T 0875/17 02-03-2021
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BEDIENUNGSVORRICHTUNG FÜR HEISSGETRÄNKEAUTOMATEN
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Zurückverweisung - (nein)
I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 06 721 904.8 zurückzuweisen. Der damalige Hauptantrag und der damalige Hilfsantrag wurden wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 52 (1) EPÜ 1973 und Artikel 56 EPÜ) zurückgewiesen.
II. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin, die Aufhebung der Entscheidung der Prüfungsabteilung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des Hauptantrags A oder eines der Hilfsanträge 1A, 2A oder 3A, eingereicht mit Schriftsatz vom 7. Januar 2021.
Hilfsweise beantragte die Beschwerdeführerin eine Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung.
III. Es wird auf folgende Dokumente verwiesen:
D1: US 6 759 072 B1
D12: US 4 914 624 A1
IV. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags A liest sich wie folgt:
Bedienungsvorrichtung (10) für Heissgetränkeautomaten, wobei der Heissgetränkeautomat zum Zubereiten und Ausgeben mehrerer verschiedener Getränke und/oder Mischgetränke ausgebildet ist, die jeweils mittels der Bedienungsvorrichtung (10) auswählbar sind und auf ihre jeweilige Auswahl hin zubereitet und ausgegeben werden können,
wobei die Bedienungsvorrichtung (10) als Berührungsbildschirm ausgebildet ist, der als Grundeinstellungsanzeige in einer Speichereinrichtung gespeicherte Symbole (2a, 2b, 2c, 2d, 2e, 2f, 2g, 2h) visuell darstellt, und zwar
als erste Auswahleinrichtung (2) zum Auswählen eines gewünschten Getränks oder Mischgetränks, mittels welcher bei ihrer Aktivierung mittels Berührung des auf dem Berührungsbildschirm visuell dargestellten Symbols (2a, 2b, 2c, 2d, 2e, 2f, 2g, 2h) ein vorbestimmter Zubereitungsprozess veranlasst wird, der daraufhin durchlaufen wird und in seiner zeitlichen Ablauffolge auf dem Berührungsbildschirm visuell darstellbar ist,
als zweite Auswahleinrichtung (21) zum Auswählen einer durch einen Bediener gewünschten Zubereitungseinstellung zusammen mit der Auswahl eines Getränks oder Mischgetränks durch Betätigung der ersten Auswahleinrichtung (2),
wobei der Berührungsbildschirm bei der Auswahl einer Zubereitungseinstellung das Symbol (2a, 2b, 2c, 2d, 2e, 2f, 2g, 2h) für das mittels der ersten Auswahleinrichtung (2) ausgewählte Getränk anzeigt, und
zusätzlich Einstelltastensymbole (5a, 5b, 5c, 5d) zum Vornehmen und Speichern einer von einem Bediener gewünschten Einstellung für ein mittels der ersten Auswahleinrichtung (2) ausgewähltes Getränk oder Mischgetränk und für eine mittels der zweiten Auswahleinrichtung (21) ausgewählte Zubereitungseinstellung durch Berührung der Einstelltastensymbole (5a, 5b, 5c, 5d) durch den Bediener.
V. Im unabhängigen Anspruch 1 des Hilfsantrags 1A wurden gegenüber dem des Hauptantrags A folgende Merkmale am Anspruchsende hinzugefügt:
wobei die zweite Auswahleinrichtung (21) für den Bediener gleichzeitig mit einem Auswählen eines bestimmten Getränks durch Berühren eines der Symbole (2a, 2b, 2c, 2d, 2e, 2f, 2g, 2h) auf dem als erste Auswahleinrichtung (2) agierenden Berührungsbildschirm aktivierbar ist, und
wobei die zweite Auswahleinrichtung (21) in Bezug auf die erste Auswahleinrichtung (2) durch eine Zeitsteuerung oder eine Taktsteuerung aktivierbar ist.
