T 0080/17 (SCHAUMSTOFF-VERBUNDELEMENTE) 14-04-2021
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VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG EINES SCHAUMSTOFF-VERBUNDELEMENTS
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 435 243 zurückzuweisen.
II. Die Beschwerdeführerin beantragte, das Streitpatent unter anderem wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) vollständig zu widerrufen. Ihre Beschwerde stützt sich hauptsächlich auf die Dokumente
D1 (EP 1 593 438 A2) und D2 (EP 1 516 720 A1).
III. Mit der Beschwerdeerwiderung reichte die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin 4 Hilfsanträge ein.
IV. Nach dem Erhalt der vorläufigen Meinung der Kammer reichte die Beschwerdegegnerin mit Eingabe vom 18. Dezember 2020 drei neue Hilfsanträge ein. Die bisherigen Hilfsanträge 1-4 wurden in der Reihenfolge nach hinten verschoben.
V. Mit Eingabe vom 31. März 2021 reichte die Beschwerdegegnerin einen Versuchsbericht D20 ein.
VI. Am 14. April 2021 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Die endgültigen Anträge der Parteien waren wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte den vollständigen Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung, basierend auf einem der Hilfsanträge 1-7.
VII. Der erteilte Anspruch 1 hat den folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zur Herstellung eines Schaumstoff-Verbundelements, umfassend die Schritte:
A) Bereitstellen einer Deckschicht;
B) Auftragen einer Haftvermittlerschicht auf die
Deckschicht, wobei die Haftvermittlerschicht ein
modifiziertes Isocyanat umfasst;
C) Auftragen einer Polyurethan und/oder
Polyisocyanurat umfassenden Schaumstoffschicht auf
die Haftvermittlerschicht;
wobei das modifiziertes [sic!] Isocyanat in der Haftvermittlerschicht beim Auftragen einen Gehalt an freien Isocyanatgruppen von 10% bis 29% aufweist."
VIII. Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags enthält zusätzlich das Merkmal:
", und wobei die Haftvermittlerschicht auf die Deckschicht in einer Menge von >= 20 g/m**(2) bis <= 50 g/m**(2)
aufgetragen wird".
1. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 (a) und 56 EPÜ)
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1.1 Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Schaumstoff-Verbundelementen, die eine Deckschicht, eine Haftvermittlerschicht und eine Schaumschicht aufweisen (Absatz 0001, Anspruch 1 des Patents).
1.2 D1 (Absatz 0001, 0009, Anspruch 5) betrifft ebenfalls ein Verfahren zur Herstellung solcher Schaumstoff-Verbundelemente. Es hat somit den gleichen Zweck bzw. das gleiche Ziel wie das Streitpatent, was nach der ständigen Rechsprechung der Beschwerdekammern das wichtigste Kriterium bei der Auswahl des nächstliegenden Standes der Technik darstellt (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9te Auflage, I.D.3.1). Vor diesem Hintergrund trifft das Argument der Beschwerdegegnerin nicht zu, D1 sei "gattungsmäßig ein anderes Dokument" und so "weit ab" von der Erfindung angesiedelt, dass es als nächstliegender Stand der Technik nicht in Frage käme.
1.3 Außerdem sind D1 und das Streitpatent auch hinsichtlich der zugrunde liegenden technischen Aufgaben zumindest ähnlich, denn beide zielen darauf ab, eine gute oder verbesserte Haftung zwischen Schaumschicht und Deckschicht sicherzustellen. Diese Aufgabe wird in der D1 zwar nicht explizit genannt, aber der Fachmann erkennt sofort, dass die Verbesserung der Gleichmäßigkeit des Haftvermittlerauftrags zumindest dazu beiträgt, Haftungsprobleme zu vermeiden, die bei einem ungleichmäßigen Auftrag des Haftvermittlers zu erwarten wären (Absatz 0008 und 0009 der D1).
