T 2361/22 02-05-2024
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ADAPTER ZUR VERWENDUNG BEI DER ZUBEREITUNG EINES GETRÄNKES
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, wonach das Streitpatent in der Fassung des damaligen Hilfsantrags 2 die Erfordernisse des EPÜ erfüllt.
In dieser hatte die Einspruchsabteilung unter anderem festgestellt, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 19 gemäß damaligem Hilfsantrag 2 neu ist und auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
II. In einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK hat die Kammer diesen Feststellungen hinsichtlich des Hauptantrags (aufrecht erhaltene Fassung) vorläufig widersprochen und geäußert, dass auch die mit Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 - 7 nicht dem Erfordernis der Neuheit bzw. erfinderischen Tätigkeit zu genügen schienen.
III. Mit Schreiben vom 26. März 2024 reichte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) weitere Hilfsanträge 5a und 8 ein, gegen deren Zulassung zum Beschwerdeverfahren die Beschwerdeführerin (Einsprechende) mit Schreiben vom 17. April 2024 Einwände erhob. Mit Schreiben vom 30.04.3024 nahm die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) ihren Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung zurück, kündigte ihre Nicht-Teilnahme an der für 2. Mai 2024 anberaumten mündlichen Verhandlung an und beantragte Entscheidung nach Aktenlage.
IV. Am 2. Mai 2024 fand eine mündliche Verhandlung in Form einer Videokonferenz unter Beteiligung der Beschwerdeführerin statt. Die Beschwerdegegnerin war wie angekündigt nicht erschienen. Gemäß Regel 115(2) EPÜ, Artikel 15(3) VOBK fand die mündliche Verhandlung ohne sie statt.
V. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den vollständigen Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß einem der Hilfsanträge 1 - 5, 5a, 6 - 8, eingereicht mit Beschwerdeerwiderung vom 21. März 2021 (1 - 7) bzw. mit Schreiben vom 26. März 2024 (5a, 8).
VI. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags (aufrecht erhaltene Fassung) und der Hilfsanträge 1 - 3 hat folgenden Wortlaut:
"Adapter (1) zur Verwendung bei der Zubereitung eines Getränkes mit einer Kapsel (2) und einer Getränkezubereitungsvorrichtung, wobei der Adapter (1) gemeinsam mit der Kapsel(2) in die Getränkezubereitungvorrichtung (3) einlegbar ist, wobei der Adapter (1) eine Kapselseite (4) aufweist, an welcher Mittel (5) zum Einleiten einer Flüssigkeit in die Kapsel (2) sowie Mittel (6) zum Ableiten einer Flüssigkeit aus der Kapsel (2) angeordnet sind, wobei der Adapter (1) eine Vorrichtungsseite (7) aufweist, an welcher ein Einlass (8) für eine von der Getränkezubereitungsvorrichtung bereitgestellte Flüssigkeit sowie ein Auslass (9) angeordnet sind, wobei der Einlass (8) mit den Mitteln (5) zum Einleiten der Flüssigkeit in die Kapsel (2) und der Auslass (9) mit den Mitteln (6) zum Ableiten der Flüssigkeit aus der Kapsel (2) jeweils fluidmässig verbunden sind, wobei die Mittel (5) zum Einleiten der Flüssigkeit in die Kapsel (2) und die Mittel (6) zum Ableiten der Flüssigkeit aus der Kapsel (2) derart angeordnet sind, dass das Einleiten der Flüssigkeit in die Kapsel (2) und das Ausleiten der Flüssigkeit aus der Kapsel (2) an nur einer Seite der Kapsel (2) erfolgen, wobei die Mittel (5) zum Einleiten der Flüssigkeit in die Kapsel (2) als zumindest ein Penetrationselement zum Penetrieren der Kontaktfläche (13) der Kapsel (2) ausgebildet sind."
