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Diese Entscheidung ist nur auf Französisch verfügbar.
T 0743/16 15-09-2020
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SICHERHEITSSYSTEM FÜR WÄLZMÜHLEN
Thyssenkrupp Industrial Solutions AG
Compagnie Engrenages et Reducteurs-Messian-Durand
FLSmidth A/S
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Rechtliches Gehör - Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung
I. Die Beschwerdeführerinnen 1 und 2 (die Einsprechenden 1 und 3) haben gegen die Entscheidung, mit der die gegen das europäische Patent Nr. 2 086 685 gerichteten Einsprüche zurückgewiesen wurden, form- und fristgemäß Beschwerden eingelegt.
Die Einsprechende 2 hat mit Schriftsatz vom 1. Juni 2016 ihren Einspruch zurückgenommen.
II. Mit den Einsprüchen griffen die Beschwerdeführerinnen das Patent in vollem Umfang unter Geltendmachung der Einspruchsgründe mangelnder Neuheit sowie mangelnder erfinderischer Tätigkeit nach Artikel 100 a) EPÜ und nach Artikel 100 b) EPÜ an.
III. Es wird auf die folgenden Dokumente, die in der angefochtenen Entscheidung ebenfalls erwähnt wurden, Bezug genommen:
D1: DE 7 620 223 U1
D3: US 4 013 235 A
D4: US 7 069 802 B
D6: WO 2005 028 112 A
D11: New drive design for Pfeiffer MPS mills
(NCB International Seminar on cement and building
materials; November 2005); Pfeiffer
D26: DE 3 303 080 A
D27: DE 1 279 431 A
D29: DIN 40041.
IV. Beide Beschwerdeführerinnen beantragten
die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und
den Widerruf des Streitpatents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte
die Zurückweisung der Beschwerden.
V. Die Kammer informierte die Parteien über das Ergebnis ihrer vorläufigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020.
Die Beschwerdeführerin 2 teilte daraufhin mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
Die Beschwerdeführerin 1 reichte in Reaktion folgendes neues Dokument ein:
D33: Auszug aus der Webseite der Beschwerdegegnerin.
VI. Am 15. September 2020 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer in Abwesenheit der Beschwerdeführerin 2 statt, in der die Sach- und Rechtslage erörtert wurde und an deren Schluss die Entscheidung verkündet wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll Bezug genommen.
VII. Anspruch 1 des Streitpatents (wie erteilt) lautet wie folgt (die in der angefochtenen Entscheidung verwendete Merkmalsgliederung wurde durch die Kammer hinzugefügt):
(M1) "Aktiv redundantes Antriebssystem für Wälzmühlen,
(M2) welche ein Gehäuse (1),
(M3) einen rotierenden Mahlteller (7) mit Mahlbahn (2),
(M4) auf der Mahlbahn (2) abrollende Mahlwalzen (3),
(M5) ein Axiallager (4) und
(M6.1) einen Antrieb aus Elektromotor (10) und
(M6.2) Untersetzungsgetriebe (11,11') zum Antreiben
der Mahlbahn (2)umfassen,
dadurch gekennzeichnet,
(M7) dass eine ständige Verfügbarkeit von wenigstens zwei
Antrieben (10, 11,11') durch die Anordnung von mehr als zwei Antrieben (10, 11,11') gesichert ist, und
(M8) dass die wenigstens zwei Antriebe die erforderliche
Mahlleistung der Wälzmühle erbringen."
VIII. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beschwerdeführerin 1 lässt sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen und wird in den Gründen im Detail diskutiert.
"erforderliche Mahlleistung"
Der in Merkmal M8 enthaltene Begriff "erforderliche Mahlleistung" sei in der angefochtenen Entscheidung als Nennleistung unsachgemäß interpretiert worden.
D33
D33 sei zuzulassen, weil dort eine Interpretation des Begriffes "erforderliche Mahlleistung" seitens der Beschwerdegegnerin selbst vertreten werde, die gerade im Widerspruch zu der beanstandete, weil unsachgemäßen Interpretation der angefochtenen Entscheidung stünde.
D27 - Neuheit
D27 sei für den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich, und offenbare insbesondere Merkmal M8, weil dort explizit zu lesen sei, dass die dortige Mühle auch mit einem oder zwei der insgesamt drei Antrieben betrieben werden könne.