VI. Im unabhängigen Anspruch 1 des Hilfsantrags 2A wurden gegenüber dem des Hilfsantrags 1A folgende Merkmale am Anspruchsende hinzugefügt:
und wobei die Zeitsteuerung ein längeres Berühren des Symbols (2a, 2b, 2c, 2d, 2e, 2f, 2g, 2h) umfasst, und wobei die Taktsteuerung ein mehrmaliges kurzes Berühren des Symbols (2a, 2b, 2c, 2d, 2e, 2f, 2g, 2h) umfasst.
VII. Im unabhängigen Anspruch 1 des Hilfsantrags 3A wurden gegenüber dem des Hauptantrags A folgende Merkmale am Anspruchsende hinzugefügt:
wobei die zweite Auswahleinrichtung (21) für den Bediener gleichzeitig mit einem Auswählen eines bestimmten Getränks durch Berühren eines der Symbole (2a, 2b, 2c, 2d, 2e, 2f, 2g, 2h) auf dem als erste Auswahleinrichtung (2) agierenden Berührungsbildschirm nutzbar ist,
wobei die zweite Auswahleinrichtung (21) in Bezug auf die erste Auswahleinrichtung (2) durch eine Zeitsteuerung nutzbar ist, und wobei die Zeitsteuerung ein längeres Berühren des Symbols (2a, 2b, 2c, 2d, 2e, 2f, 2g, 2h) umfasst,
derart, dass der Bediener durch eine einzige längere oder kürzere Berührung eines der Symbole (2a, 2b, 2c, 2d, 2e, 2f, 2g, 2h) gleichzeitig eine Auswahl eines Getränks und eine Auswahl zwischen
einem voreingestellten Funktionsablauf und/oder einer voreingestellten Zubereitung und
einer individuellen Einstellung eines Funktionsablaufs und/oder einer individuellen Zubereitungseinstellung vornimmt.
VIII. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen und für die Entscheidung wesentlichen Argumente sind im Folgenden kurz zusammengefasst: Durch die Darstellung der Getränke als Symbole und die Doppelbelegung dieser Symbole für die Getränkeauswahl und die Zubereitungseinstellung sei die Benutzeroberfläche relativ klein gehalten, aber dennoch überschaubar und instruktiv gestaltet. Außerdem müsse der Wortlaut in Anspruch 1 im Sinne der Beschreibung verstanden werden, sodass die Doppelbelegung eines einzigen Symbols mit zwei Funktionalitäten nicht außer Frage stehen sollte. Die Lehre des Dokuments D12 sollte in der Argumentation nicht berücksichtigt werden, da es sich dort um einen Computer und nicht um eine Benutzeroberfläche eines Heissgetränkeautomaten handle.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulassung der Anträge vom 7. Januar 2021 in das Verfahren
Der vorliegende Hauptantrag A, sowie die Hilfsanträge 1A bis 3A wurden mit Schreiben vom 7. Januar 2021, also in Antwort auf die Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020, eingereicht.
Der Hauptantrag A unterscheidet sich nur durch eine sprachliche Klarstellung von dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Hauptantrag ("visuell darstellt" wurde im unabhängigen Anspruch 1 aus Zeile 10 nach Zeile 8 vorgezogen und mit dem Wortlaut "und zwar" weiter ergänzt). Außerdem wurden der der Entscheidung zu Grunde liegende Hauptantrag und die darauf aufbauenden Hilfsanträgen 1A bis 3A bereits mit der Beschwerde-begründung beantragt (sh. Beschwerdebegründung, Punkt 2.2.4).
Somit kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die nun vorliegenden Anträge keine Änderung des Beschwerde-vorbringens im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK 2020 darstellen, da sie inhaltlich mit den in der Beschwerdebegründung unter Punkt 2.2.4 genannten Anträgen übereinstimmen und somit als bereits mit der Beschwerdebegründung gemäß Artikel 12 (3) VOBK 2020 eingereicht angesehen werden können. Folglich hat die Kammer diese Anträge in das Verfahren zugelassen.
