T 1532/17 29-11-2021
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BEHÄLTERVERSCHLUSSVORRICHTUNG UND DAMIT AUSGESTATTETER BEHÄLTER
Zulässigkeit des Einspruchs - (ja)
Neuheit - (nein)
Spät eingereichter Antrag - Zugelassen (nein)
I. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) legte form- und fristgerecht Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit welcher das europäische Patent Nr. 2 555 988 widerrufen wurde.
II. Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im gesamten Umfang und stützte sich auf die Einspruchsgründe der mangelnden Patentfähigkeit nach Artikel 100 a) EPÜ und Artikel 54 und 56 EPÜ.
III. Mit Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 vom 10. Juli 2020 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, derzufolge die Beschwerde voraussichtlich zurückzuweisen sein dürfte.
IV. Die Beschwerdeführerin reagierte mit Schriftsatz datiert auf den 16. Oktober 2020 inhaltlich auf die Mitteilung der Kammer und nahm zugleich die mit der Beschwerde vorgelegten Hilfsanträge 6 bis 8 zurück.
V. Die Beschwerdegegnerin reagierte mit Schriftsatz datiert auf den 11. November 2020 inhaltlich auf die Mitteilung der Kammer.
VI. Am 29. November 2021 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Wegen der Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.
VII. Der Tenor der Entscheidung wurde am Schluss der Verhandlung verkündet.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte zuletzt,
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und
den Einspruch als unzulässig zu verwerfen
oder hilfsweise
das Patent in der erteilten Fassung (Hauptantrag) aufrechtzuerhalten
oder hilfsweise,
bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung das Patent in geänderter Fassung auf Basis eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 5 oder der Hilfsanträge 9 bis 12 aufrechtzuerhalten.
IX. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte zuletzt,
die Zurückweisung der Beschwerde.
X. In dieser Entscheidung werden die folgenden Dokumente erwähnt:
D2: US2009/173737
D3: AT 507 950 A1.
XI. Anspruch 1 des Hautantrags (erteilte Fassung) lautet:
"Behälterverschlussvorrichtung für einen Behälter (10), insbesondere für eine Getränkedose (10), umfassend:
einen Deckel (30) mit einer Oberseite (31), einer Unterseite (32) und einer Öffnung (33);
einen Verschluss (50) mit einem Verschlussteil (51) zum Öffnen und Wiederverschließen der Öffnung (33) und einer Bedienvorrichtung (40) zum Betätigen des Verschlussteils (51);
wobei das Verschlussteil (51) an der Unterseite (32) um eine erste Achse (A), die im Wesentlichen parallel zur Unterseite (32) verläuft, schwenkbar angeordnet ist;
wobei die Bedienvorrichtung (40) um eine zweite Achse (B) drehbar an dem Verschlussteil (51) angeordnet ist und von einer ersten Stellung (S1) in eine zweite Stellung (S2) drehbar ist;
wobei die Öffnung (33) durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die zweite Stellung (S2) mittels des Verschlussteils (51) geöffnet werden kann und durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die erste Stellung (S1) mittels des Verschlussteils (51) wiederverschließbar ist."
XII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautet (Änderungen gegenüber der Fassung des Hauptantrags sind durch Unter- bzw. Durchstreichungen gekennzeichnet):
"Behälterverschlussvorrichtung für einen Behälter (10), insbesondere für eine Getränkedose (10), umfassend:
einen Deckel (30) mit einer Oberseite (31), einer Unterseite (32) und einer Öffnung (33);
einen Verschluss (50) mit einem Verschlussteil (51) zum Öffnen und Wiederverschließen der Öffnung (33) und einer Bedienvorrichtung (40) zum Betätigen des Verschlussteils (51);
wobei das Verschlussteil (51) zum Öffnen und Wiederverschließen der Öffnung (33) an der Unterseite (32) um eine erste Achse (A), die im Wesentlichen parallel zur Unterseite (32) verläuft, schwenkbar angeordnet ist;
wobei die Bedienvorrichtung (40) zum Betätigen des Verschlussteils (51) [deleted: um eine zweite Achse (B) drehbar] an dem Verschlussteil (51) um eine zweite Achse (B) drehbar angeordnet ist und von einer ersten Stellung (S1) in eine zweite Stellung (S2) drehbar ist;
wobei die Öffnung (33) durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die zweite Stellung (S2) mittels des Verschlussteils (51) geöffnet werden kann und durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die erste Stellung (S1) mittels des Verschlussteils (51) wiederverschließbar ist."
XIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 lautet (Änderungen gegenüber der Fassung des Hauptantrags sind durch Unter- bzw. Durchstreichungen gekennzeichnet):
"Behälterverschlussvorrichtung für einen Behälter (10), insbesondere für eine Getränkedose (10), umfassend:
einen Deckel (30) mit einer Oberseite (31), einer Unterseite (32) und einer Öffnung (33);
einen Verschluss (50) mit einem Verschlussteil (51) zum Öffnen und Wiederverschließen der Öffnung (33) und einer Bedienvorrichtung (40) zum Betätigen des Verschlussteils (51);
wobei das Verschlussteil (51) zum Öffnen und Wiederverschließen der Öffnung (33) an der Unterseite (32) um eine erste Achse (A), die im Wesentlichen parallel zur Unterseite (32) verläuft, schwenkbar angeordnet ist;
wobei die Bedienvorrichtung (40) zum Betätigen des Verschlussteils (51) [deleted: um eine zweite Achse (B) drehbar] an dem Verschlussteil (51) um eine zweite Achse (B) relativ zu dem Verschlussteil (51) drehbar angeordnet ist und von einer ersten Stellung (S1) in eine zweite Stellung (S2) drehbar ist;
wobei die Öffnung (33) durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die zweite Stellung (S2) mittels des Verschlussteils (51) geöffnet werden kann und durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die erste Stellung (S1) mittels des Verschlussteils (51) wiederverschließbar ist."
XIV. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 lautet (Änderungen gegenüber der Fassung des Hauptantrags sind durch Unter- bzw. Durchstreichungen gekennzeichnet):
"Behälterverschlussvorrichtung für einen Behälter (10), insbesondere für eine Getränkedose (10), umfassend:
einen Deckel (30) mit einer Oberseite (31), einer Unterseite (32) und einer Öffnung (33);
einen Verschluss (50) mit einem Verschlussteil (51) zum Öffnen und Wiederverschließen der Öffnung (33) und einer Bedienvorrichtung (40) zum Betätigen des Verschlussteils (51);
wobei das Verschlussteil (51) zum Öffnen und Wiederverschließen der Öffnung (33) an der Unterseite (32) um eine erste Achse (A), die im Wesentlichen parallel zur Unterseite (32) verläuft, schwenkbar angeordnet ist;
wobei die Bedienvorrichtung (40) zum Betätigen des Verschlussteils (51) [deleted: um eine zweite Achse (B) drehbar] an dem Verschlussteil (51) um eine zweite Achse (B) relativ zu dem Verschlussteil (51) drehbar angeordnet ist und von einer ersten Stellung (S1) in eine zweite Stellung (S2) drehbar ist;
wobei die Öffnung (33) durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die zweite Stellung (S2) mittels des Verschwenkens des Verschlussteils (51) geöffnet werden kann und durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die erste Stellung (S1) mittels des Verschwenkens des Verschlussteils (51) wiederverschließbar ist."
XV. Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 lautet (Änderungen gegenüber der Fassung des Hauptantrags sind durch Unter- bzw. Durchstreichungen gekennzeichnet):
"Behälterverschlussvorrichtung für einen Behälter (10), insbesondere für eine Getränkedose (10), umfassend:
einen Deckel (30) mit einer Oberseite (31), einer Unterseite (32) und einer Öffnung (33);
einen Verschluss (50) mit einem Verschlussteil (51) zum Öffnen und Wiederverschließen der Öffnung (33) und einer Bedienvorrichtung (40) zum Betätigen des Verschlussteils (51);
wobei das Verschlussteil (51) zum Öffnen und Wiederverschließen der Öffnung (33) an der Unterseite (32) um eine erste Achse (A), die im Wesentlichen parallel zur Unterseite (32) verläuft, schwenkbar angeordnet ist;
wobei die Bedienvorrichtung (40) zum Betätigen des Verschlussteils (51) [deleted: um eine zweite Achse (B) drehbar] an dem Verschlussteil (51) um eine zweite Achse (B) drehbar angeordnet ist und von einer ersten Stellung (S1) in eine zweite Stellung (S2) drehbar ist;
wobei die Öffnung (33) durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die zweite Stellung (S2) mittels des Verschlussteils (51) geöffnet werden kann und durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die erste Stellung (S1) mittels des Verschlussteils (51) wiederverschließbar ist
wobei der Verschluss (50) ein Befestigungsteil (54) umfasst, mit dem das Verschlussteil (51) an der Unterseite (32) schwenkbar angeordnet ist, wobei das Befestigungsteil (54) ein Gelenk (55) bildet oder aufweist, wobei das Gelenk (55) die erste Achse bereitstellt."
