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T 0662/18 (Porenbetonformkörper/Xella) 28-07-2021
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Porenbetonformkörper sowie Verfahren zu seiner Herstellung
H+H International A/S
Bundesverband Porenbetonindustrie e.V. / PORIT GmbH
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Die Beschwerden der Einsprechenden 1 und 2, nun Beschwerdeführerinnen 1 und 2, betreffen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent EP 2 371 783 B1 auf Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2 aufrecht zu erhalten.
II. Auf die folgenden Dokumente wird hier Bezug genommen:
D2 |EP 2 163 534 A1 |
D4 |WO 2009/121635 A1 |
D16 |Entwicklungsstrategien für zementgebundene Schäume, Dissertation, J. U. Pott, 2006|
D23 |Versuche GV 108 und GV 126, Xella |
D41 |Versuchsreihen KV 360 - KV 369 und KV 384 - KV 393, Xella |
D47 |DE 10 131 361 A1 |
D48 |DE 101 31 360 A1 |
D49 |DE 197 23 426 C1 |
D50/D50a|JP 2005-187222 / engl. Maschinenübersetzung |
D51 |LB-P-33 Laborbericht Xella |
D52 |Zukunftssicheres Bauen, Porit |
D53 |H+H Effizienzstein |
D54 |Thermoplan S9 |
Wenn im Folgenden auf die D50 Bezug genommen wird, sind die Referenzen der D50a entnommen.
III. Anspruch 1, der einzige unabhängige Anspruch des von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Hilfsantrags 2, lautet wie folgt:
"Verfahren zur Herstellung eines unbewehrten, Aluminium getriebenen Porenbetonformkörpers ohne Verwendung von Aluminiumsulfat, im Wesentlichen bestehend aus einem Calciumsilikathydratsteggerüst, insbesondere einem Tobermoritsteggerüst, und Poren sowie aufweisend als ein relatives Druckfestigkeitsniveau eine A-Zahl von über 1600, eine Wärmeleitfähigkeit <= 0,085 W/(mK) und eine Druckfestigkeit von zumindest 1,6 N/mm**(2), wobei eine Gießmasse hergestellt wird aus mindestens einer im Hydrothermalprozess reagierenden CaO-Komponente, insbesondere aus gebranntem Kalk, mindestens einem Zement, mindestens einer im Hydrothermalprozess reagierenden SiO2-Komponente, insbesondere in Form von Quarzmehl, mindestens einer Calciumsulfatkomponente und mindestens einem Treibmittel in Form einer Aluminiumkomponente, sowie Wasser, die gießfähige Masse in eine Form gegossen zum Auftreiben und Ansteifen zu einem grünen Kuchen gebracht wird, anschließend der Kuchen zu Formkörpern geschnitten wird und die Formkörper im Autoklaven gehärtet werden,
dadurch g e k e n n z e i c h n e t , dass
eine Gießmasse verwendet wird, die ein Zusatzmittel zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen enthält, die SiO2-Komponente zu mehr als 50 Gew.-% eine feinteilige SiO2-Komponente mit spezifischen Oberflächen zwischen 8000 und 30000 cm**(2)/g, gemessen nach Blaine, aufweist und der Wasser/Feststoffwert zwischen 1,0 und 1,4 liegt, wobei als Mittel zur Verhinderung der Sedimentation Polysaccharide und/oder Polyethylenglycol und/oder Polyethylenoxid und/oder Melaminharzderivate in Mengen bis 2 Gew.-%, bezogen auf den Feststoffgehalt der Gießmasse, verwendet wird."
Die abhängigen Ansprüche 2-6 beziehen sich auf bevorzugte Ausführungsarten der Erfindung.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hielt im Beschwerdeverfahren als einzigen Anspruchssatz die aufrechterhaltene Fassung aufrecht und beantragte, die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Dokumente D47-D49 der Beschwerdeführerin 1 sowie das Dokument D50 der Beschwerdeführerin 2 als verspätet nicht zuzulassen. Die Beschwerdeführerinnen beantragten, die von der Beschwerdegegnerin mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten D51-D54 als verspätet nicht zuzulassen.
V. Die Argumente zur Zulassung der Dokumente können wie folgt zusammengefasst werden:
Die D47-D49 hätten nach Ansicht der Beschwerdegegnerin früher eingereicht werden können und sollen. Der in den Hilfsantrag 2 aufgenommene Bereich für den Wasser/Feststoffwert beschränke lediglich den bereits im Anspruch 1 vorhandenen Bereich. Die Beschränkung sei bereits im Absatz [0016] des Streitpatents als bevorzugter Bereich enthalten und somit vorhersehbar gewesen.
Die D50 sei auf Porenbetonplatten gerichtet und somit nicht einschlägig. Bezüglich der Gelporenbildung offenbare sie lediglich fachmännisches Wissen.
Die D51-D54 seien als Reaktion auf die weiterverfolgten Einwände nach Artikel 83 EPÜ der Beschwerdeführerinnen zitiert worden.
Die D47-D49 seien, der Beschwerdeführerin 1 zufolge, eine Reaktion auf das aus dem Absatz [0016] des Streitpatents aufgenommene Merkmal.
Die D50 sei, der Beschwerdeführerin 2 zufolge, eine Reaktion auf den erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Effekt der Gelporenbildung.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen war der Einwand einer unzureichenden Ausführbarkeit schon im Einspruchsschriftsatz geltend gemacht worden. Dementsprechend hätten die Dokumente D51-D54 früher eingereicht werden können und sollen.
VI. Die Argumente der Beschwerdeführerinnen zu Artikel 83 EPÜ können wie folgt zusammengefasst werden:
a) Im Anspruch 1 werde zwischen Zement und einer im Hydrothermalprozess reagierenden CaO-Komponente unterschieden, aber in den Beispielen sei kein Zementanteil enthalten. Das Streitpatent betreffe zudem keine üblichen Porenbetonrezepturen, weil eben nur "im wesentlichen" (Streitpatent, Abs. [0017]) alle Bestandteile gleich bleiben sollten. Es sei nicht offenbart, welche Parameter dieser üblichen Porenbetonrezepturen verändert werden müssten.
b) Alle vorgelegten Versuche in der D41 wiesen ein Fließmittel als Zusatz auf. Die Relevanz der Verwendung eines Fließmittels sei daher nicht klar.
c) Es gebe mehrere Definitionen der Wärmeleitfähigkeit, wobei manche den geforderten Mindestwert gemäß Anspruch 1 überschritten. Zudem werde die Wärmeleitfähigkeit als ein nach unten offener Bereich beansprucht.
d) Es seien nur zwei Werte der spezifischen Oberfläche nach Blaine in den Versuchen verwendet worden, welche nicht repräsentativ für den gesamten beanspruchten Bereich seien.
e) Gleiches gelte für die Zusatzmittel zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen, für die mehrere Polymerklassen angegeben wurden. Jedoch sei nicht über die gesamte Breite gezeigt, dass all diese Substanzen, beispielsweise Polyethylenoxid, den beabsichtigten Zweck erfüllten.
f) Es sei auch bekannt, dass die Autoklavierbedingungen entscheidend für den Erfolg des Verfahrens seien. Darüber mache das Patent aber überhaupt keine Angaben.
Das Patent mache keine, nur pauschale oder sogar widersprüchliche Angaben, wie diese Lücken zu füllen seien, so dass die Fachperson ein Forschungsprogramm starten müsste, um die Erfindung ausführen zu können.
Die Erfindung könne daher nicht über die gesamte Breite ausgeführt werden und es sei von einer Beweislastumkehr auszugehen.