Der unabhängige Anspruch 19 des Hauptantrags (aufrecht erhaltene Fassung) hat folgenden Wortlaut:
"Set umfassend einen Adapter (1) zur Verwendung bei der Zubereitung eines Getränkes mit einer Kapsel (2) und einer Getränkezubereitungsvorrichtung, wobei der Adapter (1) gemeinsam mit der Kapsel (2) in die Getränkezubereitungvorrichtung (3) einlegbar ist, wobei der Adapter (1) eine Kapselseite (4) aufweist, an welcher Mittel (5) zum Einleiten einer Flüssigkeit in die Kapsel (2) sowie Mittel (6) zum Ableiten einer Flüssigkeit aus der Kapsel (2) angeordnet sind, wobei der Adapter (1) eine Vorrichtungsseite (7) aufweist, an welcher ein Einlass (8) für eine von der Getränkezubereitungsvorrichtung bereitgestellte Flüssigkeit sowie ein Auslass (9) angeordnet sind, wobei der Einlass (8) mit den Mitteln (5) zum Einleiten der Flüssigkeit in die Kapsel (2) und der Auslass (9) mit den Mitteln (6) zum Ableiten der Flüssigkeit aus der Kapsel (2) jeweils fluidmässig verbunden sind, wobei die Mittel (5) zum Einleiten der Flüssigkeit in die Kapsel (2) und die Mittel (6) zum Ableiten der Flüssigkeit aus der Kapsel (2) derart angeordnet sind, dass das Einleiten der Flüssigkeit in die Kapsel (2) und das Ausleiten der Flüssigkeit aus der Kapsel (2) an nur einer Seite der Kapsel (2) erfolgen, insbesondere nach einem der Ansprüche 1 bis 15, und mindestens eine Kapsel (2), insbesondere eine Kapsel zur Zubereitung eines Getränkes mit dem Adapter (1) und einer Getränkezubereitungsvorrichtung (3), wobei die Kapsel (2) gemeinsam mit dem Adapter(1) in die Getränkezubereitungvorrichtung (3) einlegbar ist, wobei die Kapsel (2) einen Kapselkörper (24) mit einem flanschartigen Rand (36) umfasst, an welchem ein Deckel (25) angebracht ist, wobei der Deckel (25) die Kontaktfläche (13) der Kapsel (2) bildet und den Kapselkörper (24), insbesondere hermetisch, verschliesst, wobei der flanschartige Rand (36) einen umlaufenden Kragen (37) aufweist, welcher sich über die Kontaktfläche (13) hinaus erstreckt."
Der unabhängige Anspruch 17 des Hilfsantrags 4 entspricht Anspruch 19 des Hauptantrags (aufrecht erhaltene Fassung) bis auf den angepassten optionalen Rückbezug auf die vorhergehenden Adapter-Ansprüche, der lautet (Hervorhebung durch die Kammer):
"... insbesondere nach einem der Ansprüche 1 bis [deleted: 15] 13, ...".
Der unabhängige Anspruch 17 des Hilfsantrags 5 entspricht Anspruch 17 des Hilfsantrags 4 bis auf das letzte Merkmal, das lautet (Hervorhebung durch die Kammer):
"... wobei der flanschartige Rand (36) einen umlaufenden Kragen (37) aufweist, welcher sich über die Kontaktfläche (13) und über den Deckel (25) hinaus erstreckt."
Der unabhängige Anspruch 17 des Hilfsantrags 5a entspricht Anspruch 17 des Hilfsantrags 5 bis auf das letzte Merkmal, das lautet (Hervorhebung durch die Kammer):
"... wobei der flanschartige Rand (36) einen umlaufenden Kragen (37) aufweist, welcher sich über die Kontaktfläche (13) und über den Deckel (25) hinaus erstreckt, um eine zuverlässige Dichtverbindung zwischen dem Adapter (1) und dem umlaufenden Kragen (37) herstellen zu können."
Der unabhängige Anspruch 15 des Hilfsantrags 6 entspricht Anspruch 19 des Hauptantrags (aufrecht erhaltene Fassung) bis auf den angepassten optionalen Rückbezug auf die vorhergehenden Adapter-Ansprüche sowie das letzte Merkmal, die lauten (Hervorhebung durch die Kammer):
"... insbesondere nach einem der Ansprüche 1 bis [deleted: 15] 14, ... wobei der flanschartige Rand (36) einen umlaufenden Kragen (37) aufweist, welcher sich über die Kontaktfläche (13) und den Deckel (25) hinaus erstreckt."".