XVI. Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 lautet (Änderungen gegenüber der Fassung des Hauptantrags sind durch Unter- bzw. Durchstreichungen gekennzeichnet):
"Behälterverschlussvorrichtung für einen Behälter (10), insbesondere für eine Getränkedose (10), umfassend:
einen Deckel (30) mit einer Oberseite (31), einer Unterseite (32) und einer Öffnung (33);
einen Verschluss (50) mit einem Verschlussteil (51) zum Öffnen und Wiederverschließen der Öffnung (33) und einer Bedienvorrichtung (40) zum Betätigen des Verschlussteils (51);
wobei das Verschlussteil (51) an der Unterseite (32) um eine erste Achse (A), die im Wesentlichen parallel zur Unterseite (32) verläuft, schwenkbar angeordnet ist;
wobei die Bedienvorrichtung (40) um eine zweite Achse (B) drehbar an dem Verschlussteil (51) angeordnet ist und von einer ersten Stellung (S1) in eine zweite Stellung (S2) drehbar ist; wobei die zweite Achse (B) im wesentlichen rechtwinklig zur ersten Achse (A) und/oder zum Verschlussteil (51) verläuft,
wobei die Öffnung (33) durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die zweite Stellung (S2) mittels des Verschlussteils (51) geöffnet werden kann und durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die erste Stellung (S1) mittels des Verschlussteils (51) wiederverschließbar ist
wobei der Verschluss (50) ein Befestigungsteil (54) umfasst, mit dem das Verschlussteil (51) an der Unterseite (32) schwenkbar angeordnet ist, wobei das Befestigungsteil (54) ein Gelenk (55) bildet oder aufweist, wobei das Gelenk (55) die erste Achse bereitstellt."
XVII. Eine Wiedergabe der Hilfsanträge 9 bis 12 ist angesichts der getroffenen Entscheidung nicht erforderlich.
XVIII. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Parteien wird im Detail in den Entscheidungsgründen diskutiert.
1. Revidierte Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020) - Übergangsbestimmungen
Das vorliegende Verfahren unterliegt der revidierten Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern, die am 1. Januar 2020 in Kraft trat (Artikel 24 und 25 (1) VOBK 2020), mit Ausnahme von Artikel 12 (4) bis (6) VOBK 2020, anstelle dessen Artikel 12 (4) VOBK 2007 weiterhin anwendbar ist (Artikel 25 (2) VOBK 2020).
2. Zulässigkeit des Einspruchs
2.1 Die Beschwerdeführerin beantragte die Verwerfung des Einspruchs als unzulässig wegen mangelnder Substantiierung des vorgebrachten Einspruchsgrunds gemäß Artikel 100 a) EPÜ.
2.2 Die Beschwerdeführerin rügte, dass die Einspruchsschrift sich unter Punkt 2.2.1 zu der Frage der mangelnden Neuheit gegenüber Dokument D2 mit dem Anspruch 1 auf Grundlage einer aus Sicht der Beschwerdeführerin fehlerhaften Merkmalsanalyse auseinandergesetzt habe, dass hinsichtlich der Merkmale 1.4 bis 1.4.4 der von der Einspruchsabteilung verwendeten Merkmalsanalyse nur pauschal auf Figuren verwiesen wurde und dass Verweise teilweise fehlerhaft erfolgten (vgl. Punkt II.1.3. der Beschwerdebegründung, zweiter und dritter Absatz).
2.3 Dieser Einwand wurde bereits im Einspruchsverfahren vorgebracht (vgl. Punkt II der Einspruchserwiderung vom 12.10.2015, Punkt I.3 des Schreibens vom 2.Januar 2017 sowie Seite 1, unter Hälfte, der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 9. Mai 2017). Die Einspruchsabteilung stellte in Punkt 4.1 der Entscheidungsgründe begründet fest, dass sie den Einspruch für zulässig erachtet.
2.4 Nach Regel 76 (2) c) EPÜ zweiter Halbsatz, muss die Einspruchsschrift "die Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel" enthalten. Dieses Erfordernis einer ausreichenden Substantiierung ist erfüllt, wenn das Vorbringen in der Anspruchsschrift alle einspruchsbegründenden Tatsachen nachvollziehbar und schlüssig darlegt.
2.5 Für die Zulässigkeit eines Einspruchs ist es aber nicht erforderlich, dass die zur Stützung vorgebrachten Argumente schlüssig sind oder dass die Angaben des Einsprechenden zutreffen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Patentinhaber und die Einspruchsabteilung in die Lage versetzt werden, die Art der Einwände und die zu ihrer Stützung vorgebrachten Beweise und Argumente klar zu verstehen.
2.6 In der Einspruchsschrift vom 3. März 2015 wurde der Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit angesichts der technischen Lehre des Dokuments D2 in Kapitel 2.2.1 vorgebracht. Der Vortrag beruhte auf einer vorangestellten Merkmalsanalyse des Anspruchs 1 des Patents in erteilter Fassung, die das Verständnis des Anspruchs 1 durch die Beschwerdegegnerin und damalige Einsprechende wiedergibt.
