T 0397/16 (ADS-B Satellitenanordnung/THALES) 25-02-2021
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ANORDNUNG UND VERFAHREN ZUR FLUGSICHERUNG UND/ODER FLUGLEITUNG VON LUFTFAHRZEUGEN
Airbus Defence and Space SAS
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Streitpatent aufgrund des geltend gemachten Einspruchsgrunds der mangelnden Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) zu widerrufen. Ein Hilfsantrag, eingereicht am 3. November 2015, war wegen mangelnder Neuheit (Artikel 54(3) EPÜ) gegenüber der Offenbarung von
D1: EP 2056272 A2
nicht gewährbar.
II. Die Einspruchsabteilung hatte in ihrer schriftlichen Entscheidung vom 7. Dezember 2015 den folgenden Stand der Technik im Hinblick auf die Prüfung der ausreichenden Offenbarung berücksichtigt:
D18: EP 2 590 341 A2.
Die folgenden Dokumente wurden von der
Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Argumentation der
ausreichenden Offenbarung des Patents eingereicht, aber
von der Einspruchsabteilung nicht zugelassen:
Pl: Schriftliche Bestätigung von Herrn Arnaud Barthere,
P2: Pressemitteilung ,,United Arab Emirates' second ...",
P3: Veröffentlichung vom ATM World Congress,
P4: T. Delovski et al. :"ADS-B over Satellite, The world's first ADS-B receiver in Space", The 4S Symposium 2014,
P5: Boeing: "Thuraya 1", 2014
P6: Auszüge aus der Website von Aireon.com,
P7: Auszug aus ,,Rechtsprechung der Beschwerdekammern,
P8: Auszug aus Benkard, EPU, 2. Auflage 2012,
P9: Auszug aus Schulte § 21 PatG.
III. Die Beschwerdegebühr wurde mit der Beschwerdeschrift, eingegangen am 16. Februar 2016, entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 15. April 2016 eingegangen. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die Einsprüche der Einsprechenden (Beschwerdegegnerinnen) zurückzuweisen, und das Patent wie erteilt (Hauptantrag) aufrechtzuerhalten. In diesem Zusammenhang beantragte auch die Beschwerdeführerin die Zulassung der D18 und die Nicht-Zulassung der P1 bis P9 durch die Einspruchsabteilung zu überprüfen, die D18 nicht im Beschwerdeverfahren zuzulassen und die P1 bis P9 im Beschwerdeverfahren zuzulassen. Hilfsweise wurde beantragt das Patent gemäß dem Hilfsantrag aufrechtzuerhalten. Weiter hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
IV. Mit der Beschwerdeerwiderung vom 1. September 2016 beantragte die Einsprechende 1 (Beschwerdegegnerin 1), die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent im vollen Umfang zu widerrufen, unter Berücksichtigung der geltenden gemachten Einspruchsgründe der mangelnden Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) und der mangelnden Neuheit und erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ). In diesem Zusammenhang beantragte auch die Beschwerdegegnerin 1 die Zulassung der D18 und die Nicht-Zulassung der P1 bis P3 sowie die der P5 bis P9. Die Beschwerdegegnerin 1 hat auch beantragt, den Hilfsantrag nicht im Beschwerdeverfahren zuzulassen. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
V. Mit der Beschwerdeerwiderung vom 1. September 2016 beantragte die Einsprechende 2 (Beschwerdegegnerin 2), die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent im vollen Umfang zu widerrufen, unter Berücksichtigung der geltenden gemachten Einspruchsgründe der mangelnden Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) und der mangelnden Neuheit (Artikel 100 a) EPÜ). Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
VI. Die Kammer hat mit der Ladung vom 23. Juni 2020 zur mündlichen Verhandlung geladen. Mit Bescheid vom 1. Dezember 2020 hat die Kammer die Punkte, die während der Verhandlung zu diskutieren wären, und ihre vorläufige Meinung zu der Beschwerde dargelegt. Die Kammer hat der Beschwerdegegnerin 1 vorläufig zugestimmt, dass die D18 und die P1 bis P3 und P5 bis P9 zu Recht im Verfahren zugelassen, beziehungsweise nicht zugelassen wurden. Die Kammer hat ihre Absicht, das Dokument P4 und den Hilfsantrag im Verfahren zuzulassen, zum Ausdruck gebracht. Bezüglich der Ausführbarkeit der Erfindung, stimmte die Kammer vorläufig der Einspruchsabteilung zu, dass der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ nicht erfülle. Bezüglich der Neuheit, äußerte die Kammer ihre vorläufige Meinung, dass der Gegenstand der beiden Anträge nicht neu gegenüber D1 sei (Artikel 54(3) EPÜ).
