Antibiotika mit ätherischen Ölen verstärken: Adnane Remmal als Finalist für den Europäischen Erfinderpreis 2017 nominiert
- Der marokkanische Biologieprofessor ist für seine Erfindung, mit der sich die Wirksamkeit von Antibiotika stark verbessern lässt, für den Europäischen Erfinderpreis nominiert worden
- Verfahren kombiniert Antibiotika mit antibakteriellen Eigenschaften marokkanischer Pflanzen
- Die verbesserten Antibiotika sind wirksam gegen medikamentenresistente Bakterien, sie funktionieren ohne Nebenwirkungen und ohne weitere Resistenzbildung
- Benoît Battistelli, Präsident des Europäischen Patentamtes: „Die Erfindung von Remmal ist ein neues Instrument im Kampf gegen die wachsende Bedrohung durch antibiotikaresistente Mikroben."
München 26. April 2017 - Immer häufiger sehen sich Mediziner machtlos gegenüber Keime, die sich nicht mehr mit den etablierten Antibiotika bekämpfen lassen. Etwa 700.000 Patienten sterben jährlich weltweit an den Folgen einer Infektion mit solchen Keimen. Ohne Weiterentwicklung der Antibiotika könnte die Zahl der Todesfälle bis zum Jahr 2050 auf 10 Millionen pro Jahr ansteigen.
Adnane Remmal (55) hat eine Kombination aus Standard-Antibiotika und natürlichen ätherischen Ölen entwickelt, die er sich 2014 vom Europäischen Patentamt (EPA) patentieren ließ. Antibiotika können mit diesem Mittel auch erfolgreich bei der Behandlung von Infektionen eingesetzt werden, die durch resistente Keime hervorgerufen wurden - und zwar ganz ohne Nebenwirkungen.
Für diese Leistung wurde Adnane Remmal als einer von drei Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2017 in der Kategorie „Nicht-EPO-Staaten" nominiert. Am 15. Juni wird die Auszeichnung vom EPA im Rahmen eines Festakts in Venedig zum zwölften Mal verliehen.
„Die Erfindung von Remmal ist ein neues Instrument im
Kampf gegen die wachsende Bedrohung durch antibiotikaresistente Mikroben", so
EPA-Präsident Benoît Battistelli. „Dies zeigt, dass konventionelle Antibiotika
und natürliche ätherische Öle miteinander kombiniert werden können, um eine
verbesserte Wirkung zu erzielen. Mit seiner Arbeit trägt er auch dazu bei, die
Entwicklung von Arzneimitteln in seiner Heimat Marokko voranzutreiben."
Natürlicher Turbo für Antibiotika
Die Idee, mit pflanzlichen Bestandteilen zu experimentieren, kam Adnane Remmal, als er sich mit den Gebräuchen seiner Heimat Marokko auseinandersetzte. Er war sich bewusst, dass Pflanzen ätherische Öle als Waffe benutzen, um Bakterien zu bekämpfen. In seinem Labor an der Universität Fèz begann er zu forschen und fand heraus, auf welchen Mechanismen die bakterienschädigende Eigenschaften der Öle beruhen und wie sich diese für die Therapie von Krankheiten nutzen lassen. Dabei erkannte er, dass große Mengen der ätherischen Öle auch Infektionen und Keime beim Menschen bekämpfen können. In diesen Mengen sind sie jedoch mit einem hohen Risiko von Nebenwirkungen verbunden. Remmals Lösung bestand darin, die Stärken von Antibiotika und mit jenen der natürlichen ätherischen Ölen in einem Komplex zu kombinieren. Sein Ziel war es, die Wirksamkeit beider Substanzen zu erhöhen, und zwar unabhängig von ihrer Einzelwirkung.
Im Allgemeinen nutzen Antibiotika die Schwächen von Bakterien aus: Sie zerstören die Zellwände und stoppen ihre Reproduktion oder verhindern, dass das Bakterium beschädigte DNA in seiner Zelle repariert. Remmal erklärt die Grundprinzipien eines Antibiotikums so: „Es wirkt wie ein Schlüssel, der eine Tür im Bakterium aufsperrt und es auf diese Weise bekämpft. Aber wenn das Bakterium mutiert und der Schlüssel nicht mehr passt, dann ist das Bakterium unangreifbar, resistent." Der von Remmal patentierte Komplex reduziert signifikant die Fähigkeit von Bakterien, einen Abwehrmechanismus gegen die Medikamente zu entwickeln: Sein „Spezialschlüssel" kombiniert vorhandene Standardantibiotika wie Penicillin, Cephalosporine und sogar so genannte MRSA-Antibiotika für schwer zu behandelnde Infektionen mit den natürlichen antimikrobiellen Eigenschaften der einheimischen Pflanzen in Marokko. Das im Jahr 2014 vom Europäischen Patentamt patentierte Medikament befindet sich derzeit in den letzten Stadien der klinischen Studien und wird voraussichtlich Ende 2017 marktreif sein.