2.7 In dem Vorbringen der Einspruchsschrift wurde ein Bezug zwischen den in der Merkmalsanalyse identifizierten Merkmalen und einzelnen Offenbarungsstellen aus der Beschreibung und einzelnen Figuren hergestellt. Dieses Vorbringen mag, wie von der Beschwerdeführerin bemängelt, äußerst knapp gehalten sein, ist aber aus Sicht der Kammer so hinreichend fundiert, dass klar erkennbar ist, in welcher Weise das Patent aus dem Dokument D2 angegriffen wurde und die Patentinhaberin sich eine Meinung dazu bilden konnte, ob die Argumentation stichhaltig ist.
2.8 Die oben genannten Argumente der Beschwerdeführerin zur fehlerhaften Merkmalsanalyse, den pauschalen Verweis auf Figuren und möglicher fehlerhafter Verweise betreffen dagegen nicht die Frage der Stichhaltigkeit des Vorbringens, sondern vielmehr die Frage der Begründetheit des Einspruchs. Trotz der knappen Angaben war der Einspruch entsprechend den richtigen Feststellungen der Einspruchsabteilung unter Punkt 4.1 der Entscheidungsgründe hinreichend ausführlich für ein Verständnis der vorgebrachten Argumente zu den erhobenen Einspruchsgründen und damit substantiiert.
2.9 Die Kammer kommt daher zu der Überzeugung, dass der Einspruch zulässig ist.
3. Neuheit gegenüber dem Dokument D3
3.1 Hauptantrag
3.1.1 Die Beschwerdeführerin rügte die begründete Feststellung der Einspruchsabteilung aus Punkt 5.1.2. der Entscheidungsgründe, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D3 ist (vgl. Beschwerdebegründung, Punkt V.2.).
3.1.2 Die Beschwerdeführerin bemängelte dazu, dass sich die Einspruchsabteilung auf eine falsche, verzerrte und damit unzulässige Merkmalsgliederung beziehe, die zu einer viel breiteren Auslegung des Anspruchs 1 führe (vgl. Punkt IV.2, erster Absatz, und Punkt IV.2.1 der Beschwerdebegründung).
Deshalb folgere die Einspruchsabteilung zu dem Merkmal 1.3 , nämlich dass
"das Verschlussteil (51) an der Unterseite (32) um eine erste Achse schwenkbar angeordnet ist und die erste Achse A im Wesentlichen parallel zur Unterseite (32) verläuft",
fälschlicherweise, dass die Achse A lageveränderlich sei, was sich aus dem Gesamtverständnis des Anspruchs aber in keiner Weise ergäbe (vgl. Punkt IV.2.1 der Beschwerdebegründung).
Weiterhin folgere sie fälschlicherweise, dass von dem Merkmal 1.4, nämlich dass
"die Bedienvorrichtung um ein zweite Achse B drehbar an dem Verschlussteil angeordnet ist und von einer ersten Stellung in eine zweite Stellung drehbar ist",
auch eine drehfeste Anordnung von Bedienvorrichtung an dem Verschlussteil umfasst ist (vgl. Punkt IV.2.2 der Beschwerdebegründung).
3.1.3 Diesem Vortrag kann sich die Kammer nicht anschließen.
3.1.4 Sie teilt vielmehr die Ansicht der Einspruchsabteilung, dass der Anspruch lediglich angibt, dass das Verschlussteil um ein parallel zu der Deckelunterseite verlaufende Achse schwenkbar ist (vgl. Seite 6, dritter Absatz der Entscheidungsgründe). Es ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, welche Merkmale des Anspruchs eine Lageveränderung - bei gleichzeitig bleibender Parallelität zur Deckelunterseite - der Achse A einschränken könnten. Aus Sicht der Kammer ist eine Rotation oder auch Translation der Achse A parallel zur Deckelunterseite von dem Wortlaut des Anspruchs 1 nicht ausgeschlossen.
3.1.5 Sie teilt ferner auch die Festsstellung der Einspruchsabteilung, dass im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht zwingend definiert ist, dass die Bedienvorrichtung gegenüber bzw. relativ zu dem Verschlussteil drehbar sein muss (vgl. Seite 7, zweiter Absatz der Entscheidungsgründe).
3.1.6 Auch der übrige Anspruchswortlaut weist nicht eindeutig auf die von der Beschwerdeführerin dargestellte enge Auslegung hin. Nach gängiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist ein weit gefasster Begriff und damit auch eine breit gefasste Formulierung eines Anspruchs normalerweise nicht eng auszulegen. Beim Lesen eines breit formulierten Anspruchs sollten lediglich nur technisch unlogische Interpretationen ausgeschlossen werden (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, Kap. II.A.6.1). Weshalb die Feststellungen der Einspruchsabteilung auf einer technisch unlogischen Interpretation beruhen, bleibt nicht erkennbar.
3.1.7 Die Einspruchsabteilung hat vielmehr im gegebenen Fall aus Sicht der Kammer auf Seite 7, zweiter Absatz, der Entscheidungsgründe in nachvollziehbarer Weise ein im normalen Sprachgebrauch denkbares Verständnis des Merkmals zugrunde gelegt.
