T 2033/15 10-05-2021
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Motor, insbesondere dessen Befestigung
I. Die Beschwerde der Patentanmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 04 011 849.9 zurückgewiesen worden ist.
Die angefochtene Entscheidung beruhte auf den Anträgen der Patentanmelderin, ein Patent auf Grundlage des Hauptantrags, hilfsweise auf Grundlage der Hilfsanträge 1 und 2 zu erteilen.
Die Prüfungsabteilung stellte im Wesentlichen fest, dass der Hauptantrag, wie auch der erste Hilfsantrag, die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfülle, und dass der zweite Hilfsantrag wegen mangelnder Neuheit die Erfordernisse des Artikels 54(1),(2) EPÜ nicht erfülle.
II. In der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf Grundlage der Patentansprüche des beigefügten Hauptantrages, hilfsweise gemäß einem der beigefügten Hilfsanträge 1 bis 3 zu erteilen.
Der Hauptantrag sowie die Hilfsanträge 1 und 2 sind mit den in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigten Anträgen identisch.
III. In einer Mitteilung nach Regel 100(2) EPÜ vom 6. Mai 2020 teilte die Beschwerdekammer ihre vorläufige Auffassung mit, dass die vorliegenden Anträge (Hauptantrag, Hilfsanträge 1 bis 3) grundlegende Mängel aufweisen. Die Kammer legte verschiedene Mängel im Hinblick auf Artikel 83 und 84 EPÜ im Einzelnen dar, unter anderem, dass nirgendwo in der Beschreibung offenbart sei, wie oder wo am Motorgehäuse "als Befestigungsrippen" ausgebildete Befestigungsmöglichkeiten vorzusehen sind, oder welche genaue Form sie haben sollten (vgl. Absatz 2.5 der Mitteilung).
IV. Mit Eingabe vom 11. September 2020 reichte die Beschwerdeführerin vor Ablauf der in der Mitteilung gesetzten Frist weitere Hilfsanträge 4 bis 7 ein und ging auf die von der Beschwerdekammer dargelegten Einwände ein.
V. In der mündlichen Verhandlung, die am 10. Mai 2021 mit Zustimmung der Beschwerdeführerin per Videokonferenz stattfand, beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und
das Patent auf Grundlage der Patentansprüche des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrages,
hilfsweise gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3,
weiter hilfsweise gemäß einem der am 11. September 2020 eingereichten Hilfsanträge 4 bis 7 zu erteilen.
VI. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt (Hervorhebung durch die Kammer):
"1. Elektro-Motor (M) zum Einstellen einzelner Kraftfahrzeugkomponenten, wobei am Motorgehäuse Befestigungsmöglichkeiten (1) vorgesehen sind, mit deren Hilfe der Motor (M) mittels Schrauben (S) an einem anderen Bauteil (B) befestigbar ist, wobei mindestens vier Befestigungsmöglichkeiten (1) am Motorgehäuse vorgesehen sind,
dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei Befestigungsmöglichkeit [sic] (1) als Dom ausgebildet sind, der auf seiner Außenseite mindestens einen Anschlag oder eine Anlagefläche aufweist, um einen Teil der bei Betrieb des Motors (M) auftretenden Drehmomente aufzunehmen und an das andere mit dem Motor (M) verbundene Bauteil (B) zu übertragen, wobei vier Befestigungsmöglichkeiten (1) zum Zusammenwirken mit Schrauben (S) vorgesehen sind, wobei die dritte und die vierte Befestigungsmöglichkeit (1) als Befestigungsrippen ausgebildet sind, um die [sic] durch Zusammenwirken mit entsprechenden Anschlagflächen am Bauteil (B) zusammenzuwirken [sic]."
Bei den Hilfsanträgen 1 bis 7 sind verschiedene Änderungen zu Anspruch 1 vorgenommen worden. Das Merkmal, wonach "mindestens vier Befestigungsmöglichkeiten (1) am Motorgehäuse vorgesehen sind" wurde jedoch nur bei den Hilfsanträgen 2 und 3 durch Streichung des Wortes "mindestens" geändert und das Merkmal, wonach "die dritte und die vierte Befestigungsmöglichkeit (1) als Befestigungsrippen ausgebildet sind" ist stets unverändert geblieben.
VII. Das für die Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
In der Eingabe vom 11. September 2020 führte die Beschwerdeführerin bezüglich der Befestigungsrippen aus, im Kennzeichen von Anspruch 1, finde sich die Formulierung, dass die dritte und die vierte Befestigungsmöglichkeit als Befestigungsrippen ausgebildet sind, um durch Zusammenwirken mit entsprechenden Anschlagflächen am Bauteil zusammenzuwirken. Dies besage, dass die Befestigungsmöglichkeiten, die auch für das Zusammenwirken mit Schrauben vorgesehen sind, darüber hinaus Befestigungsrippen aufweisen oder als solche ausgebildet sind, um mit entsprechenden Anschlagflächen am Bauteil zusammenzuwirken. Die Figur 3 zeige ein Beispiel, bei dem ein Motor vier Befestigungsmöglichkeiten aufweist, wobei zwei Befestigungsmöglichkeiten mit dem Hinweis "geschraubt" mit Bezugszeichen S versehen seien, was dem Fachmann offenbare, dass von den vier Befestigungsmöglichkeiten zwei genutzt werden, um eine Schraube zum Verschrauben durchzuführen. Bei den beiden anderen Befestigungsmöglichkeiten seien sternartige Rippen erkennbar, die in die Befestigungsmöglichkeiten eingesteckt seien. Die Figur 4 zeige das Bauteil mit den zusammenwirkenden entsprechenden Anschlagflächen, so dass für den Fachmann klar sei, dass die Befestigungsmöglichkeiten sowohl zum Verschrauben als auch zum Zusammenwirken mit entsprechenden Anschlagflächen, also als Befestigungsrippen, genutzt werden können.
