Europäisches Patentamt: Digitale Technologien als Wachstumstreiber bei Anmeldungen 2019
- Rekordergebnis: Europäisches Patentamt 2019 mit über 181 000 Patentanmeldungen
- Anstieg von Patentanmeldungen für digitale Technologien: 5G und KI als Wachstumstreiber
- USA, Deutschland, Japan, China und Frankreich als aktivste Anmeldeländer
- China und Südkorea mit den größten Zuwachsraten
- Europäische Unternehmen und Erfinder mit dem größten Anteil am Anmeldeaufkommen
- Huawei im Anmelder-Ranking in Spitzenposition vor Samsung, LG, United Technologies und Siemens
München, 12. März 2020 - Zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren sind die meisten Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt (EPA) im Bereich der Digitalen Technologien eingereicht worden. Dies zeigt der heute vom EPA veröffentlichte Patent Index 2019 . Demnach wird das anhaltende Wachstum der Patentanmeldungen besonders vom starken Anstieg in den Technologiefeldern Digitale Kommunikation (+19,6%) und Computertechnik (+10,2%) getrieben. Insgesamt wurden 2019 im Vergleich zum Vorjahr beim EPA 4% mehr Patentanmeldungen eingereicht, was einen neuen Höchststand von mehr als 181 000 bedeutet (Abb.: Zunahme der Patentanmeldungen ).
„Das schnelle Wachstum der Patentanmeldungen für digitale Technologien ist in unserem Patent Index 2019 der herausragende Trend", sagte EPA Präsident António Campinos. „Die rasante Zunahme widerspiegelt die digitale Transformation der Wirtschaft in aller Deutlichkeit. Mit seinem etablierten und weit über Europa hinaus anerkannten Prüfungsansatz bei Patentanmeldungen für computerimplementierte Erfindungen ist das EPA gut in der Lage, Erfinder in digitalen Technologien zu unterstützen und damit Innovation auf diesem Gebiet in Europa sowie darüber hinaus wirkungsvoll zu fördern. Es ist wichtig, dass europäische Unternehmen und Forscher, die ihre Erfindungen schützen möchten, sich auf ein wettbewerbsfähiges Patentsystem verlassen können, um mit ihren asiatischen und amerikanischen Mitbewerbern zu konkurrieren und ihre Position im globalen Technologiemarkt zu behaupten."
5G und KI als Wachstumstreiber
In der Gruppe der Technologiefelder mit den meisten Patentanmeldungen verzeichneten die Digitale Kommunikation und Computertechnik 2019 das kräftigste Wachstum. Dies hebt ihre Schlüsselrolle in der digitalen Transformation hervor, die alle Sektoren und Industriefelder durchdringt. Patentanmeldungen im Technologiefeld Digitale Kommunikation stiegen 2019 um 19,6% und überholten damit die Medizintechnik (+0,9%), den seit 2006 patentaktivsten Technologiebereich (Abb.: Anmeldestärkste Gebiete 2019 ). Zur Digitalen Kommunikation, die an der Schnittstelle von Telekommunikation und Computern liegt, gehören Schlüsseltechnologien zur Implementierung von 5G-Netzwerken.
Mit einem markanten Anstieg von 64,6% trugen chinesische Unternehmen am deutlichsten zum Wachstum der Patentanmeldungen in der Digitalen Kommunikation bei, gefolgt von Firmen aus den USA (+14,6%) und Südkorea (+36,1%, allerdings auf Basis eines geringeren Volumens). Im Vergleich dazu legten die Anmeldungen aus Europa mit +3,1% nur moderat zu. In Bezug auf ihren Anteil am Anmeldeaufkommen in diesem Technologiefeld liegen China, die USA und Europa nunmehr gleichauf, mit jeweils rund einem Viertel aller beim EPA eingereichten Patente. Huawei, Ericsson und Qualcomm waren dabei 2019 die führenden Anmelder (Abb.: Top 10 Anmelder, Digitale Kommunikation ).