3.1.8 Die angefochtene Entscheidung stützte sich zu der Frage, welche technische Lehre der Offenbarung des Dokuments D3 zu entnehmen ist, wie von der Beschwerdeführerin zurecht weiter vorgetragen wurde, auf eine Zusammenschau mehrerer Figuren, nämlich der Figuren 18, 19a/b, 20 und 22a/b. Die Figuren 18 und 19a/b betreffen Varianten des erfindungsgemäßen Deckels, die Figur 20 eine teilweise explodierte Schrägansicht des Deckels aus den Figuren 19a/b und die Figuren 22a/b eine Schnittdarstellung eines erfindungsgemäßen Deckels mit Gelenkmechanismus (vgl. Dokument D3, Seite 6). Die angeführten Figuren betreffen jeweils unterschiedliche Aspekte der Erfindung. Dazu stellte die Einspruchsabteilung einen klaren technischen und funktionalen Zusammenhang zwischen den Darstellungen der Figuren 18, 19a/b, 20 und 22a/b fest (vgl. Entscheidungsgründe, Seite 8, Absatz 2). Dieser Feststellung stimmt die Kammer zu, denn angesichts der Offenbarung auf Seite 11, zweiter Absatz, bis Seite 12, zweiter Absatz, wird deutlich, dass die Figuren 22a/b lediglich eine Variante des Verschlussmittels darstellen, das in der Ausführung des erfindungsgemäßen Deckels vorgesehen sein kann, während die Figuren 18 und 19a bis 20 jeweils Varianten des Deckels mit zugehörigen Betätigungsmittel darstellen, so dass für den Fachmann unmittelbar und eindeutig eine funktionell und strukturell zusammenhängende technische Lehre der verschiedenen Aspekte offenbart ist.
3.1.9 Vor dem Hintergrund der zusammenhängenden technischen Lehre innerhalb des Dokuments D3 überzeugt auch nicht der weitere Einwand der Beschwerdeführerin, dass das Ausführungsbeispiel gemäß der Figuren 22a/b keine neuheitsschädliche Offenbarung darstellen könne, weil die Figuren keine vollständige, nacharbeitbare, ausführbare Offenbarung ergebe. Die Beschreibung der Ausführungsform gemäß den Figuren 22a/b mit nur vier Zeilen in Absatz 2 auf Seite 12 des Dokuments D3 sei nur sehr kurz gehalten und lasse dabei offen, wie der Mechanismus mittels des Fortsatzes 61 funktioniere (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 20, letzter Teilabsatz, bis Seite 21, erster Absatz). Die Kammer kommt jedoch zu der Überzeugung, dass der Fachmann angesichts der übrigen Lehre des Dokuments D3, auf die er zurückgreifen kann, in der Lage war, dass Ausführungsbeispiel der Figuren 22a/b auszuführen.
3.1.10 Weiterhin trägt die Beschwerdeführerin vor, dass dem Ausführungsbeispiel der Figuren 22a/b nicht das Merkmal 1.4. und das Merkmal 1.5, nämlich dass
"die Öffnung (33) durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die zweite Stellung (S2) mittels des Verschlussteils (51) geöffnet werden kann und durch Drehen der Bedienvorrichtung (40) in die erste Stellung (S1) mittels des Verschlussteils (51) wiederverschließbar ist",
zu entnehmen seien.
3.1.11 Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass dem Ausführungsbeispiel der Figuren 22a/b das Merkmal 1.4. nicht zu entnehmen sei, weil die Bedienvorrichtung nicht drehbar an dem Verschlussteil 4 angeordnet sei, sondern vielmehr auf dem Deckel aufliege, bzw. auf diesem drehbar angeordnet sei, kann nicht überzeugen.
3.1.12 Ebenfalls vor dem Hintergrund der zusammenhängenden technischen Lehre innerhalb des Dokuments D3 ergibt sich, dass der in den Figuren 18, 19a/b, 20 und 22a/b offenbarten Lehre unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist, dass das Betätigungsmittel 6 parallel zur Ebene des Dosenspiegels verschwenkt werden kann, wodurch ein Verschwenken des Verschlussbereichs des Verschlussteils und somit eine Freigabe der Trinköffnung bewirkt wird. Das Verschwenken des Betätigungsmittels 6 parallel zur Ebene des Dosenspiegels entspricht einer Drehung um eine zu dem Dosenspiegel senkrecht verlaufende Achse, die der im Anspruch genannten Achse B entspricht.
