T 1371/17 23-03-2022
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VORRICHTUNG ZUR BEHANDLUNG VON WUNDEN
I. Die Einsprechende legte Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des Streitpatents in geänderter Fassung auf der Grundlage des am 23. Januar 2017 eingereichten Hauptantrags ein.
II. In dieser Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß diesem Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, insbesondere in Hinsicht auf die folgenden Dokumente:
D1: WO 95/26698 A1
D3: US 2004/0006319 A1
III. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt.
IV. Die Beteiligten wurden zu einer mündlichen Verhandlung am 25. März 2022 geladen.
In ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 vom 17. Januar 2022 teilte die Kammer ihre vorläufige Einschätzung mit.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2022 erklärte die Beschwerdegegnerin, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
Die Kammer sagte daraufhin die mündliche Verhandlung ab.
V. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag (Anspruch 1 im Folgenden) lautet wie folgt:
"Vorrichtung zur Behandlung von Wunden, mit einer mit der Wundoberfläche in Berührung kommenden Wundeinlage und einer Abdeckung zur Überdeckung der Wundfläche und der Wundeinlage, wobei die Abdeckung eine luftdichte Abdichtfolie (26) ist, die an der die Wunde (22) umgebenden Haut (30) abdichtend befestigbar ist und wobei wenigstens eine Schlauchleitung (32) abgedichtet unter der Abdichtfolie (26) herausführbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass die Wundeinlage (10) aus einem flächigen textilen Abstandsmaterial besteht, welches wenigstens eine erste Oberflächenschicht (12), eine zweite Oberflächenschicht (14) und einen Zwischenraum (18) zwischen diesen Oberflächenschichten (12, 14) aufweist, wobei wenigstens die erste Oberflächenschicht (12) eine biokompatible Oberfläche und eine Struktur aufweist, die das Durchtreten von Flüssigkeit ermöglicht und das Einwachsen des Wundgewebes verhindert, und wobei in dem Zwischenraum (18) Abstandsfäden (16) angeordnet sind, die die erste Oberflächenschicht (12) und die zweite Oberflächenschicht (14) elastisch federnd beabstandet halten, und dass die wenigstens eine Schlauchleitung (32) mit dem Zwischenraum (18) kommuniziert."
VI. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten, für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht erfinderisch gegenüber der Kombination von D3 mit D1.
D3 offenbare unstreitig eine Vorrichtung zur Behandlung von Wunden gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1 (siehe z. B. Figur 10), insbesondere mit einer Wundeinlage und einer Schlauchleitung, die in der Mitte der Wundeinlage zur Absaugung der Wundflüssigkeit eingeführt sei. Die Wundeinlage sei aus einem Polymerschaumstoffblock ausgebildet. Wie die Beschwerdegegnerin in ihrer Erwiderung selbst angegeben habe, weise die Wundeinlage eine an der Wundoberfläche anliegende erste Oberflächenschicht auf, deren Struktur das Durchtreten von Flüssigkeit ermögliche und das Einwachsen des Wundgewebes verhindere (Absätze [0003], [0049] und [0053]; siehe auch die "sock" 213 in Figur 17 und Absatz [0056].
Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich somit von dieser bekannten Vorrichtung nur dadurch, dass die Wundeinlage nicht aus einem Polymerschaumstoffblock bestehe, sondern aus einem flächigen textilen Abstandsmaterial mit in dem Zwischenraum des Abstandsmaterials angeordneten Abstandsfäden, die die erste und zweite Oberflächenschichten elastisch federnd beabstandet hielten, sowie dadurch, dass die Schlauchleitung mit dem Zwischenraum des Abstandsmaterials kommuniziere.
Wie bei ähnlichen Vorrichtungen zur Behandlung von Wunden mittels Vakuumtherapie übe die Wundeinlage aus Polymerschaumstoff in D3 auch einen Druck auf die Wundoberfläche aus, wenn unter der Abdichtfolie ein Unterdruck erzeugt werde. Somit sei die von der Beschwerdegegnerin formulierte und in der angefochtenen Entscheidung angenommene technische Aufgabe inkorrekt. Vielmehr sei die zu lösende objektive technische Aufgabe ausgehend von D3 lediglich, eine Alternative zu den in D3 verwendeten Polymerschaumstoffen, um die Wundeinlage auszubilden, bereitzustellen.