Der unabhängige Anspruch 13 des Hilfsantrags 7 entspricht Anspruch 17 des Hilfsantrags 5 bis auf den angepassten optionalen Rückbezug auf die vorhergehenden Adapter-Ansprüche, der lautet (Hervorhebung durch die Kammer):
"... insbesondere nach einem der Ansprüche 1 bis [deleted: 15] 11, ...".
Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 entspricht Anspruch 17 des Hilfsantrags 5a bis auf die Streichung des optionalen Rückbezugs auf die (ebenfalls gestrichenen) Adapter-Ansprüche (Hervorhebung durch die Kammer):
"... dass das Einleiten der Flüssigkeit in die Kapsel (2) und das Ausleiten der Flüssigkeit aus der Kapsel (2) an nur einer Seite der Kapsel (2) erfolgen, [deleted: insbesondere nach einem der Ansprüche 1 bis 15, ]und mindestens eine Kapsel (2), ..."
VII. Nachfolgend wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D1: WO 2011/058329 A1
D2: EP 1 440 638 A1
D3: US 2010/0275786 A1
D5: WO 2005/079637 A1.
VIII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 - 7 sind breit und allgemein formuliert, was zur Folge hat, dass ihr Gegenstand bei korrekter Auslegung nicht neu gegenüber dem in den zitierten Dokumenten offenbarten Stand der Technik ist oder zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
Die Hilfsanträge 5a und 8 sind nicht zum Verfahren zuzulassen, weil sie verspätet eingereicht sind und ebenfalls nicht den Erfordernissen des EPÜ genügen.
Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Keines der angezogenen Dokumente offenbart einen Adapter im Sinn des Patents, mit dem verschiedenartige Kapseln in einer Getränkezubereitungsvorrichtung verwendet werden können, und der nicht nur gemeinsam mit einer Kapsel dort eingelegt ist, sondern auch wird. Desgleichen wird dort nirgends eine Kapsel mit einem umlaufenden, über einen Deckel hinausragenden Kragen offenbart, der eine verbesserte Dichtung zwischen Adapter und Kapsel ermöglicht. Daher ist der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche aller Anträge neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.
Die zusätzlichen Einschränkungen in den unabhängigen Ansprüchen 17 und 1 der Hilfsanträge 5a und 8 stellen eine legitime Reaktion auf die vorläufige negative Meinung der Kammer zur erfinderischen Tätigkeit dar, die diese in ihrer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK geäußert hat.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der Gegenstand des Patents und der unabhängigen Ansprüche
2.1 Das Patent befasst sich mit einem Adapter für Kapseln, der gemeinsam mit einer Kapsel in eine Getränkezubereitungsvorrichtung eingelegt wird. Solche Adapter können dazu dienen, eine Kapsel eines Systems zur Getränkezubereitung in einer Getränkezubereitungsvorrichtung eines anderen Systems zu verwenden, Absätze [0003], [0004] des Patents.
2.2 In den erteilten unabhängigen Ansprüchen sowie denen der aufrecht erhaltenen Fassung gemäß Hauptantrag ist jedoch kein derartiger Zusammenhang zwischen Adapter und Kapsel (z.B. Adapter für eine Kapsel zur Getränkezubereitung oder Adapter zur Aufnahme einer Kapsel) ersichtlich.
Anspruch 1 des Hauptantrags ist auf einen Adapter zur Verwendung bei der Zubereitung eines Getränkes mit einer Kapsel und einer Getränkezubereitungsvorrichtung gerichtet, wobei der Adapter gemeinsam mit der Kapsel in die Getränkezubereitungsvorrichtung einlegbar ist. Außerdem weist er Mittel zum Einleiten und Ableiten einer Flüssigkeit aus der Getränkezubereitungsvorrichtung in die Kapsel und wieder daraus hinaus auf.
Anspruch 19 ist auf ein Set umfassend einen solchen Adapter und mindestens eine Kapsel gerichtet, die nur insbesondere zur Zubereitung eines Getränkes mit dem Adapter und einer Getränkezubereitungsvorrichtung gedacht ist, wobei sie (nur in diesem besonderen Fall) dann wieder mit dem Adapter gemeinsam einlegbar ist. Mit anderen Worten umfasst das Set einen Adapter für (irgend)eine Kapsel und eine Kapsel mit bestimmten Merkmalen, die aber nicht notwendigerweise mit dem vorher definierten Adapter kooperieren muss (auch nicht mit derselben Getränkezubereitungsvorrichtung wie der Adapter). Teil des unabhängig beanspruchten Sets ist immer ein breiter als im jeweiligen Anspruch 1 der Haupt- und Hilfsanträge definierter Adapter, wie er ursprünglich im erteilten Anspruch 1 beansprucht war.
3. Hauptantrag - Anspruch 1 - Neuheit
3.1 In ihrer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK hat die Kammer zu diesem Gesichtspunkt wie folgt vorläufig Stellung bezogen:
"Ein Adapter bezeichnet in der Regel ein "zusätzliches Gerät oder Bauteil zur mechanischen, elektromechanischen oder (drahtlos) elektronischen Verbindung von zwei sonst nicht zusammenpassenden Geräten, deren Komponenten, Systemen oder Anschlüssen" (https://www.dwds.de/wb/Adapter). Noch allgemeiner definiert der Duden einen Adapter als "Verbindungsteil, das den Anschluss eines Geräteteils an ein Hauptgerät ermöglicht", siehe https://www.duden.de/rechtschreibung/Adapter. Wiktionary definiert einen Adapter als eine "technische Einrichtung zur Anpassung zwischen zwei miteinander zu verbindenden Komponenten mit unterschiedlicher Schnittstelle" (https://de.wiktionary.org/wiki/Adapter)
Der beanspruchte Adapter dient offensichtlich der Verbindung einer Kapsel mit einer Getränkezubereitungsvorrichtung und stellt insbesondere eine flüssigkeitsführende Verbindung zwischen der Kapsel und der Getränkezubereitungsvorrichtung her. Dazu weist er auf einer Vorrichtungsseite einen Einlass für Flüssigkeit aus der Getränkezubereitungsvorrichtung auf und auf einer Kapselseite Mittel zum Einlassen dieser Flüssigkeit in die Kapsel sowie zum Mittel zum Ableiten der Flüssigkeit aus der Kapsel, die wiederum mit einem Auslass des Adapters auf dessen Vorrichtungsseite kommunizieren. Eine andere Art der Verbindung oder Anpassung zwischen Kapsel und Getränkezubereitungsvorrichtung, wie z.B. eine Anpassung über einen mit einer nicht-systemkonformen Kapselform kompatiblen Aufnahmeraum des Adapters, ist in Anspruch 1 nicht gefordert.
D1, D2, D5 und D3 mit ihrem Verweis auf D5 (Absatz [0002]) offenbaren eine nahezu identische Getränkezubereitungsvorrichtung mit einem dreiteiligen Kapselhalter zur Aufnahme einer Kapsel. In D1 ist er in den Fig. 4 - 7 zu sehen mit einem festen unteren Teil 43, einem drehbaren oberen Teil 44 und einer schwenkbaren Kapselhalterung 45, Seite 14, vorletzter Absatz. Im unteren Teil 43 liegt eine zum Zweck ihrer Reinigung herausnehmbare Einheit, die auf einer Kapselseite Mittel zum Einleiten und Ableiten von Flüssigkeit in die und aus der Kapsel aufweist. Die Mittel sind als Lochdorne 21 und 22 ausgeführt und versehen beim Schließen des Kapselhalters mit auf der Kapselhalterung 45 ruhender Kapsel deren Kontaktfläche mit an die Getränkezubereitungsvorrichtung angepassten Öffnungen für den Eintritt und den Austritt von Flüssigkeit aus der Getränkezubereitungsvorrichtung in die und aus der Kapsel, Seiten 16, 17. Dazu weist die Einheit auf einer ihrer Kapselseite gegenüberliegenden Vorrichtungsseite einen Einlass und einen Auslass auf, die mit einer geräteseitigen Zu- bzw. Ableitung 65, 70 in Verbindung treten. Somit scheint es sich bei der Einheit um einen Adapter im Sinne des Anspruchs 1 zu handeln. Gleiches scheint für die in den Fig. 8 und 9 dargestellte Variante zu gelten.