3.1.13 Die Kammer erkennt dabei nicht, dass sich aus dem Wortlaut "an dem Verschlussteil angeordnet" notwendigerweise ergäbe, dass die Bedienvorrichtung - beispielsweise über ein (Dreh-)Gelenk - unmittelbar mit dem Verschlussteil verbunden ist. Vielmehr ist einem "Anordnen" von Elemente nur ein strukturelles und funktionelles Zusammenwirken derselben zu entnehmen, so dass sich aus der Feststellung der Einspruchsabteilung, dass die Bedienvorrichtung (6) in den Figuren 18,
19a/b, 20 und 22a/b erkennbaren Zapfen (61) mit dem Verschlussteil zumindest wirkverbunden ist (vgl. Entscheidungsgründe, Seite 8, Absatz 2), ergibt, dass dem Ausführungsbeispiel der Figuren 22a/b das Merkmal 1.4 zu entnehmen ist.
3.1.14 Zudem hat die Einspruchsabteilung auch zurecht festgestellt, dass sich das Merkmal 1.5 des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag unmittelbar aus der Gesamtoffenbarung des Dokuments D3 ergibt, da in allen Varianten ausdrücklich ein wieder verschließbarer Verschluss durch die umgekehrte Drehbewegung der Bedienvorrichtung das Verschlussteil auch wieder dichtend an die Öffnung angelegt wird, realisiert werden soll. Sie verwies dazu in zutreffender Weise auf die Zusammenfassung und die Figurenbeschreibung des Dokuments D3 (vgl. Entscheidungsgründe, Seite 8, Absatz 2). So ist auf Seite 14 von Dokument D3 ausdrücklich im Zusammenhang mit allen beschriebenen in dem Dokument D3 Ausführungsbeispielen offenbart:
"Des Weiteren können auch zusätzliche Rückstellelement vorgesehen sein, die das Verschlussmittel in eine Schließstellung zwingen".
3.1.15 Im Ergebnis gelingt es der Beschwerdeführerin damit nicht, die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung zur mangelnden Neuheit des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag gegenüber der Offenbarung des Dokuments D3 darzulegen.
3.2 Hilfsantrag 1
3.2.1 Der vorliegende Hilfsantrag 1 entspricht dem Hilfsantrag 1 im Einspruchsverfahren, der von der Einspruchsabteilung wegen mangelnder Neuheit gegenüber den Dokumenten D3 gemäß Artikel 54 EPÜ als nicht gewährbar erachtet wurde.
3.2.2 Zu Hilfsantrag 1 teilt die Kammer die Ansicht der Einspruchsabteilung aus Seite 10, erster Absatz, der Entscheidungsgründe, dass durch die vorgenommenen wortgleichen Wiederholungen der Zweckangaben bzw. durch die Umstellung eines Satzteiles keine inhaltlichen Änderungen festzustellen sind.
3.2.3 Das Einfügen der Zweckangaben stellt tatsächlich lediglich eine Wiederholung bereits vorhandener, wortgleicher Angaben in Anspruch 1 dar. Dies bleib von der Beschwerdeführerin letztlich unbestritten.
3.2.4 Die Umstellung des Satzgliedes "[...] [deleted: um eine zweite Achse (B) drehbar] an dem Verschlussteil (51) um eine zweite Achse (B) drehbar angeordnet [...]", kann schon angesichts der in Punkt 3.1.11 dieser Entscheidung getroffenen Feststellung keine inhaltliche Änderung darstellen, weil mit einem "Anordnen" von Elemente ein strukturelles und funktionelles Zusammenwirken derselben umfasst ist, das nicht nur auf eine strukturelle Verbindung, wie die von der Beschwerdeführerin auf Seite 11, letzter Absatz, genannte drehbare Anbringung der Bedienvorrichtung an dem Verschlussteil, beispielsweise über ein Gelenk, beschränkt ist.
3.2.5 Die Einspruchsabteilung hat daher in Punkt 5.2. der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass mit Hilfsantrag 1 gegenüber dem Hauptantrag in Anspruch 1 keine neuen Merkmale aufgenommen sind.
3.2.6 Zu Hilfsantrag 1 gelten also gleichermaßen die Feststellungen zum Hauptantrag aus Punkt 3.1 dieser Entscheidung.
3.2.7 Es gelingt der Beschwerdeführerin damit nicht, die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung zur mangelnden Neuheit des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber der Offenbarung des Dokuments D3 darzulegen.
3.3 Hilfsantrag 2
3.3.1 Der vorliegende Hilfsantrag 2 entspricht dem Hilfsantrag 3 im Einspruchsverfahren, der von der Einspruchsabteilung wegen unzulässiger Änderungen gemäß Artikel 123 (2) EPÜ als nicht gewährbar erachtet wurde.
3.3.2 Ungeachtet der Frage unzulässiger Änderungen in Hilfsantrag 2 ist Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 jedenfalls nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D3.
3.3.3 Der Hilfsantrag 2 beruht auf Hilfsantrags 1 und schränkt diesen durch eine Ergänzung des Merkmals 1.4. um den Begriff "relativ" ein:
"...wobei die Bedienvorrichtung zum Betätigen des Verschlussteils an dem Verschlussteil (51) um eine zweite Achse (B) relativ zu dem Verschlussteil drehbar angeordnet ist und von einer ersten Stellung (S1) in eine zweite Stellung (S2) drehbar ist ...".