D1 als Startpunkt - Erfinderische Tätigkeit
Ausgehend von D1 leiste das bereits in der angefochtenen Entscheidung identifizierte Unterscheidungsmerkmal M6.1 keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit, weil der Fachmann in der Lage sei, die jeweiligen Vorteile und Nachteile verschiedener Antriebsarten gegeneinander abzuwägen.
Eine entsprechende Veranlassung, Elektromotoren zu verwenden, sei in D26, Anspruch 3, enthalten.
IX. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beschwerdeführerin 2 lässt sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen und wird in den Gründen im Detail diskutiert.
"erforderliche Mahlleistung"
Das Streitpatent enthalte keinen Hinweis, der die Auslegung des Begriffs "erforderliche Mahlleistung" durch die Einspruchsabteilung stützte.
Neuheit - D27, D4, D3
D27 offenbare Merkmal M8, weil dort ein Betrieb der Mühle möglich sei, wenn einer der drei Antriebe ausfiele.
D4 sei neuheitsschädlich, weil beim Ausfall eines der Zahnräder 90% der maximalen Leistung verblieben.
Ähnliches gelte für D3, weil dort die Mühle vier Antriebe habe, wobei jeder dieser Antriebe 25% der maximalen Schleifleistung brächte.
D1 + Fachwissen, erfinderische Tätigkeit
Das Unterscheidungsmerkmal M8 löse die Aufgabe, die "Nennleistung" selbst bei Ausfall eines der Antriebe zu erreichen. Die Anpassung der Leistungsabgabe von Antrieben an spezifische Bedürfnisse sei aber für den Fachmann reine Routinearbeit.
D11 + D1 / Fachwissen, erfinderische Tätigkeit
Ausgehend von D11 sei für den Fachmann die Auswahl einer geeigneten Anzahl von Laufwerken, um die permanente Verfügbarkeit von mindestens zwei Laufwerken sicherzustellen, ein routinemäßiger Optimierungsschritt.
D11 + D6, erfinderische Tätigkeit
Ausgehend von D11 stelle sich die Aufgabe sicherzustellen, dass mit mindestens zwei Antrieben eine ausreichende Leistung erreicht werde, so dass der Mahlvorgang nicht unterbrochen werde.
D6 lehre, dass die erforderliche Mahlleistung 80% der maximalen Leistung entsprechen sollte.
X. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen und wird in den Gründen im Detail diskutiert.
"erforderliche Mahlleistung"
Die Einspruchsabteilung habe das Merkmal "erforderliche Mahlleistung" im Kontext eines aktiv redundanten Antriebssystems einer Walzmühle korrekt als "Nennleistung" interpretiert, weil nur so eine qualitativ und quantitativ unveränderte Produktion gewährleistet werden könne.
D33
D33 sei zu spät vorgelegt worden und somit nicht zuzulassen.
D27, D3, D4 Neuheit
Weder D27 noch D3 oder D4 offenbarten die Merkmale M1, M7 und M8.
D1 + Fachwissen, D1+D26
Da weder aus der D1 noch aus der D26 die Merkmalen M1, M7 und M8 bekannt seien, lege eine Kombination dieser Schriften den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahe.
D11 + Fachwissen, D11 + D1 + Fachwissen, D11 + D6
Wie D1, offenbarten auch D11 und D6 nicht die Merkmale M1, M7 und M8. Kombinationen dieser Schriften könnten somit den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahelegen.
1. Rechtliches Gehör
Obwohl die Beschwerdeführerin 2 nicht an der mündlichen Verhandlung teilnahm, wurde das Prinzip des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113 (1) EPÜ nicht verletzt, da es ausreicht, dass sie die Gelegenheit dazu hatte, gehört zu werden. Durch das Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung verzichtet die fernbleibende Partei auf diese Möglichkeit (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 9. Auflage 2019, Abschnitt III.B.2.7.3).
Das schriftsätzliche Vorbringen der Beschwerdeführerin 2 ist in dieser Entscheidung nach Regel 115 (2) EPÜ und Artikel 15 (3) VOBK 2020 berücksichtigt.
2. D33- Zulässigkeit
2.1 D33 wurde erstmals im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 10. September 2020, mithin fünf Tage vor der mündlichen Verhandlung, eingereicht.
Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung bleiben gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.
2.2 Die Beschwerdeführerin hat als rechtfertigende Begründung für die verspätete Vorlage vorgetragen, dass D33 zeige, dass selbst die Beschwerdegegnerin auf ihrer Webseite den Begriff "erforderliche Mahlleistung" nicht mit der Nennleistung gleichsetze.
