Dame Carol Robinson hat im Bereich Proteinanalysen und Arzneimittelentwicklung ein neues Zeitalter eingeleitet
- Die britische Chemikerin wird für ihre bahnbrechende Arbeit in der Massenspektrometrie gewürdigt, mit der sie Wirkstoffforschung und personalisierte Medizin vorangetrieben hat.
- Ihre innovativen Techniken haben wichtige Anreize für die Proteinforschung geliefert und ermöglichen Einblicke in deren komplexe Strukturen und Wechselwirkungen.
München, 25. Juni 2024 – Die britische Wissenschaftlerin Dame Carol Robinson, Professorin für Chemie an der Universität Oxford und Pionierin der Massenspektrometrie, hat ihre Karriere der Untersuchung der molekularen Zusammensetzung von Proteinen in ihrer natürlichen Umgebung gewidmet. Ihre bahnbrechenden Arbeiten haben den Weg für wichtige Fortschritte in den Bereichen Wirkstoffforschung und personalisierte Medizin geebnet. Für ihre wichtigen Beiträge zu Blutanalyse und Arzneimittelentwicklung und ihre Karriere, die innovative neue Wege für die Biochemieforschung eröffnet hat, freut sich das Europäische Patentamt (EPA), Dame Carol Robinson bei der Preisverleihung des Europäischen Erfinderpreises 2024 am 9. Juli in Malta als Gewinnerin der Kategorie "Lebenswerk" auszeichnen zu können.
Eine neue Ära in der Biochemie
Dame Carol Robinsons Anwendung der Massenspektrometrie in der strukturellen Biologie hat uns ein tieferes Verständnis der Interaktion zwischen Proteinen ermöglicht. Die Massenspektrometrie ist ein Analyseinstrument zur Erkennung von Molekülen, das die Identifizierung der Zusammensetzung chemischer Substanzen ermöglicht, wozu auch Proteine zählen. Diese detaillierte Analyse liefert tiefe Einblicke in die Welt der Proteine und ermöglicht die Untersuchung von Proteinkomplexen, die oft Ziel neuer Arzneimittel sind. "Als Wissenschaftlerin bin ich schon immer meinen eigenen Weg gegangen. Das war in meiner ganzen Karriere mein Mantra. Ich wollte nie der Menge hinterherlaufen", erklärt Robinson ihren Pioniergeist, dem die Entdeckung und Analyse komplexer Proteinkomplexe zu verdanken ist.
Ihre frühe Arbeit wurde skeptisch aufgenommen, da sie den vorherrschenden Vorstellungen widersprach, Proteine könnten ihre Struktur nur in Wasser bewahren. Doch Robinsons Entschlossenheit und ihre innovative Herangehensweise bewiesen, dass die Wechselwirkung von Proteinen sehr wohl im gasförmigen Zustand bewahrt bleiben und untersucht werden konnte.
Pionierin der personalisierten Medizin
Robinsons Verfahren der "nativen Massenspektrometrie" hat die Proteinforschung revolutioniert. Die Technik bewahrt die Proteine in ihrem natürlichen Zustand, so dass sich genaue Einblicke in ihre Funktionen und Wechselwirkungen gewinnen lassen, ohne ihre Strukturen zu verändern. Sie ermöglicht präzise Messungen und Analysen von Proteinkomplexen, die bei verschiedenen Erkrankungen eine Rolle spielen. Dieser Durchbruch ebnet den Weg für die Entwicklung gezielter Medikamente, die wirksamer auf Krankheitsmechanismen einwirken können als je zuvor.
"Die Zukunftsvision in diesem Bereich sind viel besser angepasste, personalisierte Lösungen. Depression ist hier ein sehr gutes Beispiel, weil wir in vielen dieser Fälle nicht genau wissen, was eigentlich nicht in Ordnung ist. Das hat ein ganzes Forschungsprogramm ausgelöst", erklärt Robinson.
Neben ihrer akademischen Tätigkeit und Forschung hat Robinson auch Unternehmergeist: Sie ist Mitbegründerin von OMass Therapeutics. Dieses Unternehmen setzt ihre Innovationen in der Massenspektrometrie bei der Entwicklung neuartiger Medikamente ein, die gezielt auf Membranproteine und krankheitsauslösende Proteinkomplexe einwirken, wie den MC2-Rezeptor bei der seltenen Hormonstörung congenitale adrenale Hyperplasie. Robinsons innovative Anwendung der Massenspektrometrie für die Arzneimittelentwicklung erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Behandlung bisher nur schwer mit Medikamenten behandelbarer Erkrankungen. Ihre Arbeiten ermöglichen nicht nur ein besseres wissenschaftliches Verständnis, sondern sie legen auch die Grundlage für neue therapeutische Strategien, die das Leben von Patientinnen und Patienten weltweit verbessern könnten.
Ihre Karriere stellt auch ein bahnbrechendes Musterbeispiel für Geschlechtervielfalt in MINT-Fächern dar, da sie als erste Frau eine ordentliche Professur für Chemie an den Universitäten Oxford und Cambridge innehatte. Ihre Tätigkeit als Mentorin hat zahlreiche Doktorandinnen und Jungwissenschaftlerinnen inspiriert. Sie ist Rektorin des Kavli Institute for Nanoscience Discovery an der Universität Oxford. In Anerkennung ihrer lebenslangen Hingabe und ihrer Rolle als Mentorin hat Dame Carol Robinson zahlreiche Ehrungen erhalten, darunter den Ehrentitel Dame Commander of the Order of the British Empire, Fellow of the Royal Society und Foreign Associate of the National Academy of Sciences USA. Die Auszeichnung für ihr Lebenswerk im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises 2024 feiert nicht nur Robinsons wissenschaftliche Erfolge, sondern auch ihren tiefgreifenden Einfluss auf die wissenschaftliche Gemeinschaft und die Gesellschaft als Ganzes.
Das EPA wird die Gewinnerinnen und Gewinner der anderen Kategorien, deren Finalistinnen und Finalisten vor Kurzem bekannt gegeben wurden, am 9. Juli 2024 im Rahmen einer per Livestream aus Malta übertragenen Preisverleihung bekannt geben. Zusätzlich zu den einzelnen Kategorien wird das EPA dann auch die Sieger des per Online-Abstimmung ermittelten Publikumspreises bekannt geben. Die Stimmabgabe ist bis zum Tag der Preisverleihung möglich.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Erfindungen und Näheres zu den Erfinderinnen und Erfindern finden Sie hier.
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Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Mit dem 2006 vom EPA ins Leben gerufenen Preis werden Einzelpersonen und Teams ausgezeichnet, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Jury des Europäischen Erfinderpreises besteht aus Erfindern, die allesamt ehemalige Finalistinnen und Finalisten sind. Bei der Beurteilung der Vorschläge stützt sich die unabhängige Jury auf ihr umfangreiches Fachwissen in den Bereichen Technik, Wirtschaft und geistiges Eigentum. Im Jahr 2024 hat Wolfgang M. Heckl den Vorsitz der Jury inne. Alle Erfinder müssen für ihre Erfindung ein europäisches Patent erhalten haben. Weitere Informationen zu den verschiedenen Kategorien und Preisen, den für die Auswahl geltenden Kriterien und zur Preisverleihungszeremonie am 9. Juli 2024 in Malta, die im Livestream verfolgt werden kann.
Über das EPA
Mit 6 300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das Amt, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 45 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist zudem weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.