Solche flächige textile Abstandsmaterialien als Wundeinlagen seien in D1 offenbart (siehe z. B. Seite 3, Zeilen 4-6 und 33-36), mit der Lehre, dass sie den Abtransport von Wundexsudat aus der Wundoberfläche ermöglichten (Seite 10, Zeilen 36-37). D1 offenbare weiter, dass die elastischen Eigenschaften des Abstandsmaterials einfach angepasst werden könnten (Seite 4, Zeilen 11-14). Ausgehend von D3 würde der Fachmann daher ohne Weiteres D1 konsultieren und solch ein Abstandsmaterial in der Vorrichtung gemäß D3 als Ersatz für den Polymerschaumstoff der Wundeinlage anwenden.
Wie bei einem Wundverband üblich, weise die der Wundoberfläche zugewandte Oberflächenschicht des Abstandsmaterials gemäß D1 implizit eine Struktur auf, die das Einwachsen des Wundgewebes verhindere. Auch wenn es nicht der Fall wäre, wüsste der Fachmann aus D3 selbst, dass dieses Merkmal eine wünschenswerte Eigenschaft der ersten Oberflächenschicht der Wundeinlage sei und wie es zu erreichen sei. Darüber hinaus würde der Fachmann auch in naheliegender Weise die Schlauchleitung zur Absaugung der Wundflüssigkeit in der resultierenden Wundeinlage so platzieren, dass sie mit dem Zwischenraum des Abstandsmaterials kommuniziere.
Somit würde der Fachmann ausgehend von D3 ohne erfinderisches Zutun zu dem Gegenstand von Anspruch 1 gelangen.
VII. Die von der Beschwerdegegnerin vorgebrachten, für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
D3 offenbare nicht die Merkmale des kennzeichnenden Teils von Anspruch 1. D3 offenbare zwar eine Wundeinlage aus einem offenzelligen Schaumstoff (Absatz [0047]), deren an der Wundoberfläche anliegende Oberflächenschicht eine Struktur aufweise, die das Durchtreten von Flüssigkeit ermögliche und das Einwachsen des Wundgewebes verhindere. Die Wundeinlage und die Schlauchleitung dienten jedoch ausschließlich dazu, die Wundflüssigkeit abzusaugen. Es finde sich in D3 kein Hinweis darauf, unter der Abdichtfolie einen Unterdruck gegenüber der Außenatmosphäre zu erzeugen, der eine Kompression der Wundeinlage bewirke, um durch eine elastische Rückstellkraft der Wundeinlage einen Druck auf die Wundoberfläche auszuüben.
Die von der Beschwerdeführerin ausgeführte technische Aufgabe sei daher inkorrekt. Wie in der angefochtenen Entscheidung zu Recht angenommen, bestehe der Effekt des Abstandsmaterials darin, dass ein gezielter Druck auf die Wunde ausgeübt werden könne. Dadurch werde das Problem gelöst, den Heilungsprozess zu begünstigen.
D1 offenbare zwar eine Wundeinlage, die aus einem flächigen textilen Abstandsmaterial bestehe. Dieses Abstandsmaterial diene allerdings ausschließlich dazu, eine Druckeinwirkung auf die Wunde zu verhindern (Seite 8, Zeilen 29 bis Seite 9, Zeile 5). Dies stehe im diametralen Gegensatz dazu, wie im Streitpatent ersucht, einen Druck auf die Wunde gezielt auszuüben. Außerdem diene die Abdeckung ("backing layer" 110), die an der die Wunde umgebenden Haut festklebbar sei, ausschließlich zur Befestigung und Fixierung der Wundeinlage, sei jedoch keine luftdichte Abdichtfolie (Seite 10, Zeilen 27-29). Diese Abdeckung sei daher inkompatibel mit einer Vorrichtung zur Behandlung von Wunden mittels Vakuumtherapie.
Daher würde der Fachmann eine Kombination von D3 mit D1 nicht in Betracht ziehen. Der Gegenstand von Anspruch 1 sei somit erfinderisch gegenüber diesen Dokumenten.
