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Sumio Iijima, Akira Koshio & Masako Yudasaka

Kohlenstoffnanoröhren

Preiskategorie
Außereuropäische Staaten
Technisches Gebiet
Mikrostrukturelle und Nanotechnologie
Organisation
Japan Science and Technology Agency, NEC Corporation
Kohlenstoffnanoröhren sind extrem kleine röhrenförmige Molekulargebilde, die sich nur unter einem starken Mikroskop erkennen lassen. Sie zu sehen kommt jedoch einem Blick in die Zukunft gleich. Entdeckt wurden sie von Sumio Iijima beim japanischen Unternehmen NEC Corporation. Sie sind die härteste Substanz, die es gibt, und tausendmal leitfähiger als Kupfer. Kohlenstoffnanoröhren könnten ein neues Zeitalter einläuten – mit rasant schnellen Computern und unvorstellbar robusten Materialien.

Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2015 in der Kategorie Außereuropäische Staaten

Stellen Sie sich Kohlenstoffatome vor, die mit jeweils drei Bindungspartnern angeordnet sind und in einer sechseckigen oder wabenförmigen Struktur eine Lage von der Dicke nur eines Atoms bilden. Durch Aufrollen dieser Lage entsteht eine Kohlenstoffnanoröhre. Bestehen solche Röhren aus einer einzelnen Lage, spricht man von einwandigen Röhren; zwei oder mehr ineinander konzentrisch verschachtelte Röhren werden als mehrwandig bezeichnet. Kohlenstoffnanoröhren haben einen Durchmesser von nur wenigen Nanometern, können aber mehrere Millimeter lang sein - fast wie kurze Fädchen.

Der preisgekrönte Physiker Sumio Iijima führt seine Entdeckung ein- und mehrwandiger Kohlenstoffnanoröhren bescheiden auf einen glücklichen Zufall zurück. Ihre Entdeckung ist aber weniger dem Zufall zu verdanken als vielmehr jahrelanger Forschung und intensiven Anstrengungen. Als Student entwickelte Iijima ein hochauflösendes Elektronenmikroskop, danach befasste er sich einige Jahre mit der Erforschung atomarer Strukturen von Materialien wie Kohlenstoff. So war Iijima bestens gerüstet, eine der größten materialwissenschaftlichen Entdeckungen der letzten Jahrzehnte zu machen.

Gesellschaftlicher Nutzen

Iijimas Entdeckung erschütterte dieses Fachgebiet in seinen Grundfesten. Bis dahin waren nur drei Erscheinungsformen reinen Kohlenstoffs bekannt: Diamanten, Grafit und die hohlen, kugelförmigen Fullerene. Die Entdeckung der Kohlenstoffnanoröhren ließ das Interesse an Iijimas Fachgebiet wieder aufflammen. Seitdem wurde eine Fülle von Einsatzmöglichkeiten für diese superdünnen, hochleitenden Molekulargebilde ausfindig gemacht.

Kohlenstoffnanoröhren besitzen zuvor unbekannte elektrische und thermische Eigenschaften. Sie sind erheblich leitfähiger als Kupfer und finden in zahlreichen chemischen, mechanischen und optischen Einsatzbereichen Anwendung. Viele Materialien, darunter Polymere und Metalle, können mit Kohlenstoffnanoröhren als Füllstoff deutlich verbessert werden: So werden Solarmodule effizienter und Auto- und Flugzeugteile robuster.

Wirtschaftlicher Nutzen

Die Kommerzialisierung und Markteinführung von Kohlenstoffnanoröhren läuft auf Hochtouren, beschränkt sich derzeit aber auf Massen-Nanoröhren: eine Masse unorganisierter Nanoröhren, die in Polymeren zur Verbesserung von deren mechanischen, thermischen und elektrischen Eigenschaften als Verbundfasern eingesetzt werden.

Weltweit stellen über 100 Unternehmen Kohlenstoffnanoröhren her. 2010 erwirtschaftete die Branche einen Jahresumsatz von 552,3 Mio. EUR (668,3 Mio. USD). Bis 2016 soll dieser Wert auf 912,6 Mio. EUR (1,1 Mrd. USD) steigen. Das Unternehmen hinter der Erfindung, NEC, besitzt Patente zur Kommerzialisierung der Röhren.

Funktionsweise

Kohlenstoffnanoröhren werden oft als aufgerollte Kohlenstoffatomlagen dargestellt, allerdings werden sie so nicht hergestellt. Vielmehr kommt eine als Lichtbogenentladung bezeichnete Methode zum Einsatz, deren Ausgangspunkt eine Kammer mit nichtreaktivem Gas ist.

Zwei Elektroden – Leiter aus Grafit, einer Reinform von Kohlenstoff – werden in die Kammer eingeführt und elektrisch geladen. Bei Annäherung der beiden Leiter wird eine der Spitzen durch die enorme Energie des resultierenden Funkens verdampft. Bei näherer Untersuchung der anderen Elektrodenspitze sind mikroskopisch kleine, fadenartige Überstände zu beobachten, ähnlich einem zerzausten Haarschopf. Diese Überstände sind mehrwandige Kohlenstoffnanoröhren mit üblicherweise 20 bis 30 Wänden. Enthält der positiv geladene Grafitleiter (Anode) einen Metallkatalysator, bilden sich einwandige Kohlenstoffnanoröhren.

Der Erfinder

Sumio Iijima arbeitet seit mehr als einem halben Jahrhundert auf dem Gebiet der Materialwissenschaften und erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrentitel. Oft wird ihm die Entdeckung oder mindestens die Bekanntmachung ein- und mehrwandiger Nanoröhren zugeschrieben. Iijima selbst erklärt, dass ihm die Entdeckung gemeinsam mit einigen Wissenschaftlerteams gelang, die hohle Kohlenstoffröhren aus Grafit zuvor beobachtet, diese Entdeckung aber nicht weiter verfolgt hatten.

Iijima ist Professor an der renommierten Meijo-Universität in Nagoya und Senior Research Fellow bei NEC, wo er seine Erfindungen machte. Darüber hinaus ist er Honorary AIST Fellow des japanischen Instituts für Industriewissenschaften und Technik (AIST).

Wussten Sie das?

2006 fanden deutsche Forscher Kohlenstoffnanoröhren im legendären Damaszener Stahl des 17. Jahrhunderts – dies erklärt den Ruhm dieser Schwertschmiedekunst. Ein weiteres Produkt, in dem sich Kohlenstoffnanoröhren finden, ist Vantablack, das schwärzeste Material der Welt. Vantablack wird vom britischen Nanotechnologieunternehmen Surrey NanoSystems für astronomische und militärische Zwecke vertrieben. Unter anderem dient das Material zur Beschichtung des Inneren von Teleskopen, um überschüssiges Licht zu absorbieren. Außerdem werden mit Vantablack Kameras kalibriert, die Bilder sehr lichtschwacher Sterne und Galaxien aufnehmen.

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