3. Antrag auf Zurückverweisung an die erste Instanz
Die Beschwerdeführerin beantragt die Zurückverweisung an die erste Instanz vor dem Hintergrund, dass die Kammer in der vorläufigen Stellungnahme dem Anspruch 1 eine neue Auslegung zu Grunde gelegt habe.
Die Kammer erkennt in dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung an die erste Instanz keine ausreichende Substantiierung der Sachlage. Gemäß Artikel 11 VOBK 2020 soll eine Kammer eine Angelegenheit an die erste Instanz grundsätzlich nicht zurückverweisen, es sei denn dass besondere Gründe dafür sprechen, insbesondere wenn das Verfahren vor der ersten Instanz wesentliche Mängel aufweist. Hierzu wurden jedoch von der Beschwerdeführerin keine Tatsachen, Gründe, Argumente oder neue Beweismittel vorgetragen, außer dass eine "neue Auslegung" vorläge.
Auch konnte die Kammer selbst keine besondere Gründe erkennen, welche eine Zurückverweisung rechtfertigen würden.
Für eine Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung ist es nicht ausreichend, dass eine Kammer den beantragten Gegenstand inhaltlich anders auslegt als die Prüfungsabteilung. Gerade die Auslegung, Bewertung und Interpretation gewisser Sachverhalte ist wesentlicher Bestandteil der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch die Kammer. Dass hierbei die Kammer gelegentlich von der Auffassung der ersten Instanz abweicht, liegt in der Natur der Sache.
Somit kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Antrag auf Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung unbegründet ist und ihm nicht stattgegeben wird.
4. Gegenstand der Anmeldung
Die Patentanmeldung handelt von einer Bedienungsvorrichtung für einen Heissgetränkeautomaten, für den die Bedienbarkeit möglichst einfach und bequem gestaltet werden soll. Hierzu werden die zur Auswahl stehenden Getränke als Symbole auf einem Berührungsbildschirm dargestellt, wobei jedes Symbol mit zwei unterschiedlichen Funktionalitäten belegt wird. Die erste Funktionalität (im Anspruch als "erste Auswahleinrichtung" bezeichnet) erlaubt es dem Benutzer durch Drücken eines Symbols ein bestimmtes Getränk auszuwählen. Die zweite Funktionalität (im Anspruch als "zweite Auswahleinrichtung" bezeichnet) erlaubt es dem Benutzer durch die Art und Weise wie das zuvor ausgewählte Symbol gedrückt wird (z.B. kurzes oder langes Drücken, Doppelklick o.ä.) zwischen einer voreingestellten Zubereitungseinstellung oder einer durch den Benutzer angepassten Zubereitungseinstellung auszuwählen. Dies ist durch eine Takt- oder Zeitsteuerung realisiert, welche einen Wechsel zu einer zweiten Bildschirmdarstellung ermöglicht, in welcher dann die Zubereitungseinstellung durch den Benutzer angepasst werden kann.
5. Hauptantrag A - Erfinderische Tätigkeit
5.1 Nächstkommender Stand der Technik
Die Kammer stimmt mit der Prüfungsabteilung überein, dass das Dokument D1 den nächstkommenden Stand der Technik darstellt, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird.