1. Der Gegenstand des Streitpatents
1.1 Das Streitpatent bezieht sich auf eine Vorrichtung zur Behandlung von Wunden mittels Vakuumtherapie. Wie aus dem Stand der Technik bekannt und im Oberbegriff von Anspruch 1 definiert, weist die Vorrichtung zur Behandlung einer Wunde (22) (siehe die unten wiedergegebene Figur 5) eine Wundeinlage (12, 14, 16), eine luftdichte Abdichtfolie (26) als Abdeckung zur Überdeckung der Wundfläche und eine Schlauchleitung (32) auf, über die ein Unterdruck unter der Abdeckung erzeugt werden kann.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
1.2 Gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 besteht die Wundeinlage aus einem flächigen textilen Abstandsmaterial, welches wenigstens eine erste Oberflächenschicht (12), eine zweite Oberflächenschicht (14) und einen Zwischenraum (18) zwischen diesen Oberflächenschichten aufweist, wobei wenigstens die erste Oberflächenschicht eine biokompatible Oberfläche und eine Struktur aufweist, die das Durchtreten von Flüssigkeit ermöglicht und das Einwachsen des Wundgewebes verhindert, und wobei in dem Zwischenraum Abstandsfäden (16) angeordnet sind, die die erste Oberflächenschicht und die zweite Oberflächenschicht elastisch federnd beabstandet halten. Die Schlauchleitung kommuniziert mit dem Zwischenraum, so dass dort angesammelte Wundflüssigkeit über die Schlauchleitung abgesaugt werden kann (Absatz [0015]).
1.3 Laut dem Streitpatent ermöglicht diese Wundeinlage eine erhebliche Verbesserung der Wundbehandlung und der Wundheilung.
Zwischen den Oberflächenschichten wird nämlich ein großvolumiger Zwischenraum gebildet, in dem sich nur die Abstandsfäden befinden. Wundflüssigkeit kann durch die poröse Oberflächenschicht in den Zwischenraum eindringen und dort aufgenommen und gespeichert werden. Wird die Wundeinlage durch eine Überdeckung z.B. ein Verbandsmaterial oder die Abdichtfolie in der Wunde komprimiert, so übt die Wundeinlage einen Druck auf das Wundgewebe aus, der die Wundflüssigkeit aus dem Wundgewebe presst, was den Heilungsprozess zusätzlich begünstigt (Absätze [0014] und [0034]).
Außerdem ermöglicht die Kompressibilität des textilen Abstandsmaterials in Verbindung mit der zyklischen Erzeugung eines Unterdrucks unter der Abdichtfolie eine besonders intensive Stimulierung der Gewebeneubildung dank des abwechselnden Einwirkens von Zugkräften während der Absaugphase und von Druckkräften während der Expansionsphase des Abstandsmaterials. Darüber hinaus vergrößert sich der Zwischenraum während dieser Expansionsphase, wodurch das Aufnehmen von der gepressten Wundflüssigkeit im Zwischenraum ermöglicht wird (Absätze [0016] und [0034]).
2. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D3
2.1 D3 offenbart unstreitig eine Vorrichtung zur Behandlung von Wunden gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1. Insbesondere zeigt die unten wiedergegebene Figur 10 eine mit der Wundoberfläche in Berührung kommende Wundeinlage ("pad" 36) und eine Abdeckung ("drape" oder "wound cover" 43) zur Überdeckung der Wundfläche und der Wundeinlage, wobei die Abdeckung eine luftdichte Abdichtfolie ist, die an der die Wunde umgebenden Haut abdichtend befestigbar ist (Absatz [0060]). Eine Schlauchleitung ("drainage tube" 37) ist auch abgedichtet unter der Abdichtfolie in die Mitte der Wundeinlage herausgeführt.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
2.2 Wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, offenbart D3 nicht, dass die Wundeinlage aus einem flächigen textilen Abstandsmaterial besteht. D3 beschreibt lediglich die Wundeinlage als ein poröses Pad ("porous pad" 36; Absätze [0003] und [0060]), das aus einem Block Polymerschaumstoff ("open cell polyurethane or polyether foam"; Absatz [0047]) ausgebildet werden kann.
