Wegbereiterin für Nanotechnologie in Dentalmaterialien: Sumita Mitra erhält Europäischen Erfinderpreis 2021 in der Kategorie „Nicht-EPO-Staaten”
- Europäische Patentamt (EPA) zeichnet indisch-amerikanische Chemikern für ihre Verwendung von Nanotechnologie in der Zahnmedizin aus
- Sumita Mitra zeigte, dass die Verwendung von Nanopartikeln in zahnmedizinischen Materialien robustere, langlebigere und ästhetisch ansprechendere Füllungen ermöglicht
- Ihre Erfindung wurde erfolgreich kommerzialisiert und seitdem in mehr als einer Milliarde Zahnbehandlungen weltweit für ein schöneres Lächeln eingesetzt
München, 17. Juni 2021 - Das Europäische Patentamt (EPA) hat heute die indisch-amerikanische Chemikerin Sumita Mitra in der Kategorie „Nicht-EPO-Staaten" mit dem Europäischen Erfinderpreis 2021 ausgezeichnet. Mitra war die Erste, der es gelang, Nanotechnologie in Dentalmaterialien zu integrieren und so robustere und ästhetischere Füllungen herzustellen. Diese werden heute weltweit von Zahnärzten eingesetzt.
„Sumita Mitra hat einen völlig neuen Weg in ihrem Bereich eingeschlagen und gezeigt, wie durch Patente geschützte, technologische Innovationen einen Sektor transformieren und in diesem Fall Millionen Zahnpatienten Vorteile bringen können", sagt EPA-Präsident António Campinos. „Ihre Erfindung ist auch fast 20 Jahre nach der Einführung kommerziell erfolgreich - ein weiterer Grund, warum ihr eine Vorbildfunktion für die nächste Generation von Wissenschaftlern zukommt."
Der Europäische Erfinderpreis wurde dieses Jahr im Rahmen einer digitalen Veranstaltung verliehen und war damit zum ersten Mal für die breite Öffentlichkeit zugänglich, die sich aus der ganzen Welt zuschaltete. Der Preis ist einer der renommiertesten Innovationspreise Europas und wird jährlich vom EPA verliehen, um herausragende Erfinder aus Europa und der ganzen Welt auszuzeichnen, die einen außergewöhnlichen Beitrag für die Gesellschaft, zu technologischem Fortschritt und Wirtschaftswachstum geleistet haben. Die Finalisten und Gewinner in fünf Kategorien (Industrie, Forschung, KMU, Nicht-EPO-Staaten und Lebenswerk) wurden von einer unabhängigen internationalen Jury ausgewählt.
Nanotech-Innovation transformiert Zahnmedizin
Mitra arbeitete in den späten 1990er-Jahren in der Mundpflegeabteilung des US-Multi-Technologiekonzerns 3M, als sie auf die Beschränkungen der damals bestehenden Dentalkomposit-Materialien aufmerksam wurde. Diese waren entweder zu schwach, um auf Bissflächen verwendet zu werden, oder verloren schnell ihre Politur. Zur gleichen Zeit kam die Nanotechnologie als Forschungsgebiet auf und Mitra entschloss sich, die Einsatzmöglichkeiten dieser neuen Entwicklungen in der Zahnmedizin zu untersuchen. Getrieben vom Wunsch, mit ihrem Fachwissen in Polymerchemie und Materialwissenschaft Erfindungen zu entwickeln, die echte Probleme von Menschen lösen, begann sie mit der Arbeit an nanotechnologiebasierten Lösungen für ein neues Dentalmaterial.
Gemeinsam mit ihrem Team entwickelte Mitra eine Technik zur Erzeugung verknüpfter Cluster aus Nanopartikeln, die sie „Nanocluster" nannten. Diese Cluster kombinieren einzelne Nanopartikel mit unterschiedlichen Durchmessern und ergeben so ein starkes, langlebiges und glänzendes Material. Durch die Zugabe winziger Mengen von Pigmenten und die Veränderung der chemischen Zusammensetzung der Nanopartikel war das Team zudem in der Lage, eine Reihe verschiedener Farbtöne herzustellen, die individuell den Zähnen von Patienten angepasst und geschichtet werden können, um eine natürlichere Oberfläche zu schaffen. „Der Einsatz der Nanotechnologie gab mir die Möglichkeit, ein neues Material zu entwickeln", sagt Mitra. „Es stellt das Lächeln der Menschen wieder her und verbessert ihre Lebensqualität."
