T 1093/16 (Fördereinrichtung / SICK AG) 13-01-2022
Download und weitere Informationen:
Vorrichtung und Verfahren zum Aufnehmen von Bildern von auf einer Fördereinrichtung bewegten Objekten
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Kombinationserfindung (nein)
Geheimhaltungverpflichtung (nein)
I. Die Beschwerden richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten.
II. Die Einsprechende hatte ihren Einspruch gegen das Patent auf mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit gegenüber druckschriftlichem Stand der Technik und offenkundigen Vorbenutzungen durch Dritte gestützt. Als Beweismittel für die offenkundigen Vorbenutzungen und deren konkrete Umstände hatte sie Urkundene eingereicht (siehe i.a. "Declaration" von Herr C. Saporetti vom 3. November 2011; Handbuch "DD9500 Installation Manual" von Oktober 2004) und Zeugen angeboten.
III. Im Rahmen der Diskussion der offenkundigen Vorbenutzungen wurden die Herren Saporetti und Ziccone von der Einspruchsabteilung als Zeugen vernommen (s. Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 29. September 2015). Gegenstand der Beweisaufnahme war vor Allem die "Torsvik-Vorbenutzung": Die Einsprechende hatte dazu geltend gemacht, dass im Jahr 2005 durch ihr schwedisches Tochterunternehmen "Datalogic AB" Kameras des Typs DV9500 an die schwedische Post "Posten AB" für ein Sortierzentrum in Torsvik (Schweden) geliefert und installiert worden seien.
IV. Aufgrund der Zeugenvernehmungen hat die Einspruchsabteilung insbesondere folgende Sachverhaltsfeststellungen getroffen:
11.5 Daher ist die Einspruchsabteilung zu dem Schluss gekommen, dass im Jahre 2005 in Torsvik die Verwendung der Kamera DV 9500 offenbart wurde, und zwar ein Zeilensensor zum Aufnehmen von Bildern von auf einer Fördereinrichtung bewegten Objekten, wobei die Aufnahmefrequenz der Kamera an die Geschwindigkeit der Fördereinrichtung angepasst wurde. Die Anpassung geschah auf Basis eines Eingangssignals (Encoder-Signal), das normalerweise von einem Geschwindigkeitssensor (optischer Encoder) geliefert wurde. Im Fall der Torsvik-Vorrichtung war das Encoder-Signal auf Basis von Geschwindigkeitssignalen von der Förderersteuerung (Beumer Controller) emuliert.
V. Unter Punkt 11.4 der Entscheidung wurde zudem die ergänzende Feststellung getroffen, dass in Bezug auf die "Torsvik-Vorbenutzung" keine Geheimhaltungspflicht bestand.
VI. In ihrer Entscheidung kam die Einspruchsabteilung auf Basis dieser Sachverhaltsfeststellungen zum Ergebnis, dass alle Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags (Anspruch 1 des Patents) und des ersten Hilfsantrags bei der "Torsvik-Vorbenutzung" der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden seien und dessen Gegenstand daher nicht neu i.S.d. Artikels 54 EPÜ sei.
VII. Der zweite Hilfsantrag der Patentinhaberin wurde für gewährbar erachtet. Nach Auffassung der Einspruchsabteilung sei die im Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags erwähnte Tabelle eine zeitindexierte Tabelle, die sich somit von der in der Druckschrift D5 (US-A-2003/053513) offenbarten Tabelle unterscheide.
VIII. Mit ihrer Beschwerde beantragte die Patentinhaberin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs. Hilfsweise beantragte sie, das Patent gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 7 aufrechtzuerhalten. Der Hauptantrag sowie die Hilfsanträge 1 und 2 entsprechen den in erster Instanz gestellten Anträgen.
IX. Im Laufe der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer zog die Patentinhaberin ihre Beschwerde und somit den Haupt- und ersten Hilfsantrag zurück. Die weiteren Hilfsanträge 2 bis 7 wurden aufrechterhalten.
X. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 lautet:
Vorrichtung, insbesondere Codeleser, zum Aufnehmen von Bildern von auf einer Fördereinrichtung (12) bewegten Objekten (14), wobei die Vorrichtung einen Zeilensensor (10), insbesondere eine Zeilenkamera, welche die Objekte zur Erzeugung von Bilddaten der Oberfläche zeilenweise abtasten kann sowie eine Geschwindigkeitsbestimmungseinrichtung (26; 30) aufweist, welche die Bewegungsgeschwindigkeit der Objekte (14) gegenüber dem Zeilensensor (10) oder deren geförderte Strecke bestimmen kann,
wobei eine Auswertungseinheit (26) vorgesehen ist, welche dafür ausgebildet ist, die Aufnahmefrequenz des Zeilensensors (10) an die Bewegungsgeschwindigkeit anzupassen,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Geschwindigkeitsbestimmungseinrichtung (30) eine Förderersteuerung der Fördereinrichtung (12) ist, welche das Geschwindigkeitsprofil der Fördereinrichtung (12) vorgibt, und wobei die Förderersteuerung (30) Daten über das Geschwindigkeitsprofil an die Auswertungseinheit (26) übermitteln kann, das für die Anpassung der Aufnahmefrequenz verwendet wird, und dass in der Auswertungseinheit (26) die sich zeitlich ändernde Aufnahmefrequenz für ein vorgegebenes Geschwindigkeitsprofil eines Objekts (14) als zeitliche Intervalle zwischen je zwei Aufnahmen in einer Tabelle abgelegt ist.
XI. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 und lautet:
dadurch gekennzeichnet,
dass die Geschwindigkeitsbestimmungseinrichtung (30) eine Förderersteuerung der Fördereinrichtung (12) ist, welche das Geschwindigkeitsprofil der Fördereinrichtung (12) vorgibt, und wobei die Förderersteuerung (30) Daten über das Geschwindigkeitsprofil an die Auswertungseinheit (26) übermitteln kann, das für die Anpassung der Aufnahmefrequenz verwendet wird, und dass die Daten über das Geschwindigkeitsprofil eine Dauer einer folgenden Beschleunigungsphase, einen Beginn der Beschleunigungsphase und/oder eine Endgeschwindigkeit nach Abschluss der Beschleunigungsphase enthalten.
XII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 kombiniert die Änderungen in Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 und 3. Der kennzeichnende Teil lautet:
dadurch gekennzeichnet,
dass die Geschwindigkeitsbestimmungseinrichtung (30) eine Förderersteuerung der Fördereinrichtung (12) ist, welche das Geschwindigkeitsprofil der Fördereinrichtung (12) vorgibt, und wobei die Förderersteuerung (30) Daten über das Geschwindigkeitsprofil an die Auswertungseinheit (26) übermitteln kann, das für die Anpassung der Aufnahmefrequenz verwendet wird, dass die Daten über das Geschwindigkeitsprofil eine Dauer einer folgenden Beschleunigungsphase, einen Beginn der Beschleunigungsphase und/oder eine Endgeschwindigkeit nach Abschluss der Beschleunigungsphase enthalten und dass in der Auswertungseinheit (26) die sich zeitlich ändernde Aufnahmefrequenz für ein vorgegebenes Geschwindigkeitsprofil eines Objekts (14) als zeitliche Intervalle zwischen je zwei Aufnahmen in einer Tabelle abgelegt ist.
XIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 unterscheidet sich im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 und lautet insoweit:
dadurch gekennzeichnet,
dass die Geschwindigkeitsbestimmungseinrichtung (30) eine Förderersteuerung der Fördereinrichtung (12) ist, welche das Geschwindigkeitsprofil der Fördereinrichtung (12) mit einer Beschleunigungs- und/oder Bremsphase vorgibt, und wobei die Förderersteuerung (30) Daten über das Geschwindigkeitsprofil einschließlich Daten über eine Phase nicht gleichmäßiger Bewegung an die Auswertungseinheit (26) übermitteln kann.