VII. Mit Schreiben vom 14. Januar 2021 hat die Beschwerdeführerin weitere Argumente, insbesondere hinsichtlich der Fragen der Ausführbarkeit und der Neuheit, vorgelegt, und beantragt im Rahmen der mündlichen Verhandlung. einen Sachverständiger zu der relevanten Technik unter Verantwortung ihres Vertreters zu hören.
VIII. Mit Schreiben vom 22. Januar 2021 hat die Beschwerdeführerin weitere Argumente, insbesondere hinsichtlich der Fragen der Ausführbarkeit und der Neuheit, vorgelegt, und neue Dokumente MHP1 und MHP2 eingereicht.
IX. Mit Schreiben vom 25. Januar 2021 hat die Beschwerdegegnerin 2 beantragt, im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen Sachverständiger zu der relevanten Technik zu hören.
X. Mit Schreiben vom 19. Februar 2021 hat die Beschwerdegegnerin 1 beantragt, die Dokumente MHP1 und MHP2 nicht zuzulassen, und weitere Argumente hinsichtlich der Frage der Ausführbarkeit vorgelegt.
XI. Die mündliche Verhandlung fand am 25. Februar 2021 statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, die Einsprüche der Beschwerdegegnerinnen zurückzuweisen, und das Patent gemäß dem Hauptantrag oder dem Hilfsantrag aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerinnen 1 und 2 beantragten abschließend, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent im vollen Umfang zu widerrufen.
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
XII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet:
"Flugsicherungs- und/oder Flugleitungsanordnung für Luftfahrzeuge (1, 2), umfassend mindestens eine Sendestation (3, 4) in einem zu sichernden und/oder zu leitenden Luftfahrzeug (1, 2) und mehrere zueinander beabstandete Empfangsstationen (20), die mit einer Flugsicherungs- und/oder Flugleitungszentrale (11) in Verbindung stehen, wobei die mindestens eine Sendestation (3, 4) des zu sichernden und/oder zu leitenden Luftfahrzeugs (1, 2) ein Broadcast-Signal
(5, 6) aussendet, mindestens eine der Empfangsstationen (20) das Broadcast-Signal (5, 6) empfängt und zumindest einen Teil der in dem Broadcast-Signal (5, 6) enthaltenen Daten an die Flugsicherungs- und/oder Flugleitungszentrale (11) oder andere Organisationen weiterleitet, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest ein Teil der Empfangsstationen (20) als
Satelliten-Empfangsstationen derart ausgebildet ist, dass sie ein 1090 MHz-Broadcast Signal (5, 6) einer als Mode S Extended Squitter ausgebildeten Sendestation
(3, 4) eines zu sichernden und/oder zu leitenden Luftfahrzeugs (1, 2) empfangen und zumindest einen Teil der darin enthaltenen Daten über eine Funkübertragungsstrecke (21; 25, 27) an eine Satelliten-Bodenkontrollstation und weiter an die Flugsicherungs- und/oder Flugleitungszentrale (11) oder andere Organisationen weiterleiten."
Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags fügt Anspruch 1 des Hauptantrags nach dem letzten Merkmal den Wortlaut "wobei die Satelliten-Empfangsstationen (20) in einer Umlaufbahn von unter 3000 km oberhalb der Erdoberfläche (29) um die Erde umlaufen" hinzu.
