T 0610/17 04-05-2021
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Verbindungsanordnung zwischen einem Dentalimplantat und einem Abutment
Neuheit - (ja)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Änderungen - zulässig (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Die Einsprechende legte Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 18. Januar 2017 ein, das europäische Patent Nr. 2 036 515 auf Basis des damaligen Hilfsantrags 1 aufrechtzuerhalten.
II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, das heißt die Aufrechterhaltung des Patents in der von der Einspruchabteilung gebilligten Fassung (Hauptantrag).
III. Am 4. Mai 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
IV. Die folgenden Beweismittel sind für die vorliegende Entscheidung relevant:
D11 WO 99/16293 A2
D15 US 5,209,666 A
D16 KR 10-06650046 B1 mit Maschinenübersetzung
V. Der unabhängige Anspruch des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
Die Änderungen gegenüber dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 sind unterstrichen bzw. [deleted: durchgestrichen].
Merkmalsnummerierung wie von den Parteien vorgeschlagen.
"Verbindungsanordnung
1.1
zwischen einem Dentalimplantat (1) und einem Abutment (2), umfassend
1.1.1
ein mit einer ersten koronalen Öffnung (23) und einer zweiten apikalen Öffnung (24) bereitgestelltes Abutment (2),
1.1.2
eine Schraube (3) und
1.1.3
einen Ring (4),
1.2
wobei der Ring (4) zum Festhalten einer im Abutment (2) eingesetzten Schraube (3) im nicht am Dentalimplantat (1) montierten Zustand des Abutments (2) geeignet ist,
1.3
wobei der Ring (4) in der ersten Öffnung (23) des Abutments (2) [deleted: kraft-, form- oder] stoffschlüssig verschweißt ist,
1.4
und wobei das Verschweißen des Rings (4) in der ersten Öffnung (23) des Abutments (2) im Bereich einer Ringoberkante (40) erfolgt,
1.5
wobei der Ring (4) mit einem Innengewinde (11) zur Aufnahme von dentalen Suprakonstruktionen oder Kronen ausgebildet ist."
VI. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) argumentierte im Wesentlichen wie folgt:
Ausführbarkeit - Artikel 83 EPÜ
Im Umfang von Anspruch 1 seien Ausführungsformen enthalten, bei denen der Ring alleine die Schraube halte. Gemäß der Beschreibung könne der Ring die Schraube aber nur im Zusammenwirken mit der Kontaktfläche (10) in dem Abutment halten. Daher sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht in vollem Umfang ausführbar.
Außerdem sei auch die in Anspruch 3 beanspruchte Ausführungsform nicht ausreichend offenbart.
Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ
Das Verschweißen des Rings stehe in einem funktionellen und strukturellen Zusammenhang mit dem in Absatz [0010] direkt danach beschriebenen Hohlraum zwischen dem Ring und dem Schraubenkopf. Dieser Hohlraum sei in jeder der Ausführungsformen gezeigt und könne daher nicht weggelassen werden. Zudem könne der Ring nicht, wie in Absatz [0010] beschrieben, am unteren Rand angeschweißt werden, wenn der Schraubenkopf dort direkt am Ring anliege.
Neuheit - Artikel 54(2) EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber D15. Insbesondere entspreche derjenige Teil des Cap (64), der die Lippe (66) umfasse, dem Ring gemäß Anspruch 1, wobei die Oberseite der Lippe (66) eine Oberkante des Rings bilde, in deren Bereich der Ring verschweißt sei. Das hexagonale Insert (70) sei lediglich auf den eigentlichen Ring (66) im Sinne des Anspruchs in coronaler Richtung aufgesetzt. Andererseits schließe Anspruch 1 nicht aus, dass auf den Ring noch eine weitere Komponente aufgesetzt werden könne.
Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags sei nicht erfinderisch ausgehend von D16 in Kombination mit D11 und/oder D15.
Die unterscheidenden Merkmale 1.3 und 1.4 lösten die Aufgabe, eine alternative Befestigung für den Ring zu finden, das unterscheidende Merkmal 1.5 löse die Aufgabe, eine alternative Befestigung für eine Krone oder Suprastruktur zu finden. Diese beiden Aufgaben seien unabhängig voneinander.