D33 sei somit zuzulassen, weil die dort enthaltene Interpretation des Begriffs "erforderliche Mahlleistung" im Widerspruch mit der Interpretation der angefochtenen Entscheidung stehe und damit deren Unrichtigkeit beweise.
2.3 Die Kammer kann sich dieser Argumentation nicht anschließen.
Die Interpretation des Merkmals M8 war bereits im erstinstanzlichen Verfahren streitig (siehe z.B. Punkt 4.1 der Mitteilung der Einspruchsabteilung vom 6. Mai 2015). Insofern ist nicht nachvollziehbar, auf welche außergewöhnlichen Umstände sich die Beschwerdeführerin 1 stützen möchte, die die Einreichung eines eben diese von jeher streitige Interpretation betreffenden Dokuments erst kurz vor der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren rechtfertigen könnte.
Mithin entscheidet die Kammer, in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 13 (2) VOBK 2020, D33 ins Verfahren nicht zuzulassen.
3. "erforderliche Mahlleistung" - Interpretation
3.1 Der Begriff "erforderliche Mahlleistung" sei in der angefochtenen Entscheidung, so beide Beschwerdeführerinnen, als Nennleistung unsachgemäß interpretiert worden.
Dieser Begriff sei für sich genommen unklar, in der Streitpatentschrift nicht definiert, und somit, angesichts der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, so breit auszulegen, wie es unter Berücksichtigung der Beschreibung Streitpatents technisch sinnvoll und möglich ist.
Absatz [0011] des Streitpatents besage, dass die Aufgabe der dem Streitpatent zugrunde liegenden Entwicklung sei, Reparaturarbeiten ohne Unterbrechung des Gesamtprozesses durchführen zu können, ohne dabei zu spezifizieren, dass der Durchsatz erhalten bleiben müsse. Die "erforderliche Mahlleistung", die die wenigstens zwei Antriebe beim Ausfall der übrigen Antriebe erbringen sollen, genüge somit, um eine Weiterführung des Mahlprozesses zu gewährleisten, ohne der Nennleistung zwingend entsprechen zu müssen. Diese Auslegung sei von den Absätzen [0013] und [0023] der Streitpatentschrift auch gestützt und stünde im Einklang mit der in D29 enthaltene Definition von "Aktive Redundanz" (siehe Punkt 4.2.2).
Die Einspruchsabteilung habe die Lehre der D29 zur Interpretation dieses Merkmals nicht korrekt angewendet.
Für den Fachmann sei somit eine "hinreichende Kapazität" (siehe Absatz [0013] des Streitpatents) bereits "erforderlich", weil, selbst mit Leistungseinbußen, der Mahlprozess nicht unterbrochen werden müsse. Eine dabei unveränderte Durchsatzrate sei nicht zwingend erforderlich.
3.2 Diese Argumentation überzeugt nicht.
Die Einspruchsabteilung hat bei der Interpretation des Merkmals "erforderliche Mahlleistung" korrekt berücksichtigt, dass ein aktiv redundantes Antriebssystem für Walzmühlen beansprucht wird (siehe insbesondere Punkt 2.2.1 der angefochtenen Entscheidung), d.h. ein System, bei dem selbst im Störungsfall einer Antriebskomponente die geforderte Funktion durch weitere Antriebskomponenten gewährleistet wird (siehe D29, Punkt 4.2).
Ein aktiv redundantes Antriebssystem ist im Gegensatz zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin 1 kein Antriebssystem, bei dem die Gesamtleistung, d.h. die Nennleistung, der Summe der Einzelleistungen der Einzelkomponenten entspricht.
Diese Interpretation steht auch nicht im Widerspruch mit dem Inhalt der D29. D29 definiert nämlich die "Redundanz" gerade als die Verfügbarkeit von "mehr funktionsfähigen Mitteln in einer Einheit, als für die Erfüllung der geforderten Funktion notwendig sind" (siehe Punkt 4.2.1), und die "aktive Redundanz" (siehe Punkt 4.2.2) als eine Redundanz bei der alle Mittel (d.h. beim Anspruch 1 alle Antriebe) gleichzeitig (d.h. zusammen, siehe dazu im Vergleich die Definition von "Passive Redundanz" unter Punkt 4.2.3 der D29) an der Erfüllung der geforderten Funktion beteiligt sind.