VII. Die Beschwerdegegnerin entgegnete, dass übliche Rezepturen Zement enthielten und es zudem nicht notwendig sei, ein Beispiel im Patent anzugeben. Es wäre klar, dass sich nur die SiO2-Komponente, der Wasser/Feststoffwert und das Zusatzmittel zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen innerhalb gewissen Spezifikationen nach Anspruch 1 bewegen müssten. Der Rest der Rezeptur bewege sich, wie die Autoklavierbedingungen, im üblichen Bereich. Die Beispiele in der D51 zeigten Beispiele ohne Fließmittel und mit verschiedenen Wasser/Feststoffwerten. Die Beschwerdeführerinnen hätten keinen einzigen Gegenbeweis vorgelegt, der zeige, dass die Herstellung eines Porenbetonformkörpers scheitere.
VIII. Die Argumente der Beschwerdeführerinnen zu Artikel 56 EPÜ können wie folgt zusammengefasst werden:
a) Die D2 sei als der nächstliegende Stand der Technik anzusehen. Sie unterscheide sich durch den Wasser/Feststoffwert und das Vorhandensein eines Zusatzmittels zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen. Zwar sei auch die A-Zahl nicht ausdrücklich in der D2 offenbart, jedoch habe die Inhaberin in der Prüfungsphase die Beispiele der D2 nachgearbeitet. Die Ergebnisse seien als D23 im Verfahren und zeigten in den relevanten Beispielen GV 108 und GV 126 eine A-Zahl von 1870 bzw. 1929. Für die Fachperson offenbare daher die D2 unmittelbar und eindeutig die beanspruchten A-Zahlen von über 1600.
Vergleiche man das erteilte Patent mit der aufrechterhaltenen Fassung, so stelle man fest, dass zwar die Verfahrensparameter geändert wurden, jedoch die Steineigenschaften unverändert geblieben seien. Daher stelle sich unmittelbar die Frage, welche technische Wirkung die in der aufrechterhaltenen Fassung vorgenommenen Einschränkung überhaupt bewirkten. Insbesondere liege der beanspruchte Wasser/Feststoffwert sehr nahe am in der D2 offenbarten Wasser/Feststoffwert. Bei der Herstellung eines Porenbetonformelements habe der Prozessingenieur einen gewissen Spielraum, den Wasser/Feststoffwert zu ändern. Dieser Spielraum sei größer als die Differenz des beanspruchten kleinsten Wasser/Feststoffwerts und des in der D2 offenbarten höchsten Wasser/Feststoffwerts.
Der Konzentrationsbereich für das Zusatzmittel zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen sei nach unten offen. Deshalb seien auch sehr kleine Konzentrationen, die offensichtlich keine Wirkung mehr hätten, vom Anspruch umfasst. Zudem sei es im Hinblick auf die D2 offensichtlich, dass das Zusatzmittel zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen nicht unbedingt nötig wäre, zumindest im unteren Bereich des beanspruchten Wasser/Feststoffwerts.
Der Fachmann würde darüber hinaus ohne weiteres aus der D16 ein passendes Zusatzmittel zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen auswählen, wenn sie denn auftrete.
Somit seien beide Unterscheidungsmerkmale für die Fachperson nahegelegt.
b) Selbst wenn man einen Effekt anerkenne, nämlich ein durch den höheren Wasser/Feststoffwert stabileres Gerüst, wäre keine erfinderische Tätigkeit erkennbar.
Die technische Aufgabe stelle sich als das Bereitstellen einer verbesserten Festigkeit bei gleicher oder geringerer Rohdichte dar oder mittels der Konzepte des Streitpatents ausgedrückt, als Optimierung der A-Zahl.
Die D50 widme sich dieser Aufgabe, wie aus Abs. [0004] hervorgehe.
In D50, Abs. [0023] werde vorgeschlagen, durch einen hohen Wasser/Feststoffwert den Anteil der Gelporen zu erhöhen und so eine höhere Festigkeit bei niedrigerer Rohdichte zu erreichen. Dieser Absatz offenbare auch Formeln, die den oberen und unteren Grenzwert des Bereiches für den Wasser/Feststoffwert in Abhängigkeit von der Rohdichte beschrieben. Beispielhaft ergebe sich mit einer Rohdichte von 360 kg/m³ ein Bereich von 1,04-1,34.