Die erste der Aufgaben werde durch den Fachmann im Hinblick auf D11 oder D15 gelöst. In D11 sei der Stützring (4) vorzugsweise mit dem Abutment verschweißt (Seite 6, Zeilen 2-3). In D15 sei der Ring (cap 64) ebenfalls durch Verschweißen befestigt (Spalte 3, Zeilen 17-23).
Die zweite Aufgabe würde der Fachmann im Hinblick auf D15 ohne erfinderisches Zutun lösen, weil dort der Ring (cap 64) ein Innengewinde (72) zur Befestigung einer Superstruktur aufweise. Auch D11 zeige einen Ring (40) mit einem Innengewinde.
Auch ausgehend von D15 beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) argumentierte im Wesentlichen wie folgt:
Ausführbarkeit - Artikel 83 EPÜ
Weder die Beschreibung noch die Ansprüche umfassten eine Anordnung, bei der der Ring alleine die Schraube festhalte. Vielmehr bedeute die Formulierung im Anspruch und in der Beschreibung (Absatz [0007]), wonach "der Ring zum Festhalten einer im Abutment eingesetzten Schraube... geeignet ist", dass der Ring verhindern solle, dass die Schraube aus dem Abutment herausfalle. Aus der Patentschrift gehe klar hervor, wie dies technisch zu realisieren sei.
Der neu in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand der nicht ausreichenden Offenbarung des Anspruchs 3 solle nicht in das Verfahren zugelassen werden.
Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ
Der Hohlraum zwischen dem Ring und dem Schraubenkopf stehe in keinem funktionellen Zusammenhang mit dem Anschweißen des Rings am Abutment. Der Hohlraum habe lediglich die Funktion, ein gewisses Spiel beim Verschrauben der Schraube mit dem Dentalimplantat zu erlauben. Daher sei Merkmal 1.4, das sich auf das Anschweißen des Rings beziehe, auch ohne den Hohlraum zulässig.
Neuheit - Artikel 54(2) EPÜ
Das in der D15 gezeigte Cap (64), umfassend die Lippe (66) und das Insert (70), sei einstückig und werde in seinem unteren Bereich an des Abutment 14 angeschweißt. Daher sei das Merkmal 1.4 in der D15 nicht offenbart.
Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
Gemäß D16 werde der Ring (30) in einer Nut sicher eingerastet. Der Ring der D16 werde nicht in gleicher Weise belastet wie die Ringe der D11 und der D15. Daher bestehe kein Anlass, nach einer alternativen Befestigung für den Ring zu suchen. Zusätzlich sei der Ring (30) für eine Schweißvorrichtung schwer zugänglich.
Falls der Fachmann die fundamental unterschiedlichen Konstruktionen der D16 und D11/D15 kombinieren würde, und die Schweißverbindung isoliert auf die Vorrichtung der D16 übertragen würde, so würde er dennoch nicht zu dem Merkmal 1.4 gelangen, weil weder D11 noch D15 offenbarten, dass der Ring an seinem oberen Rand verschweißt werden solle.
Da der Ring (30) der D16 weder am oberen Ende des Abutments liege noch zur Befestigung einer Superkonstruktion vorgesehen sei, sei es auch nicht naheliegend, ein Gewinde darin anzubringen.
Der neu mit Schreiben vom 21. März 2021 erhobene Einwand der fehlenden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D15 solle nicht in das Verfahren zugelassen werden.
1. Hauptantrag
1.1 Ausreichende Offenbarung (Artikel 83 EPÜ)
1.1.1 Gegenstand von Anspruch 1
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass gemäß Beschreibung der Ring (4) die Schraube nur im Zusammenwirken mit der Kontaktfläche (10) in dem Abutment halten könne. Anspruch 1 beinhalte hingegen auch, dass der Ring allein die Schraube halte. Diese Ausführungsform sei in dem Patent nicht beschrieben, so dass sie auch nicht nachgearbeitet werden könne.
Es trifft tatsächlich zu, dass die Schraube gemäß Beschreibung zwischen der Kontaktfläche und dem Ring gehalten wird, also nicht durch den Ring alleine. Damit ist aber gerade ein Beispiel dafür angegeben, wie die Erfindung nachgearbeitet werden kann. Dies ist im vorliegenden Fall ausreichend, um Artikel 83 EPÜ zu erfüllen.