Die Einspruchsabteilung hat somit korrekt festgestellt, dass der fachkundige Leser den Begriff "erforderliche Mahlleistung" in Anspruch 1 so verstünde, dass anhand des beanspruchten aktiv redundanten Antriebssystems die Wälzmühle mit zwei Antrieben voll funktionsfähig bleibt, d.h. in jeden Betriebszustand, vom Anfahrbetrieb über den Teillastbetrieb bis zum Nennlastbetrieb zuverlässig arbeiten kann.
Die Beschwerdeführerin 1 bestreitet diese Interpretation mit einem Hinweis auf die in Absatz [0013] der Beschreibung enthaltene Angabe: "mit hinreichender Kapazität weiter betreiben zu können".
Die Kammer schließt sich dabei der Auffassung der Beschwerdegegnerin an, derzufolge Absatz [0013] nicht isoliert, sondern unter Berücksichtung der in den Absätzen [0011] und [0012] enthaltenen Informationen zu lesen ist. Insbesondere Absatz [0012] stellt klar, dass die aktive Redundanz durch die Anwesenheit von mehr als zwei Antrieben verwirklicht wird, weil zwei Antriebe genügen, um die "erforderliche Mahlleistung" zu erbringen. In diesem Kontext kann Absatz [0013] nicht so gelesen werden, dass es ein Vorteil der Erfindung ist, die Mühle mit "hinreichender Kapazität" weiter betreiben zu können, wenn ein Antrieb ausfällt, unter der Voraussetzung, dass die Mahlleistung vermindert wird.
3.3 Der fachkundige Leser wird sich somit der Interpretation der Beschwerdeführerin 1 nicht anschließen, dass unter dem Merkmal "erforderliche Mahlleistung" jede mögliche Leistung zu verstehen sei, die es ermöglicht, auch mit reduzierter Kapazität weiter mahlen zu können, weil dann die Vorrichtung nicht mehr zuverlässig (d.h. bis zur Volllast) arbeiten kann.
Die Interpretation der Beschwerdeführerin 1 wird durch Absatz [0023] des Streitpatents auch nicht gestützt, weil dort lediglich die Option erwähnt wird, die Wälzmühle mit weniger als der Nennleistung zu betreiben, indem einzelne Antriebe abgeschaltet werden, wenn die Bedingungen das ermöglichen, weil die benötigte Mahlleistung geringer als die Nennleistung ist.
3.4 Das Argument der Beschwerdeführerin 2, dass das Merkmal "erforderliche Mahlleistung" als "mindestens 66% der maximalen Leistung" zu verstehen sei, überzeugt ebenso wenig.
Ausgehend davon, dass die "maximale Leistung" diejenige ist, die erreicht wird, wenn alle Antriebe gleichzeitig ihre jeweilige (Nenn)-Leistung bringen, ist der Beschwerdeführerin 2 zwar darin zuzustimmen, dass für den Fachmann die Nennleistung immer kleiner als die mögliche maximale Leistung ist. Allerdings wird die Nennleistung einer Walzmühle nicht nur in Abhängigkeit von den jeweiligen nominalen Antriebsleistungen berechnet, weil die Arbeitsbedingungen für die gesamte Vorrichtung, nicht nur für die Antriebe, relevant sind, damit diese zuverlässig und über längere Zeit betrieben werden kann.
4. D27 - Neuheitsschädlichkeit
Die Kammer teilt die begründete Feststellung in der angefochtenen Entscheidung (Punkt 2.3.2), dass D27 offenbart (Spalte 2, Zeilen 31 bis 34), dass alle drei Elektromotoren notwendig sind, um den maximal gewünschten Kraftbedarf (was der Nennleistung der Wälzmühle entspricht) zu erhalten, so dass bei dem Antriebssystem der D27 keine Redundanz vorhanden ist, weil die Summe der Einzelantriebe der Nennleistung der Mühle entspricht.
D27 gibt keinen Hinweis auf Maßnahmen, die zu ergreifen sind, wenn ein Antrieb ausfällt. D27 gibt auch keinen Hinweis darauf, dass bereits mit zwei Einzelantrieben die maximal gewünschte Leistung, nämlich die Nennleistung, erreicht werden kann.
D27 offenbart somit zumindest Merkmal M8 nicht.
5. D3 - Neuheit
5.1 Die Beschwerdeführerin 2 macht geltend, dass die Offenbarung von D3 neuheitsschädlich sei.
5.2 Die Kammer schließt sich dabei der in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen begründeten Feststellung an, dass Merkmal M8 dort nicht offenbart ist.
