert, und im Prüferbereich wurde vollständig auf ANSERA umgestellt, das jetzt als einziges Tool für das Durchsuchen und Abrufen des Stands der Technik dient, sodass EPOQUE eingestellt werden konnte. Zur Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit stellen wir die angeführte Patentliteratur nur noch in elektronischer Form zur Verfügung. Dadurch werden jährlich 6 Millionen Druckseiten eingespart.
Durch die Erweiterung der MyEPO-Dienste und die Einführung neuer Funktionen im Jahr 2024 konnten wir die Qualität und Transparenz der Online-Dienste deutlich verbessern. Neue administrative Funktionen, schlankere Workflows und mehr Selbstbedienungsfunktionen führen zu einer angenehmeren Nutzererfahrung. Gleichzeitig wuchs das Interesse am "gemeinsamen Bereich", der eine Zusammenarbeit in Echtzeit zwischen Prüfern und Vertretern ermöglicht, was die Effizienz und die Nutzerzufriedenheit weiter steigert.
Im Sinne der Modernisierung unserer Infrastruktur und der Effizienzsteigerung haben wir überholte Klassifikations- und Recherchetools außer Betrieb genommen, darunter den Datenanalysedienst sowie die früheren Dienste Mailbox, MyFiles und Verwaltung. Mit der Umstellung auf die Zwei-Faktor-Authentifizierung lief die Identifizierung durch Smartcards aus, was die Sicherheit unserer Online-Dienste weiter erhöht.
In Bezug auf Treiber 3 sind hochwertige Patente entscheidend für ein fruchtbares Innovationsökosystem. Sie sind unverzichtbar für die Kommerzialisierung von Erfindungen, den Aufbau erfolgreicher Unternehmen und die Innovationsförderung. Große und kleine Unternehmen, Erfinderinnen und Erfinder und nicht zuletzt Investoren verlassen sich auf die hohe Qualität und Pünktlichkeit der Produkte und Dienste des Europäischen Patentamts, die höchstmögliche Rechtssicherheit, Berechenbarkeit und Konsistenz bieten sollen.
Damit das EPA seine Exzellenzverpflichtung erfüllen kann, verfolgen wir eine einheitliche Vorgehensweise in Sachen Qualität, wie wir sie in der mit unseren Bediensteten, Anmeldern und Mitgliedstaaten erarbeiteten Charta für Patentqualität beschrieben haben. Im Frühjahr 2024 haben wir erstmals den Qualitätsaktionsplan 2024 veröffentlicht, in dem unsere geplanten Qualitätsmaßnahmen für alle Stakeholder transparenter dargelegt sind. Unser jährlicher Qualitätsbericht gibt ein umfassendes Bild davon, wie wir uns darum bemühen, die Qualität über den gesamten Patenterteilungsprozess hinweg zu verbessern.
Wir nehmen die Qualität in jeder Phase des Patenterteilungsprozesses in den Blick und überwachen sie unter verschiedenen Aspekten, und so konnten wir 2024 eine Reihe von Erfolgen erzielen.
Wir haben das Formalprüfungsverfahren durch einen besseren Umgang mit Sequenzprotokollen und Anträgen auf mündliche Verhandlungen verbessert und eingehende Anmeldungen mithilfe einer KI-basierten Vorabklassifikation mit einer Genauigkeit von über 90 % dem richtigen technischen Gebiet zugeordnet.
Im Bereich Recherche und schriftlicher Bescheid haben wir die frühe Zusammenarbeit bei 260 000 Rechercheprodukten im Rahmen der aktiven Recherchenabteilung verbessert, was zu hochwertigeren schriftlichen Bescheiden geführt hat. Durch eine sorgfältige Arbeitsplanung und ein umsichtiges Management der Eingänge lag die Produktion 2024 um 15 472 Produkte über dem geplanten Ansatz, was einer Steigerung um 6 % gegenüber 2023 entspricht. Insgesamt wurden 81,9 % der Standardakten in Recherche, Prüfung und Einspruch im Jahr 2024 pünktlich erstellt. Im Bereich Einspruch wurden insgesamt 2 306 Einsprüche abschließend bearbeitet. Gleichzeitig ging der Prozentsatz der erteilten Patente, gegen die Einspruch erhoben wurde, von 2,4 % im Jahr 2023 auf 2,1 % im Jahr 2024 zurück.