1.4 Das Argument der Beschwerdegegnerin, der für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zugrunde zu legende Fachmann sei im Fall des Streitpatents ein Diplomchemiker, der die auf dem Gebiet der Mechanik angesiedelte D1 nicht beachtet hätte, überzeugt ebenfalls nicht. Das Verfahren des Streitpatents ist ein großtechnisches Produktionsverfahren. Ein Diplomchemiker, der an einem solchen Verfahren arbeitet, kennt auch Veröffentlichungen wie D1, die mechanische bzw. apparative Aspekte des Verfahrens betreffen. Im Übrigen hält die Kammer es in Anbetracht des Gegenstandes des Streitpatentes für durchaus angemessen, als zuständigen Fachmann nicht einen Diplomchemiker, sondern einen Verfahrenstechniker anzusetzen, bei dem in jedem Fall davon auszugehen ist, dass er die D1 kennt und in Betracht zieht.
1.5 D1 ist somit ein geeigneter Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit und innerhalb der D1 insbesondere die in Absatz 0008, 0009, 0014 und 0015 in Verbindung mit Absatz 0032 offenbarte Ausführungsform des Verfahrens, bei der als Haftvermittler ein polyurethanbasiertes Einkomponentensystem mit Isocyanatgruppen verwendet wird. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Beschwerdegegnerin ist die Verwendung eines Einkomponenten-Haftvermittlers auf PU-Basis in Absatz 0032 offenbart und stellt somit kein Unterscheidungsmerkmal dar. Die Tatsache, dass Absatz 0032 auch weitere Haftvermittlersysteme offenbart, ist dabei unbeachtlich, denn die Auswahl eines Merkmals aus einer Liste stellt keine Neuheit her. D1 offenbart somit eindeutig und unmittelbar verschiedene Verfahren, unter anderem eines, bei dem als Haftvermittler ein Einkomponentensystem auf PU-Basis verwendet wird. Dieses Verfahren stellt somit den nächstliegenden Stand der Technik dar. Das Verfahren laut Anspruch 1 unterscheidet sich von diesem Verfahren lediglich dadurch, dass der Haftvermittler beim Auftragen einen Gehalt an freien Isocyanatgruppen von 10% bis 29% aufweist.
1.6 Die Kammer verkennt nicht, dass auch D2 die obengenannten Kriterien erfüllt und somit ebenfalls prinzipiell als nächstliegender Stand der Technik in Frage kommen könnte. Es folgt jedoch aus der gefestigten Rechtsprechung, dass, wenn die erfinderische Tätigkeit ausgehend von einem Ausgangspunkt verneint werden kann, die Wahl dieses Ausgangspunktes nicht weiter begründet oder gerechtfertigt werden muss (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, neunte Auflage, I.D.3.1 und T 0405/14, Punkt 19 der Entscheidungsgründe). Wie im Folgenden gezeigt wird, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von dem in Punkt 1.5 offenbarten Verfahren aus D1 bekannten Verfahren nicht erfinderisch. Dieser Einwand kann nicht mit dem Argument ausgeräumt werden, D1 offenbare weitere Verfahren, die das beanspruchte Verfahren nicht nahelegten, bzw. es existiere mit D2 ein noch näherliegender Stand der Technik.