3.3.4 Die Beschwerdegegnerin verweist zur Offenbarung dieses Merkmals zurecht auf die Figuren 19a/b und 20 und die dazugehörige Beschreibung auf den Seiten 11 und 12 übergreifender Absatz (vgl. Beschwerdeerwiderung, Punkt 7.2 i.V.m. Seite 14, Absatz 2)).
3.3.5 Wie bereits in Punkt 3.1.12 dieser Entscheidung dargelegt, ist der dort offenbarten Lehre unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass die Bedienvorrichtung 6 parallel zur Ebene des Dosenspiegels um eine Achse B gedreht wird. Das Verschwenken, bzw. die Drehung des Betätigungsmittels 6 erfolgt relativ zum Dosenspiegel, d.h. der Oberseite des Deckels 8, und damit auch relativ zu dem auf der Unterseite des Deckels befindlichen Verschlussbereich des Verschlussteils 4.
3.3.6 Die Beschwerdeführerin trug zu Hilfsantrag 2 über die von ihr bereits in Zusammenhang mit dem Hauptantrag geltenden gemachten Einwände nichts Ergänzendes vor, das darlegen könnte, weshalb der Vortrag der Beschwerdegegnerin nicht zutreffend sein sollte.
3.3.7 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist daher nicht neu gegenüber dem Dokument D3.
3.4 Hilfsantrag 3
3.4.1 Der vorliegende Hilfsantrag 3 wurde erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegt, baut auf Hilfsantrag 2 auf und schränkt diesen durch ein weiteres Merkmal ("mittels des Verschwenkens") ein.
3.4.2 Unabhängig, ob der Hilfsantrag 3 angesichts des Artikels 12 (4) VOBK 2007 in das Beschwerdeverfahren zuzulassen ist oder die Voraussetzungen nach Artikel 123 und Regel 80 EPÜ erfüllt, ist er jedenfalls nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D3.
3.4.3 Die Beschwerdegegnerin trug richtigerweise vor, dass in dem Dokument D3 ein Öffnen bzw. Schließen der Öffnung durch ein Verschwenken des Verschlussbereichs 4 des Verschlussteils 1 offenbart ist (vgl. Beschwerdeerwiderung, Seite 14, Absatz 2). Dieser Vortrag blieb durch die Beschwerdegegnerin letztlich unbestritten.
3.4.4 Das Hinzufügen des weiteren Merkmals ist daher nicht geeignet, die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 gegenüber der Offenbarung des Dokument D3 herzustellen, vielmehr ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 nicht neu gegenüber dem Dokument D3.
3.5 Hilfsantrag 4
3.5.1 Hilfsantrag 4 entspricht dem Hilfsantrag 5 im Einspruchsverfahren, der von der Einspruchsabteilung wegen mangelnder Neuheit gegenüber dem Dokument D3 gemäß Artikel 54 EPÜ als nicht gewährbar erachtet wurde. Der Anspruch 1 enthält gegenüber Hilfsantrag 1 zusätzlich das Merkmal:
"...wobei der Verschluss (5) ein Befestigungsteil (54) umfasst, mit dem das Verschlussteil (51) an der Unterseite (32) schwenkbar angeordnet ist, wobei das Befestigungsteil (54) ein Gelenk (55) bildet oder aufweist, wobei das Gelenk (55) die erste Achse (A) bereitstellt."
3.5.2 Die Beschwerdeführerin rügt zu der Entscheidung der Einspruchsabteilung insbesondere, dass die Einspruchsabteilung in unzulässiger Weise eine Kombination unterschiedlicher Ausführungsbeispiele verwendete (vgl. Beschwerdebegründung, Punkt VI.4.3). Dem kann sich die Kammer aus den bereits unter Punkt 3.1.8 dieser Entscheidung dargelegten Gründen nicht anschließen.
3.5.3 Vielmehr gelangt die Kammer zu der Auffassung, dass die Darstellungen der Figuren 18 bis 20 und 22a/b die Offenbarung des oben genannten Merkmals aus der Beschreibung des Dokuments D3 bestätigen, denn das Verschlussteil ist um eine parallel zu der Deckelunterseite verlaufende Achse, die der im Anspruch genannten Achse A entspricht, schwenkbar - wie bereits unter Punkt 3.4.3 dieser Entscheidung festgestellt. Durch die explizite Offenbarung des Gelenks 2 ist für den Fachmann auch unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass das Verschlussmittel 1 ein Befestigungsteil, nämlich das Gelenk, umfasst, um den Verschlussbereich 4 an der Deckelunterseite anzubringen (vgl. insbesondere Dokument D2, Seite 12, Absatz 2, und Fig. 22a/b). Diese Erwägung wurde so auch richtigerweise von der Einspruchsabteilung in Punkt 5.6.2 der Entscheidungsgründe berücksichtigt.