Der Hauptantrag und der Hilfsantrag umfassen beide einen weiteren unabhängigen Verfahrensanspruch (Anspruch 13 im Hauptantrag, Anspruch 12 im Hilfsantrag), dessen Gegenstand dem des Anspruchs 1 entspricht.
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel
106 bis 108 EPÜ (siehe Punkt III) und ist deshalb
zulässig.
2. Zulassung von D18
Das Dokument D18 wurde am 7. Mai 2015, nach Ablauf der Einspruchsfrist, eingereicht. Die Einspruchsabteilung hat D18 in das Verfahren zugelassen.
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass D18 in das Verfahren nicht hätte zugelassen werden dürfen, da es nicht prima facie relevant sei. Zuerst brachte die Beschwerdeführerin vor, dass D18 nachveröffentlicht war und deshalb nicht darstellen könnte, was zum Zeitpunkt der Einreichung des Patents technisch möglich war. Zunächst würde D18 laut der Beschwerdeführerin nur die Meinung der Verfasser wiedergeben und kein allgemeines Fachwissen darstellen. Insofern, wäre D18 nicht relevant für die Frage der Ausführbarkeit, die sich nur auf Basis des technischen Inhalt des Patents und des allgemeinen Fachwissen beantworten lässt.
Die Kammer stimmt aber den Beschwerdegegnerinnen zu, dass D18 relevant als Indiz für die Frage der Ausführbarkeit ist. Tatsächlich beschäftigt sich die D18 mit den Schwierigkeiten beim Empfang von ADS-B-Signalen von einem Satelliten (siehe Absätze [0004] und [0005]), mehrere Jahre nach der Einreichung des Patents. Insbesondere räumt die D18 in Absatz [0004] ganz klar ein, dass die Verwendung eines einzigen Spots mit einem akzeptablen Link-Budget unvereinbar ist und darüber hinaus zu Signalkollisionen aufgrund der Anzahl der Flugzeuge in Sichtweite führen wird. In Absatz [0005] diskutiert die D18 auch die Multibeam (Multi-Spot) Lösung und gibt an, dass es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich wäre, einen solchen Empfänger in einer Satellitennutzlast unterzubringen. Diese Probleme sind genau diejenigen, mit denen sich der Fachmann beschäftigen muss, wenn er den Gegenstand des Patents realisieren möchte. Die Kammer stimmt der Beschwerdegegnerin 1 auch zu, dass die Tatsache, dass das Patent keine Beschreibung des Satellitenempfängers enthalte, zur Relevanz von D18 zur Frage der Ausführbarkeit beiträgt.
Aus diesen Gründen hat die Kammer entschieden, die D18 in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
3. Zulassung der P1 bis P9
Die Einspruchsabteilung hat die Dokumente P1 bis P9 nicht in das Verfahren zugelassen.
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Entscheidung, diese Dokumente als verspätet zurückzuweisen, rechtsfehlerhaft war, weil ihre Einreichung eine direkte Reaktion auf die Zulassung des Dokuments D18 war. Die Kammer stellt jedoch fest, dass die Einspruchsabteilung diese Dokumente als spät eingereicht und prima facie nicht relevant betrachtet hat. Im Punkt 8 der Entscheidungsgründe hat die Einspruchsabteilung ihr technisches Verständnis dieser Dokumente und deren Nicht-Relevanz für die Frage der Ausführbarkeit erläutert. Die Kammer stimmt der Einspruchsabteilung und den Beschwerdegegnerinnen zu, dass die Dokumente P1 bis P3 und P6 nicht prima facie relevant für die Frage der Ausführbarkeit sind und dass die Dokumente P7 bis P9, die Auszüge aus der Zusammenstellung der Rechtsprechung der Beschwerdekammern beziehungsweise aus Kommentaren zur Rechtsprechung sind, nicht als direkte Reaktion auf die Einführung der D18 zu betrachten sind. Die Kammer hat deshalb entschieden, die Dokumente P1 bis P3 und P6 bis P9 nicht im Verfahren zuzulassen.
