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T 0269/18 03-03-2021
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Verfahren zur Beschichtung von Bauteilen
Einwendungen Dritter - relevant (ja)
Änderungen - zulässig (ja)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung über die Zurückweisung der europäischen Anmeldung Nr. 11 161 293.3 form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
II. In der angefochtenen Entscheidung sind folgende Entgegenhaltungen zitiert:
D1 WO 01/361 68 A,
D4 US 6 451 152 B1,
D12 EP 1 163 854 B1,
D13 DE 26 58 682 A1.
III. Die Prüfungsabteilung stützte die Zurückweisung darauf, dass die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 7 des während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung als Hauptantrag eingereichten Anspruchssatzes keine erfinderische Tätigkeit ausgehend von der Lehre des Dokuments D1 in Kombination mit der Lehre des Dokuments D13 aufweisen, und dass die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 6 des mit dem auf den 17. Februar 2017 datierten Schriftsatzes als Hilfsantrag eingereichten Anspruchssatzes keine erfinderische Tätigkeit ausgehend von der Lehre des Dokuments D12 in Kombination mit den Lehren der Dokumente D13 und D4 aufweisen.
IV. Zu Beginn des Beschwerdeverfahrens richtete sich das Begehren der Beschwerdeführerin auf eine Patenterteilung auf der Basis der vorgenannten Anspruchssätze sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
V. Mit den auf den 12. Dezember 2017 datierten Einwendungen Dritter nach Artikel 115 EPÜ wurden Argumente betreffend mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche sowohl des Hauptantrags als auch des Hilfsantrags und auch betreffend mangelnde Klarheit (Artikel 84 EPÜ) des Anspruchs 6 des Hilfsantrags vorgelegt.
VI. In einer am 30. November 2020 durchgeführten telefonischen Rücksprache wurde der Beschwerdeführerin die vorläufige Meinung der Kammer mitgeteilt, wonach die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht gerechtfertigt zu sein schien. Einwendungen der Kammer betreffend die Gewährbarkeit der unabhängigen Ansprüche 1 und 7 des Hauptantrags sowie das Fehlen einer daran angepassten und den nächstliegenden Stand der Technik erwähnenden Beschreibung wurden ebenfalls diskutiert.
VII. Mit ihrem Schriftsatz vom 13. Januar 2021 nahm die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurück. Sie reichte gleichzeitig einen neuen, auf dem in der angefochtenen Entscheidung diskutierten und mit der Beschwerdebegründung erneut eingereichten Anspruchssatz basierenden Anspruchssatz gemäß damaligem Hauptsantrag und eine daran angepasste Beschreibung als (neuen) Hauptantrag ein und beantragte
die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und
die Erteilung eines Patents auf der Basis der
eingereichten Unterlagen.
VIII. Mit den auf den 15. Januar 2021 datierten Einwendungen Dritter nach Artikel 115 EPÜ wurden bezogen auf den neuen Hauptantrag Argumente zur mangelnden Klarheit (Artikel 84 EPÜ) und unzulässigen Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ) von Anspruch 7 und zu mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 7 eingereicht.
IX. Zu diesen Einwendungen Dritter nahm die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 2. Februar 2021 Stellung.
X. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 7 gemäß dem (neuen) Hauptantrag lauten wie folgt (Änderungen gegenüber dem jeweiligen Anspruch 1 und 7 des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hauptantrags sind in Fettschrift oder durchgestrichen angegeben):
Anspruch 1
"Verfahren zur Beschichtung von Bauteilen (1) aus Holz[deleted: ,] bzw. Holzwerkstoffen, bei dem eine solide Beschichtung (3), insbesondere aus einem Echtholzfurnier, auf eine Fläche des Bauteils (1) aufgebracht wird, wobei Bauteil (1) und solide Beschichtung (3) relativ zueinander bewegt und mittels Klebstoff im Bereich einer Andruckzone (30) miteinander verbunden werden,
wobei
mindestens einer von Klebstoff, solider Beschichtung (3) und Bauteil (1) im Bereich einer Wirkzone (32) durch Bestrahlung mit mindestens einem Laserstrahl (2) aktiviert oder reaktiviert, und anschließend durch ein Andruckelement (4) die solide Beschichtung (3) mit dem Bauteil (1) verbunden wird, und wobei
der Laserstrahl (2) durch [deleted: mindestens eines von] ein[deleted: em] Linsensystem und/oder Strahloszillation auf die Größe der zu aktivierenden Klebstoffoberfläche bzw. der zu erwärmenden soliden Beschichtung (3) bzw. des zu erwärmenden Bauteils (1) aufgeweitet wird."
Anspruch 7
"Vorrichtung zur Beschichtung von Bauteilen (1) aus Holz[deleted: ,] bzw. Holzwerkstoffen [deleted: o. dgl.] mit einer soliden Beschichtung (3) mittels Klebstoff, bei der das Bauteil (1) und die solide Beschichtung (3) relativ zueinander bewegt werden und im Bereich [deleted: der] einer Andruckzone (30) mittels eines Andruckelementes (4) miteinander verbunden werden, bestehend aus mindestens einer Laserquelle (34) und mindestens einem Ablenkspiegel und/oder einem Linsensystem zur Aufweitung des Laserstrahls (2), wobei der von der mindestens einen Laserquelle (34) ausgegebene Laserstrahl (2) im Bereich [deleted: der] einer Wirkzone (32) auf die Oberfläche des Klebstoffes und/oder der soliden Beschichtung (3) und/oder des Bauteils (1) auftrifft."
Angesichts des Entscheidungsausspruchs der Kammer ist der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags nicht mehr von Relevanz.
XI. Die Argumentation der Beschwerdeführerin zur Unrichtigkeit sowohl der die Zurückweisung begründenden Feststellung der Prüfungsabteilung als auch der Einwendungen Dritter werden in den Entscheidungsgründen im Detail abgehandelt.
Verfahrensaspekte
1. Die vorliegende Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung gemäß Artikel 12 (8) VOBK 2020.
Die Beschwerdesache ist auf der Grundlage der zu überprüfenden angefochtenen Entscheidung und des umfänglichen schriftsätzlichen Vorbringens der Beschwerdeführerin unter Wahrung deren Rechte gemäß Artikel 113 und 116 EPÜ entscheidungsreif. Der von der Beschwerdeführerin hilfsweise gestellte Antrag auf mündliche Verhandlung kommt angesichts des Ausspruches dieser Entscheidung in Form der Stattgabe der Beschwerde auf der Basis des mit Schriftsatz vom 13. Januar 2021 eingereichten Hauptantrags nicht zum Tragen.
Hauptantrag
2. Änderungen - Artikel 123 (2) EPÜ
2.1 Anspruch 1 entspricht der Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 5 zusammen mit
- dem Streichen der Alternative "Kunststoff o. dgl.",
- dem Ersetzen des Merkmals "Verfahren zur Beschichtung von Bauteilen (1) aus Holz, Holzwerkstoffen" durch das Merkmal "Verfahren zur Beschichtung von Bauteilen (1) aus Holz bzw. Holzwerkstoffen",
- dem Ersetzen des Merkmals "der Klebstoff und/oder solider Beschichtung (3) und/oder Bauteil (1) im Bereich einer Wirkzone (32)" durch das Merkmal "mindestens einer von Klebstoff, solider Beschichtung (3) und Bauteil (1) im Bereich einer Wirkzone (32)", und
- dem Ersetzen des Merkmals "und/oder der zu erwärmenden soliden Beschichtung (3) und/oder des zu erwärmenden Bauteils (1) aufgeweitet wird" durch das Merkmal "bzw. der zu erwärmenden soliden Beschichtung (3) bzw. des zu erwärmenden Bauteils (1) aufgeweitet wird".
