Carol Robinson erhält für ihre Arbeit zur Entschlüsselung der Moleküle des Lebens die Auszeichnung in der Kategorie "Lebenswerk"
- Das Europäische Patentamt (EPA) würdigt Dame Carol Robinson für ihre wegweisenden Leistungen in der Massenspektrometrie für den Einsatz in der Biologie.
- Ihre innovativen Techniken haben das Verständnis und die Analyse komplexer Proteinstrukturen revolutioniert.
- Robinsons Arbeit hat einen beträchtlichen Einfluss auf die Wirkstoffforschung, was zu völlig neuen Behandlungsansätzen für seltene Krankheiten und Erkrankungen des Immunsystems führen könnte.
München, 9. Juli 2024 – In einer Welt, die sich zunehmend auf Wissenschaft und Technologie stützt, spielt das Know-how im Bereich molekulare Wechselwirkungen eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Gestaltung unseres Gesundheitswesens, unserer Umwelt und Industrie. Mit ihrer bahnbrechenden Arbeit in der Massenspektrometrie hat die britische Wissenschaftlerin Dame Carol Robinson einen tiefgreifenden Einfluss auf diesen Bereich ausgeübt. Das Europäische Patentamt (EPA) freut sich daher sehr, Robinson heute mit dem prestigeträchtigen Preis in der Kategorie "Lebenswerk" auszuzeichnen, der von der Schweizer Physikerin und früheren Gewinnerin Ursula Keller bei der Verleihung des Europäischen Erfinderpreises 2024 in Malta übergeben wurde. Ihre Verfahren ermöglichen die detaillierte Analyse von Proteinen und biologischen Molekülen in ihrem natürlichen Zustand und haben auf diese Weise neue Wege in der biomedizinischen Forschung und der Arzneimittelentwicklung eröffnet: Damit rücken die personalisierte Medizin und eine nachhaltige Gesundheitsversorgung in greifbare Nähe. Die Auszeichnung würdigt die vielen Jahrzehnte, die Robinson in den Dienst der Wissenschaft gestellt hat, würdigt und ehrt sie als Führungspersönlichkeit, die unser Verständnis von den Bausteinen des Lebens ein gutes Stück vorangebracht hat. Zudem anerkennt der Preis ihren Einsatz als Mentorin und Vorbild für Frauen in der Wissenschaft.
"Als Wissenschaftlerin bin ich schon immer meinen eigenen Weg gegangen. Das war in meiner ganzen Karriere mein Mantra. Ich wollte nie der Menge hinterherlaufen. Als sich beispielsweise alle um mich herum in die Proteomik gestürzt haben, habe ich mir einen vollkommen anderen Bereich ausgesucht, um mir meine eigene Nische zu schaffen", erinnert sich Robinson.
Fortschritte in der Wirkstoffforschung und im Gesundheitswesen
Robinsons Entwicklung der nativen Massenspektrometrie hat die Welt der strukturellen Biologie grundlegend verändert. Ihr Verfahren ermöglicht die Beobachtung und Analyse von Proteinen und komplexen biologischen Strukturen, so wie sie im Körper vorkommen und ohne ihren natürlichen Zustand dafür verändern zu müssen. Diese Technik hat darüber hinaus auch wesentliche Einblicke in Zellmechanismen und Proteinfunktionen gewährt.
Carol Robinson wurde schon immer von einer unstillbaren Neugier und dem leidenschaftlichen Bestreben angetrieben, die Rätsel des Lebens zu entschlüsseln. Die Massenspektrometrie hat sie inspiriert und ihre steile Karriere bestimmt. Was für sie den besonderen Reiz dahinter ausmacht, beschreibt sie so: "Die Massenspektrometrie ist ein Analyseverfahren, das sich aus der Chemie heraus entwickelt hat. Die treibende Kraft dahinter waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die molekulare Zusammensetzung eines synthetischen Moleküls entschlüsseln wollten. Sie haben im Labor etwas entwickelt, wissen aber nicht, ob sie damit einen Treffer gelandet haben. Sie führen eine Analyse im Massenspektrometer durch und erhalten die Masse dieses Moleküls. Dieses Molekülion konnten sie dann aufbrechen und es zerfiel in verschiedene Richtungen. Diese Technik war von Anfang an wie ein großes Puzzle, das es zusammenzusetzen galt – und das war es auch, was mich sofort fasziniert hat", erzählt sie.
Das Vermächtnis einer Mentorin und Innovatorin
Robinsons wissenschaftliche Errungenschaften haben auch auf unternehmerischer Seite zu bedeutenden Erfolgen beigetragen. Im Jahr 2016 fungierte sie als Mitbegründerin von Omass Therapeutics, ein Unternehmen, das ihre patentierten Massenspektrometrie-Technologien in revolutionäre Behandlungen für komplexe Krankheitsbilder übersetzt. Das Unternehmen verzeichnete ein rasantes Wachstum und konzentriert sich derzeit auf nicht abgedeckte medizinische Anforderungen und wegweisende Behandlungsmethoden beispielsweise für Immunkrankheiten und entzündliche Erkrankungen, die Robinsons enormen Einfluss auf das globale Gesundheitswesen nur noch weiter untermauern.