In D3, Spalte 2, Zeilen 18-20, ist offenbart, dass der Mühlenbetrieb mit wenigstens zwei Hydraulikmotoren nur mit reduziertem Durchsatz aufrecht erhalten werden kann. Aus der D3 ist nicht bekannt, dass die Nennleistung erreicht wird, wenn die Mühle mit nur zwei oder drei der Hydraulikmotoren betrieben wird. D3 offenbart nicht, dass die Hydraulikmotoren in der Lage sind, die Leistung zu erbringen, die die Mühle im Normalbetrieb leisten würde.
6. D4 - Neuheit
6.1 Die Beschwerdeführerin 2 macht auch geltend, dass die Offenbarung von D4 neuheitsschädlich sei.
6.2 D4, Spalte 1, Zeilen 60-67, offenbart, dass die Systemkapazität bei Ausfall eines Antriebs um 10% gegenüber dem "störungsfreien Betrieb" verringert ist.
In der D4 ist lediglich erwähnt, dass schwere Maschinen mit einem Antrieb mit geringer Drehzahl durch das Getriebe angetrieben werden können (Spalte 8, Zeile 67, bis Spalte 9, Zeilen 17, der D4).
Folglich ist auch aus D4 zumindest das Merkmal M8 nicht bekannt.
7. D1+Fachwissen, D1+D26 - Erfinderische Tätigkeit
7.1 Die Einspruchsabteilung hat die erfinderische Tätigkeit nur auf der Basis von Merkmal M8 damit begründet, dass D1 keine Veranlassung enthält, die Leistung der Antrieben so zu erhöhen, dass die erforderliche Mahlleistung der Wälzmühle (d.h. die Nennleistung) mit zwei Antrieben erhalten bleibt, um Reparaturarbeiten am Antrieb ohne Unterbrechung des Gesamtprozesses zu ermöglichen.
Der Fachmann, der ständig nach Effizienz strebt, zöge eine solche Überdimensionierung nicht in Betracht.
7.2 Die Beschwerdeführerin 1 identifiziert Merkmal M6.1 (Elektromotoren anstelle der Hydraulikmotoren der D1) als einzigen Unterschied und macht die mangelnde erfinderische Tätigkeit mit dem Argument geltend, dass der Fachmann in der Lage sei, die jeweiligen Vor- und Nachteile verschiedener Antriebsarten gegeneinander abzuwägen, dies insbesondere, weil eine Veranlassung Elektromotoren zu verwenden in D26, Anspruch 3, enthalten sei.
7.3 Diese Argumente der Beschwerdeführerin 1, unabhängig von der Lehre der D26, können die Unrichtigkeit der angefochtene Entscheidung nicht begründen.
Grund dafür ist, dass, wie ausgeführt, die D1 Merkmal M8 nicht offenbart, weil aus der D1, wie im Übrigen auch aus der D3, nicht zu entnehmen ist, dass die Nennleistung erreicht wird, wenn die Mühle mit nur zwei oder drei der Hydraulikmotoren betrieben wird (siehe dazu den ersten Absatz auf Seite 2, den letzten Satz auf Seite 4).
7.4 Die Beschwerdeführerin 2 argumentiert, dass ausgehend von D1 Merkmal M8 als einziges Unterscheidungsmerkmal die Aufgabe löse, die "Nennleistung" selbst bei Ausfall eines der Antriebe zu erreichen. Eine Anpassung der Leistungsabgabe von Antrieben an spezifische Bedürfnisse sei aber Routinearbeit. Daher erhöhe der Fachmann die Leistungsabgabe von jedem Antrieb, um sicherzustellen, dass bei einer Betriebsstörung die verbleibenden Antriebe genügend Leistung liefern können.
7.5 Die Kammer ist auch von diesen Argumenten nicht überzeugt.
Grund dafür ist, dass, wie die Beschwerdegegnerin (siehe Punkt 2.2.2. der Beschwerdeerwiderung) geltend macht, und die Beschwerdeführerin 1 anerkennt (siehe Punkt 3 der Beschwerdebegründung), ein weiteres Unterscheidungsmerkmal, nämlich M6.1, vorhanden ist.
Die Beschwerdeführerin 2 hat sich mit diesem zweiten Unterschied nicht befasst und insbesondere nicht erklärt, warum Merkmal M6.1, das die Struktur der Antriebe definiert (Elektromotor) getrennt vom Merkmal M8, das die Leistung der gleichen Antrieben betrifft, d.h. anhand von Teilaufgaben, diskutiert werden kann.