2.2 Anspruch 7 entspricht dem ursprünglich eingereichten Anspruch 8 zusammen mit
- dem Streichen der Alternative "Kunststoff o. dgl.",
- dem Ersetzen des Merkmals "Vorrichtung zur Beschichtung von Bauteilen (1) aus Holz, Holzwerkstoffen mit einer soliden Beschichtung (3)" durch das Merkmal "Vorrichtung zur Beschichtung von Bauteilen (1) aus Holz bzw. Holzwerkstoffen mit einer soliden Beschichtung (3) mittels Klebstoff",
- dem Ersetzen des Merkmals "im Bereich der Andruckzone (30)" durch das Merkmal "im Bereich einer Andruckzone (30)", und
- dem Ersetzen des Merkmals "wobei der Laserstrahl (2) im Bereich der Wirkzone (32)" durch das Merkmal "wobei der von der mindestens einer Laserquelle (34) ausgegebene Laserstrahl (2) im Bereich einer Wirkzone (32)".
2.2.1 Unter Punkt 5 der Einwendungen Dritter vom 15. Januar 2021 wurde argumentiert, dass das Merkmal des Anspruchs 7, "wobei der von der mindestens einen Laserquelle (34) ausgegebene Laserstrahl im Bereich einer Wirkzone auf die Oberfläche des Klebstoffes und/oder der soliden Beschichtung und/oder des Bauteils auftrifft" sich derart lese, dass der Laserstrahl direkt auf die Wirkzone auftreffe - also gerade ohne das vorhergehende Linsensystem oder den Ablenkspiegel zu durchlaufen. Ein derartiger Aufbau sei ursprünglich nicht offenbart.
2.2.2 Diese Argumentation überzeugt nicht.
Das im ursprünglichen unabhängigen Vorrichtungsanspruch enthaltene Merkmal, "wobei der Laserstrahl im Bereich einer Wirkzone auf die Oberfläche des Klebstoffes und/oder der soliden Beschichtung und/oder des Bauteils auftrifft" wurde im unabhängigen Anspruch 7 des Hauptantrags der Art geändert, dass er sich folgendermaßen liest "wobei der von der mindestens einen Laserquelle (34) ausgegebene Laserstrahl im Bereich einer Wirkzone auf die Oberfläche des Klebstoffes und/oder der soliden Beschichtung und/oder des Bauteils auftrifft". Weder das o.g. ursprüngliche Merkmal noch das o.g. geänderte Merkmal befassen sich mit dem Verlauf des Laserstrahls, sondern bestimmen den Bereich, auf den der Laserstrahl auftrifft. Durch die vorgenommene Änderung wird lediglich definiert, dass der Laserstrahl von der Lesequelle ausgegeben wird. Diese Änderung enthält daher keine besondere, neue Lesart des Leserstrahls dahingehend, dass der Laserstrahl jetzt, anders als vorher, direkt auf die Wirkzone auftreffe, entgegen den in den Einwendungen Dritter aufgestellten Behauptungen.
2.2.3 Unter Punkt 6 der Einwendungen Dritter vom 15. Januar 2021 wurde argumentiert, dass das Merkmal "zur Beschichtung von Bauteilen aus Holz bzw. Holzwerkstoffen mit einer soliden Beschichtung mittels Klebstoff" keine Stützung in der ursprünglichen Offenbarung fände. Der Klebstoff sei in der ursprünglichen Offenbarung nicht als Attribut eines Beschichtungsvorgangs vorgesehen.
2.2.4 Auch diese Argumentation ist aus den von der Beschwerdeführerin genannten Gründen nicht überzeugend, wonach das in den Anspruch 7 des Hauptantrags aufgenommene Merkmal "zur Beschichtung ... mittels Klebstoff" mit dem im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 enthaltene Merkmal "mittels Klebstoff im Bereich einer Andruckzone miteinander verbunden werden" korrespondiert. Dabei spielt es weder technisch noch nach der Offenbarung der vorliegenden Anmeldung eine Rolle, ob die solide Beschichtung schon mit dem Klebstoff versehen ist. Das Argument in den Einwendungen Dritter, der Klebstoff selbst nehme dann an keinem Beschichtungsvorgang mehr Teil, ist inhaltlich unzutreffend und für die Beurteilung der Erfüllung der Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ ohne Relevanz.
2.3 Die Beschreibung wurde an die geänderten unabhängigen Ansprüche angepasst und durch eine Würdigung der Entgegenhaltungen D1 und D13 ergänzt.