Das Dokument D1 zeigt (die Verweise in Klammern in diesem Absatz beziehen sich auf das Dokument D1) eine Bedienungsvorrichtung (Fig. 6; 602, 603) für Heissgetränkeautomaten, wobei der Heissgetränkeautomat zum Zubereiten und Ausgeben mehrerer verschiedener Getränke und/oder Mischgetränke ausgebildet ist (Zusammenfassung), die jeweils mittels der Bedienungsvorrichtung auswählbar sind und auf ihre jeweilige Auswahl hin zubereitet und ausgegeben werden können (Spalte 8, Zeile 52 bis Spalte 12, Zeile 67), wobei die Bedienungsvorrichtung als Berührungsbildschirm ausgebildet ist (700), der als Grundeinstellungsanzeige in einer Speichereinrichtung gespeicherte Symbole visuell darstellt ("beverage selection icons" 706), und zwar als erste Auswahleinrichtung (Fig. 7, Referenzzeichen 706) zum Auswählen eines gewünschten Getränks oder Mischgetränks, mittels welcher bei ihrer Aktivierung mittels Berührung des auf dem Berührungsbildschirm visuell dargestellten Symbols (706) ein vorbestimmter Zubereitungsprozess veranlasst wird, der daraufhin durchlaufen wird [deleted: und in seiner zeitlichen Ablauffolge auf dem Berührungsbildschirm visuell darstellbar ist], als zweite Auswahleinrichtung (708) zum Auswählen einer durch einen Bediener gewünschten Zubereitungseinstellung [deleted: zusammen mit der Auswahl eines Getränks oder Mischgetränks durch Betätigung der ersten Auswahleinrichtung (706)], [deleted: wobei der Berührungsbildschirm bei der Auswahl einer Zubereitungseinstellung das Symbol für das mittels der ersten Auswahleinrichtung ausgewählte Getränk anzeigt], und zusätzlich Einstelltastensymbole (802, 804, 805) zum Vornehmen und Speichern (806) einer von einem Bediener gewünschten Einstellung für ein mittels der ersten Auswahleinrichtung (706) ausgewähltes Getränk oder Mischgetränk und für eine mittels der zweiten Auswahleinrichtung (708 und daraus folgend 800) ausgewählte Zubereitungseinstellung durch Berührung der Einstelltastensymbole (802, 804 und 805) durch den Bediener.
Zu den Referenzzeichen "706" bzw. "708" in Dokument D1 wird angemerkt, dass es sich bei der Nennung von "708" in Dokument D1, Spalte 7, Zeilen 16 und 22 um Druckfehler handeln muss. Bei den dort zitierten Referenzzeichen kann aufgrund des Gesamtzusammenhangs, der Darstellung in Figur 7 und der Wortwahl im Plural nur das Referenzzeichen "706" ("predetermined beverage selection icons and labels") gemeint sein. Das Referenzzeichen "708" wird in Dokument D1, Spalte 7, Zeile 29 dann richtigerweise im Singular verwendet und als "customization option icon and label 708" bezeichnet.
5.2 Unterschiedsmerkmale
Die oben unter Punkt 5.1 durchgestrichenen Passagen stellen die Unterschiedsmerkmale zwischen dem Anspruchsgegenstand und der Lehre des Dokuments D1 dar.
Die in Dokument D1 fehlenden Merkmale
- "und in seiner zeitlichen Ablauffolge auf dem Berührungsbildschirm visuell darstellbar ist" und
- "wobei der Berührungsbildschirm bei der Auswahl einer Zubereitungseinstellung das Symbol für das mittels der ersten Auswahleinrichtung ausgewählte Getränk anzeigt"
sind nicht technischer, da rein kognitiver Art.
Sie sind nur darstellend und können in dem gegebenen Zusammenhang keinen technischen Beitrag leisten. Folglich bleiben diese Merkmale in der weiteren Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit entweder unberücksichtigt (die Anzeige der Ablauffolge) oder werden mit anderen, gleichwertigen Anzeigen gleichgesetzt (z.B. Textfelder statt Symbole).
Folglich verbleibt als einziges technisches Unterschiedsmerkmal zwischen dem in Anspruch 1 definierten Gegenstand und dem aus dem Dokument D1 bekannten Sachverhalt, dass die Auswahl einer Benutzer spezifischen Zubereitungseinstellung mit der zweiten Auswahleinrichtung "zusammen mit der Auswahl eines Getränks oder Mischgetränks durch Betätigung der ersten Auswahleinrichtung" erfolgt.
5.3 Zu lösendes Problem / Effekt
Das durch das Unterschiedsmerkmal gelöste Problem liegt in einer einfachen und bequemen Auswahl eines Getränks, welches als Basiseinstellung für eine benutzerspezifischen Anpassung der Zubereitungseinstellung herangezogen wird.