Für Adnane Remmal kein Grund zu ruhen: Derzeit testet er das Prinzip an Tieren, um die Entstehung resistenter Keime nachhaltig zu bekämpfen. Substanzen aus ätherischen Ölen werden dazu mit Lehm vermischt und dem Futter zugegeben. In derart hoher Konzentration entfalten sie eine antibakterielle Wirkung, welche die zusätzliche Gabe von Antibiotika überflüssig macht. Erste Tests mit Ziegen waren bereits erfolgreich - Remmals Erfindung könnte also auch unseren Umgang mit und die Wirkung von Antibiotika in der Tierhaltung verändern. Eine Patentanmeldung für diese Anwendung im Veterinärbereich wird derzeit vom EPA geprüft. Er besitzt darüber hinaus zwei weitere europäische Patente, die sich auf ätherischen Ölen beziehen, nämlich ein Anti-Pilz-Präparat und eine Kombination, die bei der Behandlung von Parasiten (insbesondere beim Malaria-verursachenden Plasmodium falciparum) bei Patienten eingesetzt wird.
Eine Koryphäe der Mikrobiologie
Adnane Remmal studierte Biologie an der Universität von Fèz in Marokko und an der Universität Paris XI. Er erhielt 1987 seinen Doktortitel in der molekularen Pharmakologie und war ab 1988 als Professor und Forscher an der Universität von Fèz in den Studiengängen Zell-, Mikro- und Molekularbiologie tätig. „Ich wollte den Samen wissenschaftlicher Forschung in Marokko pflanzen - einem Land, das bis dahin als eine Wüste in diesem Bereich galt", sagt Remmal. „Heute bin ich überglücklich, dass dieser Samen zu einem blühenden Baum geworden ist." Für seine Ergebnisse in der Grundlagenforschung zur antimikrobiellen Aktivität von ätherischen Ölen erhielt er 1994 den Doktortitel für Mikrobiologie der Universität Fèz. Remmal widmete sich anschließend der angewandten Forschung. Er wurde 2015 mit dem Innovationspreis für Afrika ausgezeichnet, einer Ehrung der Afrikanischen Innovationsstiftung. Adnane Remmal ist heute als Unternehmer und Professor für Biologie sowie leitender Forscher für Biotechnologie an der Universität von Fèz tätig.
Weitreichendes Marktpotenzial
Nach einem Bericht der Weltbank im vergangenen Jahr könnten sich die Kosten im Gesundheitswesen, die durch arzneimittelresistente Bakterien verursacht werden, von jährlich 283 Mrd. Euro bis 2050 gar verdreifachen. Das entspricht einem Betrag von mehr als 984 Mrd. Euro pro Jahr. Die Entwicklung eines neu synthetisierten Antibiotikums kostet zwischen 500 Millionen und 1 Milliarde Euro. Jedes neu entwickelte Medikament birgt das Risiko unbekannter Nebenwirkungen sowie niedriger oder gar keiner Rendite. Es ist zudem mit einem enormen Zeitaufwand verbunden.
Medien- und Servicepaket:
- Onlinefähiges Videomaterial und Fotos
- Über den Erfinder
-
Der
Blick auf das Patent:
EP1879655
Der natürliche Medizin Schrank
Von Aspirin über Chinin und Digoxin zur Behandlung von Herzkrankheiten bis hin zu Penicillin haben uns natürliche Quellen einige unserer wichtigsten Medikamente offenbart. Obwohl die Wirkstoffe in vielen Medikamenten, die zuerst in Pflanzen entdeckt wurden, seither synthetisiert werden konnten, hat die Natur auch heute noch das Potenzial, Krankheiten wie HIV, Alzheimer, Herzerkrankungen und Krebs zu bekämpfen. Paclitaxel ist zum Beispiel ein Medikament, das in der Chemotherapie eingesetzt wird. Es stammt aus der Eibe, der zu den wichtigsten pflanzlichen Krebs-Bekämpfern zählt.
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