Finanzierungslücke schließen: Auf dem Weg zu einem stärkeren Innovationsökosystem in Europa

Die jüngste Studie des Europäischen Patentamts (EPA) erfasst technologieorientierte Investoren und führt eine neuartige Kennzahl ein, mit der Start-up-Unternehmen geeignete Partner identifizieren können. Ein neuer Filter im Deep Tech Finder erleichtert zudem die gezielte Suche nach Kapitalgebern.
Die Beobachtungsstelle für Patente und Technologie des EPA hat eine neue Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, welche Investoren für die erfolgreiche Vermarktung zukunftsweisender Innovationen besonders wichtig sind. Unter dem Titel Mapping investors for European innovators erkundet sie die Herausforderungen, mit denen Technologie-Start-ups bei der Einwerbung öffentlicher und privater Mittel in Europa konfrontiert sind, und stellt sie der Situation in den USA gegenüber.
"Bei der Vermarktung disruptiver Konzepte, die den Fortschritt entscheidend voranbringen können, spielen Start-ups eine zentrale Rolle. Wie der Draghi-Bericht jedoch festgestellt hat, werden viele innovative Unternehmen in Europa durch finanzielle Hürden in ihrem Wachstum ausgebremst", erklärte EPA-Präsident, António Campinos. "Diese Finanzierungslücke verhindert die Entwicklung innovativer Konzepte zu skalierbaren Start-ups und führt dazu, dass Entrepreneure ihr Glück im Ausland suchen. Ihre Schließung ist entscheidend für ein nachhaltiges Wachstum der europäischen Wirtschaft."
Technology Investor Score (TIS)
Mit dem Technology Investor Score (TIS) führt die Studie eine neue Kennzahl ein, die den prozentualen Anteil von Unternehmen mit Patentanmeldungen am Portfolio eines Investors angibt. Der TIS bewegt sich zwischen Null und Eins, wobei sein Wert mit der Spezialisierung auf patentierte Technologien ansteigt. Er berücksichtigt über 1 000 Einzelwerte und ist so ein fein abgestuftes, leistungsfähiges Werkzeug, mit dem sich passende Kapitalgeber für den Innovationssektor finden lassen.
Variierendes Engagement in Technologie-Start-ups
Datenfachleute des EPA haben den TIS für mehr als 6 100 internationale, in Europa aktive Kapitalgeber aus dem öffentlichen und privaten Sektor sowie für weitere 8 000 Investoren berechnet, die in den USA tätig sind. Demnach verfügen 88 % der Investoren in Europa über Portfolios, die Unternehmen mit Patentanmeldungen enthalten. Bei 8 % dieser Investoren bestehen die Portfolios zu mehr als der Hälfte aus Unternehmen mit Patentanmeldungen – ein Anzeichen für ein besonders intensives Engagement in innovationsfreudige Start-ups.
Die Rolle der öffentlichen und privaten Investoren
Die Studie belegt, dass öffentliche Investoren für das europäische Innovationsökosystem von größter Bedeutung sind; gemeinsam mit dem Privatsektor treiben sie den Fortschritt voran. Unter den öffentlichen Kapitalgebern finden sich zahlreiche paneuropäische Institutionen wie der Europäische Innovationsrat (EIC) im Rahmen von Horizont Europa und Europäischer Investitionsbank (EIB), nationale Innovationsagenturen wie Bpifrance, Innovation UK und Innosuisse sowie eine Reihe von regionalen Innovationsagenturen. Die meisten öffentlichen Geldgeber weisen einen hohen TIS auf; dies deckt sich mit ihrem Hauptziel – der finanziellen Unterstützung von Innovationen in der Frühphase.
Erkenntnisse für die europäische Wettbewerbsfähigkeit
Die Studie lässt darauf schließen, dass die Pipeline der Hightech-Investoren in Europa nicht störungsfrei funktioniert: Öffentliche Early-Stage-Geldgeber werden nicht durch private Investoren in späteren Finanzierungsphasen abgelöst, wie das im US-Markt der Fall ist. Konkret klaffen zwischen Europa und den USA im technologieorientierten Privatsektor erhebliche Finanzierungslücken, insbesondere in späteren Phasen der Mittelbeschaffung. Öffentliche Kapitalgeber sind hingegen deutlich stärker vertreten. Bei den 100 größten privaten Investoren in Europa konzentrieren sich 62 % auf die Early-Stage- und nur 22 % auf die Late-Stage-Finanzierung – ein weiterer Beleg für die eingeschränkte Verfügbarkeit von Kapital für die Skalierung von Technologien und die Vermarktung von Innovationen. Im US-amerikanischen Co-Investor-Netzwerk sind hingegen 98 der 100 zentralen Investoren private Akteure; dass davon mehr als die Hälfte auf späte Finanzierungsphasen spezialisiert ist, zeigt das ausgeprägte Engagement des Privatsektors bei der Skalierung von Hightech-Unternehmen.
Behebung der Finanzierungsprobleme europäischer Start-ups
Die Erfassung und visuelle Darstellung von Hightech-Investoren im Rahmen der Studie ist Teil der Anstrengungen, mit denen das EPA Start-up-Unternehmen und KMU in Europa unterstützt. Ergänzend hierzu hat das Amt seinen Deep Tech Finder mit einem neuen Filter ausgestattet, der Start-ups die gezielte Suche nach passenden Investoren ermöglicht, basierend auf Kriterien wie Finanzierungsphase, Land oder Technologiebereich. Das Update erweitert die Funktionalität des kostenlosen Onlinetools, mit dem Nutzer*innen schnell und einfach mehr als 10 000 investitionsfähige europäische Start-ups, Spin-outs und/oder Hochschulen identifizieren können, die Patentanmeldungen beim EPA eingereicht haben.
Programm zur Innovationsfinanzierung
Die Beobachtungsstelle für Patente und Technologie des EPA hat einen eigenen Webbereich für ihr Programm zur Innovationsfinanzierung eingerichtet. Er enthält ausführliche Informationen zu EPA-Aktivitäten, die kleinere und weniger erfahrene Akteure unterstützen und sicherstellen, dass sie in vollem Umfang von Patenten profitieren können. Zudem finden sich hier umfangreiche Materialien dazu, wie Start-ups und Investoren Patente zur Innovationsfinanzierung nutzen können. Ressourcen wie der Deep Tech Finder, Studien und sonstige relevante Materialien sind über diese Plattform abrufbar.