Ein regelmäßiger und konstruktiver Dialog mit unserer Nutzergemeinschaft nahm auch 2024 die wichtigste Stelle in unserem Exzellenzstreben ein. Die SACEPO-Arbeitsgruppe "Qualität", das wichtigste Forum für Qualitätsfragen, trat 2024 zwei Mal zusammen. In diesem Rahmen wurden 2024 drei Stakeholder-Qualitätssicherungspanels (SQAPs) zu den Themen Zurückweisung der Patentanmeldung, Recherche und schriftlicher Bescheid und Erteilung organisiert. 2024 fanden außerdem 26 bilaterale Treffen zwischen dem EPA und großen Anmeldern aus der Industrie, 33 Gespräche mit Nutzerverbänden und 29 Einzelgespräche mit KMU aus Deutschland und dem Vereinigten Königreich statt.
Dem EPA ist bewusst, dass der Weg zu mehr Qualität eine gemeinsame Reise ist und dass es gemeinsame Verantwortung mit seinen Partnern trägt. Um Treiber 4 umzusetzen, haben wir daher 2024 eng mit den Mitgliedern des Europäischen Patentnetzes (EPN) innerhalb des etablierten Rahmens für die Zusammenarbeit kooperiert, nämlich bei der IT-Zusammenarbeit, den Zusammenarbeitsprojekten zur Förderung von Wissen und Qualität, den Zusammenarbeitsprojekten zur Arbeitsteilung und den Zusammenarbeitsprojekten zur Förderung der Konvergenz der Verfahren unter den Patentämtern.
Nach der 18. Jahrestagung zur Zusammenarbeit in Vilnius im Mai wurde der auf die Bedürfnisse der Mitgliedstaaten abgestimmte Kooperationskatalog überarbeitet und erweitert. Im Oktober erging eine offizielle Einladung zum EPÜ-Beitritt an Bosnien und Herzegowina. Nach dem kürzlich erfolgten Beitritt Montenegros wird es also in Kürze 41 EPÜ-Vertragsstaaten geben.
Die Arbeitsteilung wurde verstärkt; das EPA hat über 27 000 nationale Recherchen durchgeführt, und das Kooperationsnetzwerk für die Recherche soll auf 21 Staaten ausgeweitet werden. Bei der Konvergenz der Verfahren wurde die Arbeit an zwei Dokumenten zur gemeinsamen Praxis abgeschlossen und bei zwei weiteren vorangetrieben. Unterstützt wird dies durch ein neues Dashboard zur Transparenz. Außerdem prüften wir, ob das Konvergenzprogramm auf administrative Themen ausgedehnt werden soll. Die Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie für Kleinsteinheiten wurde durch eine überarbeitete Gebührenpolitik verstärkt, von der über 5 000 Anmeldungen profitierten.
Beim Einheitspatentsystem war ein beachtliches Wachstum zu verzeichnen; 2024 wurden über 28 000 Eintragungen durchgeführt, und die Gesamtnutzungsrate stieg auf über 25 %. Rumänien trat dem System am 1. September bei. Das im Juli 2023 eingeführte und täglich aktualisierte Dashboard für das Einheitspatent wurde von den Stakeholdern weithin gelobt. Im März 2024 wurde es um zusätzliche Informationen erweitert, nämlich das Profil und die geografische Verteilung der Patentinhaber und die Nutzungsrate in den einzelnen Ländern. Im November 2024 veröffentlichte das EPA eine aktualisierte Auflage des Leitfadens zum Einheitspatent, und gleichzeitig wurde die erste Version der Richtlinien für das Einheitspatent entwickelt.
Im Dezember legte das Amt dem Verwaltungsrat einen Rechtsvorschlag zur geschlechtergerechten Formulierung der Ausführungsordnung zum EPÜ zur Genehmigung vor. Die geänderte Ausführungsordnung ist im April 2025 in Kraft getreten.
Das EPA baute seine internationale Position weiter aus: Mit Laos und Costa Rica wurden Validierungsabkommen unterzeichnet, wichtige verstärkte Partnerschaften wurden verlängert, und neue Pilotprogramme zum Patent Prosecution Highway (PPH) wurden mit Chile und Neuseeland aufgelegt. Die IP5 und die dreiseitige Zusammenarbeit konzentrierten sich auf die Themen Nachhaltigkeit, Unterstützung für KMU und Künstliche Intelligenz (KI).