Das Argument, dass der Gegenstand des Anspruchs nicht in seinem vollen Umfang ausgeführt werden könne, trifft nicht zu. Das, worauf die Beschwerdeführerin abhebt, ist nicht ein "Bereich", der durch die beschriebenen Ausführungsformen nur teilweise abgedeckt wird oder der offensichtlich teilweise nicht funktionieren kann. Vielmehr geht die Beschwerdeführerin von einer hypothetischen, grundlegend anderen Konstruktion aus, die die Schraube in dem Abutment halten soll, die zwar unter den Anspruchswortlaut fallen würde, aber nicht im Patent beschrieben ist.
Artikel 83 EPÜ verlangt jedoch nicht, Beispiele für alle beliebigen denkbaren Konstruktionen und Ausführungsformen anzugeben, die theoretisch unter den Anspruch fallen.
Die Frage, ob in Anspruch 1 ein wesentliches Merkmal der Erfindung, nämlich das Zusammenwirken des Rings mit der Kontaktfläche zum Halten der Schraube, fehlt, ist nicht von Belang, da ein solcher Mangel unter Artikel 84 EPÜ fallen würde.
Daher erfüllt das Patent im Hinblick auf den Hauptantrag die Anforderungen des Artikel 83 EPÜ.
1.1.2 Gegenstand von Anspruch 3 (Einwand nicht zugelassen)
Die Beschwerdeführerin erhob während der mündlichen Verhandlung den zusätzlichen Einwand, die in Anspruch 3 spezifizierte Ausführungsform der Erfindung sei nicht so ausreichend offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Insbesondere sei das Anbringen einer Schweißnaht im Bereich der Ringunterkante aufgrund der Platzverhältnisse nicht ohne weiteres möglich und das Patent beschreibe keinerlei zugehörige Technik.
Dieser Einwand wurde erst in der mündlichen Verhandlung erhoben. Seine Zulassung unterliegt somit Artikel 13 (2) VOBK 2020.
Während des schriftlichen Beschwerdeverfahrens wurde nie ein Einwand gegen die ausreichende Offenbarung des Gegenstands von Anspruch 3 erhoben. Auch ist dieser Anspruch und der gesamte damit verbundene Hilfsantrag 1 während des Beschwerdeverfahrens nicht geändert worden. Somit handelt es sich bei dem Einwand zur ausreichenden Offenbarung von Anspruch 3 um eine Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin, die ,,grundsätzlich unberücksichtigt [bleibt], es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen" (Artikel 13 (2) VOBK 2020).
Die Beschwerdegegnerin hatte zwar im Schreiben vom 1. April 2021 im Zusammenhang mit erfinderischer Tätigkeit argumentiert, dass ein Verschweißen des Ringes tief innerhalb der Öffnung des Abutments der D16 schwierig sei. Allein dieses Argument der Gegenseite zur Frage der erfinderischen Tätigkeit stellt aber keinen triftigen Grund dar, bezüglich Ausführbarkeit der Erfindung einen neuen Einwand zu erheben.
Die Kammer kann daher keine stichhaltigen Gründe erkennen, die eine Zulassung des neuen Einwands rechtfertigen würden.
Der Einwand unter Artikel 83 EPÜ gegen die in Anspruch 3 spezifizierte Ausführungsform wird nicht in das Verfahren zugelassen (Artikel 13(2) VOBK 2020).
1.2 Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
Das Merkmal 1.4, wonach "das Verschweißen des Rings (4) in der ersten Öffnung (23) des Abutments (2) im Bereich einer Ringoberkante (40) erfolgt", basiert auf Absatz [0010] der ursprünglichen Beschreibung.
Mit Verweis auf Absatz [0010] argumentierte die Beschwerdeführerin, dieses Merkmal stehe in einem funktionellen und strukturellen Zusammenhang mit dem direkt danach beschriebenen Hohlraum zwischen dem Ring und dem Schraubenkopf. Dieser Hohlraum sei in jeder der Ausführungsformen gezeigt und könne daher nicht weggelassen werden.
Ein solcher Zusammenhang geht aus der zitierten Passage jedoch nicht hervor. Absatz [0010] offenbart zunächst zwei Möglichkeiten den Ring in der Öffnung zu befestigen, nämlich formschlüssig oder mittels Schweißen. Absatz [0010] gibt ferner an, dass beim Schweißen die Schweißstellen an der Ringoberkante und/oder an der Ringunterkante angebracht sind (Zeilen 48, 49). Erst im darauffolgenden Satz wird der Hohlraum beschrieben. Die Funktion des Hohlraums wird damit angegeben, dass er "ein gewisses Spiel beim Verschrauben der Schraube mit dem Dentalimplantat erlaubt". Absatz [0010] liefert also keinerlei funktionellen Bezug zwischen dem Hohlraum und der Befestigungsart des Rings. Im Gegenteil wird der Hohlraum für alle in Absatz [0010] genannten Befestigungsarten gleichermaßen beschrieben. Die Art und Weise, wie der Ring befestigt wird, ist daher völlig unabhängig von dem Vorhandensein des Hohlraums.