XIV. Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 5, indem der kennzeichnende Teil am Ende das zusätzliche Merkmal enthält:
wobei die Auswertungseinheit (26) dafür ausgebildet ist, die Aufnahmeperiode während einer Beschleunigungsphase hyperbelartig zu verkürzen und während einer Bremsphase hyperbelartig zu verlängern.
XV. Schließlich kombiniert Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 die Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 mit den zusätzlichen Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsanträgen 5 und 6. Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 7 lautet sohin:
dadurch gekennzeichnet,
dass die Geschwindigkeitsbestimmungseinrichtung (30) eine Förderersteuerung der Fördereinrichtung (12) ist, welche das Geschwindigkeitsprofil der Fördereinrichtung (12) mit einer Beschleunigungs- und/oder Bremsphase vorgibt, und wobei die Förderersteuerung (30) Daten über das Geschwindigkeitsprofil einschließlich Daten über eine Phase nicht gleichmäßiger Bewegung an die Auswertungseinheit (26) übermitteln kann, wobei die Auswertungseinheit (26) dafür ausgebildet ist, die Aufnahmeperiode anhand einer Tabelle, in der Werte für geeignete Aufnahmeperioden bei einem vorgegebenen Geschwindigkeitsprofil abgelegt sind, während einer Beschleunigungsphase hyperbelartig zu verkürzen und während einer Bremsphase hyperbelartig zu verlängern.
XVI. Die Einsprechende beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
XVII. Auf Antrag beider Parteien wurde zur mündlichen Verhandlung geladen.
XVIII. In einer Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 wurden die Parteien über die vorläufige Auffassung der Kammer unterrichtet.
XIX. Die für diese Entscheidung einschlägige Argumente der Parteien werden in den Entscheidungsgründen wiedergeben.
Die "Torsvik-Vorbenutzung"
1. Auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen und der Zeugenaussage des Herrn Saporetti ist die Einspruchsabteilung - wie ausgeführt - zum Schluss gekommen, dass die "Torsvik-Vorbenutzung" im Jahre 2005 keiner Geheimhaltungsverpflichtung unterlag.
2. Die Patentinhaberin bestreitet dies. Die in Absatz 11.5 der Entscheidung wiedergebenen Merkmale des "Torsvik"-Systems zieht sie jedoch nicht in Zweifel.
3. Die Argumente der Patentinhaberin zur Geheimhaltungspflicht sind im Wesentlichen die folgenden:
- Die Tatsache, dass Herr Saporetti als Angestellter der Einsprechenden "zwangsläufig nicht mehr unbefangen" sein könne, habe weder in der mündlichen Verhandlung noch in der schriftlichen Entscheidung ... irgendeine erkennbare Rolle gespielt".
- Von der Einsprechenden sei "nicht glaubhaft vorgetragen [worden], dass keine Geheimhaltung stattfand".
- Gemäß der Aussage Herrn Saporettis sei "Torsvik keine derartige Testinstallation" gewesen, doch zeige gerade die Verwendung eines alten (DD9100) Decoders, "dass noch erste Erfahrungen mit dem Produkt gesammelt wurden, mithin durchaus noch getestet wurde".
- Bei Beta-Tests sei gemäß der Aussage Herrn Saporettis "Geheimhaltung üblicherweise ... schriftlich vereinbart". Dies bestätige, "dass es vermutlich einen schriftlichen Vertrag ... gegeben habe, den [Herr Saporetti] nicht kannte". Somit sei Herr Saporetti "gar nicht in einer Position, die Existenz einer schriftlichen Geheimhaltung zu beurteilen" gewesen.
4. Zum Vorwurf, dass die Position des Zeugen als Angestellter der Einsprechenden trotz der Einwände der Patentinhaberin nicht hinreichend gewürdigt worden wäre, ist zunächst festzuhalten, dass dieser Umstand in den Absätzen 11.4 - 11.8 der Entscheidung sehr wohl berücksichtigt und dass dort auch eingehend und nachvollziehbar dargelegt wurde, wieso dies die Einspruchsabteilung nicht überzeugen konnte.