Nach dem erfolgreichen Entwicklungsprozess arbeitete Mitra eng mit den Patentanwälten von 3M zusammen, um die Patente zum Schutz ihrer Forschungsleistung auszuarbeiten. Obwohl seit der Einführung des Materials als FiltekTM Supreme Universal im Jahr 2002 mehrere neue Produktgenerationen entwickelt worden sind, basiert die aktuelle Linie immer noch auf Mitras europäischen Patenten.
Dass Mitras Arbeit bleibende Spuren hinterlassen hat, zeigt sich auch in der Tatsache, dass 3M im Jahr 2019 als einer der drei weltweit größten Hersteller für Komposit-Füllmaterialien im Markt für Zahnrestaurationen bezeichnet wurde. Zwar zog sich Mitra 2010 aus dem Unternehmen zurück, der Erfolg ihrer Technologie setzt sich jedoch fort: Produkte, die auf ihren Erfindungen basieren, werden bis heute in über einer Milliarde Zahnrestaurationen weltweit verwendet.
Mitra selbst unterstützt weiterhin mit ihrem eigenen Beratungsunternehmen Forschung und Entwicklung. Zudem engagiert sie sich ehrenamtlich in Schulen und Hochschulen, um ihre Begeisterung für die Wissenschaft an junge Menschen weiterzugeben. „Neugierde und Erforschung stehen ganz am Anfang von Innovation. Das ist etwas, was wir bei unseren Kindern wirklich kultivieren müssen", sagt Mitra.
Hinweise für die Redaktionen
Informationen zur Erfinderin
Sumita Mitra ist Partnerin bei Mitra Chemical Consulting, LLC, einem Unternehmen, das sie nach ihrem Ausscheiden bei 3M 2010 zusammen mit ihrem Mann gründete. In diesem Rahmen berät sie bei der Entwicklung neuer Technologien, zum Produktdesign, der Kommerzialisierung sowie Fusionen und Übernahmen. Sie wurde 2009 zum „American Chemical Society Hero of Chemistry" ernannt. 2018 wurde sie für ihre Arbeit im Zusammenhang mit Erfindungen in der Nanotechnologie zur Verwendung in Dentalmaterialien in die „US National Inventors Hall of Fame" aufgenommen und 2021 in die National Academy of Engineering gewählt. Zudem erhielt sie weitere Auszeichnungen, wie den Hollenback Memorial Prize der Academy of Operative Dentistry (2020), den Peyton-Skinner Award für Innovation im Bereich zahnmedizinische Materialien der International Association of Dental Research (2012) und einen Top 25 Women in Dentistry Award (2010). 1998 wurde Mitra in die 3M Carlton Society gewählt, die höchste Auszeichnung von 3M, die für lebenslange Beiträge zur Forschung und Entwicklung vergeben wird.
Sumita Mitra ist auf 58 europäischen Patenten genannt. Vier davon stehen im Zusammenhang mit ihrer Nominierung für den Europäischen Erfinderpreis 2021: EP1225867, EP1227782, EP1229886, EP1771143.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise Europas. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und ehrt einzelne Erfinder und Erfinderteams, deren wegweisende Innovationen Antworten auf einige der größten Herausforderungen unserer Zeit geben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury bestehend aus internationalen Experten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Akademie und Forschung ausgewählt. Sie prüft die Vorschläge hinsichtlich ihres Beitrags zum technischen Fortschritt, zur gesellschaftlichen Entwicklung, zum wirtschaftlichen Wohlstand und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa. Der Preis wird in fünf Kategorien (Industrie, Forschung, KMU, Nicht-EPO Staaten und Lebenswerk) verliehen. Der Gewinner des Publikumspreises wird von der Öffentlichkeit aus den 15 Finalisten über ein Online-Voting ermittelt.
Über das EPA
Mit 6 400 Bediensteten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
EPA-Pressekontakt
Luis Berenguer Giménez
Hauptdirektor
Kommunikation, Sprecher
Tel.: +49 89 2399 1203
press@epo.org