Die Europäische Patentakademie bot ein umfassendes Schulungs- und Weiterbildungsprogramm zu Patenten und damit verwandten Themen an und führte 145 Schulungsaktivitäten mit knapp 1 500 Lernstunden durch. Dieses Programm unterstützt den SP2028 und die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDGs). Zu online abgehaltenen Live-Schulungen meldeten sich 26 602 Interessierte an. Das E-Learning-Center registrierte 23 574 aktive Nutzerinnen und Nutzer (ein Anstieg von 25,7 % gegenüber 2023), was die steigende Nachfrage nach flexiblen digitalen Lernformaten belegt. 51,2 % der Teilnehmer waren Frauen.
Die Reichweite der Akademie wurde weltweit durch die Zusammenarbeit mit Validierungsstaaten, die verstärkten Partnerschaften und die Initiative Wissenstransfer nach Afrika (KT2A) ausgebaut. Der modulare IP-Ausbildungsrahmen (MIPEF) erreichte rund 1 300 Studenten an 40 Universitäten, und die Europäische Patentakademie legte einen neuen Kurs mit dem Titel "Patenting Innovation" auf.
Espacenet, die weltweit größte öffentliche Sammlung von Patentdokumenten, umfasste Anfang 2024 mehr als 150 Millionen Dokumente und bot eine automatische Übersetzung in über 30 Sprachen. Zum Jahresende betrieb Espacenet sechs Technologieplattformen zu Themen, die für die gesamte Gesellschaft relevant sind, und zeigte so, wie organisierte Patentdaten wertvolle Erkenntnisse zur Bewältigung realer Herausforderungen bieten können.
Der Europäische Erfinderpreis 2024, bei dem geniale Erfinder aus 15 Ländern gefeiert wurden, wurde am 9. Juli in Valletta, Malta, verliehen. Die Veranstaltung zog über eine Million Zuschauer an und führte zu 4 612 Medienberichten – ein Rekord. Das Interesse in den sozialen Medien stieg beträchtlich an; insgesamt wurden 53,8 Millionen Nutzer erreicht, und die Videos wurden über 6 Millionen Mal abgerufen.
Im Rahmen der Umsetzung ihres ersten Zweijahresplans lieferte die Beobachtungsstelle für Patente und Technologie Erkenntnisse zu Innovationstrends, befasste sich mit kritischen Technologien, stellte neue Tools bereit, vernetzte Innovationsakteure und ermöglichte einen über IP-Fachleute hinausgehenden transparenten Dialog zu Patenten und Technologie. In den ersten 15 Monaten ihrer Tätigkeit bis zum Dezember 2024 stellte die Beobachtungsstelle den Deep Tech Finder (DTF) bereit, veröffentlichte sechs wirtschaftliche Studien und zwei Technologieanalyseberichte, nahm drei neue Technologieplattformen in Betrieb, organisierte sechs Online-Veranstaltungen und beteiligte sich an über 60 Outreach-Maßnahmen.
Ein nachhaltiges Patentsystem muss effizient und zugänglich sein, weshalb Treiber 5 – Finanzielle Nachhaltigkeit von großer Bedeutung ist. Nach der 2023 durchgeführten Finanzstudie, die die langfristigen finanziellen Aussichten für das EPA beurteilte und ausgehend von den Annahmen für das Basisszenario eine günstige Entwicklung mit einem zu erwartenden Deckungsüberschuss von 4,2 Mrd. EUR prognostizierte, gab das EPA 2024 eine Studie zum Asset-Liability-Management in Auftrag. Diese Studie hob hervor, dass das EPA ausdrücklich klarstellen muss, welches Risiko es bei der Verfolgung seiner finanziellen Ziele einzugehen bereit ist. Daher ergriff das Amt im zweiten Halbjahr 2024 verschiedene Initiativen; unter anderem wurde das Risikoniveau offiziell festgelegt, es wurden finanzielle Sicherheitspolster gebildet, und es wurde ein Risikomanagement- und Risikoüberwachungsrahmen eingeführt.
Bis Ende 2024 hatte sich der finanzielle Deckungsgrad des EPA von 73 % auf 80,1 % verbessert. Die Produktivität stieg im Jahresverlauf 2024 stetig an und erreichte im Dezember ein Rekordniveau von 111,5 Produkten pro Vollzeit-Prüfer.
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