Daher kann das Merkmal 1.4 unabhängig von dem Hohlraum aus der Beschreibung entnommen werden und Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt Artikel 123(2) EPÜ.
1.3 Neuheit (Artikel 54(2) EPÜ)
Die Beschwerdeführerin erhob den Einwand, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber D15.
D15 offenbart unstreitig eine Verbindungsanordnung mit den Merkmalen 1.1 bis 1.3, sowie 1.5:
Es zeigt ein Dentalimplantat (12) und ein Abutment (14) mit einer ersten koronalen Öffnung (68) und einer zweiten apikalen Öffnung (56). Eine Schraube (16) ist in das Abutment eingesetzt und wird mittels eines Rings (Cap 64) im Abutment festgehalten. Das Cap (64) ist in der ersten Öffnung (68) des Abutments (14) stoffschlüssig verschweißt (siehe Spalte 3, Zeilen 21-23) und weist ein Innengewinde (72) auf.
Streitig war die Frage, ob D15 das Merkmal 1.4 offenbart, wonach das Verschweißen des Rings in der ersten Öffnung des Abutments im Bereich einer Ringoberkante erfolgt.
Die Beschwerdeführerin vertrat die Ansicht, der Teil des Cap (64), der die Lippe (66) umfasse, entspreche dem Ring gemäß Anspruch 1, wobei die Oberseite der Lippe (66) eine Oberkante des Rings bilde, in deren Bereich der Ring verschweißt sei (Figur 3). Das hexagonale Insert (70) sei lediglich auf den eigentlichen Ring (66) im Sinne des Anspruchs in coronaler Richtung aufgesetzt.
Das Cap (64) der D15 ist jedoch gemäß Figur 3 einstückig ausgebildet. Gemäß Spalte 3, Zeilen 17-24 umfasst das Cap (64) die Lippe (66), und an seinem oberen Ende das Insert (70). Das Cap (64) umfasst daher zwei funktionelle Bereiche, die nicht willkürlich als zwei unabhängige Bauteile aufgefasst werden können. Der geschweißte Bereich an der Lippe (66) stellt daher auch keine Oberkante des Rings im Sinne des Anspruchs 1 dar, da er sich eher am unteren Ende des Cap (64) befindet.
Die Tatsache, dass die zwei "lip" und "insert" genannten Abschnitte unterschiedliche Funktionen aufweisen, ist dabei nicht relevant. Es ist auch unerheblich, ob das Insert gemäß Spalte 3, Zeilen 36-37 alternative Formen (zylindrisch oder konisch) annehmen kann, oder ob das Insert eine klar definierbare obere Kante aufweist oder nicht.
Der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Aspekt, dass das Insert (70) nicht zur Lösung der in D15 genannten technischen Aufgabe beitrage, ändert ebenfalls nichts an der Tatsache, dass das Insert (70) einen Abschnitt des einstückigen Cap (64) bildet.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich daher von der Offenbarung der D15 dadurch, dass das Verschweißen des Rings in der ersten Öffnung des Abutments im Bereich einer Ringoberkante erfolgt (Merkmal 1.4), und ist damit neu.
1.4 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
1.4.1 Ausgehend von D16
Die Beschwerdeführerin erhob Einwände zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D16 in Kombination mit D11 und/oder D15.
D16 offenbart unstreitig eine Verbindungsanordnung
zwischen einem Dentalimplantat (10) und einem Abutment (20) mit einer ersten koronalen Öffnung (22) und einer zweiten apikalen Öffnung, und mit einem Ring (30) zum Festhalten einer im Abutment (20) eingesetzten Schraube (S) (Merkmale 1.1 - 1.2).