In der mündlichen Verhandlung machte die Beschwerdeführerin geltend, dass in der angefochtenen Entscheidung keine Einwände nach Artikel 83 bzw. 84 EPÜ erhoben worden seien. Zudem trug sie vor, dass es sich bei den Rippen um standardmäßige, stegförmige Bauteile handele, die dem Fachmann auf dem Gebiet der Luftklappen in Autoklimaanlagen allgemein bekannt seien. Es handele sich um stegartige Bauteile aus Kunststoff, die stabil genug seien, um ein Drehmoment aufzunehmen. Befestigungsrippen seien in Figur 3 nicht ersichtlich, weil sie an der dem Bauteil B zugewandten Rückseite des Motorgehäuses angeordnet seien, und zwar irgendwo in der Nähe der Stellen, wo die Schrauben durch das Motorgehäuse geführt werden. Die in den Figuren 4 und 5 gezeigten Befestigungsrippen seien Teil des Bauteils B und damit keine Befestigungsrippen im Sinne von Anspruch 1, der sie als Teil des Motorgehäuses M definiere. Der Fachmann sei jedoch in der Lage, die beanspruchte Erfindung mit Hilfe von Befestigungsrippen auszuführen, die sich auf der dem Bauteil B zugewandten Rückseite des Motorgehäuses irgendwo in der Nähe der durch das Motorgehäuse geführten Schrauben befänden.
1. Hauptantrag, Artikel 83 EPÜ
1.1 In Anspruch 1 gemäß Hauptantrag heißt es, dass "mindestens vier Befestigungsmöglichkeiten (1) am Motorgehäuse vorgesehen sind", und dass "die dritte und die vierte Befestigungsmöglichkeit (1) als Befestigungsrippen ausgebildet sind, um die [sic!] durch Zusammenwirken mit entsprechenden Anschlagflächen am Bauteil (B) zusammenzuwirken [sic!]".
1.2 Das letztere Merkmal ist unter Bezugnahme auf die Figur 3 aus der Beschreibung der Anmeldung zu entnehmen, siehe EP 1 484 829 A2, Absatz [0012]. Jedoch zeigt Figur 3 keine als Befestigungsrippen ausgebildeten Befestigungsmöglichkeiten am Motorgehäuse. Figur 3 lässt lediglich erahnen, dass sowohl die dritte und vierte Befestigungsmöglichkeit am Motorgehäuse als auch die erste und zweite Befestigungsmöglichkeit, als durchgehendes Loch am Motorgehäuse ausgebildet ist. Dabei ist weder aus Figur 3 erkennbar noch in der Beschreibung erläutert, wie die Befestigungsmöglichkeiten am Motorgehäuse auszuführen sind, die als Befestigungsrippen ausgebildet sein sollen.
1.3 Das Argument der Beschwerdeführerin, der Fachmann sei in der Lage, die beanspruchte Erfindung mit Hilfe von Befestigungsrippen auszuführen, die sich auf der dem Bauteil B zugewandten Rückseite des Motorgehäuses irgendwo in der Nähe der durch das Motorgehäuse geführten Schrauben befänden, überzeugt nicht. Während es dem Fachmann bekannt sein mag, dass eine Rippe eine stegförmige Struktur aufweisen kann, ist nicht auf Anhieb erkennbar, wie eine solche Struktur das Motorgehäuse M "durch Zusammenwirken mit entsprechenden Anschlagflächen am Bauteil (B)" befestigen könnte. Insbesondere sind in den Figuren keine "entsprechenden Anschlagflächen am Bauteil B" erkennbar, die mit Rippen am Motorgehäuse zusammenwirken könnten, wie es im Absatz [0012] ausgeführt ist.
1.4 Wie die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, handelt es sich bei den in den Figuren 4 und 5 gezeigten sternförmigen Befestigungsrippen nicht um Befestigungsrippen im Sinne des Anspruchs 1, weil sie Teil des Bauteils B und nicht Teil des Motorgehäuses M sind, so dass der Fachmann auch aus den Figuren 4 und 5 keine Anleitung für die Ausführung der Befestigungsrippen am Motorgehäuse M entnehmen kann.
1.5 Aus diesen Gründen ist die Kammer zu dem Schluss gelangt, dass die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Die Voraussetzungen des Artikels 83 EPÜ sind folglich nicht erfüllt.
2. Hilfsanträge, Artikel 83 EPÜ
Der oben für den Hauptantrag dargelegte Mangel nach Artikel 83 EPÜ gilt für alle Hilfsanträge, da sie alle das betreffende Merkmal bezüglich der Befestigungsrippen umfassen. Aus diesem Grund ist keiner der Hilfsanträge gewährbar, weshalb die Frage ihrer Zulassung offen bleiben kann.
3. Es liegt demzufolge kein Antrag vor, der die Voraussetzungen des EPÜ erfüllt. Dem Antrag auf Erteilung eines Patents konnte daher nicht stattgegeben werden und die Beschwerde war zurückzuweisen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen