T 2782/17 22-07-2021
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BOLZEN UND SPANNSYSTEM MIT BOLZEN
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, den Einspruch gegen das Streitpatent zurückzuweisen.
II. Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass der Gegenstand der Ansprüche in der erteilten Fassung neu und erfinderisch sei.
III. Es fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags (Patent wie erteilt) lautet wie folgt (Merkmalsgliederung in eckigen Klammern hinzugefügt):
[1-01] Bolzen (10)
[1-02] zum lösbaren Verbinden zweier mit wenigstens einer Durchgangsbohrung versehener Bauteile (40, 43), mit
[1-03] einem Bolzengehäuse (11) mit Durchtritts-öffnungen für Klemmmittel;
[1-04] einem Klemmmittel, das in den Durchtritts-öffnungen des Bolzengehäuses (11) gelagert ist; und
[1-05] ein im Inneren des Bolzengehäuses (11) angeordnetes
[1-06] mit Außengewinde (24) versehenes
[1-07] Spannmittel (20),
[1-08] dessen Außengewinde (24) in ein Innengewinde (12) des Bolzengehäuses (11) eingreift und
[1-09] welches beim Spannen das Klemmmittel aus dem Bolzengehäuse (11) drückt, so dass ein äußerer Abschnitt des Klemmmittels aus den Durchtrittsöffnungen heraustritt,
dadurch gekennzeichnet dass das Klemmmittel als zumindest ein
[1-10] im Bolzengehäuse (11) verdrehsicher gelagertes
[1-11] Schiebeelement (30) ausgebildet ist und
[1-12] der äußere Abschnitt des Schiebeelements (30) eine Stützfläche (31) in Form eines Mantelflächen-segments eines Kegelstumpfes oder
[1-13] eine ringförmige Stützfläche aufweist.
VI. In der vorliegenden Entscheidung wird auf folgende Entgegenhaltungen Bezug genommen:
D3 US 4,863,205 A
D4 DE 197 27 099 A1
VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit für die Entscheidung relevant, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Neuheit
Die Entgegenhaltung D3 offenbare sämtliche Merkmale des Anspruchs 1, sodass der Gegenstand des Anspruchs nicht neu sei.
Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei ausgehend von D3 oder D4 für den Fachmann nahegelegt gewesen.
VIII. Das Vorbringen des Beschwerdegegners, soweit für die Entscheidung relevant, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Neuheit
Die Entgegenhaltung D3 offenbare nicht die Merkmale [1-09] und [1-10], sodass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu sei.
Erfinderische Tätigkeit
Der Fachmann hätte die Lehren der D3 und D4 nicht kombiniert. Ferner habe er keine Veranlassung gehabt, den aus D3 oder D4 bekannten Bolzen anspruchsgemäß umzugestalten. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1. Neuheit
1.1 Die Entgegenhaltung D3 offenbart in den Figuren 7-10 einen (Bezugnahmen in runden Klammern beziehen sich auf D3)
[1-01] Bolzen (117)
[1-02] zum lösbaren Verbinden zweier mit wenigstens einer Durchgangsbohrung versehener Bauteile, mit
[1-03] einem Bolzengehäuse (121, 122) mit Durchtrittsöffnungen für Klemmmittel;
[1-04] einem Klemmmittel (151), das in den Durchtritts-öffnungen (152) des Bolzengehäuses (121, 122) gelagert ist; und
[1-05] ein im Inneren des Bolzengehäuses (121, 122) angeordnetes
[1-06] mit Außengewinde versehenes
[1-07] Spannmittel (158),
[1-08] dessen Außengewinde in ein Innengewinde des Bolzengehäuses (121, 122) eingreift,
wobei
[1-11] das Klemmmittel (151) als zumindest ein Schiebeelement ausgebildet ist und
[1-12] der äußere Abschnitt des Schiebeelements (151) eine Stützfläche (150) in Form eines Mantelflächensegments eines Kegelstumpfes aufweist (Spalte 5, Zeilen 35 ff.).
1.2 Merkmal [1-10]
1.2.1 Die Beschwerdeführerin argumentierte in Bezug auf das Merkmal [1-10], dass der Anspruch keine Drehachse definiere, um welche eine Verdrehsicherung bereitgestellt werden soll. In dem Bolzen gemäß der D3 verhindere das Bolzengehäuse 121, 122 eine Drehung um alle Achsen außer der, die in Vorschubrichtung des Schiebeelements 151 verläuft (im Folgenden Vorschubachse). Damit werde insbesondere die Drehung verhindert, die das Streitpatent im Zusammenhang mit dem Verkanten des Schiebeelements erwähnt (Streitpatent Absätze [0010], [0026], [0035] und [0036]; Figur 4). Das Merkmal sei daher durch die D3 vorweggenommen.
Merkmal [1-10] fordert, dass das Schiebeelement im Bolzengehäuse verdrehsicher gelagert ist. Wie von der Beschwerdeführerin zutreffend festgestellt, definiert das Merkmal hierzu keine Drehachse. Die Verdrehsicherung ist folglich nicht auf bestimmte Drehrichtungen beschränkt, sodass das Merkmal nicht erfüllt ist, wenn eine Drehung um eine beliebige Drehachse möglich ist.
In der D3 ist das Schiebeelement 151 im Wesentlichen zylindrisch ausgebildet und in einer kreisrunden Durchgangsöffnung 152 verschiebbar gelagert (D3, Spalte 5, Zeilen 29-32). Aufgrund dieser Geometrie kann die Lagerung eine Verdrehung des Schiebeelements um seine Vorschubachse nicht verhindern.
1.2.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte weiter, dass in der D3 ein O-Ring 163 in Verbindung mit einer Nut 165 eine Verdrehsicherung des Schiebeelements 151 um seine Vorschubachse bereitstelle (D3, Spalte 6, Zeilen 6-8; Figuren 7-10). Zumindest im ungespannten Zustand des Bolzens befinde sich dabei der O-Ring 163 nicht außerhalb des Bolzens, sondern innerhalb einer Nut 164 im Bolzengehäuse. Außerdem fordere der Anspruchswortlaut nicht, dass das Schiebeelement "durch" das Bolzengehäuse verdrehsicher gelagert ist.
Das Attribut "verdrehsicher" in Merkmal [1-10] bezieht sich auf das Adjektiv "gelagertes" und charakterisiert daher die Art und Weise der Lagerung des Schiebeelements im Bolzengehäuse. Gemäß dem Anspruch 1 muss daher die Lagerung im Bolzengehäuse die Verdrehsicherung bereitstellen. Zweifelsohne würde die hypothetische Anspruchsformulierung der Beschwerdeführerin in einem ähnlichen Auslegungsergebnis resultieren. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die tatsächliche Anspruchsformulierung in einer davon abweichenden Weise ausgelegt werden müsste.
Es trifft zu, dass in der D3 der O-Ring 163 und die Nut 165 die Drehung des Schiebeelements 151 um seine Vorschubachse verhindern. Der O-Ring 163 und die Nut 165 sind jedoch nicht Teil der Lagerung des Schiebeelements im Bolzengehäuse. Das Merkmal [1-10] ist daher nicht erfüllt.
1.3 Merkmal [1-09]
1.3.1 Bezüglich des Merkmals [1-09] verwies die Beschwerdeführerin darauf, dass in D3 das Spannmittel 158 ein Herausdrücken des Schiebeelements 151 "verursache". Das Merkmal sei daher durch die D3 verwirklicht.
Merkmal [1-09] nimmt durch das Relativpronomen "welches" direkt auf das Spannmittel gemäß Merkmal [1-07] Bezug und fordert, dass dieses Spannmittel beim Spannen das Klemmmittel (Schiebeelement, siehe Merkmal [1-11]) aus dem Bolzengehäuse drückt. Anspruchsgemäß genügt es also nicht, wenn das Spannmittel ein Herausdrücken des Schiebeelements (mittelbar) verursacht. Stattdessen muss das Spannmittel (selbst) das Schiebeelement aus dem Bolzengehäuse drücken.
Dies ist bei der D3 nicht der Fall, da hier das Schiebeelement 151 nicht durch das Spannmittel 158, sondern durch den Betätigungsstift 156 herausgedrückt wird, der seinerseits durch das Spannmittel 158 angetrieben wird (D3, Spalte 5, Zeilen 38-41; Figur 7). Der Betätigungsstift 156 kommt dabei nicht als anspruchsgemäßes Spannmittel in Betracht, da er nicht über ein Außengewinde verfügt, das in ein Innengewinde des Bolzengehäuses eingreift (Merkmale [1-06] und [1-08]).
1.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich folglich vom Bolzen der D3 durch die Merkmale [1-09] und [1-10], wonach
[1-09] das Spannmittel beim Spannen das Klemmmittel aus dem Bolzengehäuse drückt, so dass ein äußerer Abschnitt des Klemmmittels aus den Durchtrittsöffnungen heraustritt, und
[1-10] das Klemmmittel im Bolzengehäuse verdrehsicher gelagert ist.
2. Erfinderische Tätigkeit
2.1 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D3
2.1.1 Der Bolzen der Entgegenhaltung D3 kann als nächstliegender Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 1 betrachtet werden.
2.1.2 Der aus den oben genannten Unterscheidungsmerkmalen resultierende technische Effekt liegt laut Beschwerdeführerin jeweils in der Einsparung eines Bauteils, nämlich zum einen des Betätigungsstifts 156 (bzgl. Merkmal [1-09]) und zum anderen des O-Rings 163 (bzgl. Merkmal [1-10]). Demgemäß formulierte die Beschwerdeführerin als objektive technische Aufgabe, einen Bolzen bereitzustellen, der einfacher aufgebaut ist. Da die D4 in Figur 1 ein Spannmittel 195 mit konischem Ende lehre, hätte der Fachmann das Spannmittel 158 und den Betätigungsstift 156 der D3 zu einem einzigen Bauteil zusammengefasst. Ferner hätte der Fachmann erkannt, dass er bei der Verwendung von Platten als Schiebeelemente, wie in der D4 in Spalte 3, Zeilen 24-27, gelehrt, den O-Rings 163 einsparen kann, da die Verdrehsicherung der Schiebeelemente durch deren Lagerung im Bolzengehäuse bereitgestellt wird. Der Gegenstand des Anspruchs 1 habe daher für den Fachmann nahegelegen.
2.1.3 Der Fachmann hatte jedoch aus folgenden Gründen keine Veranlassung, den Bolzen der D3 anspruchsgemäß umzugestalten.
Ein Zusammenfassen des Spannmittels 158 mit dem Betätigungsstift 156 zu einem einzigen Bauteil hätte zur Folge, dass sich beim Spannen des Bolzens das konische Ende dieses einteiligen Spannmittels dreht. Im Bolzen der D3 ist jedoch vorgesehen, dass das konische Ende 155 des Betätigungsstifts 156 mit den Betätigungsflächen 160 der Schiebeelemente 151 zusammenpasst und einen erheblichen Flächenkontakt mit diesen bereitstellt, um Lastspitzen zu vermeiden (D3, Spalte 5, Zeilen 42-51). Dieser großflächige Kontakt hätte den Fachmann davon abgehalten, den Betätigungsstift 156 in Drehung zu versetzen, da dies zu erhöhter Reibung zwischen dem Betätigungsstift 156 und dem jeweiligen Schiebeelement 151 und somit zu unerwünschtem Verschleiß geführt hätte. Der Fachmann hatte daher keine Veranlassung, das Spannmittel 158, welches zum Spannen des Bolzens eingeschraubt (gedreht) wird, mit dem Betätigungsstift 156, der sich nicht drehen soll, zu einem einzigen Bauteil zusammenzufassen.
Des Weiteren ist im Bolzen der D3 vorgesehen, dass der O-Ring 163 mehrere Funktionen erfüllt: Zunächst hält er, bei ungespanntem Bolzen, die Schiebeelemente 151 in ihrer Einbauposition (D3, Spalte 5, Zeilen 63-66). Darüber hinaus verhindert er, insbesondere bei gespanntem Bolzen, ein Verdrehen der Schiebeelemente 151 um ihre Vorschubachse und hält sie so in ihrer richtigen Ausrichtung (D3, Spalte 6, Zeilen 6-8). Ferner zieht er die Schiebeelemente 151 in das Bolzengehäuse 121, 122 zurück, wenn der Bozen gelöst wird (D3, Spalte 7, Zeilen 6-9). Der Fachmann hätte daher keine Überlegungen angestellt, wie die richtige Ausrichtung der Schiebeelemente ohne den O-Ring sichergestellt werden könnte, da er den O-Ring ohnehin vorgesehen hätte, nämlich zumindest für das Zurückziehen der Schiebeelemente in das Bolzengehäuse. Der Fachmann hatte deshalb keine Veranlassung, die Form der Schiebeelemente zu modifizieren.