Der Ring (30) in D16 ist durch einen Spalt verformbar und wird in eine Nut (22a) in der Öffnung des Abutments eingeschnappt um ihn dort zu befestigen. Ein alternativer Ring (40) (Figur 4) wird durch Presspassung fixiert.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheidet sich hiervon dadurch, dass
1.3
der Ring in der ersten Öffnung des Abutments stoffschlüssig verschweißt ist,
1.4
das Verschweißen des Rings in der ersten Öffnung des Abutments im Bereich einer Ringoberkante erfolgt,
und dadurch, dass
1.5
der Ring mit einem Innengewinde zur Aufnahme von dentalen Suprakonstruktionen oder Kronen ausgebildet ist.
Im Sinne der Beschwerdeführerin sei angenommen, die Merkmale 1.3 und 1.4 lösten die Aufgabe, eine alternative Befestigung für den Ring zu finden, und das Merkmal 1.5 löse die Aufgabe, eine alternative Befestigung für eine Krone oder Suprastruktur zu finden. Diese beiden Aufgaben sind unabhängig voneinander.
Naturgemäß enthalten weder D11 noch D15 Hinweise für den Fachmann, dass die dort gezeigten Vorrichtungen zur Lösung der gestellten Aufgaben beitragen könnten. Da es sich jedoch nur um die Suche nach Alternativlösungen handelt, sei im Sinne der Beschwerdeführerin angenommen, dass der Fachmann in diesen Dokumenten gezielt und unabhängig voneinander die Merkmale zur Befestigung des Rings und zur Befestigung der Suprakonstruktion in Betracht zieht.
a) Ausgehend von D16 in Kombination mit D11
D11 offenbart eine Befestigungsanordnung entsprechend den Merkmalen 1.1 bis 1.2 des Anspruchs 1. Der Ring (4) ist jedoch nicht in der ersten (coronalen) Öffnung angeordnet, sondern in der zweiten (apikalen) Öffnung (entgegen Merkmal 1.3). Er ist entsprechend auch auf der apikalen Seite des Abutments verschweißt (entgegen Merkmal 1.4). Ein Innengewinde befindet sich in der koronalen Öffnung des Abutments, nicht in dem Ring (4)(entgegen Merkmal 1.5).
D11 nennt als zu lösende Aufgabe eine verbesserte Befestigung des Rings (Seite 4, Zeile 15 - Seite 5, Zeile 22). Für die dortige Grundanordnung lehrt die D11 also, dass das Verschweißen des Rings eine bessere Befestigung des Rings verspricht.
Wenn der Fachmann ausgehend von D16, mit der Aufgabe, eine alternative Befestigung für den Ring zu finden, die D11 betrachten würde, würde er also auf eine Lösung gemäß Merkmal 1.3 hingeführt.
Im Hinblick auf die zweite Aufgabe, eine alternative Befestigung für die Suprakonstruktion zu finden, lehrt die D11 ein Gewinde (240) in der Öffnung des Abutments (Figur 5). Der Fachmann hätte aber keinerlei Veranlassung, das Gewinde vom Abutment auf den Ring zu übertragen, so wie es in Merkmal 1.5 gefordert wird.
Figur 4D der D11 zeigt zwar auch einen Ring mit Innengewinde. Dieses Innengewinde hat jedoch einen völlig anderen Zweck, nämlich eine vergrößerte Auflagefläche für den Kopf der im Abutment gehaltenen Schraube zu erreichen (Seite 14, Zeilen 7-14). Im Hinblick auf die zweite gestellte Aufgabe ist daher das Gewinde des in Figur 4D gezeigten Rings nicht relevant.
Die Kombination D16 - D11 führt daher zu einer Anordnung, bei der zumindest das Merkmal 1.5 fehlt.
b) Ausgehend von D16 in Kombination mit D15
Ausgehend von D16, und mit der Aufgabe, eine alternative Befestigung für den Ring zu finden, würde der Fachmann auch die D15 betrachten, da dort die gleiche Grundkonstruktion zur Befestigung einer Suprakonstruktion an einem Implantat verwendet wird. Im Hinblick auf die Befestigung des Rings, der die Schraube im Abutment festhält, lehrt die D15, dass der Abschnitt (66) in der koronalen Öffnung des Abutments (14) verschweißt werden kann.
Im Hinblick auf die zweite Aufgabe, eine alternative Befestigung für die Suprakonstruktion zu finden, lehrt die D15, dass der Ring bzw. das Cap (64) einen Abschnitt (Insert 70) aufweisen sollte, der eine Rotationssicherung bildet, und dass er ein Innengewinde aufweisen sollte, in das eine Befestigungsschraube eingeschraubt werden kann.