In Bezug auf P5 argumentierte die Beschwerdeführerin, dass dieses Dokument einen Beweis darstellte, dass bereits im Jahr 2000 der geostationäre Satellit Thuraya 1 mit einer Multi-Spot Lösung ausgestattet war und über 200 Spot-Beams verfügte. Obwohl der Satellit Kommunikationssignale und keine ADS-B Signale empfängt, zeige die P5, dass die Ausstattung eines Satelliten mit einer Multi-Spot Antenne zum Zeitrang des Patents möglich war, entgegen dem, was in D18, Absatz [0005], angegeben ist. P5 sei deshalb prima facie relevant für die Frage der Ausführbarkeit im Bezug auf die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Multi-Spot Lösung.
Die Kammer folgt diesem Argument und hat in der mündlichen Verhandlung entschieden, die P5 im Verfahren zuzulassen.
Die P4 bezieht sich, wie das angefochtene Patent, auf ein ADS-B System mit Satellitenempfangs-und Relaystationen. Da die Beschwerdegegnerinnen keine Einwände gegen die Zulassung der P4 vorgebracht haben, hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung entschieden die P4 im Verfahren zuzulassen.
4. Antrag Sachverständige zu der relevanten Technik zu hören.
Die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin 2 haben beide schriftlich einen solchen Antrag gestellt und die Namen und technische Qualifikation der Sachverständigen mitgeteilt. Keine Partei hat einen Einwand erhoben. Die Kammer hat daher in der mündlichen Verhandlung entschieden, die Anträge zu gewähren
5. Hautantrag - Artikel 100 b) EPÜ/ Artikel 83 EPÜ
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Fachmann, nur aufgrund der Veröffentlichung des Patents und seiner allgemeinen Kenntnisse, im Jahr 2008 in der Lage war, den Empfang von 1090 MHz-Broadcast-Signale, die von als Mode S Extended Squitter ausgebildeten Flugzeugssendestationen ausgestrahlt werden, i.e, ADS-B Signale, von Satelliten in beliebigen Umlaufbahnen zu bewerkstelligen, insbesondere in Bezug auf Reichweite und Signalkollisionen.
Nach Angaben der Beschwerdeführerin hätte der Fachmann schon vor dem Jahr 2008 geeignete Antennen zur Verfügung gehabt, die den Empfang von von den Flugzeugen ausgestrahlten ADS-B Signalen auf GEO-Satelliten in
36 000 km Höhe ermöglicht hätten. Als Beispiel zitierte die Beschwerdeführerin die Antennen der Iridium GEO-Satelliten. Um Signalkollisionen wegen zu vieler Flugzeuge im Empfanhsbereich eines Satellit zu vermeiden, würde der Fachmann offensichtlich eine Multi-Spot Antenne aussuchen, damit der Empfangsbereich jedes Spots einen ähnlichen Durchmesser, z.B. 800 km, wie eine standardisierte ADS-B Bodenempfangsstation hätte. Darüber hinaus argumentierte die Beschwerdeführerin, dass der ADS-B Standard eine Signalempfangsquote von nur 15% erlaubte. Als Beispiel für solche Multi-Spot Antennen, zitierte sie wieder die Antennen des Iridium-System, die 3000 Spots aufwiesen, und die GEO-Satelliten des Thuraya 1-System (siehe P5). Die Beschwerdeführerin fügte hinzu, dass die GEO-Satelliten vom Flugzeug aus am Horizont zu sehen waren, im Gegenteil zu den LEO-Satelliten, die über dem Flugzeug umliefen. Da die ADS-B Sendestationen, wie im Standard vorgesehen, nach unten, nach vorne und nach hinten aber nicht nach oben ausstrahlten (siehe Absatz [0022] des Patents), werde sogar der Empfang auf GEO-Satelliten gegenüber LEO Satelliten erleichtert.
