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Europäische Start-ups an vorderster Front im Kampf gegen den Krebs

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Am Vorabend des Weltkrebstages zeigt unsere neue Studie große Unterschiede zwischen den führenden Ländern bei den Profilen von Start-ups für neue diagnostische und therapeutische Technologien.

Heute wurde die neueste Studie des Europäischen Patentamts (EPA) veröffentlicht, die so detailliert wie nie zuvor auffächert, wie stark das Wachstum bei verschiedenen Technologien zur Diagnose und Therapie von Krebs ist. "Neue Horizonte in der Onkologie: ein Innovationsökosystem im Wandel" konzentriert sich auf die vielversprechendsten Technologien sowie die Unterschiede zwischen einzelnen Regionen, Akteuren und Sektoren und unterstützt so Politikerinnen, Wissenschaftlern, klinischem Personal, Unternehmern und Stakeholdern aus der Industrie bei der Steuerung von politischen Maßnahmen, Forschung und Investitionen.

Weitreichende Erkenntnisse zur jüngsten Innovationsdynamik

Die Studie stellt Daten zu Start-ups vor, die neue Technologien zur Krebsbekämpfung entwickeln, schildert die Beiträge von Hochschulen, Krankenhäusern und öffentlichen Forschungseinrichtungen und zeigt die Unterschiede zwischen den USA und Europa bei der Zahl der Start-ups auf, die die Reifephase erreichen. Wie die Studie zeigt, kann Europa in den wachstumsstärksten Feldern mit innovativen Krebstechnologien nicht mit den Patentanmeldungen in den USA und China mithalten – und das, obwohl Europa die größte Zahl von krebsbezogenen Start-ups aufweisen kann.

In der Studie wurden Patentanmeldungen in 28 krebsbezogenen Technologiefeldern untersucht, mit dem Ergebnis, dass die Wachstumsraten und die absolute Anzahl der internationalen Patentfamilien (IPFs) beträchtlich voneinander abwichen. In der jüngsten Untersuchungsphase (2015–2021) gehörten Technologien wie zelluläre Immuntheraphie (+37,8 %), Gentherapie (+31,0 %), Bildanalyse (19,6 %), Liquid Biopsy (+17,2 %) und medizinische Informatik (+14,7 %) zu den größten Wachstumsbereichen, gemessen an den jährlichen Wachstumsraten der IPFs.

"Angesichts von Mario Draghis Bericht zur Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit sind die Ergebnisse dieser Studie ein Weckruf für das europäische Innovationssystem für Krebsforschung", sagte EPA-Präsident António Campinos. "Technologien zur Krebsbekämpfung entwickeln sich rasch und gegebenenfalls in unerwartete Richtungen. Europa muss jetzt reagieren, um seinen Wettbewerbsvorsprung bei innovativer Gesundheitstechnologie zu wahren und Leben zu retten. Dass es in Europa so viele Start-ups in der Krebstechnologie gibt, ist ein Lichtblick, aber diese Unternehmen benötigen Investitionen und Unterstützung, um ihre Erfindungen zu skalieren."

USA mit dem weltweit größten Anteil an krebsbezogenen Erfindungen

Der größte Anteil der Erfindungen entfällt auf Anmelderinnen und Anmelder aus den USA. Ihr Anteil ist mit rund 43 % relativ stabil geblieben. Im Gegensatz dazu ist der Anteil von Anmelderinnen und Anmeldern aus den EU27 von 18,7 % (2010–2012) auf 12,4 % zurückgegangen – und das im Zeitraum von 2019 bis 2021, in dem die Patentierungsaktivität in der Krebsforschung insgesamt kräftig anstieg.

In den meisten Wachstumsfeldern fand der stärkste Anstieg der Patentanmeldungen in den vergangenen Jahren in der VR China statt, wobei der private Sektor des Landes inzwischen eine deutlich wichtigere Rolle spielt als der öffentliche (zu dem z. B. Hochschulen, Krankenhäuser und öffentliche Forschungseinrichtungen gehören). Die Zahl der IPFs für krebsbezogene Technologien hat sich in China von 2015 bis 2021 mehr als vervierfacht.