Fraglich ist, ob dieser Adapter wie beansprucht "gemeinsam" mit der Kapsel in die Getränkezubereitungsvorrichtung einlegbar ist. Um welche Art von "Gemeinsamkeit" es sich dabei handeln soll, eine zeitliche, örtliche und/oder funktionelle, lässt Anspruch 1 offen. Eine Gemeinsamkeit im Sinne einer Verbindung von Adapter und Kapsel vor einem gemeinsamen Einlegen scheint jedenfalls nicht verlangt zu sein.
In D1 sind Adapter und Kapsel in der selben geöffneten Stellung des Kapselhalters nach Fig. 7 gleichzeitig einlegbar, beispielsweise nach einer Reinigung des Adapters unmittelbar vor der Zubereitung eines Getränkes. Dies scheint ein funktionell und zeitlich gemeinsames Einlegen darzustellen.
Da D1 somit einen Adapter mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag offenbart, scheint dessen Gegenstand nicht neu im Sinne von Artikel 54(1), (2) EPÜ zu sein. Gleiches scheint für die entsprechenden Einheiten nach D2 (252, 253, 254 in Fig. 40, Absatz [0104]), D3 (3 in Fig. 1, Absätze [0004], [0016]) und D5 (252, 253, 254 in Fig. 5, Seite 31, zweiter Absatz) zu gelten.
Bei Einsatz der alternativen Ausführungsform mit einer Kapselhalterung 400 nach den Fig. 22 - 24 der D5 wird die Einheit mit den Lochdornen 253, 254 ausdrücklich aus der Getränkezubereitungsvorrichtung entfernt, Seite 40, zweiter Absatz und Brückenabsatz Seiten 40/41. Somit scheinen überhaupt keine Penetrationselemente zum Penetrieren der Kontaktfläche einer Kapsel vorhanden, und der Gegenstand des Anspruchs 1 daher neu gegenüber dieser Offenbarung der D5 zu sein."
3.2 Zu dieser vorläufigen Auffassung der Kammer hat sich die Beschwerdegegnerin nicht geäußert. Daher hat die Kammer keine Veranlassung, von ihr abzuweichen und bestätigt, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht neu im Sinne von Artikel 54(1), (2) EPÜ gegenüber der Offenbarung der D1, D2, D3 und D5 ist.
4. Hauptantrag - Anspruch 19 - erfinderische Tätigkeit
4.1 D2 (Absätze [0014], [0019] - [0021], Fig. 1, 4, 11) und D5 (Fig. 10, 11, 14) offenbaren Kapseln im Set mit dem oben behandelten Adapter. Diese weisen einen flanschartigen Rand 35 auf, an dem ein Deckel 5 in Gestalt eines Laminats eine Kontaktfläche mit dem Adapter bildet. Der in der Schnittdarstellung von Fig. 1 der D2 sichtbare Kragen 25 ist allerdings nicht umlaufend, siehe Fig. 4 (Fig. 11 und 14 in D5). Selbst wenn man den umlaufenden Flansch 35 oder die nahezu umlaufende Schulter 33 als Kragen ansähe, erstreckten diese sich nicht wie beansprucht über die Kontaktfläche hinaus. Vielmehr schließt der die Kontaktfläche bildende Laminatdeckel 5 mit dem Flansch ab (siehe Fig. 45 in D2, Fig. 10 in D5), und liegt die Schulter 33 auf der gleichen Seite des Laminatdeckels 5 wie der Flansch 35 und die übrige Kapsel, so dass die Kammer das Merkmal "darüber hinaus" auch hier nicht als verwirklicht ansieht.