Die Kammer stimmt dagegen den Beschwerdegegnerinnen zu, dass dass Patent keine Beschreibung des ADS-B Empfänger enthält, so dass der Fachmann sich nur auf die Bodenstationen des ADS-B Standard verlassen kann. Insbesondere sind keine Multi-Spot Antennen im Patent vorgesehen. Die Probleme der Reichweite und der Signalkollisionen sind in der Beschreibung nicht erwähnt. Im Gegenteil, Absatz [0021] der Patentschrift gibt an, dass durch die Verlagerung der ADS-B Empfangsstationen auf Satelliten der Überwachungsbereich einer einzelnen Satellitenempfangsstation deutlich vergrößert wird, so dass die Anzahl der erforderlichen Empfangsstationen reduziert werden kann. Der Fachmann entnimmt diesem Absatz, dass die große Anzahl von Flugzeugen im Empfangsbereich einer Satellitenempfangsstation kein Problem mit sich bringt, sondern von großem Vorteil ist, und erhält keine Anregung, eine Anpassung der ADS-B Bodenempfangstation für den Satelliteneinsatz vorzunehmen.
Der Absatz [0004] der D18 und der Absatz 4.1 der P4 sind außerdem Indizien, dass auch nach dem Zeitrang des Patents das Problem der Signalkollisionen und die damit verbundenen Problematik der Nutzdatenextrahierung ungelöst war und nur durch unkonventionelle erfinderische technische Mitteln gelöst werden konnte.
Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die Erfindung in dem Patent nicht so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ohne erfinderisches Zutun ausführen kann. Die Kammer hat deshalb in der mündlichen Verhandlung entschieden, dass der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ nicht erfüllt.
6. Hilfsantrag- Artikel 100 b)/Artikel 83 EPÜ
Die Beschwerdegegnerin 1 hat in der mündlichen Verhandlung ihren Antrag auf Nicht-Zulassung des Hilfsantrag in das Beschwerdeverfahren zurückgenommen und die Kammer hat den Hilfsantrag zugelassen.
Anspruch 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lediglich durch das zusätzliche Merkmal, dass die Satelliten-Empfangsstationen in einer Umlaufbahn von unter 3000 km oberhalb der Erdoberfläche um die Erde umlaufen.
Die Beschwerdeführerin trug zusätzlich zu den Argumenten die sie bezüglich des Hauptantrags vorgebracht hat, vor, dass das Iridium-System schon zum Zeitrang des Patents mit einer Konstellation von 66 LEO-Satelliten mit Multi-Spot Antennen ausgestattet war. Daher würde der Fachmann im vorliegenden Fall eine Anpassung der Antennen für den Empfang von ADS-B Signalen nur mit üblichen Maßnahmen durchführen.
Die Kammer stimmt dagegen den Beschwerdegegnerinnen zu, dass die Probleme von Signalkollisionen bei LEO-Satelliten auch vorkommen und zum Zeitrang des Patents nicht durch übliche gängige Maßnahmen zu lösen waren, sondern nur durch innovative Ansätze, wie sie beispielsweise in P4, Absatz 4.1, im Jahr 2014 im Rahmen einer Machbarkeitsstudie vorgeschlagen wurden. Dazu wurde in der mündlichen Verhandlung der Punkt erläutert, dass sich ein Flugzeug viel schneller aus dem Empfangsbereich eines LEO-Satelliten als aus dem eines GEO-Satelliten heraus bewegt. Folglich erweist sich die Extraktion von Daten aus den regelmäßig vom Flugzeug gesendeten ADS-B-Signalen im Fall eines LEO-Satelliten als komplexer als im Fall eines GEO-Satelliten. Das Patent liefert dem Fachmann jedoch keine Informationen, dass dieses Problem besteht und wie diese zusätzliche Schwierigkeit überwunden werden kann.
Aus diesen Gründen hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung entschieden, dass auch der Hilfsantrag die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ nicht erfüllt.
7. Da der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht, muss die Beschwerde zurückgewiesen werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.