Neben ihren wissenschaftlichen und unternehmerischen Erfolgen ist die Unterstützung junger Kolleginnen für Robinson eine Herzensangelegenheit: So setzt sie sich insbesondere für Frauen in MINT-Berufen ein. Sie ist eine aktive Fürsprecherin für Diversität und Inklusion in der wissenschaftlichen Gemeinschaft und hat während ihrer Laufbahn mehr 100 Studierende und Forschende als Mentorin begleitet. Damit besteht kein Zweifel, dass ihr Vermächtnis die wissenschaftliche Welt auch in den kommenden Jahren noch maßgeblich prägen wird.
Die Gewinnerinnen und Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2024 wurden heute bei einer Hybridveranstaltung in Malta bekannt gegeben. Die Veranstaltung können Sie online streamen.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Erfindungen, die dahinterstehende Technologie und Näheres zu den Erfinderinnen und Erfindern finden Sie hier.
Die nächste Ausgabe des Young Inventors Prize findet 2025 in Island statt
Beim heutigen Festakt in Malta durfte das Europäische Patentamt (EPA) auch das neue Konzept für die Preisverleihung bekannt geben, das ab 2025 zum Tragen kommen wird. Vom nächsten Jahr an soll der Preis alle zwei Jahre vergeben werden, wobei sich die nächste Ausgabe vorrangig an junge Erfinderinnen und Erfinder unter 30 richtet, deren Erfindungen eines oder mehrere Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) abdecken. Dabei soll eine unabhängige Jury früherer Finalistinnen und Finalisten die Einreichungen beurteilen und auf diese Weise ein faires und fundiertes Auswahlverfahren ermöglichen, das den Innovationsgeist und die Errungenschaften der nächsten Generation von Erfinderinnen und Erfindern würdigt. Die erste Ausgabe dieses neuen, zweijährlichen Formats soll 2025 in Island stattfinden. Nominierungen für alle Technologiebereiche werden ab heute bis Ende September entgegengenommen.
In den dazwischenliegenden Jahren ab 2026 wird das EPA zum ursprünglichen Konzept des Europäischen Erfinderpreises in den klassischen Kategorien "Industrie", "Forschung", "KMU", "Nicht-EPO-Staaten", "Lebenswerk" und "Publikumspreis" zurückkehren.
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Medienkontakte Europäisches Patentamt
Luis Berenguer Giménez
Hauptdirektor Kommunikation / EPA-Sprecher
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Über die Erfinderin
Ihre wissenschaftliche Karriere begann Dame Carol Robinson direkt nach ihrem Schulabschluss mit einer Stelle bei Pfizer, die ihr Interesse an der Massenspektrometrie weckte. Nach ihrem Masterabschluss an der Universität von Wales und ihrer Promotion an der Universität Cambridge legte sie eine achtjährige Pause ein, um ihre Kinder großzuziehen, und kehrte erst anschließend in den Wissenschaftsbetrieb zurück.
Robinsons Massenspektrometrie-Techniken läuteten einen grundlegenden Wandel in der Untersuchung von Proteinen in ihrem natürlichen Zustand ein und ermöglichten bedeutende Fortschritte in der biomedizinischen Forschung und der Wirkstoffentdeckung. Im Jahr 2016 fungierte sie als Mitbegründerin von Omass Therapeutics, einem Unternehmen, das basierend auf ihrer Forschung Behandlungsmethoden für bisher nicht oder nur schwer behandelbare Krankheiten entwickelt. Darüber hinaus war Dame Carol Robinson auch die erste Frau, die eine ordentliche Professur für Chemie sowohl in Oxford als auch in Cambridge erhielt. Damit nimmt sie eine Vorreiterrolle bei der Förderung von Frauen in MINT-Berufen und als Mentorin für viele junge Kolleginnen in diesem Bereich ein.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise Europas. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und würdigt Einzelpersonen oder Teams, die mit ihren wegweisenden Erfindungen Antworten auf einige der größten Herausforderungen unserer Zeit geben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury aus früheren Finalistinnen und Finalisten ausgewählt. Gemeinsam beurteilen sie, welchen Beitrag die Vorschläge hinsichtlich technischen Fortschritts, sozialer und nachhaltiger Entwicklung und wirtschaftlichem Wohlstand leisten. Alle Erfinder müssen ein europäisches Patent für ihre Erfindung erhalten haben.
Das EPA
Mit 6.300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 45 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist ferner weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.