4.2 Für die alternative Ausführungsform mit einer Kapselhalterung 400 als Adapter, wie in den Fig. 22 - 24 der D5 gezeigt, sind keine passenden Kapseln im Detail offenbart. Aus Anspruch 9 könnte lediglich abgeleitet werden, dass sie allgemein halbkugelförmig, zylindrisch, rund oder quadratisch sein können. Da, wie oben dargelegt, die Einheit mit den Lochdornen 253, 254 bei dieser alternativen Ausführungsform entfernt wird, ist ohnehin fraglich, wie eine Kapsel dann perforiert werden soll, oder ob der Adapter 400 doch nur für wasserdurchlässige Beutel gedacht ist, die bei einer Getränkezubereitung nicht perforiert werden müssen.
4.3 Der Gegenstand des Anspruchs 19 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich somit dadurch von den aus D2 und D5 bekannten Sets, dass der flanschartige Kapselrand einen umlaufenden Kragen aufweist, der sich über die Kontaktfläche hinaus erstreckt.
4.4 Im Hinblick auf die oben in Punkt 2.2 angesprochene allgemeine Formulierung des Set-Anspruchs, in dem die einzelnen Komponenten Adapter, Kapsel und Getränkezubereitungsvorrichtung kaum aufeinander bezogen sind und ihre Merkmale nur rudimentär zusammenwirken, hat die Kammer Punkt 4.1 ihrer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK die Merkmale der Kapsel in Anspruch 19 als entweder von allgemeiner Natur (Kapselkörper, Deckel) oder als willkürlich gewählt angesehen. Weiter heißt es dort:
"Selbst für eine Kapsel mit ausdrücklichem Bezug auf Adapter und Getränkezubereitungsvorrichtung wie vorher definiert, stünden die Merkmale Kontaktfläche, flanschartiger Rand und umlaufender Kragen in keinem Zusammenhang mit korrespondierenden Merkmalen des Adapters oder der Getränkezubereitungsvorrichtung, um eine technische Wirkung zu erzielen, wie z.B. eine Dichtwirkung.
Ein umlaufender Kragen der Kapsel nach D5, der sich beispielsweise in eine entsprechende Rille im Kapselhalter 257 zur besseren Platzierung der Kapsel erstreckt, oder als eine radiale Erweiterung des Flansches 35 über den Deckel 5 hinaus, scheint eine konstruktive Gestaltungsoption im Rahmen fachüblicher Tätigkeit zu sein."
4.5 Wie zur Frage der Neuheit von Anspruch 1 hat sich die Beschwerdegegnerin hierzu nicht geäußert. Daher bestätigt die Kammer ihre in Punkt 4.3 ihrer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK geäußerte vorläufige Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 19 gemäß Hauptantrag ausgehend von D5 unter Berücksichtigung von allgemeinem Fachwissen nicht auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
5. Hilfsanträge 1 - 7
5.1 Da Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 - 3 identisch mit Anspruch 1 des Hauptantrags ist, ist sein Gegenstand aus den oben in Punkt 3 genannten Gründen ebenfalls nicht neu im Sinne von Artikel 54(1), (2) EPÜ gegenüber der Offenbarung der D1, D2, D3 und D5.
5.2 Ebenso beruht der Gegenstand des Anspruchs 17 gemäß Hilfsantrag 4, der dem des Anspruchs 19 gemäß Hauptantrag entspricht, aus den oben in Punkt 4 genannten Gründen ausgehend von D5 nicht auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
5.3 Wie bereits in Punkt 5.2 der Mitteilung nach Artikel 15(1) erwähnt, gilt dies ebenfalls für den Gegenstand des Anspruchs 17 von Hilfsantrag 5, den des Anspruchs 15 von Hilfsantrag 6 und den des Anspruchs 13 von Hilfsantrag 7.