Den zweitgrößten Zuwachs verzeichnete das EPA 2019 im Bereich Computertechnik (+10,2%). Patentanmeldungen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz, insbesondere in den Segmenten Maschinelles Lernen und Mustererkennung, Bilddatenverarbeitung und -erzeugung sowie Datenabruf, waren hier ausschlaggebend für das Wachstum.
Fast 40% aller Patentanmeldungen in diesem Bereich entfielen auf Unternehmen aus den USA (+13,6% im Vergleich zu 2018), gefolgt von EPO-Mitgliedsstaaten (+9,3%), die fast 30% aller Anmeldungen einreichten. Anmeldungen aus China (+18,7%) machten knapp über 10% aus. Alphabet (Google), Microsoft, Samsung, Huawei, Intel und Siemens waren 2019 die Top-Anmelder (Abb.: Top 10 Anmelder, Computertechnik ). Ein erheblicher Anteil des Anstiegs im vergangenen Jahr ging jedoch auch auf kleinere Anmelder und neue Akteure zurück.
Europäische Unternehmen führend im Bereich Transport
Zu den Technologiefeldern mit einem soliden Wachstum gehörten beim EPA im vergangenen Jahr erneut das Transport-Segment (+6,6% im Vergleich zu 2018), zu dem unter anderem die Fahrzeugindustrie gehört, sowie Elektrische Maschinen, Geräte und Energie (+5,5%), in deren Bereich auch viele Erfindungen im Bereich der Klimatechnologien fallen, und Arzneimittel (+4,4%). Europäische Unternehmen hatten den größten Anteil an Patentanmeldungen in den Technologiefeldern Transport, Messtechnik, Organische Feinchemie und Sonstige Spezialmaschinen. Letzteres deckt beispielsweise Werkzeugmaschinen für verschiedenste Industrien und den 3D-Druck ab.
Wachstum aus fast allen Regionen - sprunghafter Anstieg aus China
Die Technologietrends spiegelten sich auch in den Anmeldezahlen der einzelnen Länder wider. Die aktivsten Ursprungsländer 2019 waren die USA mit 25% aller Anmeldungen, gefolgt von Deutschland (15%), Japan (12%), China (7%) und Frankreich (6%) (Abb.: Ursprung der Patentanmeldungen ). Die Gesamtzunahme der Anmeldungen beim EPA geht in erster Linie auf das markante Wachstum der Anmeldungen aus China (+29,2% im Vergleich zu 2018), den USA (+5,5%) und Südkorea (+14.1%) zurück (Abb.: Top 50 größten Patentanmeldeländer ). Innerhalb des letzten Jahrzehnts haben sich die Patentanmeldungen aus China beim EPA nahezu versechsfacht (12 247 Anmeldungen 2019 gegenüber 2 061 2010). Der allgemeine Aufwärtstrend bei europäischen Patentanmeldungen entfiel 2019 auf nahezu alle große Industrieregionen. Nur die aus Japan eingereichten Anmeldungen gingen nach zwei Jahren Wachstum geringfügig zurück (-2,3%).
Patentanmeldungen aus den 38 EPO-Mitgliedsstaaten stiegen 2019 moderat an (+1,1%) und wuchsen damit auch das dritte Jahr in Folge. In relativen Zahlen sank der Anteil der Patentanmeldungen aus Europa allerdings weiter und ist seit 2009 von 51% auf 45% im Jahr 2019 gefallen. Dies ist auch eine Folge der wachsenden Anzahl nicht-europäischer, insbesondere asiatischer Unternehmen, die ihre Erfindungen zunehmend im europäischen Markt schützen möchten.
Weitere Länder mit deutlich steigenden Anmeldevolumina beim EPA sind Kanada (+14,5%) und Israel (+6,8%) sowie - von einer niedrigeren Basis ausgehend - Saudi-Arabien (+38,3%) und Brasilien (+18,8%).