3.5.4 Es gelingt der Beschwerdeführerin damit nicht, die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung zur mangelnden Neuheit des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 gegenüber der Offenbarung des Dokuments D3 darzulegen.
3.6 Hilfsantrag 5
3.6.1 Hilfsantrag 5 entspricht dem Hilfsantrag 14 im Einspruchsverfahren, der von der Einspruchsabteilung wegen mangelnder Neuheit gegenüber dem Dokument D3 gemäß Artikel 54 EPÜ als nicht gewährbar erachtet wurde.
3.6.2 Hinsichtlich der Rüge der Beschwerdeführerin unter Punkt VI.5.2 der Beschwerdebegründung, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung dem gleichen Beurteilungsfehler wie bei Hilfsantrag 4 unterliege, verweist die Kammer auf die unter Punkt 3.5 getroffenen Feststellungen.
3.6.3 Weiter weist der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 das Merkmal auf, dass
"die zweite Achse (B) im wesentlichen rechtwinklig zur ersten Achse (A) und/oder zum Verschlussteil (51) verläuft".
3.6.4 Die Beschwerdeführerin bestritt, dass dieses Merkmal dem Dokument D3 zu entnehmen ist.
3.6.5 Wie aber bereits unter Punkt 3.1.12 dieser Entscheidung dargelegt, entnimmt der Fachmann der Offenbarung des Dokuments D3, dass das Betätigungsmittels 6 parallel zur Ebene des Dosenspiegels, d.h. zur Deckeloberfläche, senkrecht verlaufende Achse B drehbar ist. Ergänzend wurde unter Punkt 3.5.3 dieser Entscheidung dargelegt, dass gemäß der Offenbarung in Dokument D3 das Verschlussteil 4 um eine parallel zu der Deckelunterseite verlaufende Achse A schwenkbar ist. Diese beiden Achsen A und B stehen damit rechtwinklig zueinander.
3.6.6 Es gelingt der Beschwerdeführerin damit nicht, die Unrichtigkeit der Entscheidung der Einspruchsabteilung zur mangelnden Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 darzulegen.
4. Zulassung der Hilfsanträge 9 bis 12 ins Verfahren
4.1 Die Hilfsanträge 9 bis 12 wurden erstmalig mit der Beschwerdebegründung vorgelegt. Sie basieren auf dem damaligen Hilfsantrag 15, der von der Einspruchsabteilung nicht zum Verfahren zugelassen wurde.
4.2 Gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 steht es im Ermessen der Kammer, insbesondere solche Anträge nicht zuzulassen, die im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassen worden sind. Das gilt nach Auffassung der Kammer ebenso für Anträge, die auf einen solchen nicht zugelassenen Antrag aufbauen. Dies ist zumindest für die Hilfsanträge 10 bis 12 gegeben (vgl. Punkt VI, zweiter Absatz der Beschwerdebegründung).
4.3 Die Einspruchsabteilung hatte unter Punkt 5.17 der Entscheidungsgründe ausführlich dazu Stellung genommen, warum sie den damaligen Hilfsantrag 15 nicht zugelassen hat. Die Beschwerdeführerin hat sich zu diesen Gründen in den Beschwerdegründen nicht geäußert. Vielmehr verweist sie pauschal auf einen überraschenden Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung in Hinblick auf die Beurteilung des Dokuments D3.
4.4 Die Kammer vermag jedoch keinen überraschenden Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung erkennen. Der auf das Dokument D3 gestützte Neuheitseinwand war bereits Gegenstand der Einspruchsschrift (vgl. Einspruchsbegründung, Punkt 2.2.2). Auch der von der Beschwerdeführerin vorgetragene Umstand, dass die Einspruchsabteilung im Verlauf der mündlichen Verhandlung die von ihr zunächst geäußerte vorläufige Auffassung zur Neuheit gegenüber dem Dokument D3 aufgegeben und zu eine anderen, neuen Auffassung gelangt wäre, kann keine Überraschung im Verfahrensverlauf darstellen, da es erwartbar zur Natur der mündlichen Verhandlung gehört, dass der Sachverhalt im Lichte der Diskussion der mündlichen Verhandlung neu bewertet werden kann.
4.5 Die Kammer lässt daher die Hilfsanträge 9 bis 12 in Ausübung ihres Ermessen aus Artikel 12 (4) VOBK 2007 nicht zum Verfahren zu.
5. Zusammenfassung
Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, dass
- der Einspruch zulässig ist,
- der Gegenstand von Anspruch 1 des Patents wie erteilt sowie die Gegenstände von Anspruch 1 gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 5 nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D3 sind, und
- dass die Hilfsanträge 9 bis 12 nicht in das Verfahren zugelassen werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.