5. Konkrete Umstände, die an der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussage zweifeln lassen würden, hat das Einspruchs- und Beschwerdeverfahren nicht hervorgebracht und wurden von der Patentinhaberin in ihrer Beschwerde nicht dargetan. Wie schon von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung ausgeführt, ist allein die Tatsache, dass der Zeuge Angestellter der Einsprechenden ist, für sich kein überzeugender Grund, an seiner Glaubwürdigkeit zu zweifeln.
6. Die Einspruchsabteilung begründet in Punkten 11.1 und 11.4 der angefochtenen Entscheidung in nachvollziehbarer und überzeugender Weise, weshalb ein alter Decoder geliefert worden war und es sich gegenständlich nicht um einen Test handelte. Mit diesen Argumenten setzt sich die Patentinhaberin nicht auseinander. Die von der Patentinhaberin begehrten Sachverhaltsfeststellungen in Richtung des Bestehens einer Geheimhaltungspflicht sind reine Spekulation. Das Beschwerdeverfahrenn hat keine Beweisergebnisse zutage gebracht, die in diese Richtung weisen.
7. Der Prüfung in der Sache ist daher der in den Punkten 11.4 ff der Entscheidung zusammengefasste Sachverhalt zugrunde zu legen und insbesondere davon auszugehen, dass durch die "Torsvik-Vorbenutzung" ein System mit den in Absatz 11.5 der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Merkmalen offenbart wird.
8. Konkret wurde ein Zeilensensor zum Aufnehmen von Bildern von auf einer Fördereinrichtung bewegten Objekten offenbart, wobei die Aufnahmefrequenz der Kamera an die Geschwindigkeit der Fördereinrichtung angepasst wurde. Die Anpassung geschah auf Basis eines Eingangssignals (Encoder-Signal), das normalerweise von einem Geschwindigkeitssensor (optischem Encoder) geliefert wurde. Das Encoder-Signal wurde auf Basis von Geschwindigkeitssignalen von der Förderersteuerung (Beumer-Controller) emuliert (siehe "Declaration" von Herr Saporetti vom 3. November 2011; Seite 3, Zeile 3 - Seite 4, Zeile 6, sowie Abschnitt "DD9500 Overview" und "Principle of Operation" im Handbuch "DD9500 Installation Manual" von Oktober 2004).
Hilfsantrag 2 - Neuheit gegenüber der "Torsvik-Vorbenutzung"
9. Anspruch 1 enthält das Merkmal, dass Daten über das Geschwindigkeitsprofil der Fördereinrichtung von der Förderersteuerung an die Auswertungseinheit übergeben und dort zur Anpassung der Aufnahmefrequenz der Zeilenkamera verwendet werden. In der "Torsvik-Vorbenutzung" wurde die gegenwärtige Geschwindigkeit in Form eines Skalars übertragen. Der Anspruch enthält jedoch keine weiteren Angaben, was das Geschwindigkeitsprofil betrifft. Aus dem Anspruchswortlaut ergibt sich im Gegensatz zur Auffassung der Patentinhaberin insbesondere nicht, dass der Begriff des Geschwindigkeitsprofils sich auch auf das zu erwartende zukünftige Profil erstrecken sollte. Das gleiche gilt für die Daten über das Geschwindigkeitsprofil. Aus dem Anspruchswortlaut ergibt sich nicht, dass diese Daten das gesamte Geschwindigkeitsprofil einschließlich jenes für die Zukunft bestimmen müssten.
10. In der "Torsvik-Vorbenutzung" wurde die gegenwärtige Geschwindigkeit im Form eines Skalars übertragen. Die Anpassung der Aufnahmefrequenz geschah auf Basis eines Eingangssignals (Encoder-Signal), das von der Förderersteuerung (Beumer-Controller) auf Basis der an die Fördereinrichtung übermittelten Geschwindigkeitssignale emuliert wurde. Das emulierte Eingangssignal entspricht einer Folge von Impulsen, deren Intervalle die Grundlage für die Bestimmung der gegenwärtigen Soll-Geschwindigkeit der Fördereinrichtung zum jeweiligen Zeitpunkt der Übermittlung liefern.