Europäische Trends: Deutschland stabil - Schweden, Großbritannien und Spanien mit solidem Wachstum
Patentanmeldungen aus den EPO-Mitgliedsstaaten entwickelten sich insgesamt stabil und aus den meisten Länder wurden mehr europäische Patente eingereicht als 2018. Schweden zeigte mit einem Zuwachs von +8,0% das stärkste Wachstum: Auch hier sorgten vor allem Anmeldungen aus den Bereichen Digitale Kommunikation und Computertechnik für die steigenden Zahlen. Patentanmeldungen aus Großbritannien (+6,9%) und der Schweiz (+3,6%) legten ebenfalls erneut deutlich zu, auch Italien verzeichnete 1,2% Anmeldeplus. Nach zwei Wachstumsjahren in Folge blieb die Zahl der Patentanmeldungen aus Deutschland, Europas führendem Anmeldeland, 2019 nahezu stabil (+0,5%), während sie für Frankreich (-2,9%) und die Niederlande (-2,6%) zurückging. Der Rückgang aus Frankreich ist besonders auf geringere Anmeldezahlen in der Digitalen Kommunikation und dem Automobilsektor zurückzuführen. Niederländische Unternehmen und Erfinder reichten in einer Reihe von Technologiefeldern weniger Patentanmeldungen ein, u.a. in der Medizintechnik und der Biotechnologie.
Unter den europäischen Volkswirtschaften mit einem mittelgroßen Anmeldeaufkommen verzeichnete Spanien (+6,0%) solides Wachstum. Belgien (+3,2%), Österreich (+2,6%) und auch Dänemark (+0,8%) erreichten Steigerungen gegenüber 2018. Patentanmeldungen aus Finnland gingen wie im Vorjahr erneut zurück (-1,4%).
Aus einigen der Länder mit geringem Anmeldeaufkommen gab es deutliches Wachstum, wie beispielsweise in Irland (+6,3%) und Norwegen (+3,6%). Von einem geringeren Stand ausgehend wuchsen auch die Anmeldungen aus Portugal (+23,1%) und Griechenland (+15,8%) das dritte Jahr in Folge.
Huawei auf Platz 1 im Unternehmensranking
Auch das Unternehmensranking widerspiegelt die rasant steigende Bedeutung digitaler Technologien: Huawei stand mit 3 524 Anmeldungen 2019 an der Spitze der EPA-Anmelderliste. Samsung stieg auf Platz zwei auf, LG rückte einen Platz nach vorn und lag an dritter Stelle. Auf die zwei Unternehmen aus Südkorea folgten mit United Technologies ein Unternehmen aus den USA sowie der Erstplatzierte aus dem Jahr 2018, Siemens, auf Rang fünf. Sony kletterte von Platz elf auf neun und war damit das bestplatzierte japanische Unternehmen. Für Ericsson an siebter Stelle ging es ebenfalls eine Position nach oben. Philips und Robert Bosch auf Platz acht und zehn sorgen dafür, dass sich die Mehrheit der Anmelder in dem Ranking aus europäischen Unternehmen zusammensetzt: Zu den Top 10 Anmeldern 2019 gehörten vier Unternehmen aus Europa, jeweils zwei aus Südkorea sowie den USA und jeweils eines aus China und Japan.
Jede fünfte EPA-Anmeldung von KMU
Eine Analyse der aus europäischen Ländern stammenden Anmeldungen ergab, dass 72% von großen Unternehmen, 18% von kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie Einzelerfindern und 10% von Universitäten bzw. öffentlichen Forschungsorganisationen eingereicht wurden. Diese Zahlen bestätigen erneut die Attraktivität des europäischen Patentsystems für kleinere Patentanmelder (Abb.: Analyse Anmelder nach Kategorie ).
Alle Zahlen des Patent Index 2019 auf www.epo.org/patent-index2019.
EPA-Medienkontakte
Luis Berenguer Giménez
Principal Director Communication
Rainer Osterwalder
Pressesprecher
EPA-Pressestelle
Tel.: +49 89 2399 1820
Mobil: +49 163 8399527
press@epo.org
g