1.7 Das Streitpatent stellt sich die Aufgabe, ein Verfahren zur Herstellung von Schaumstoff-Verbundelementen mit verbesserter Haftung zwischen Schaum und Deckschicht zur Verfügung zu stellen (Absatz 0006). Gegenüber dem Verfahren nach D1 ist jedoch keine verbesserte Haftung gezeigt. Die Kammer stellt zunächst fest, dass die in Tabelle 1 des Streitpatents aufgeführten Ausführungs- und Vergleichsbeispiele mit der Vorrichtung nach D1 hergestellt wurden (Absatz 0040). In Tabelle 1 werden den erfindungsgemäßen Beispielen 8 - 12 und 14 die nicht erfindungsgemäßen Vergleichsbeispiele 13, 15 und 16 gegenübergestellt. Die Vergleichsbeispiele 13 und 16 sind jedoch nicht repräsentativ für die Lehre des nächstliegenden Standes der Technik (D1, Absatz 0032) nach der als Haftvermittler Isocyanatgruppen enthaltende Einkomponentensysteme auf Basis von Polyurethan eingesetzt werden, denn der in Beispiel 13 eingesetzte Haftvermittler weist keine Isocyanatgruppen auf und bei dem in Beispiel 16 verwendeten Haftvermittler handelt es sich um ein reines Isocyanat ohne Polyurethankomponente. Was Beispiel 15 angeht, so wird keine bessere Haftung gezeigt. Vielmehr lässt sich der Haftvermittler dieses Beispiels aufgrund zu hoher Viskosität mit der Vorrichtung gemäß der D1 nicht auftragen. Damit ist auch dieses Beispiel nicht repräsentativ für die Lehre der D1. Eine bessere Haftung gegenüber Haftvermittlern, die freie Isocyanatgruppen in Anteilen außerhalb des beanspruchten Bereichs aufweisen, ist somit nicht gezeigt.
1.8 Auch der erst nach dem Erhalt der vorläufigen Meinung der Kammer eingereichte Versuchsbericht D20 kann einen solchen Effekt nicht belegen. Zwar geht aus Tabelle 2 hervor, dass der erfindungsgemäße Haftvermittler 9 zu einer besseren Haftung führt als die Haftvermittler 8, 10 und 11, aber dieser Effekt kann nicht auf den Isocyanatgehalt zurückgeführt werden, weil sich Haftvermittler 9 auch durch die verwendeten Edukte von den Haftvermittlern 8, 10 und 11 der Vergleichsversuche unterscheidet (Tabelle 1). Somit zeigt D20 keinen Effekt, der unzweideutig auf das unterscheidende Merkmal, nämlich den beanspruchten Isocyanatgehalt, zurückgeführt werden könnte. Vor diesem Hintergrund kann die Frage der Zulassung der verspätet eingereichten D20 ins Verfahren dahinstehen.
1.9 Weitere Effekte, die auf das unterscheidende Merkmal zurückgehen, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Die Effekte, die auf die Verwendung des Einkomponentensystems an sich zurückgehen, wie die Vermeidung von Ausschuss und eine flexiblere Produktion, können nicht berücksichtigt werden, denn der nächstliegende Stand der Technik verwendet bereits ein solches Einkomponentensystem. Die Verwendung geringerer Auftragsmengen an Haftvermittler im Bereich zwischen 20 und 50 g/m**(2) kann ebenfalls nicht berücksichtigt werden, denn dieser "Effekt" tritt zumindest nicht über die gesamte Anspruchsbreite auf. Anspruch 1 umfasst zum Beispiel auch ein Verfahren, bei dem die übliche Auftragsmenge von ca. 100 g/m**(2)oder mehr**()verwendet wird. Ein solches Verfahren wird nicht dadurch erfinderisch, dass eine geringere Menge zwar nicht verwendet wird, aber verwendet werden könnte.
1.10 Ohne einen auf das unterscheidende Merkmal zurückgehenden Effekt muss die Aufgabe umformuliert werden als das Zurverfügungstellen eines weiteren Verfahrens zur Herstellung von Schaumstoff- Verbundelementen bzw. als das Konkretisieren des bezüglich des Isocyanatgehaltes unspezifischen Verfahrens der D1.