Die Rohdichte und die Druckfestigkeit seien im Streitpatent, in der D2 und in der D50 vergleichbar. Durch das Verfahren der D50 sei gemäß Abs. [0002] eine Druckfestigkeit von 4 - 5 N/mm² zu erreichen, was weit über der beanspruchten Festigkeit von 1,6 N/mm**(2) liege. Die D50 offenbare weiterhin in Abs. [0029], die Viskosität mit Methylzellulose, Methylzellulose oder dgl. zum Stabilisieren der Bläschen anzupassen.
IX. Die Beschwerdegegnerin entgegnete, dass der Fachmann keinen Anlass habe, von der D2 auszugehen. Die D2 offenbare kein Zusatzmittel zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen. Außerdem offenbare die D50 Plattenwerkstoffe und keine Porenbetonformkörper.
Die D23 sei nachveröffentlicht und zeige kein konkretes Beispiel auf Grundlage der in der D2 veröffentlichten Werte.
X. Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechende 1 und 2) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerden zurückzuweisen.
1. Zulassung der Dokumente D47-D54
Die Dokumente D47-D54 wurden im Jahr 2018 erstmals mit den Beschwerdebegründungen bzw. mit der Antwort darauf eingereicht, d.h. vor Inkrafttreten der VOBK 2020.
Die Zulassung dieser Dokumente beurteilt sich daher gemäß Artikel 25 VOBK 2020, der die Übergangsbestimmungen für das Inkrafttreten der neuen Verfahrensordnung festlegt, nach Artikel 12(4) VOBK 2007.
Es ist daher das gesamte Vorbringen der Beteiligten von der Kammer zu berücksichtigen, wobei die Befugnis der Kammer unbeschadet bleibt, Tatsachen, Beweismittel oder Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können.
Die D47-D49 wurden in Reaktion auf die Beschränkung des Wasser/Feststoffwerts eingereicht, welche erst in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgenommen wurde, wobei das Merkmal aus Abs. [0016] der Beschreibung stammt. Die Dokumente zeigen Wasser/Feststoffwerte im nunmehr eingeschränkten Bereich (D47: Anspruch 8; D48: Anspruch 10; D49: Anspruch 1).
Die D50 wurde als Reaktion auf die von der Inhaberin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgetragenen Argumente bezüglich der Gelporenbildung eingereicht (D50, Abs. [0023]).
Die D51 enthält weitere Versuche, die den Einwand der mangelnden Ausführbarkeit über den gesamten beanspruchten Bereich entkräften sollen.
Die D52 bis D54 wurden als Nachweise eingereicht, um dem Einwand der mangelnden Ausführbarkeit im Hinblick auf die Wärmeleitfähigkeit entgegenzutreten.
Dass die Dokumente D47 bis D50 bereits im Einspruchsverfahren hätten vorgebracht werden können, ist nicht überzeugend, weil sich der Anlass dazu erst in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung ergeben hat.
Die D51 bis D54 sind Dokumente, die die bereits vorhandene Argumentationslinie der Beschwerdegegnerin weiter untermauern.
Die Kammer sieht daher keinen Grund, eines dieser Dokumente nicht zuzulassen.
2. Offenbarung, Artikel 83 EPÜ
Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Porenbetonformkörpers.
2.1 Das Streitpatent gibt an, dass die Eigenschaften im Oberbegriff des Anspruchs 1 erreicht werden können, wenn man von einer üblichen Rezeptur ausgeht, jedoch gewisse Einschränkungen hinsichtlich der im kennzeichnenden Teil angeführten Komponenten befolgt und zudem eine gewisse Menge eines Zusatzmittels zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen zugesetzt (vgl. Abs. [0014] bis [0017]).