Diese Ansprüche beinhalten zwar gegenüber Anspruch 19 des Hauptantrags das zusätzliche Merkmal, dass der umlaufende, sich über die Kontaktfläche hinaus erstreckende Kragen der Kapsel sich auch über deren Deckel hinaus erstreckt. Da der Deckel aber anspruchsgemäß die Kontaktfläche der Kapsel bildet und sich auch in D5 als Laminat 5 bis zum Rand des Flansches 35 erstreckt (siehe Fig. 10, 21), bewirkt dieses zusätzliche Merkmal keine weitere Einschränkung und ist bei der Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit oben in Punkt 4.4 bereits berücksichtigt.
6. Hilfsanträge 5a und 8 - Zulassung
6.1 Nach Artikel 13(2) VOBK bleiben die nach Zustellung der Ladung eingereichten Hilfsanträge 5a und 8 als Änderungen des Beschwerdevorbringens seitens der Beschwerdegegnerin grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn die Beschwerdegegnerin hätte stichhaltige Gründe für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände aufgezeigt.
6.2 In Abschnitt 2.1 ihres Schreibens vom 26. März 2024 behauptet sie, die Änderungen in Anspruch 17 des Hilfsantrags 5a (und im im wesentlichen gleichlautenden Anspruch 1 des Hilfsantrags 8) seien durch Ausführungen der Kammer zur erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 19 des Hauptantrags gerechtfertigt, die diese erstmals in ihrer Mitteilung nach Artikel 15(1) gemacht hätte.
Die Kammer hat sich vorliegend jedoch lediglich die in den Abschnitten 7.6.7 und 8.3 der Beschwerdebegründung dargelegte Sichtweise der Beschwerdeführerin zu eigen gemacht und deren Argumente zur unspezifischen technischen Wirkung des Merkmals "umlaufender Kragen" aufgegriffen. Daher ist dieser in den Erläuterungen zur VOBK 2020 (Zusatzpublikation 1 des Amtsblatts EPA 2021, Seite 199) erwähnte Umstand nicht eingetreten.
6.3 Als außergewöhnlicher Umstand kommt auch nicht in Betracht, dass unmittelbar ersichtlich ist, dass durch die Änderungen sämtliche bisherigen Einwände ausgeräumt sind und keine neuen veranlasst werden.
Zum einen hat die Beschwerdegegnerin nicht vollständig substantiiert vorgetragen, warum der geänderte Gegenstand der Set-Ansprüche 17 bzw. 1 ausgehend von D5 auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Zum anderen hat die Beschwerdeführerin in Abschnitt 2.2 ihres Schreibens vom 17. April 2024 darauf hingewiesen, dass die einschränkende Wirkung der den Ansprüchen hinzugefügten Formulierung "um eine zuverlässige Dichtverbindung zwischen dem Adapter und dem umlaufenden Kragen herstellen zu können" nicht klar ist, Artikel 84 EPÜ. Sie kann durchaus lediglich als Motivation oder Grund dafür verstanden werden, den Kragen wie beansprucht über den Deckel hinausragen zu lassen, also eher als potentiell realisierbare Option denn als tatsächlich vorhandenes Merkmal einer Dichtung zwischen Adapter und Kragen.
6.4 Da die Kammer somit keinen außergewöhnlichen Umstand erkennt, der die Einreichung der Hilfsanträge 5a und 8 rechtfertigt, hat sie diese nicht zum Verfahren zugelassen, Artikel 13(2) EPÜ.
7. Ergebnis
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Einsprechende letztlich erfolgreich gegen die Befunde der Einspruchsabteilung, der Gegenstand der Ansprüche 1 und 19 gemäß Hauptantrag sei neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Daher ist die entsprechende Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung auf Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung des Hauptantrags (damaliger Hilfsantrag 2) aufzuheben.
Dass auch keiner der Hilfsanträge 1 - 7 der Patentinhaberin den Erfordernissen des EPÜ hinsichtlich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit genügt, und ihre Hilfsanträge 5a und 8 nicht zum Verfahren zugelassen wurden, führt schließlich zum Widerruf des Patents.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.