11. Die von der Förderersteuerung (Beumer-Controller) emulierten Daten gemäß der "Torsvik-Vorbenutzung" stellen ebenfalls Daten über das Geschwindigkeitsprofil dar, da sie eine Information über das Geschwindigkeitsprofil liefern. Die Tatsache, dass die übermittelten Daten Mittelwerten entsprechen, die möglicherweise vom - tatsächlichen - Ist-Profil abweichen, ändert daran nichts, da diese Mittelwerte Angaben über das tatsächliche Geschwindigkeitsprofil liefern. In diesem Sinne würde auch die Information, dass sich die Fördereinrichtung zum Zeitpunkt t bewegt, unter den Begriff von Daten über das Geschwindigkeitsprofil fallen.
12. In der "Torsvik"-Vorrichtung wurden dementsprechend ebenfalls Daten über das Geschwindigkeitsprofil an die Auswertungseinheit übermittelt.
13. Aus Anspruch 1 ergibt sich weiter, dass die sich zeitlich ändernde Aufnahmefrequenz als zeitliche Intervalle zwischen je zwei Aufnahmen in einer Tabelle abgelegt werden.
14. Die "Torsvik-Vorbenutzung" weist keine Tabelle auf. Die übermittelte Information wird für die Bestimmung der Wartezeit bis zur nächsten Aufnahme sofort bearbeitet.
15. Die beanspruchte Vorrichtung ist damit neu gegenüber der "Torsvik-Vorbenutzung".
Hilfsantrag 2 - Erfinderische Tätigkeit
16. Nach Auffassung der Patentinhaberin enthält die in Anspruch 1 definierte Tabelle eine Reihe von zeitlich aufeinanderfolgenden Werten für die Sequenz der Intervalle zwischen zwei aufeinanderfolgenden Aufnahmen. Die Tabelle hätte somit eine Ordnung. Diese Auslegung ergebe sich auch aus dem Ausführungsbeispiel der Figur 4 mit der Schleife S3a, S3b, S3c und S3d. Die Fachperson hätte erkannt, dass eine solche Tabelle nicht nur für den speziellen Fall einer maximalen gegenwärtigen Geschwindigkeit, oder einer bestimmten Beschleunigung und Dauer der Beschleunigung, sondern auch für jedes bevorzugte Szenario vorstellbar sei.
17. Dieses Verständnis des Anspruchs 1 kann nicht geteilt werden.
18. Aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 ergibt sich keineswegs, dass die (Nachschlag-)Tabelle notwendigerweise als Reihe von zeitlich aufeinanderfolgenden Werten anzusehen ist. Denkbar und auch durchaus sinnvoll im Kontext der Erfindung ist auch eine eindimensionale Tabelle mit der Geschwindigkeit als einzigem Nachschlagparameter und mit der Wartezeit bis zur nächsten Aufnahme als Nachschlagergebnis. Mit einer solchen Tabelle verfügt die Vorrichtung über die Abtastfrequenz bzw. über die Information über die Wartezeit bis zur nächsten Aufnahme, ohne diese berechnen zu müssen. Dadurch wäre das Verfahren auch weniger anfällig und würden Ressourcen gespart werden.
19. Nachschlagtabellen sowie ihre Vor- und Nachteile waren der Fachperson allgemein bekannt. Ihre Verwendung im Kontext der "Torsvik"-Vorrichtung war dementsprechend auch naheliegend, wenn die Fachperson an für die Berechnungen notwendigen Ressourcen sparen wollte.