1.11 Als Lösung schlägt das Patent vor, einen Haftvermittler mit einem Gehalt an freien Isocyanatgruppen von zwischen 10 und 29 % einzusetzen. Die Kammer ist der Meinung, dass diese in Anspruch 1 vorgeschlagene Lösung für den Fachmann jedoch naheliegend ist. Absatz 0032 der D1 lehrt nämlich, dass der Haftvermittler Isocyanatgruppen enthalten soll, aber lässt den konkreten Gehalt offen. Ohne irgendeinen Effekt, der auf einen Gehalt von zwischen 10 und 29 % zurückzuführen ist, scheint der Bereich willkürlich gewählt zu sein. Nach gefestigter Rechtsprechung ist eine willkürliche Auswahl aus einer Fülle möglicher Lösungen nicht erfinderisch (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, neunte Auflage, I.D.9.19.8.). Dies gilt insbesondere, wenn wie vorliegend der ausgewählte Bereich sehr breit ist. Wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, beträgt schon bei reinen Isocyanatverbindungen der Gehalt an Isocyanatgruppen deutlich weniger als 100 Gew.%. Polymeres Methylendiphenylisocyanat (polymeres MDI), eine der gängigsten Isocyanatkomponenten der Polyurethanchemie, die auch in Absatz 0046 der D1 erwähnt wird, weist zum Beispiel einen Iscocyanatgehalt von ca. 31,5 Gew. % auf. Ein aus MDI durch Reaktion einiger der Isocyanatgruppen mit einer Polyolkomponente gebildetes Polyurethan-Präpolymer hat somit fast zwangsläufig einen Isocyanatgehalt unterhalb der beanspruchten Obergrenze. In Anbetracht der Lehre in Absatz 0032, die die Anwesenheit von Isocyanatgruppen explizit hervorhebt, würde der Fachmann den Isocyanatgehalt auch nicht zu klein wählen. Durch Routineversuche gelangt der Fachmann so in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.
1.12 Der Hauptantrag ist somit nicht gewährbar.
2. Hilfsantrag 1
2.1 Artikel 123 (2) EPÜ
Die Beschwerdeführerin hat keine Einwände unter Artikel 123 (2) EPÜ vorgetragen. Anspruch 1 beruht auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 und 7. Anspruch 11 beruht auf dem ursprünglich eingereichten Anspruch 12 und Seite 6, Zeile 33-34 der ursprünglich eingereichten Beschreibung. Die abhängigen Ansprüche 2 - 10 und 12 - 14 entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2-6, 8-11 und 13-15. Das Erfordernis von Artikel 123 (2) EPÜ ist somit erfüllt.
2.2 Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
Die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes wurde nicht bestritten.
2.3 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Der Gegenstand von Anspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.3.1 Aus den gleichen Gründen wie zum Hauptantrag dargelegt, stellt D1 den nächstliegenden Stand der Technik dar.
2.3.2 Im Vergleich zum Hauptantrag ist Anspruch 1 auf ein Verfahren beschränkt, bei dem die Auftragsmenge an Haftvermittler zwischen 20 g/m**(2) und 50 g/m**(2) liegt.
2.3.3 Diese zusätzliche Einschränkung ist in D1 nicht offenbart. Im Ausführungsbeispiel werden 100 g/m**(2) eines Zweikomponentenhaftvermittlers aufgetragen. Absatz 0030, auf den die Beschwerdeführerin hingewiesen hat, offenbart breite Bereiche für die Austragsmenge pro Zeit sowie für die Bandgeschwindigkeit. Eine Angabe zur Produktionsbreite fehlt jedoch, so dass eine Berechnung der Auftragsmenge pro Fläche prinzipiell nicht möglich ist. Die Beschwerdeführerin hat für ihre Berechnungen eine Produktionsbreite von 1 m vorausgesetzt, aber dieser Wert ist in D1 nicht offenbart. Belege, dass eine solche Produktionsbreite allgemein üblich wäre, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, fehlen ebenfalls. Selbst wenn man von einer Produktionsbreite von 1 m ausginge, ergäbe sich der Wert von 10 g/m**(2) lediglich dadurch, dass die Untergrenze der Auftragsmenge (200 g/min) mit der Obergrenze der Bandgeschwindigkeit (20 m/min) kombiniert wird. Diese Kombination ist in der Dl jedoch ebenfalls nicht offenbart.
