Vater der modernen Impfung: Rino Rappuoli erhält Europäischen Erfinderpreis 2017 in der Kategorie „Lebenswerk“
- Europäisches Patentamt (EPA) ehrt bei der Preisverleihung in Venedig den italienischen Mikrobiologen für seine bahnbrechenden Leistungen zur Entwicklung einer neuen Generation von Impfstoffen
- Dank seiner Impfungen gegen Diphterie, bakterielle Hirnhautentzündung und Keuchhusten haben diese Krankheiten in den Industrieländern praktisch ausgerottet
- Mit den hoch spezifischen, genombasierten Impfstoffen werden heute Millionen von Menschen routinemäßig geimpft
- EPA-Präsident Benoît Battistelli: „Rino Rappuolis genombasierte Vakzine haben Millionen von Menschen auf der ganzen Welt das Leben gerettet."
Venedig/München, 15. Juni 2017 - Dank einer neuen Generation von Impfstoffen, die von Rino Rappuoli (65) erfunden wurden, sind in den Industrieländern Infektionskrankheiten wie Diphterie, bakterielle Hirnhautentzündung und Keuchhusten weitgehend eliminiert . Im Laufe seiner mehr als vierzigjährigen Forschungstätigkeit war der italienische Mikrobiologe aus Siena Vorreiter in der Entwicklung von lebensrettenden Impfstoffen und hatte auch die Laborverfahren zu ihrer Herstellung vorangetrieben. Mit seinen patentierten Impfstoffen werden Millionen von Menschen auf der ganzen Welt routinemäßig geimpft. Für diese Leistungen hat das Europäische Patentamt (EPA) Rappuoli heute bei einer Zeremonie in Venedig mit dem Europäischen Erfinderpreis 2017 in der Kategorie „Lebenswerk" ausgezeichnet, einer von fünf Preiskategorien.
„Rino Rappuolis bahnbrechende Impfstoffe und Verfahren haben die Welt in Bezug auf Gesundheit zu einem besseren Ort gemacht," sagte EPA-Präsident Benoît Battistelli. „Seine genombasierten Vakzine haben Millionen von Menschen auf der ganzen Welt das Leben gerettet. Sie haben nicht nur viele Krankheiten fast vollständig eliminiert, sondern auch eine wegweisende Methode für die Herstellung wirksamer Impfstoffe mit Hilfe der Genomanalyse begründet."
Zur Preisverleihung im Arsenale di Venezia kamen rund 600 Gäste aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, geistiges Eigentum und Wissenschaft. Eröffnet wurde die Zeremonie vom Präsidenten des EPA gemeinsam mit Carlo Calenda, dem italienischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung.
Mit dieser Auszeichnung, die zum zwölften Mal vergeben worden ist, würdigt das EPA in jedem Jahr herausragende Erfinder aus Europa und der ganzen Welt, die einen außerordentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Fortschritt geleistet haben. Die Gewinner wurden von einer unabhängigen internationalen Jury aus mehr als 450 Erfindern und Erfinderteams ausgewählt, die für den diesjährigen Preis vorgeschlagen waren.
Eine neue Art der Impfstoffentwicklung
In den 1990er-Jahren gelang es Rappuoli und seinem Team, die Impfstoffentwicklung zu revolutionieren. Vor dieser Erfindung wurden Impfstoffe nach einem vom französischen Mikrobiologen Louis Pasteur in den 1880er-Jahren etablierten Verfahren hergestellt: Patienten wurden mit abgeschwächten Formen von infektiösen Organismen geimpft, um eine Immunabwehr des Körpers hervorzurufen. Das Immunsystem ist jedoch für viele Infektionen „blind" und reagiert zum Beispiel nicht auf Meningokokken, die eine gefährliche Hirnhautentzündung hervorrufen. Hier sorgte Rappuoli für einen Paradigmenwechsel, indem er auf gentechnischem Weg Hybride zwischen bakterieller DNA und Proteinen erzeugte, um eine Immunantwort des Körpersanzuregen. Dies brachte die Wende: Nachdem der erste „konjugierte Impfstoff" gegen Keuchhusten 1993 in Italien als Standardimpfung eingesetzt wurde, war diese Krankheit innerhalb von zwei Jahren dort ausgerottet. Dasselbe geschah, als Rappuolis Impfung gegen Meningitis C in das britische nationale Immunisierungsprogramm aufgenommen wurde. Um diesen Impfstoff zu entwickeln, hatte Rappuoli den Genom-Pionier Craig Venter für eine DNA-Sequenzierung von Bakterien gewinnen können. Der zugrunde liegende Prozess der „umgekehrten Impfstoffentwicklung" hat die Erzeugung von Impfstoffen auf immer verändert. „Impfstoffe basieren seitdem nicht mehr auf gezüchteten Labor-Bakterien, sondern werden mittels Gen-Sequenzierung am Computer entworfen", sagt Rappuoli. Mit der Entwicklung und Patentierung der ersten Impfstoffe für jeden Strang der Meningokokken-Meningitis (A, B, C, Y und W-135) hat der italienische Mikrobiologe Geschichte geschrieben.