2.4 Die Kammer ist daher aus den o.g. Gründen überzeugt, dass die vorgenommen Änderungen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllen.
3. Klarheit - Artikel 84 EPÜ
3.1 Unter Punkt 1 der Einwendungen Dritter vom 15. Januar 2021 wurde argumentiert, dass Anspruch 7 einerseits ein "Andrückelement" erwähne und andererseits durch den Ausdruck "bestehend aus" definiere, dass die Vorrichtung neben einer Laserquelle nur ein Linsensystem und/oder einen Ablenkspiegel aufweise. Es sei unklar, ob das Andrückelement zur Vorrichtung gehöre oder nicht.
3.2 Dieses Argument greift nicht durch. Vielmehr teilt die Kammer die Meinung der Beschwerdeführerin, dass Anspruch 7 klar zum Ausdruck bringt, dass die Vorrichtung ein Andruckelement aufweist. Das Merkmal "bestehend aus" steht hierzu nicht in Widerspruch, da es anhand der Gesamtoffenbarung der Anmeldungsunterlagen ausgelegt werden muss, die eben eine Vorrichtung mit einem Andruckelement offenbart.
3.3 Unter den Punkten 2 und 3 vorgenannten Einwendungen Dritter wurde argumentiert, dass durch die Aufnahme in den Vorrichtungsanspruch 7 des Merkmals, "mittels Klebstoff", welches eine Zweckangabe definiere, Anspruch 7 unklar geworden sei.
3.4 Auch insoweit teilt die Kammer die Meinung der Beschwerdeführerin, dass unter der Annahme, dass das Merkmal "mittels Klebstoff" als Zweckangabe zu erachten ist, durch die Aufnahme dieses Merkmals in den Anspruch 7 einfach die Eignung der beanspruchten Vorrichtung für den genannten Zweck bestimmt wird. Ein Klarheitsmangel besteht daher nicht.
3.5 Schließlich wurde unter Punkt 4 der Einwendungen Dritter argumentiert, dass eine Unklarheit dadurch entstanden sei, dass das Merkmal "wobei der von der mindestens einen Laserquelle (34) ausgegebene Laserstrahl im Bereich einer Wirkzone auf die Oberfläche des Klebstoffs und/oder der soliden Beschichtung und/oder des Bauteils auftrifft" sich derart lese, dass der Laserstrahl "direkt" auf die Wirkzone auftreffe, ohne vorher durch Ablenkspiegel und/oder Linsensystem geleitet zu sein.
3.6 Die Kammer stimmt auch insoweit der Beschwerdeführerin zu, dass das o.g. Merkmal sich nicht mit dem Verlauf des Laserstrahls befasst, sondern lediglich definiert, dass der Laserstrahl von der Laserquelle ausgegeben wird. Dies steht daher nicht im Widerspruch zu den weiteren Anspruchsmerkmalen, die ausdrücklich einen Ablenkspiegel und/oder ein Linsensystem fordern. Ein Klarheitsmangel liegt daher nicht vor.
3.7 Aus den oben genannten Gründen ist die Kammer der Überzeugung, dass die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfüllt sind.
4. Anspruch 7 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 52 und 56 EPÜ
4.1 Offenbarungsgehalt der D1
4.1.1 D1 offenbart gemäß der Terminologie des Anspruchs 7 eine Vorrichtung zur Beschichtung von Bauteilen aus Holzwerkstoffen mit einer soliden Beschichtung mittels Klebstoff (Seite 1, Zeilen 13 bis 17; Seite 6, Zeilen 7 bis 13), bei der das Bauteil und die solide Beschichtung relativ zueinander bewegt werden (Anspruch 27) und im Bereich einer Andruckzone (30) mittels eines Andruckelementes (44) miteinander verbunden werden.
Dabei kann eine Erwärmung des Haftmittels mittels eines Lasers erfolgen (Seite 21, Zeile 5), wobei der Laserstrahl zum Aktivieren oder Deaktivieren eines Klebstoffes (Seite 32, Zeilen 28 bis 30) im Bereich einer Wirkzone (Figur 1, Bezugszeichen 18) auf die Oberfläche des Wirkstoffs und/oder der soliden Beschichtung und/oder des Bauteils auftritt (Seite 26, Zeilen 11 bis 28).
