Gezielte Krebsmedikamente: Robert Langer erhält den Europäischen Erfinderpreis 2016
- Europäisches Patentamt (EPA) zeichnet US-amerikanischen Wissenschaftler Robert Langer für seine Erfindung von Biokunststoffen aus, die für gezielte Arzneimittelverabreichung verwendet werden
- Medizinische Innovation und Weiterentwicklungen nun weltweit bei Krebsbehandlung, für kardiovaskuläre Stents und Wiederherstellungschirurgie eingesetzt
- Leiter des weltgrößten biomedizinischen Forschungslabors bei Preisverleihung in Lissabon in der Kategorie „Außereuropäische Staaten" geehrt
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EPA-Präsident Benoît
Battistelli: "Langers Erfindung hat neue Möglichkeiten zur Bekämpfung
einiger besonders aggressiver Krebsarten eröffnet."
Lissabon/München, 9. Juni 2016 - Eine neue Generation von Krebsmedikamenten lässt Tumore "verhungern". Der US-amerikanische Chemieingenieur Robert Langer (67) erfand biologisch abbaubare Kunststoffe, in die hochwirksame Medikamente verkapselt werden können. Nach der Implantation direkt am Tumor löst sich der Biokunststoff auf und gibt die Wirkstoffe gezielt frei. Die Biokunststoffe können außerdem zu Kapseln zur Medikamenteneinnahme, zu kardiovaskulären Stents oder zu Gerüsten für die Züchtung von neuem Körpergewebe geformt werden. Für diese Leistung ehrte das Europäische Patentamt (EPA) Robert Langer heute bei einer Zeremonie in Lissabon mit dem Europäischen Erfinderpreis 2016 in der Kategorie "Außereuropäische Staaten", einer von fünf Preiskategorien.
"Langers Erfindung hat neue Möglichkeiten zur Bekämpfung einiger besonders aggressiver Krebsarten eröffnet", so EPA-Präsident Benoît Battistelli. "Durch den gezielten Einsatz können Krebsmedikamente die maximale Wirkung entfalten, ohne gesundes Gewebe zu schädigen, und die Anwendungsmöglichkeiten in der Herz- und Wiederherstellungschirurgie sind ebenso beeindruckend."
Zur Preisverleihung in der MEO Arena in Lissabon kamen rund 600 prominente Gäste aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, geistiges Eigentum und Wissenschaft. Eröffnet wurde die Zeremonie vom Präsidenten des EPA, von Portugals Premierminister António Costa und dem EU-Kommissar für Forschung, Wissenschaft und Innovation Carlos Moedas.
Mit dieser prestigeträchtigen Auszeichnung, die nun zum elften Mal vergeben wurde, würdigt das EPA in jedem Jahr herausragende Erfinder aus Europa und der ganzen Welt, die einen außerordentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Fortschritt geleistet haben. Die Gewinner wurden von einer unabhängigen internationalen Jury aus fast 400 Erfindern und Erfinderteams ausgewählt, die für den diesjährigen Preis vorgeschlagen waren.
Gezielte Verabreichung, maximale Wirksamkeit
Mit Langers Ansatz wird ein Hauptproblem bei Krebstherapien umgangen: Hochwirksame Krebsmedikamente, die injiziert werden, verlieren auf dem Weg zum Tumor deutlich an Wirksamkeit. Noch bedeutender ist, dass das Medikament gesundes Gewebe schädigen kann, anstatt in erster Linie die Krankheit zu bekämpfen. Dieses empfindliche Gleichgewicht spielt vor allem beim Kampf gegen das Glioblastom (Glioblastoma multiforme) eine entscheidende Rolle, denn dieser schwer zu behandelnde Hirntumor ist von empfindlichem Nervengewebe umgeben. Langers Biokunststoff wird zu Mikroplättchen geformt, in denen Krebsmedikamente enthalten sind, die den Blutfluss zum Tumor unterbinden und ihn dadurch aushungern. Die Medikamente werden direkt oberhalb des Tumors und somit hinter der Blut-Hirn-Schranke implantiert. Sie werden freigesetzt, während der Stoffwechsel des Körpers den Biokunststoff aufspaltet. Dank diesem Ansatz haben sich gezielte Therapien stark weiterentwickelt: Bisher wurden mehr als 20 Mio. Patienten mit Angiogenese-Hemmern behandelt, und bei über 1 Mio. Menschen wurde eine Therapie auf Basis von Langers Biokunststoffen angewandt.
Vom Labor in den klinischen Alltag
Robert Langers patentierte Erfindung ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen intensiven Forschung. Bereits 1971 hatten Langer und ein Team von Ärzten am Massachusetts Institute of Technology (MIT) die Idee eines Trägermaterials, das die Medikamente dorthin transportiert, wo sie gebraucht werden, nämlich zum Tumor. Die wissenschaftliche Gemeinschaft stand Langers kühner Vision zunächst skeptisch gegenüber. "Nach meinem ersten wissenschaftlichen Vortrag im Jahr 1976 kamen einige ältere Kollegen auf mich zu und sagten: 'Wir glauben nichts von dem, was du gerade erzählt hast', berichtete Langer. Aber der Wissenschaftler ließ sich nicht beirren - und heute leitet er das größte biomedizinische Forschungslabor der Welt. Nachdem er seine ersten Ergebnisse veröffentlicht hatte, perfektionierte er fast 28 Jahre lang die Technologie der implantierbaren Biokunststoffe. Allein in den ersten beiden Jahren experimentierte er mit mehr als 200 verschiedenen Polymeren.
Sein wissenschaftliches Fachwissen und seine beispiellose Arbeitsmoral haben Robert Langer zu einem der produktivsten Erfinder der Welt gemacht. Er ist laut Science Magazine der am häufigsten zitierte Ingenieur der Geschichte, hat mehr als 13 000 Artikel verfasst und ist an mehr als 1100 Patenten beteiligt. Seine Erfindungen werden von 300 Pharmaunternehmen genutzt.
„Mein Rat an junge Menschen ist, Großes zu träumen und diese Träume nie aufzugeben", sagt Langer. „Widmet Euch den Dingen, die Ihr gerne tut und erkennt, dass althergebrachtes Wissen nicht immer korrekt ist."
Medien- und Servicepaket zu Robert Langer
Kurzes Video über den Erfinder
Download von Filmmaterial in höchster Sendequalität (HD): Deutsche Fassung und B-roll (Vimeo)
Erfahren Sie mehr über den Erfinder
Der Blick auf die Patente: EP1639029 , EP1112348 , EP2075015 , EP1024801
Hinweis an die Redaktionen: Video- und Fotomaterial zur Preisverleihung am 9. Juni 2016 |
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