5.4 Naheliegen der Lösung
Die in Anspruch 1 definierte Lösung, nämlich die Wahl des Basisgetränks durch Betätigung der ersten Auswahleinheit zusammen mit der Auswahl der Zubereitungsart durch die zweite Auswahleinheit auszuführen, ist dem Fachmann ausgehend von der Lehre des Dokuments D1, wie im Folgenden erläutert, nahegelegt.
Im Dokument D1 erfolgt der Wechsel von dem Berührungsbildschirm "GUI 700" (vergleichbar mit Fig. 3A in der Anmeldung) zum Berührungsbildschirm "GUI 800" (vergleichbar mit Fig. 6A in der Anmeldung) durch Drücken des Bereichs "708", also durch Betätigung der zweiten Auswahleinrichtung. Dokument D1 offenbart nicht, wie bzw. wann bei einer benutzerspezifischen Zubereitungseinstellung mit Hilfe des Bildschirms "GUI 800" das der Zubereitung zugrunde liegende Basisgetränk auswählt wird, wann also die Auswahl eines Getränks oder Mischgetränks durch Betätigung der ersten Auswahleinrichtung erfolgt. Ob dieses Basisgetränk bereits in Bildschirm "GUI 700" (Figur 7) durch Wahl eines der Bereiche "706" erfolgt, oder aber erst in Bildschirm "GUI 800" (Figur 8), bleibt im Dokument D1 offen. Dass in Dokument D1 ein Basisgetränk gewählt werden muss, scheint allerdings außer Frage, denn der Benutzer wird nicht bei jedem Wechsel zu einer benutzerspezifischen Zubereitungseinstellung sein Getränk komplett neu konfigurieren. In Anbetracht der vorhandenen Voreinstellungen und bereitgestellten Tasten in Dokument D1 erscheint dort die Auswahl über einen der Auswahlbereiche "706" naheliegend.
Der Fachmann würde folglich die Auswahl des Getränks durch Wahl eines der Bereiche "706" zusammen mit der Wahl des Bereichs "708" realisieren, wodurch er zum in Anspruch 1 definierten Gegenstand ohne erfinderisches Zutun gelangt.
5.5 Der in Anspruch 1 des Hauptantrags A definierte Gegenstand weist folglich ausgehend von der Lehre des Dokuments D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen keine erfinderische Tätigkeit auf.
5.6 Zu den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumenten wird folgendes angemerkt.
Anspruch 1 definiert nicht,
- dass die Symbole nur Getränkesymbole darstellen,
- dass ein und dasselbe Symbol für die Getränkeauswahl und die Zubereitungsart (voreingestellt oder benutzerspezifisch) zu betätigen ist und
- dass die Betätigung dieses einzigen ausgewählten Symbols gleichzeitig für die Getränkeauswahl und die Zubereitungsart erfolgt.
Diese Einschränkungen auf Grund der Lehre der Beschreibung in den Anspruchswortlaut hinein zu lesen, hält die Kammer nicht für gerechtfertigt. Jeder Anspruch muss für sich allein gesehen den Gegenstand, für den Schutz begehrt wird, definieren, er muss deutlich gefasst sein und darf nicht in einer engen Auslegung im Sinne der Beschreibung verstanden werden; die Beschreibung soll lediglich den im Anspruch definierten Gegenstand stützen.
Auch versteht die Kammer den Wortlaut "zum Auswählen einer durch einen Bediener gewünschten Zubereitungs-einstellung zusammen mit der Auswahl eines Getränks oder Mischgetränks durch Betätigung der ersten Auswahleinrichtung" in dem Sinn, dass beide Auswahlen getroffen werden müssen (Getränk und Zubereitungsart), wenn eine benutzerspezifische Zubereitung gewünscht wird. Dies impliziert allerdings noch keine Gleichzeitigkeit, sondern fordert nur, dass beide Auswahlen in einem gegebenen zeitlichen Rahmen, aber nicht zwingend zeitgleich getätigt werden müssen.