Ein beträchtlicher wissentschaftlicher Beitrag
Rappuoli hat mit seiner Arbeit viel bewegt. „Ich habe den größten Teil meines Berufslebens in industriellen Forschungsinstituten gearbeitet, weil ich dort - mehr als meine Erfindungen nur zu verschriftlichen - echte Produkte entwickeln konnte, die Menschen helfen können", sagt er. Patentierte Erfindungen wie sein Impfstoff Bexsero gegen Meningitis B werden weltweit eingesetzt und verschaffen den Lizenznehmern Jahresumsätze in Höhe von rund 465 Mio. EUR. Die zugrunde liegenden Labortechniken, für die Rappuoli europäische Patente in rund 150 Patentfamilien besitzt bzw. angemeldet hat, haben auch neue Wissenschaftsfelder erschlossen. Mittlerweile hat Rappuoli auch ein global ausgerichtetes Gesundheitsinstitut gegründet, dass sich der Entwicklung von Impfstoffen verschrieben hat, für die es keinen Markt, aber immensen medizinischen Bedarf in ärmeren Ländern gibt. Über das Institut können die Patente, das Know-how und die Technologie kostenlos zur Verfügung gestellt werden. „Impfstoffe können die Lebenserwartung erhöhen und damit die Kluft zwischen Arm und Reich verringern", sagt Rappouli.
Impfstoffentwicklung als Lebensaufgabe
Rappuolis einflussreiches Lebenswerk auf dem Gebiet der Mikrobiologie wurde von den verheerenden Auswirkungen der Pest von 1348 in seiner Heimatstadt Siena inspiriert:: „So etwas darf nie wieder passieren. Deshalb habe ich mein ganzes Leben der Impfstoffentwicklung gewidmet." Rappuolis Leistungen wurden mit den höchsten Auszeichnungen gewürdigt, unter anderem mit der italienischen Medaglia d'oro al merito della sanità pubblica (Goldmedaille des öffentlichen Gesundheitswesen). Rappuolo ist unermüdlich: Als wissenschaftlicher Leiter bei dem weltweit aktiven Pharmahersteller GlaxoSmithKline (GSK) Vaccines forscht er an Impfstoffen gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV), das Cytomegalovirus sowie gegen andere potenziell verheerende Infektionskrankheiten. „Für mich gibt keinen besseren Beruf auf der Welt", sagt der Mikrobiologe.
Medienpaket zu Rino Rappuoli
- Kurzes Video über den Erfinder (YouTube)
- Videos in Fernsehqualität (HD) herunterladen: deutsche Fassung, Extras und Cleanfeed (EPA-Mediathek)
- Mehr Video- und Fotomaterial
- Erfahren Sie mehr über den Erfinder
- Der Blick auf die Patente: EP1379272, EP0632727, EP2470204 und viele weitere
Hinweis an die Redaktionen: Verfügbarkeit des Film- und Fotomaterials am 15. Juni 2017 |
|
Kontakte im EPA in München
Jana
Mittermaier
Direktorin Externe Kommunikation
Rainer
Osterwalder
Pressesprecher
Europäisches
Patentamt
Tel. +49 (0)89 2399 1820
Mobile: +49 (0)163 8399527
rosterwalder@epo.org
press@epo.org