20. Eine ähnliche Schlussfolgerung ergibt sich ausgehend von der "Torsvik-Vorbenutzung" und der Lehre der D5 (s. Figuren 18B und 22B; Absätze [1464], [1481] und [1482]), wo in dem selben Zusammenhang für bestimmte Geschwindigkeiten (und Pakethöhen) die zeitlichen Intervalle zwischen je zwei Aufnahmen in einer Tabelle (In D5: "Look-up table") abgelegt werden. Im Kontext der "Torsvik"-Vorrichtung hätte die Fachperson erkannt, dass die zweidimensionale Tabelle auf eine Dimension reduziert werden kann, wenn der Pakethöhe keine technische Bedeutung beigemessen wird.
21. Daraus folgt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
Hilfsantrag 3 - Erfinderische Tätigkeit
22. Die Daten über das Geschwindigkeitsprofil werden in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 präzisiert. Die an die Auswertungseinheit übermittelten Daten enthalten die Dauer, den Beginn, und/oder die Endgeschwindigkeit einer folgenden Beschleunigungsphase. Die in Anspruch 6 des Patents wie erteilt angesprochene gegenwärtige Geschwindigkeit wird in Anspruch 1 nicht übernommen.
23. Der Beginn, die Dauer und die Endgeschwindigkeit bestimmen zusammen - unter der Voraussetzung, dass die Anfangsgeschwindigkeit bekannt ist und die Beschleunigung in der Beschleunigungsphase konstant bleibt - das Gesamtprofil während dieser Phase. Anspruchsgemäß muss aber nur einer der drei Werte übermittelt werden, so dass nicht alle für die vollständige Bestimmung des Geschwindigkeitsprofils notwendigen Daten übermittelt werden. Wegen des Weglassens der gegenwärtigen Geschwindigkeit gilt diese Unbestimmtheit auch für die "und"-Variante.
24. Nach Auffassung der Patentinhaberin unterscheide der Wortlaut des Anspruchs zwischen "Geschwindigkeitsprofil" und "Daten". Die Abtastfrequenz bzw. das Zeitintervall zwischen zwei Aufnahmen werde auf der Grundlage des Profils bestimmt. Für die Bestimmung des Geschwindigkeitsprofils bestehe jedoch keine Notwendigkeit, alle dafür notwendigen Daten zu übermitteln, da manche dieser Daten im Rahmen von vordefinierten Szenarien der Auswertungseinheit schon bekannt seien. Nur die unbekannten Daten müssten übermittelt werden. Die beanspruchte Vorrichtung ermögliche damit auch ein besseres Planen der Aufnahmen.
25. Die Kammer kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. Aus dem Wortlaut ist keine technische Wirkung abzuleiten, die sich über die ganze Breite des Anspruchs ergeben würde.
26. Es ergibt sich nicht notwendigerweise aus dem Anspruchswortlaut, dass die Auswertungseinheit über die für die Bestimmung des Geschwindigkeitsprofil notwendigen Daten verfügt. Die von der Patentinhaberin geschilderten Szenarien sind zwar denkbar, ergeben sich jedoch nicht aus dem Anspruchswortlaut.
27. Aus der Übermittlung von Daten, sei es einzeln oder in Kombination, wie der Dauer einer folgenden Beschleunigungsphase, des Beginns der Beschleunigungsphase oder der Endgeschwindigkeit nach Abschluss der Beschleunigungsphase, entsteht eine Unbestimmtheit, die die Bestimmung eines Geschwindigkeitsprofils unmöglich macht, wenn die Auswertungseinheit nicht über die fehlenden Daten verfügt. Daraus folgt, dass keine Wirkung im Sinne eines Planens der Aufnahmen gegenüber der "Torsvik"-Vorrichtung ersichtlich ist.
28. Die beanspruchte Vorrichtung ist dementsprechend ebenfalls nicht erfinderisch im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
Hilfsantrag 4 - erfinderische Tätigkeit
29. Im Gegensatz zur Auffassung der Patentinhaberin ist keine Synergie zu erkennen in der Kombination der Merkmale in Anspruch 1 in Bezug auf die Daten, die übermittelt werden, und der Tabelle, in der die zeitlichen Intervalle zwischen je zwei Aufnahmen gespeichert werden.