4.2 Unterscheidungsmerkmale
Der Gegenstand des Anspruchs 7 unterscheidet sich von der aus der aus D1 bekannten Vorrichtung dadurch, dass der zur Aktivierung oder Reaktivierung eingesetzte Laserstrahl durch mindestens einem Ablenkspiegel und/oder einem Linsensystem so aufgeweitet wird, dass er im Bereich einer Wirkzone auf die Oberfläche des Klebstoffes und/oder der soliden Beschichtung und/oder des Bauteils auftrifft.
4.3 Aufgabe
Die zu lösende Aufgabe ist darin zu sehen, die aus D1 bekannte Vorrichtung zur Beschichtung von Bauteilen aus Holz bzw. Holzwerkstoffen mit einer soliden Beschichtung mittels Klebstoff so weiter zu entwickeln, dass nur soviel Energie durch den Laserstrahl in die Fügepartner, bzw. in den Fügespalt eingebracht wird, wie tatsächlich zur Aktivierung des Klebstoffs benötigt wird, wobei mit der Energiezufuhr keine negativen Auswirkungen, insbesondere physikalische und/oder chemische Umsetzungen, auf das Bauteil, die solide Beschichtung oder den Klebstoff verbunden sind, siehe die Seiten 3 und 4 überbrückender Absatz und vierter Absatz der Seite 5 der ursprünglich eingereichten Beschreibung.
4.4 Diskussion der erfinderischen Tätigkeit
4.4.1 Die Prüfungsabteilung stellt auf Seiten 10 und 11 der Gründe für die angefochtene Entscheidung fest,
"[d]er Gegenstand des Anspruchs 7 unterscheidet sich daher dadurch von dieser bekannten Vorrichtung, dass er enthält:
einen Ablenkspiegel und/oder ein Linsensystem zur ... Ausweitung des Laserstrahls...
Die dem Anspruch 7 zugrunde liegende objektive technische Aufgabe kann daher darin gesehen werden, eine Laserstrahlung auf die Breite des Werkstücks oder des zu erwärmenden Bereichs aufzuweiten; ...
Damit wird die dem Anspruch 7 zugrunde liegende Aufgabe bereits von D13 gestellt und gelöst (siehe die Beschreibung S. 11, Z. 22-24) weswegen die vom unabhängigen Anspruch 7 enthaltener(sic) Merkmalskombination durch den vorliegenden Stand der Technik nahegelegt wird."
4.4.2 Die Kammer ist von diesem Begründungsansatz nicht überzeugt und teilt wie folgt die Auffassung der Beschwerdeführerin.
4.4.3 Die Prüfungserteilung hat aus dem unterscheidenden technischen Merkmal, einen zur Ausweitung des Lasers geeigneten Ablenkspiegel und/oder Linsensystem bereitzustellen, die zugrunde liegende technische Aufgabe abgeleitet, den Laserstrahl auf die Breite des Werkstücks oder des zu erwärmenden Bereichs aufzuweiten. Es ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern die technische Aufgabe einer Erfindung so zu formulieren, dass sie keine Lösungsansätze enthält oder teilweise die Lösung vorwegnimmt, denn das Einbeziehen eines Teils eines Lösungsgedankens aus der Erfindung in die Aufgabe muss bei der Bewertung des Standes der Technik unter dem Aspekt dieser Aufgabe zwangsläufig zu einer rückschauenden Betrachtungsweise der erfinderischen Tätigkeit führen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, I.D.4.3.1).
Diesen Grundsatz hat die Prüfungsabteilung verkannt, da sie die Lösung (Aufweitung) als Teil des technischen Effekts bzw. der zugrunde liegenden technischen Aufgabe betrachtet hat. Daher führte der entsprechende Begründungsansatz der Prüfungserteilung zu einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise der erfinderischen Tätigkeit.