Wenn der Fachmann diese Befestigung auf die Verbindungsanordnung der D16 überträgt, überträgt er also nicht nur den Abschnitt (66), sondern das komplette Cap (64) mit dem Insert (70) auf die Verbindungsanordnung der D16, da beides zusammen zur Lösung der gestellten Aufgabe beiträgt. Das Ergebnis dieser Kombination weist daher das Merkmal 1.4 nicht auf, wonach der Ring im Bereich seiner Oberkante verschweißt ist (siehe oben unter Neuheit).
Um das Merkmal 1.4 zu erfüllen, müsste der Fachmann auf den Abschnitt (70) verzichten. Dies wäre für den Fachmann aber nicht naheliegend, weil der Abschnitt (70) ja gerade zur Lösung einer der gestellten Aufgaben beiträgt.
Die Kombination D16 - D15 führt daher zu einer Anordnung, bei der das Merkmal 1.4 fehlt.
c) Ausgehend von D16 in Kombination mit D11 und D15
Wenn der Fachmann zur Lösung der erstgenannten Aufgabe die D11 betrachtet, erkennt er ein Abutment, bei dem der Ring am apikalen Ende in das Abutment eingesetzt ist und dort vom Schraubenkopf belastet wird. Der Ring ist an seiner Unterkante (apikal) angeschweißt (Seite 6, Zeilen 2-3). Wenn der Fachmann das Merkmal "angeschweißt" isoliert der D11 entnehmen würde und auf das Abutment der D16 übertragen würde, dann wäre noch Frage offen, an welcher Stelle des Rings die Schweißung angebracht werden soll.
Die Beschwerdeführerin argumentierte hierzu, wenn man die Anordnung der Figur 5A umdrehe, entspreche die untere Kante des Rings der oberen Kante, an der die Schweißung angebracht wird. Dies hat jedoch keine Grundlage und ist im Hinblick auf die Lösung der zweiten Aufgabe nicht zielführend.
Wenn der Fachmann nämlich anschließend zur Lösung der zweiten Aufgabe die D15 betrachten würde, würde er, wie oben beschrieben, das gesamte Cap (64) auf die Vorrichtung der D16 übertragen. In Kombination mit der Befestigung durch Schweißen würde er jedoch den Ring nicht an einer Oberkante, sondern wie in D15 gezeigt im unteren Bereich anschweißen.
Die Kombination D16 - D11 - D15 führt daher zu einer Anordnung, bei der das Merkmal 1.4 fehlt.
1.4.2 Ausgehend von D15 (Einwand nicht zugelassen)
Die Beschwerdeführerin erhob mit Schreiben vom 21. März 2021 einen weiteren Einwand zur erfinderischen Tätigkeit, diesmal ausgehend von D15.
D15 wurde in der Entscheidung der Einspruchsabteilung nur zur Frage der Neuheit behandelt und als nicht neuheitsschädlich angesehen.
Die Beschwerdeführerin hatte einen Neuheitseinwand basierend auf D15 erhoben. Einwände zur erfinderischen Tätigkeit erhob die Beschwerdeführerin ausschließlich ausgehend von D16 als nächstliegendem Stand der Technik.
Der neue, auf D15 basierende Einwand zur erfinderischen Tätigkeit geht mit anderen Unterscheidungsmerkmalen, der Formulierung einer neuen technischen Aufgabe und mit neuen Kombinationen der in den Dokumenten gezeigten Gegenstände einher. Daher stellt dieser Einwand eine Änderung des Beschwerdevorbringens im Sinne der VOBK 2020 dar.
Da der Einwand nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung zum ersten Mal vorgetragen wurde, ist Artikel 13(2) VOBK 2020 anzuwenden, der für die Zulassung einer Änderung des Beschwerdevorbringens stichhaltige Gründe verlangt.
Die Beschwerdeführerin hat keine stichhaltigen Gründe vorgebracht und die Kammer kann auch von sich aus keine stichhaltigen Gründe erkennen, die eine Zulassung des neuen Einwands rechtfertigen würden.
Daher wird der Einwand unter Artikel 56 EPÜ ausgehend von D15 nicht in das Verfahren zugelassen (Artikel 13(2) VOBK 2020).
1.4.3 Zusammenfassend zeigt keiner der von der Beschwerdeführerin in zulässiger Weise vorgebrachten Einwände, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags naheliegend wäre.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.