2.3.4 Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, dass für die beanspruchte Auftragsmenge im Bereich von 20 g/m**(2) bis 50 g/m**(2) kein Effekt gezeigt sei. Ferner bestehe kein Zusammenhang zwischen dem Isocyanatgehalt und der Auftragsmenge. Die Aufgabe könne somit als die Auswahl einer geeigneten Auftragsmenge angesehen werden. Die Lösung, nämlich eine Auftragsmenge zwischen 20 und 50 g/m**(2), werde durch D2 nahegelegt.
2.3.5 Diese Argumentation ist jedoch für die Kammer nicht überzeugend. Zum einen ist der nächstliegende Stand der Technik ein Verfahren, bei dem ein Einkomponentensystem als Haftvermittler eingesetzt wird. Zum anderen offenbart D2 demgegenüber ein Verfahren, bei dem der Haftvermittler als Reaktionsmischung aufgebracht wird (Anspruch 6, Schritt B und Schritt E), d.h. als Zwei- oder Mehrkomponentensystem. Es ist somit nicht ersichtlich, warum der Fachmann unter diesen Umständen D2 überhaupt konsultiert hätte bzw. warum er Auftragsmengen, die für diesen Haftvermittlertyp offenbart sind, auf das Einkomponentensystem von D1 eins zu eins übertragen hätte. Ferner offenbart D1 für ein Zweikomponentensystem bereits eine geeignete Auftragsmenge, nämlich 100 g/m**(2), so dass eine Konsultation von D2 nicht nötig erscheint.
2.3.6 Selbst wenn der Fachmann die D2 konsultiert hätte, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund er der D2 eine Auftragsmenge im beanspruchten Bereich entnommen hätte. Auftragsmengen innerhalb dieses Bereichs werden in D2 in keiner Weise hervorgehoben oder als vorteilhaft dargestellt. Vielmehr offenbart D2 in Absatz 0028 explizit, dass das Auftragsgewicht bevorzugt im Bereich von 100 bis 150 g/m**(2) liegt und im Ausführungsbeispiel werden 120 g/m**(2) verwendet. Diese Lehre führt also nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1.
2.3.7 Der Einwand der Beschwerdeführerin stützt sich auf die in Anspruch 2 offenbarte untere Grenze des Bereichs für die Dicke der Haftvermittlerschicht von 50 mym, aus der sich, in Verbindung mit der in Absatz 0016 offenbarten Dichte der Haftvermittlerschicht von 700 - 900 g/l, eine Auftragsmenge von 35 g/m**(2) bis 45 g/m**(2) berechnen lässt. Diese Berechung ist korrekt, aber analoge Berechnungen lassen sich auch für die anderen in D2 offenbarten Schichtdicken anstellen. So entspricht der in Absatz 0008 offenbarte breiteste Dickenbereich von 10 bis 500 mym in Verbindung mit den o.g. Dichten von 700 - 900 g/l einer Auftragsmenge zwischen 7 - 450 g/m**(2), so dass der Fachmann, selbst wenn er abweichend von der in D2 bevorzugten Auftragsmenge eine besonders geringe Auftragsmenge hätte auswählen wollen, nicht zum Verfahren nach Anspruch 1 gelangt wäre.
2.3.8 Der Gegenstand des Verfahrens gemäß Anspruch 1 (und somit auch der der von Anspruch 1 abhängigen Ansprüche 2 bis 10) beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.3.9 Die Verwendungsansprüche 11 bis 14 wurden nicht angegriffen. Die Kammer hat somit keinen Grund zur Annahme, dass der Gegenstand dieser Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
3. Da der Hilfsantrag 1 für alle Ansprüche 1 bis 14 gewährbar ist, erübrigt sich eine Prüfung der nachrangigen Hilfsanträge.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Vorinstanz mit der Maßgabe zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Ansprüche 1 - 14 des mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2020 eingereichten Hilfsantrags 1 nebst einer noch anzupassenden Beschreibung.