 

Europäische Start-ups in frühen Wachstumsphasen stärker

Der Studie zufolge sind knapp 1 500 Start-ups in den 39 Mitgliedstaaten des EPA angesiedelt, verglichen mit lediglich 1 325 in den USA. Innerhalb Europas sind 290 Start-ups in Großbritannien ansässig, 246 in Frankreich und 208 in Deutschland. Während Europa bei der Zahl der Start-ups in der Seed-Phase und in der Aufbauphase vorn liegt, schaffen es in den USA sehr viel mehr Start-ups in die Reifephase. Fast 40 % aller amerikanischen Start-ups in der Krebsforschung haben diese fortgeschrittene Wachstumsphase erreicht, verglichen mit nur 24 % in der EU und weniger als 27 % in den anderen EPO-Mitgliedstaaten. Krebsbezogene Start-ups halten in den USA beinahe doppelt so viele Patente wie ihre europäischen Wettbewerber. Das könnte ein Grund für die unterschiedliche Finanzausstattung der Unternehmen sein, da nachgewiesenermaßen ein Zusammenhang zwischen gehaltenen Patenten und dem Zugang zu Finanzmitteln besteht. Darüber hinaus zeigt die Studie anhand von vier Fallstudien, wie von Europäern finanzierte Start-ups ihre Patentanmeldungen bzw. erteilten Patente genutzt haben, um Kapital aufzubringen, ihre Erfindungen zu lizenzieren und sich Marktanteile zu sichern.

Forschungssektor spielt im Ökosystem der Krebsforschung eine zentrale Rolle

Hochschulen, Krankenhäuser und öffentliche Forschungseinrichtungen spielen bei Innovationen in der Krebsforschung eine zentrale Rolle. Sie stehen hinter knapp der Hälfte aller IPFs, die ihren Ursprung in den EU27 haben, und treten entweder direkt als Anmelder auf oder werden in von Unternehmen, die die Forschung finanzieren oder davon profitieren, eingereichten Anmeldungen indirekt als Institution genannt, bei der die Erfinder beschäftigt sind.

Expertenplattform hilft, Patentwissen im Kampf gegen Krebs zu teilen

In der öffentlichen Patentdatenbank Espacenet des EPA wird gebührenfrei eine Fülle von technischen Informationen bereitgehalten. Damit Wissenschaftlerinnen und Forscher unsere umfangreiche Sammlung an globalen Patenten besser durchsuchen können, die alle Gebiete von der Diagnose und Informatik bis zur Therapie und Nachsorge abdeckt, haben spezialisierte Prüfer des EPA und der nationalen Patentämter Recherchestrategien für über 130 technische Gebiete ausgearbeitet.

Deep Tech Finder verknüpft Start-ups aus der Krebsforschung mit Investoren

Außerdem macht es das EPA leichter, investitionsbereite Start-ups und Spinouts in Europa einerseits und Investoren für deren Finanzierung andererseits zu finden. Das frei verfügbare Online-Tool Deep Tech Finder enthält die Profile von über 1 400 krebsbezogenen Start-ups, was es Investoren und Innovatoren gestattet, die jeweilige Finanzierungshistorie und die Patentportfolios zu überprüfen. Zudem lassen sich die Start-ups nach Ländern, Wachstumsphasen und technischem Gebiet – darunter 17 unterschiedliche Felder aus der Krebsforschung – filtern.

Hintergrund

Krebs ist in Europa nach wie vor ein beträchtliches Gesundheitsrisiko. Knapp 25 % aller Fälle weltweit und über 20 % aller Todesfälle entfallen auf Europa, obwohl auf dem Kontinent nicht einmal 10 % der Weltbevölkerung leben.

Die Studie befasst sich mit internationalen Patentfamilien (IPFs). Diese stehen für bedeutsame Erfindungen auf den jeweiligen Feldern, nämlich diejenigen, die ihren Eigentümern so wichtig sind, dass sie in mehr als einem Hoheitsgebiet Patentschutz verdienen. Die Studie verwendet IPFs als Messzahl für die Innovationstätigkeit und arbeitet so den Kontrast zwischen der vergleichsweise ruhigen Phase von 2010 bis 2015 (44 352 IPFs) mit einer jährlichen Wachstumsrate von lediglich 1,7 % und dem Boom in der jüngeren Zeit (2016–2021: 65 886 IPFs) heraus; in der zweiten Phase lag die jährliche Wachstumsrate mit über 9,3 % mehr als drei Mal so hoch wie im Durchschnitt aller anderen Technologien.

An dieser zweiten EPA-Studie zu Technologien für die Krebsbekämpfung wirkten Experten aus 20 nationalen Ämtern für geistiges Eigentum mit, die von der Beobachtungsstelle für Patente und Technologie des EPA koordiniert wurden. Es handelt sich um die nationalen Patentämter der folgenden Länder: Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Monaco, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Schweiz, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkiye, Ungarn und Vereinigtes Königreich.