2.1.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 war daher ausgehend von der D3 für den Fachmann nicht naheliegend.
2.2 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D4, erste Ausführungsform
2.2.1 Die Entgegenhaltung D4 kann auch als nächstliegender Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 1 betrachtet werden.
2.2.2 Die D4 geht von einem Bolzen des Standes der Technik aus, der in den Figuren 1a und 1b der D4 gezeigt ist. Dieser Bolzen - von der Beschwerdeführerin als erste Ausführungsform bezeichnet - weist folgende Merkmale auf (Bezugnahmen in runden Klammern beziehen sich auf D4):
[1-01] Bolzen (181)
[1-02] zum lösbaren Verbinden zweier mit wenigstens einer Durchgangsbohrung versehener Bauteile (102, 103), mit
[1-03] einem Bolzengehäuse (186) mit Durchtrittsöffnungen für Klemmmittel (107);
[1-04] einem Klemmmittel (107), das in den Durchtrittsöffnungen des Bolzengehäuses (186) gelagert ist; und
[1-05] ein im Inneren des Bolzengehäuses (186) angeordnetes
[1-06] mit Außengewinde (Spalte 1, Zeile 24: Gewindespindel 195) versehenes
[1-07] Spannmittel (195),
[1-08] dessen Außengewinde in ein Innengewinde (Spalte 1, Zeilen 38-40) des Bolzengehäuses (186) eingreift und
[1-09] welches beim Spannen das Klemmmittel (107) aus dem Bolzengehäuse (186) drückt, so dass ein äußerer Abschnitt des Klemmmittels aus den Durchtrittsöffnungen heraustritt.
2.2.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich unstreitig von dem in der D4 gezeigten Bolzen gemäß der ersten Ausführungsform dadurch, dass das Klemmmittel (107) als ein
[1-10] im Bolzengehäuse (186) verdrehsicher gelagertes
[1-11] Schiebeelement ausgebildet ist, und
[1-12] der äußere Abschnitt des Schiebeelements eine Stützfläche in Form eines Mantelflächensegments eines Kegelstumpfes oder
[1-13] eine ringförmige Stützfläche aufweist.
2.2.4 Ausgehend hiervon formulierte die Beschwerdeführerin als objektive technische Aufgabe, Materialverformungen zu reduzieren bzw. zu vermeiden (Streitpatent, Absätze [0007]-[0009]). Sie vertrat weiterhin die Ansicht, dass der Fachmann, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden, die Spalte 3, Zeilen 24-27, der D4 beschriebene alternative Form der Klemmmittel (Platten) auf die erste Ausführungsform angewendet hätte und somit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt wäre.
2.2.5 Die D4 adressiert die gestellte Aufgabe nicht. Sie beschreibt auch den punktförmigen Kontakt bei der Verwendung von Kugeln als Klemmmittel nicht als nachteilig.
Stattdessen befasst sich die D4 mit der Problematik, dass beim Bolzen des Standes der Technik das Verbinden von dünnen Bauteilen viel Zeit in Anspruch nimmt, wenn der Bolzen gleichzeitig für dicke Bauteile geeignet sein soll. Bei dünnen Bauteilen nämlich muss das Spannmittel über einen weiten Weg, und somit über lange Zeit, ein- bzw. ausgeschraubt werden (D4, Spalte 1, Zeilen 53-67).
Dem Fachmann fehlte daher die Veranlassung, ausgehend von der ersten Ausführungsform lediglich den in Spalte 3, Zeilen 24-27, der D4 gegebenen Hinweis betreffend die alternative Form der Klemmmittel aufzugreifen, ohne gleichzeitig die eigentliche Lehre der D4, sprich die darin offenbarte Erfindung, anzuwenden. Letztere hätte den Fachmann jedoch vom Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents weggeführt, da sie vorsieht, dass der Zapfen 6 (siehe D4, Figuren 2a-2c), der die Klemmmittel 7 nach außen drückt, axial verschiebbar sein, also kein Gewinde aufweisen soll (D4, Anspruch 1; Spalte 2, Zeilen 19-24 und 53-66). Zumindest die Merkmale [1-06] und [1-08] (wenn man den Zapfen 6 als das anspruchsgemäße Spannmittel betrachtet) oder alternativ das Merkmal [1-09] (wenn man den Spanngriff 5 als das anspruchsgemäße Spannmittel betrachtet) wären bei entsprechender Umgestaltung des Bolzens also nicht erfüllt.