30. Eine Synergie wäre erst dann erkennbar, wenn sich aus dieser Kombination ein technischer Effekt ergäbe, der anders ausfällt als die Summe der technischen Wirkungen der einzelnen Merkmale.
31. Wie oben im Zusammenhang mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ausgeführt (s. Absatz 16), ist im Kontext der Erfindung auch eine eindimensionale Tabelle mit der Geschwindigkeit als einzigem Eingangsparameter vorstellbar. Die geltend gemachten, auf einer Serie von zeitlich geordneten Zeitintervallen beruhenden Vorteile bzw. Wirkungen sind somit dem Anspruchswortlaut nicht entnehmbar.
32. Wie oben zu Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 - was die an die Auswertungseinheit übermittelten Daten betrifft (s. Absätze 25 - 27 - ausgeführt, ist eine sich über die ganze Breite des Anspruchs ergebende technische Wirkung im Sinne eines Planens nicht erkennbar.
33. Die Merkmalskombination in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ändert daran nichts. Aus der Kombination der Merkmale, was die Daten über das Geschwindigkeitsprofil oder die Tabelle betrifft, ergibt sich zudem keine zusätzliche technische Wirkung, die sich über die Breite des Anspruchs erstrecken würde.
34. Die beanspruchte Vorrichtung ist somit auch nicht erfinderisch im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
Hilfsanträge 5, 6 und 7 - Artikel 123(2) EPÜ
35. Anspruch 1 in den Hilfsanträgen 5, 6 und 7 enthält u.a. das Merkmal:
die Geschwindigkeitsbestimmungseinrichtung (30) eine Förderersteuerung der Fördereinrichtung (12) ist, welche das Geschwindigkeitsprofil der Fördereinrichtung (12) mit einer Beschleunigungs- und/oder Bremsphase vorgibt.
36. Aus den Absätzen [0011] und [0023] der Patentanmeldung ([0013] und [0025] der Patentschrift) ergibt sich, dass die Geschwindigkeitsbestimmungseinrichtung (30) eine Förderersteuerung der Fördereinrichtung (12) ist, welche das Geschwindigkeitsprofil der Fördereinrichtung (12) vorgibt. Aus diesen Absätzen ergibt sich nicht, dass das Geschwindigkeitsprofil mit einer Beschleunigungs- und/oder Bremsphase vorgegeben wird, ohne auch Daten über Phasen gleichmäßiger Bewegung vorzugeben.
37. Unter den Wortlaut von Anspruch 1 dieser Hilfsanträge fällt nun auch eine Vorrichtung, bei der die Geschwindigkeitsbestimmungseinrichtung bei konstanten Geschwindigkeiten keine Daten an die Fördereinrichtung bzw. an die Auswertungseinheit übermittelt und erst bei Beschleunigungen aktiv wird.
38. Aus der Patentanmeldung als Ganzes ergibt sich jedoch, dass sowohl die Fördereinrichtung als auch die Auswertungseinheit unabhängig von deren Gestaltung über ein vollständiges Profil verfügen müssen. Wie beide Einrichtungen bei konstanten Geschwindigkeiten gesteuert werden sollten, wenn nicht von der Förderersteuerung, ist nicht offenbart. Eine Grundlage für die daraus resultierende Verallgemeinerung ist somit der ursprünglichen Anmeldung nicht entnehmbar.
39. Das Ausführungsbeispiel der Figur 4 weist auf eine Bremsphase hin (vgl. Figur 4, Schritte S2 und S4). In diesem Zusammenhang wird auch beschrieben, wie sie von der Auswertungseinheit ausgewertet wird. Das Ausführungsbeispiel enthält jedoch keine Angaben zur Übermittlung des Geschwindigkeitsprofils an die Fördereinrichtung.
40. Der Wortlaut im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 in den Hilfsanträgen 5, 6 und 7 entspringt einer Zwischenverallgemeinerung der ursprünglichen Offenbarung und steht daher mit Artikel 123(2) EPÜ nicht im Einklang.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.