2.3 Allerdings offenbart D3 auch, wie die Beschwerde-gegnerin selbst zugestanden hat, dass die an der Wundoberfläche anliegende Oberflächenschicht der Wundeinlage 36, genauso wie die erste Oberflächen-schicht des beanspruchten Abstandsmaterials, eine biokompatible Oberfläche und eine Struktur aufweist, die das Durchtreten von Flüssigkeit ermöglicht und das Einwachsen des Wundgewebes verhindert (Absätze [0003] und [0049]).
In dem Ausführungsbeispiel gemäß der unten wieder-gegebenen Figur 17, kann diese Oberflächenschicht als eine textile Zusatzschicht ("sock" 213) über dem Polymerschaumstoff ausgebildet sein (Absatz [0056]), worauf die Kammer in ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 hingewiesen hat. Die Kammer stellt fest, dass diese Ausführung ähnlich zu einer beanspruchten Ausführung des Streitpatents ist, bei der die biokompatiblen Eigenschaften und die geforderte Struktur der ersten Oberflächenschicht des Abstandsmaterials ebenfalls durch eine zusätzliche Decklage 20, mit der das textile Abstandsmaterial kaschiert wird, realisiert werden (Figur 1, Absatz [0029] sowie Ansprüche 5 und 7 des Streitpatents).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
2.4 Wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der aus D3 bekannten Vorrichtung daher nur dadurch, dass die Wundeinlage nicht aus einem Polymer-schaumstoffblock ausgebildet ist, sondern aus einem flächigen textilen Abstandsmaterial mit zwei Oberflächenschichten und einem Zwischenraum zwischen diesen Oberflächenschichten, wobei in diesem Zwischenraum angeordnete Abstandsfäden die Oberflächenschichten elastisch federnd beabstandet halten, sowie dadurch, dass die Schlauchleitung mit dem Zwischenraum kommuniziert.
2.5 Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht, dass der Effekt des Abstandsmaterials darin bestehe, dass durch die elastische Rückstellkraft des Abstandsmaterials ein gezielter Druck auf die Wunde ausgeübt werden könne. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin finde eine solche Druckausübung mit der Wundeinlage der Vorrichtung gemäß D3 nicht statt. Diese Argumentation überzeugt die Kammer nicht.
Durch ihre Ausbildung aus einem Block Polymer-schaumstoff wie z. B. Polyurethanschaumstoff (Absatz [0047]; siehe auch Absatz [0017]: "compliant") weist die Wundeinlage der Vorrichtung gemäß D3 nämlich auch eine gewisse Elastizität auf, die wie das beanspruchte Abstandsmaterial eine elastische Rückstellkraft generiert, wenn die Wundeinlage bei Erzeugung eines Unterdrucks in der Wundkavität durch die Abdeckfolie gegen die Wundfläche komprimiert wird. Dies lässt sich z. B. aus Absatz [0048] ableiten, wonach die zyklische Erzeugung eines Unterdrucks in der Wundkavität zu elastischen Verformungen der Abdichtfolie 43 führt, die den abwechselnden Kompressionsphasen und Expansions-phasen des Polymerschaumstoffblocks zuzuschreiben sind.
Daraus folgt, dass die Wundeinlage gemäß D3, ähnlich wie das beanspruchte Abstandsmaterial, durch die elastische Rückstellkraft des Polymerschaumstoffs einen Druck auf die Wundfläche ausübt, wenn unter der Abdichtfolie ein Unterdruck erzeugt wird. Wird der Saugvorgang beendet, dann kann die Wundeinlage während ihrer Expansionsphase auch einen Druck auf die Wundoberfläche weiter ausüben. Die dadurch ausgepresste Wundflüssigkeit wird dann aus der Wundoberfläche in den Schaumstoff der Wundeinlage abtransportiert.
Der Mechanismus zum Abtransport der Wundflüssigkeit aus der Wundoberfläche, den das Streitpatent bezüglich des Abstandsmaterials beschreibt (siehe Punkt 1.3 oben), gelangt somit auch bei der Wundeinlage aus Polymerschaumstoff in der Vorrichtung gemäß D3 zur Anwendung. In diesem Zusammenhang stellt die Kammer fest, dass Anspruch 1 keine besondere Mindestelastizität für die Abstandsfäden verlangt, die das elastische Verhältnis des beanspruchten Abstandsmaterials von dem der Wundeinlage aus Polymerschaumstoff der Vorrichtung gemäß D3 unterscheiden würde.