Die Beschwerdeführerin 2 hat dazu das Naheliegen des Unterscheidungsmerkmals M8 nur mit der Behauptung substantiiert, dass es sich um eine bekannte technische Maßnahme handele, ohne dabei zu erklären, warum der Fachmann ausgehend von der D1 gerade dazu griffe.
7.6 Solche pauschalisierte Argumente können, im Auge der Kammer, die Unrichtigkeit der angefochtene Entscheidung nicht begründen.
8. D11+Fachwissen, D11+D1+Fachwissen - Erfinderische Tätigkeit
8.1 D11 offenbart eine Mühle mit zwei Antrieben (siehe Figur 5, Seite 38).
Aus der D11 ist lediglich ein Antriebssystem bekannt, bei dem beim Ausfall eines Antriebs eine um 40% reduzierte Mahlleistung erbracht werden kann (siehe Kapitel 4 "customer benefit").
Somit offenbart D11 zumindest Merkmal M8 nicht.
8.2 Ausgehend von D11 als nächstliegendem Stand der Technik sei es naheliegend, so die Beschwerdeführerin 2, um Reparaturarbeiten am Antrieb ohne Unterbrechung des Gesamtprozesses zu ermöglichen, dem Konzept der Redundanz gemäß D29 folgend, die Lehre der D1 heranzuziehen, vier anstatt zwei Antriebe zu verwenden.
8.3 Diese Argumentation überzeugt indes nicht.
D1 lehrt (Seite 4, letzten Satz), dass die dort beschriebene Lösung besonders flexibel bei der Wartung ist, weil die Motoren so angebracht sind, dass diese leicht entkoppelt und ausgetauscht werden können.
D1 gibt somit keine Veranlassung, von zwei auf vier Motoren umzusteigen, um Reparaturarbeiten am Antrieb ohne Unterbrechung des Gesamtprozesses zu ermöglichen.
Selbst wenn ein Fachmann die Konfiguration der D1 zur Lösung dieser Aufgabe heranzöge, gelangte er nicht zum Anspruchsgegenstand, da er dann die zwei Elektromotoren der D11 gegen vier Hydraulikmotoren, der Lehre der D1 folgend (siehe Seite 4, Zeilen 5-8), ersetzen müsste.
9. D11+D6 - Erfinderische Tätigkeit
9.1 Ausgehend von D11 stelle sich die Aufgabe, so die Beschwerdeführerin 2, sicherzustellen, dass mit mindestens zwei Antrieben eine ausreichende Leistung erreicht werde, so dass die der Mahlvorgang nicht unterbrochen werden müsse.
D6 offenbare ein Sicherheitssystem für eine Walzenmühle (Seite 1, erster Absatz), das eine hohe Betriebssicherheit einer Zementherstellung ermögliche (Seite 3, zweiter Absatz), und lehre diesen Effekt zu erzielen, indem die für den Gesamtprozess erforderliche Mahlleistung nur mit 80% der maximalen Mahlleistung der Mühle erreicht werde (Seite 3, vierter Absatz). Die Mühle gemäß D6 sei so konstruiert, dass mit vier Mahlwalzen die maximale Mahlkapazität von 80% möglich sei, die Mühle jedoch sechs Mahlwalzen umfasse (Seite 4, erster Absatz).
Ausgehend von D11, dieser Lehre folgend, verwendete der Fachmann sechs anstatt zwei Antriebe.
9.2 Die Kammer ist von diesen Argumenten nicht überzeugt.
D6 gibt dem Fachmann eine Lösung der Aufgabe, Reparaturarbeiten am Antrieb einer Walzmühle ohne Unterbrechung des Gesamtprozesses zu ermöglichen.
D6 lehrt, dass bei Betriebsstörungen ein Walzenpaar angehalten und ausgeschwenkt wird (Seite 6, erster Absatz). In dieser Konfiguration bringen die vier verbleibenden Walzen, mit den jeweiligen Antrieben 80% der Nennleistung (Seite 7, dritten Absatz der D6). D6 offenbart somit (genau wie D11) das Merkmal M8 nicht. Weil bei vier Antrieben 80% der Nennleistung möglich sind (d.h. 20% pro Walze), wäre diese erreicht, wenn im Störungsfall fünf, anstatt vier Walzen angetrieben blieben.
Die Kombination der Lehren der Dokumenten D11 und D6 kann somit die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 auch nicht infrage stellen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.