4.4.4 Betreffend die Lehre von Dokument D13 erachtet die Kammer, dass diese eine Vorrichtung und ein optisches System zum Erzeugen eines Strahlungsfokus auf einem Werkstück und zum Bewegen des Fokus über das Werkstück offenbart. Diese Vorrichtung ist überall dort anwendbar, wo mittels eines fokussierten Strahlungsbündels eine Einwirkung auf einem Werkstück erzielt werden soll, z.B. beim Verschweißen von Kunststofffolien, siehe Seite 1, Zeilen 1 bis 7. Falls das Werkstück eine Bahn oder ein Schlauch aus Kunststoffmaterial, wie z.B. Hochdruck-Polyäthylen, ist, das geschnitten oder geschweißt oder gleichzeitig zur Herstellung von Beuteln geschnitten und geschweißt werden soll, wird vorzugsweise ein Laser zur Erzeugung des Strahlungsbündels verwendet (siehe Seite 4, Zeilen 26 bis 32).
4.4.5 Über das Erzeugen eines Strahlungsfokus auf einem Werkstück speziell zur Beschichtung von Bauteilen aus Holz bzw. Holzwerkstoffen mit einer soliden Beschichtung mittels Klebstoff, wie es in D1 der Fall ist, ist dabei in D13 kein Hinweis zu finden. Überdies setzt sich D13 sich auch nicht mit der unter Punkt 4.3 oben genannten Aufgabe auseinander.
4.4.6 D13 bietet daher dem von der Lehre des Dokuments D1 ausgehenden und sich um die Lösung der unter Punkt 4.3 oben genannten Aufgabe bemühenden Fachmann keine Anregung zur Lösung der o.g. Aufgabe. Vielmehr befasst sich die D13 ausschließlich mit dem Fügen von Kunststofffolien, so dass der Fachmann keine Veranlassung und Erfolgserwartung hat, in der D13 hilfreiche Informationen zu finden, die sich mit dem Energieeintrag zur Aktivierung eines Klebstoffs und der Vermeidung negativer Auswirkungen wie insbesondere physikalische und/oder chemische Umsetzungen auf das Bauteil, die solide Beschichtung oder den Klebstoff beziehen. Der Fachmann hat daher keine Veranlassung, die Offenbarung der D13 zur Lösung der o.g. Aufgabe heranzuziehen.
4.4.7 In einer ersten Argumentationslinie wurde unter den Punkten 8 und 9 der Einwendungen Dritter vom 15. Januar 2021 vorgetragen, dass die unter Punkt 4.3 oben angegebene Aufgabe nicht zutreffe. Das Unterscheidungsmerkmal stehe in keinem Zusammenhang mit Materialien oder dem Klebstoff. Die Aufweitung des Laserstrahls beeinflusse lediglich die räumliche Verteilung des Laserstrahls auf einen bestimmten Bereich, nämlich die Wirkzone. Eine objektive Aufgabe könne somit darin gesehen werden, den Laserstrahl in einen bestimmten Bereich zu lenken. Genau dieses Problem löse aber D13 mit denselben Mitteln, nämlich einem Linsensystem und einem Ablenkspiegel bzw. Strahloszillation. Dies beziehe sich zunächst allgemein auf Werkstücke, unabhängig vom Material, und lediglich in speziellen Ausführungsformen sei das Material Kunststoff.
4.4.8 Die Kammer ist von diesem Argumentationsansatz nicht überzeugt und teilt wie folgt die Auffassung der Beschwerdeführerin. Die in den Einwendungen Dritter vorgeschlagene Umformulierung des zugrundeliegenden technischen Problems hat die Kammer nicht überzeugt, weil nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern bei der objektiven Ermittlung der erfindungsgemäß gelösten Aufgabe zunächst von der in der Anmeldung formulierten Aufgabe auszugehen ist.
Die Beschwerdeführerin hat die Kammer überzeugt, dass die in der Anmeldung formulierte Aufgabe dem Stand der Technik gerecht ist und im Sinne der Erfindungsmerkmale gelöst wird, so dass die Kammer keine Notwendigkeit sieht, diese Aufgabe anzupassen, bzw. umzuformulieren (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, a.a.O., I.D.4.3.2).