2.6 Die von der Beschwerdegegnerin vorgebrachte und in der angefochtenen Entscheidung angenommene technische Aufgabe ist daher inkorrekt.
Vielmehr besteht die objektive technische Aufgabe ausgehend von D3, wie von der Beschwerdeführerin und in der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 ausgeführt, lediglich darin, eine Alternative zu Polymerschaumstoffen als Wundeinlage, insbesondere zum Abtransport der Wundflüssigkeit aus der Wundoberfläche, bereitzustellen.
2.7 D1 offenbart unstreitig Wundeinlagen, die aus einem flächigen textilen Abstandsmaterial bestehen, das zwei Oberflächenschichten und einen Zwischenraum zwischen diesen Oberflächenschichten aufweist, wobei in diesem Zwischenraum angeordnete Abstandsfäden die Oberflächen-schichten elastisch federnd beabstandet halten (siehe die unten wiedergegebenen Figuren 1 und 2).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Insbesondere werden solche Abstandsmaterialien als Alternative zu Wundeinlagen aus Schaumstoffen dargestellt (Seite 9, Zeile 28). Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin dienen diese Abstandsmaterialien allerdings nicht nur dazu, durch ihre elastischen Eigenschaften eine Druckeinwirkung auf eine Wunde zu verhindern. D1 lehrt nämlich auch, dass die Ausgestaltung des Abstandsmaterials 10 mit einem großvolumigen Zwischenraum zwischen den beiden Oberflächenschichten 20, 30 besonders vorteilhaft ist, um den Abtransport von Wundflüssigkeit aus der Wundoberfläche zu erleichtern (Seite 10, Zeile 36 - Seite 11, Zeile 5).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin und der Einspruchsabteilung würde der von D3 ausgehende Fachmann somit D1 in Betracht ziehen, um die obige objektive technische Aufgabe zu lösen.
Die Tatsache, auf die die Beschwerdegegnerin hingewiesen hat, dass das Abdeckmaterial 110 in D1 keine luftdichte Abdeckfolie ist, ist irrelevant in Anbetracht der Aufgabe, eine Alternative zu Polymerschaumstoffen als Wundeinlage bereitzustellen - und nicht eine Alternative zu der gesamten Behandlungsvorrichtung mittels Vakuumtherapie inklusive der luftdichten Abdeckung.
2.8 Durch D1 veranlasst, würde der Fachmann in nahe-liegender Weise ein flächiges textiles Abstandsmaterial als Ersatz für den Polymerschaumstoffblock der Wundeinlage in der Vorrichtung gemäß D3, insbesondere in der Ausführung gemäß Figur 17, anwenden.
Dabei hätte der Fachmann keine Schwierigkeiten, ein Abstandsmaterial mit elastischen Eigenschaften auszuwählen, die den Eigenschaften des Polymerschaumstoffblocks entsprechen. In dieser Hinsicht lehrt D1 nämlich, wie die elastischen Eigenschaften des Abstandsmaterials einfach angepasst werden können (Seite 4, Zeilen 11-14).
Der Fachmann würde die Schlauchleitung in der resultierenden Wundeinlage in naheliegender Weise auch so anordnen, dass sie mit dem Zwischenraum des Abstandsmaterials kommuniziert, damit die dort angesammelte Wundflüssigkeit über die Schlauchleitung abgesaugt werden könnte.
Die Frage, ob die erste Oberflächenschicht des Abstandsmaterials gemäß D1 eine Struktur aufweist, die das Einwachsen des Wundgewebes verhindert, ist insofern unerheblich, als diese Eigenschaft bei der Ausführung gemäß Figur 17 von D3 schon durch die Zusatzschicht 213 realisiert wird, mit der der Polymerschaumstoffblock kaschiert wird (siehe Punkt 2.3 oben).
2.9 Somit würde der Fachmann ausgehend von D3 ohne erfinderisches Zutun zu dem Gegenstand von Anspruch 1 gelangen.
Daraus folgt, dass entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin und der Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
3. Somit ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent zu widerrufen.
Da dies dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin entspricht und die Beschwerdegegnerin keine mündliche Verhandlung beantragte, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Das Patent wird widerrufen.