6. Hilfsantrag 1A - Erfinderische Tätigkeit
6.1 Antrag 1 wurde durch das Merkmal einer gleichzeitigen Betätigung der zweiten Auswahleinrichtung mit dem Auswählen des Getränks spezifiziert, wobei dies durch eine Takt- oder Zeitsteuerung erfolgen soll. Dieses Merkmal ist nicht in Dokument D1 offenbart und stellt folglich ein weiteres Unterschiedsmerkmal dar.
6.2 Das zu lösende Problem bleibt allerdings das gleiche wie für den Hauptantrag.
6.3 Die durch die im Anspruch neu aufgenommenen Merkmale definierte Lösung ist bereits in der zum Hauptantrag vorgetragenen Argumentation impliziert, wie im Folgenden erläutert wird.
Hinsichtlich des Hauptantrags ist die Kammer zu dem Ergebnis gekommen, dass in Dokument D1 die dort nicht offenbarte Auswahl des Basisgetränks für eine benutzerspezifische Zubereitung in naheliegender Art und Weise durch Tastendruck eines der Symbole "706" auf dem Bildschirm "GUI 700" erfolgt. Im Falle einer benutzerspezifischen Anpassung muss dann zusätzlich das Symbol "708" gedrückt werden, um vom Bildschirm "GUI 700" zum Bildschirm "GUI 800" zu wechseln. Da aber auf dem Bildschirm "700" auch die Auswahl eines voreingestellten Getränks (ohne benutzerspezifische Anpassung) mit Hilfe einer der Tasten "706" möglich sein soll, muss auch in Dokument D1 eine Zeitsteuerung vorgesehen sein, wenn die Auswahl des Symbols "706" entweder eine Endauswahl oder eine Vorauswahl als Basisgetränk darstellt: wählt ein Benutzer eines der Symbole "706", so muss eine Zeitschaltung vorgesehen sein, damit die Bedienvorrichtung kurz wartet, ob eine weitere Auswahl der benutzerspezifischen Getränkeanpassung durch das Symbol "708" erfolgt oder nicht.
Somit ist die nun explizite Definition einer Zeitsteuerung und die somit gleichzeitige Auswahl des Basisgetränks und der Zubereitungsart bereits von der zum Hauptantrag dargelegten Argumentation mit eingeschlossen.
6.4 Der in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1A definierte Gegenstand weist folglich ausgehend von der Lehre des Dokuments D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen keine erfinderische Tätigkeit auf.
6.5 Das von der Beschwerdeführerin vorgetragene Argument, dass die Bedienung durch die gleichzeitige Auswahl nur eines Symbols vereinfacht sei, kann nicht überzeugen, da in Anspruch 1 nach wie vor nicht definiert ist, dass die Auswahl des Getränks und der Zubereitungsart über ein und dasselbe Symbol erfolgt.
7. Hilfsantrag 2A - Erfinderische Tätigkeit
7.1 Der unabhängige Anspruch 1 wurde nun weiter eingeschränkt, durch die Spezifizierung wie die Zeit- bzw. Taktsteuerung zu realisieren sei ("längeres Berühren des Symbols" oder "mehrmaliges kurzes Berühren des Symbols").
7.2 Die nun in Anspruch 1 definierte Zeit- bzw. Taktsteuerung ist in Dokument D1 nicht offenbart.
7.3 Das dadurch gelöste Problem wird in einem einfach zu realisierenden Wechsel zwischen einer voreingestellten Zubereitungsart des Getränks zu einer benutzerspezifischen Zubereitungsart eines Getränks gesehen.
7.4 Auch Hilfsantrag 2A definiert nicht, dass ein und dasselbe Symbol der Auswahl des Getränks und der Zubereitungsart dient. Die nun im unabhängigen Anspruch 1 definierte Lösung ist auch weiterhin nicht erfinderisch, da eine Zeit- bzw. Taktsteuerung zum Anmeldezeitpunkt dem Fachmann, welcher sich mit Berührungsbildschirmen befasst, allgemein bekannt war. Somit würde der Fachmann, ähnlich wie oben unter Punkt 6.3 erläutert, auch ein längeres Drücken des Symbols "706" berücksichtigen, um die gleichzeitige Betätigung des Symbols "708" abzuwarten.