4.4.9 Außerdem wird in den Einwendungen Dritter an keiner Stelle gezeigt, warum die in der Anmeldung formulierte Aufgabe dem Stand der Technik nicht gerecht wird und/oder nicht im Sinne der Erfindungsmerkmale gelöst wird. Aus diesem Grund, braucht die unter Punkt 4.3 oben angegebene Aufgabe nicht umformuliert werden.
4.4.10 In einer zweiten Argumentationslinie wurde unter den Punkten 10 bis 15 der Einwendungen Dritter vom 15. Januar 2021 vorgetragen, dass ein Fachmann auf dem Gebiet der Schmalflächenverleimung von Werkstücken, siehe D1, bei seinen Bemühungen um die Lösung der unter Punkt 4.3 oben genannten Aufgabe angehalten sei, nach allgemeinen Lösungen des verbleibenden Problems der Energieeinbringung in der Lasertechnik zu suchen. Dabei wäre er auf die D13 gestoßen, welche sich mit der Einbringung der Laserenergie gezielt steuerbar in die Wirkzone für alle Materialien sich auseinandersetze und beispielsweise zum Verschweißen von Kunststoffen angewendet werde. Da die Kunststoffe temperatursensibel seien, sei die gezielte Einbringung von Energie ein bestimmendes Kriterium in der Dl3.
4.4.11 Diese Argumentationslinie in den Einwendungen Dritter ignoriert die im Anspruch 1 definierte Eignung der darin beanspruchten Vorrichtung Bauteile aus Holz bzw. Holzwerkstoffen mit einer soliden Beschichtung mittels Klebstoff zu beschichten und die daraus entstandene Problematik der Aktivierung des Klebstoffs in dem Bereich der Wirkzone. Der Fachmann ist daher nicht auf der Suche nach einer steuerbaren Einbringung der Laserenergie in irgendeiner Wirkzone, wie es in den Einwendungen Dritter behauptet wird, sondern in einer gemäß dem Anspruch 7 definierten Wirkzone, bei der eine Aktivierung des Klebstoffs stattfinden soll. Welche Veranlassung der in der allgemeinen Lasertechnik nach der Lösung der o.g. Aufgabe suchende Fachmann hätte, die D13, welche mit dem Energieeintrag zur Aktivierung eines Klebstoffs und der Vermeidung negativer Auswirkungen wie insbesondere physikalische und/oder chemische Umsetzungen auf das Bauteil, die solide Beschichtung oder den Klebstoff beziehen, auseinandersetzt, in Betracht zu ziehen, wird in den Einwendungen Dritter nicht angegeben.
4.4.12 Daher folgt die Kammer der Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach für den Fachmann keine Veranlassung bestand, ausgehend von der D1 überhaupt zur Lösung der unter Punkt 4.3 genannten Aufgabe auf die Offenbarung der D13 zurückzugreifen.
4.5 Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 52 und 56 EPÜ
4.5.1 Die vorgenannte Begründung zum Gegenstand von Anspruch 7 gilt mutatis mutandis für den Gegenstand des Anspruchs 1.
4.6 Die Angelegenheit ist somit vorliegend insoweit entscheidungsreif, als die Beschwerdeführerin in überzeugender Weise die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung zur Frage der erfinderischen Tätigkeit des Anspruchsgegenstandes des Hauptantrags gegenüber der Kombination der Lehre der D1 mit der Lehre der D13 dargetan hat. Die entsprechenden Einwendungen Einwendungen Dritter haben nicht überzeugt.
5. Aus den o.g. Gründen ist somit der Beschwerde der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Patents auf der Grundlage des Hauptantrags statt zu geben.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der
Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung
zu erteilen:
Ansprüche
1 bis 10, eingereicht mit Schriftsatz vom 13. Januar 2021
Beschreibung
Seiten 1, 3, 3a und 4, eingereicht mit Schriftsatz vom 13. Januar 2021,
Seiten 2 und 5 bis 14, wie ursprünglich eingereicht
Zeichnungen
Blätter 1/9 bis 9/9, wie ursprünglich eingereicht.