2.2.6 Ausgehend von der D4, erste Ausführungsform, konnte der Fachmann daher nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.
2.3 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D4, zweite und dritte Ausführungsform
2.3.1 Die Druckschrift D4 offenbart ferner einen Bolzen, der die Nachteile des in den Figuren 1a und 1b der D4 gezeigten Bolzens des Standes der Technik zu vermeiden versucht. Dieser laut der D4 verbesserte Bolzen - von der Beschwerdeführerin als zweite Ausführungsform bezeichnet - ist in den Figuren 2a-2c gezeigt und weist folgende Merkmale auf (Bezugnahmen in runden Klammern beziehen sich wieder auf D4):
[1-01] Bolzen (1)
[1-02] zum lösbaren Verbinden zweier mit wenigstens einer Durchgangsbohrung versehener Bauteile (2, 3), mit
[1-03] einem Bolzengehäuse (9) mit Durchtrittsöffnungen für Klemmmittel (7);
[1-04] einem Klemmmittel (7), das in den Durchtrittsöffnungen des Bolzengehäuses (9) gelagert ist; und
[1-05] ein im Inneren des Bolzengehäuses (9) angeordnetes
[1-07] Spannmittel (6),
[1-09] welches beim Spannen das Klemmmittel (7) aus dem Bolzengehäuse (9) drückt, so dass ein äußerer Abschnitt des Klemmmittels aus den Durchtrittsöffnungen heraustritt.
2.3.2 Die D4 offenbart bezüglich dieses Bolzens, dass die Klemmmittel statt als Kugeln auch als Zapfen, Platten oder andere Bauteile ausgebildet sein können, an deren Kontur dann die Kontur der Durchgangsbohrungen des Korpus angepasst sein sollten (D4, Spalte 3, Zeilen 24-27). Im Falle von plattenförmigen Klemmmitteln mit korrespondierenden Durchgangsbohrungen offenbart die D4 die Merkmale [1-10] und [1-11], wonach das Klemmmittel (7) als zumindest ein im Bolzengehäuse (9) verdrehsicher gelagertes Schiebeelement ausgebildet ist (von der Beschwerdeführerin als dritte Ausführungsform bezeichnet).
2.3.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich folglich von dem in der D4 offenbarten Bolzen gemäß der dritten Ausführungsform dadurch, dass
[1-06] das Spannmittel mit einem Außengewinde versehen ist, wobei
[1-08] das Außengewinde in ein Innengewinde des Bolzengehäuses (9) eingreift, und
[1-12] der äußere Abschnitt des Schiebeelements eine Stützfläche in Form eines Mantelflächensegments eines Kegelstumpfes oder
[1-13] eine ringförmige Stützfläche aufweist.
2.3.4 Auch diesbezüglich formulierte die Beschwerdeführerin als objektive technische Aufgabe, Materialverformungen zu reduzieren bzw. zu vermeiden.
2.3.5 Der Fachmann hatte keine Veranlassung, den Bolzen gemäß der zweiten oder dritten Ausführungsform der D4 anspruchsgemäß umzugestalten, da dies eine Abkehr von der Lehre der D4 bedeutet hätte. Die D4 beschreibt nämlich die (einteilige) Ausgestaltung des Spannmittels mit einem Außengewinde zum Spannen des Bolzens und einem Abschnitt zum Ausschieben der Klemmmittel ausdrücklich als nachteilig (D4, Spalte 1, Zeilen 38-67), und schlägt demgemäß vor, dass die Funktion des Ausschiebens der Klemmmittel von einem separaten Bauteil übernommen wird (D4, Spalte 2, Zeilen 19-24), nämlich von einem axial verschiebbaren Zapfen 6 (siehe dazu auch oben Punkt 2.2.5).
2.3.6 Da der Fachmann ausgehend von der D4, zweite bzw. dritte Ausführungsform, diese mehrteilige Ausgestaltung nicht aufgegeben hätte, konnte er nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.
2.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.