7.5 Folglich weist auch der in diesem Hilfsantrag definierte Gegenstand keinen erfinderischen Beitrag auf.
7.6 Die Argumente der Beschwerdeführerin beschränken sich auf die Wiederholung der bereits zum Hauptantrag A und zum Hilfsantrag 1A vorgetragenen Argumente.
8. Hilfsantrag 3A - Erfinderische Tätigkeit
8.1 Der unabhängige Anspruch 1 wurde auf die Zeitsteuerung eingeschränkt, wobei durch eine einzige längere oder kürzere Berührung eines der Symbole gleichzeitig eine Auswahl eines Getränks und eine Auswahl der Zubereitungsart erfolgen soll.
8.2 Der nun vorliegende Wortlaut kann nach wie vor so gelesen werden, dass "eines der Symbole" länger oder kürzer berührt werden muss, um das Getränk und die Zubereitungsart auszuwählen. Dass parallel dazu noch ein weiteres Symbol auszuwählen ist, wird durch den vorliegenden Wortlaut nicht zwingend ausgeschlossen, sodass die für die vorrangigen Hilfsanträge geführte Argumentation auch hier immer noch zutreffend ist.
8.3 Selbst wenn allerdings der vorliegende Wortlaut eng ausgelegt werden würde, sodass das mit der ersten Auswahleinrichtung ausgewählte Getränkesymbol auch für die Auswahl der zweiten Auswahleinrichtung genutzt wird (entsprechend der von der Anmeldung beabsichtigten Auslegung), wird der dadurch definierte Gegenstand als nicht erfinderisch angesehen, wie im Folgenden erläutert wird.
8.4 Durch die Verwendung des gleichen Symbols für die Auswahl sowohl des Getränks als auch der Zubereitungseinstellung, wird das Problem gelöst, das Auswahlmenü auf dem Bildschirm kompakt darzustellen und seine Bedienung einfach zu gestalten.
8.5 Ausgehend von der Lehre des Dokuments D1 steht der Fachmann dem Problem gegenüber, wie er den in Figur 7 gezeigten Bildschirm kompakter aufbaut, ohne auf Funktionalitäten verzichten zu müssen. Der Fachmann, dem eine Zeitsteuerung für Berührungsbildschirme zum Anmeldezeitpunkt bereits allgemein bekannt war (siehe beispielsweise das zum Anmeldezeitpunkt bereits über 15 Jahre alte Dokument D12, Spalte 6, Zeilen 56 bis 65), wird ausgehend von den zu den vorrangigen Anträgen bereits vorgetragenen Überlegungen folgendes feststellen: wenn eine Vorauswahl eines Getränks durch Betätigung des Symbols "706" erfolgt, kann mit Hilfe einer zusätzlichen Zeitsteuerung, welche an diese Taste "706" geknüpft wird, in einfacher Weise auf das Symbol "708" verzichtet werden. Hierdurch gelangt der Fachmann unmittelbar zu dem in Anspruch 1 definierten Gegenstand.
8.6 Anspruch 1 des Hilfsantrags 3A weist folglich ausgehend von der Lehre des Dokuments D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen (welches durch das Dokument D12 nur illustriert wird) keine erfinderische Tätigkeit auf.
8.7 Auch zu diesem Antrag beschränken sich die Argumente der Beschwerdeführerin auf die Argumente, welche bereits zu den vorrangigen Anträgen diskutiert wurden.
9. Fazit
Da die Anmeldungsunterlagen gemäß dem Hauptantrag A und gemäß der Hilfsanträge 1A, 2A und 3A den Erfordernissen des EPÜ bezüglich erfinderischer Tätigkeit nicht genügen, bleibt die Beschwerde erfolglos (Artikel 97 (2) EPÜ und Artikel 111 (1) EPÜ).
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.