2.2 Vorliegend gibt es keine überzeugenden Nachweise, dass die Fachperson nicht ohne weiteres in der Lage wäre, diese Zusammensetzung bereitzustellen.
2.3 Ein Mangel an Ausführbarkeit kommt vorliegend infrage, wenn durch die Verfahrensmerkmale des Anspruchs 1 die im Oberbegriff beanspruchten Eigenschaften des Porenbetonformstücks nicht erreicht werden können.
2.4 Das ist jedoch durch die Beschwerdeführerinnen nicht nachgewiesen worden. Dagegen hat die Patentinhaberin zahlreiche Versuchsberichte vorgelegt, die das Erreichen der beanspruchten Eigenschaften belegen. Selbst wenn die Patentinhaberin die Beweislast hätte, wofür vorliegend nichts spricht, hat sie ausreichend Beweise vorgelegt, die die Ausführbarkeit belegen.
2.5 Die Notwendigkeit, ein Fließmittel zu verwenden, dürfte die Fachperson zuverlässig einschätzen können. Zudem zeigt die D51 erfindungsgemäße Versuche ohne Fließmittel.
2.6 Widersprüche zwischen der Tabelle und Anspruch 1 haben allenfalls einen Widerspruch zwischen der Beschreibung und den Ansprüchen und somit einen Klarheitsmangel zur Folge. Die fehlende Angabe, auf welche Definition der Wärmeleitfähigkeit Bezug genommen wurde, würde die Fachperson allenfalls vor die Frage stellen, ob sie an den Bereichsgrenzen innerhalb oder außerhalb des beanspruchten Bereichs arbeitet, was wieder lediglich einen Mangel an Klarheit zur Folge hat.
Es ist der Fachperson auch klar, dass eine Wärmeleitfähigkeit nahe Null nicht mit Porenbeton erreichbar ist. Die Ausführbarkeit im technisch relevanten Bereich wird durch die nach unten offene Bereichsangabe für die Wärmeleitfähigkeit somit nicht infrage gestellt. Der Umstand, dass Porenbetonformkörper zu Dämmzwecken eine noch niedrigere Wärmeleitfähigkeit aufweisen, ist unerheblich, denn sie fallen nicht unter den Anspruch 1, weil sie die beanspruchte Druckfestigkeit nicht erreichen.
2.7 Die von der Beschwerdegegnerin eingereichten Versuche wurden mit einer spezifischen Oberfläche von 12000 cm**(2)/g und ca. dem doppelten Wert durchgeführt. Dass dadurch die Ausführbarkeit über den gesamten beanspruchten Bereich nicht gezeigt wäre, wurde weder überzeugend dargelegt noch durch Versuche belegt.
2.8 Anspruch 1 gibt im kennzeichnenden Teil mehrere unterschiedliche Polymerklassen an. Es ist richtig, dass in diesen Polymerklassen auch Mitglieder enthalten sind, die die in Anspruch 1 geforderte Funktion, das Sedimentieren zu verhindern, nicht bereitstellen können. Da die Polymerklassen jedoch im Anspruch 1 zusätzlich durch ihre Funktion, nämlich das Sedimentieren zu verhindern, beschränkt werden, fallen diese Mitglieder nicht unter den Gegenstand des Anspruchs 1. Aus dem gleichen Grund ergibt sich unmittelbar, dass diese Polymere in einer Menge enthalten sein müssen, die die Sedimentation von Gießmassenfeststoffen verhindert. Die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten, beliebig kleinen Mengen, sind somit durch den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht umfasst und stellen die Ausführbarkeit nicht infrage.
2.9 Dafür, dass ein übliches Autoklavierverfahren nicht zum gewünschten Porenbetonformkörper führe, gibt es keinen Nachweis.
Die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ sind daher erfüllt.
3. Erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ
3.1 Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Porenbetonformkörpern niedriger Wärmeleitfähigkeit und hoher Druckfestigkeit.
3.2 Die D2 betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Porenbetonformkörpern mit einer hohen Druckfestigkeit und einer geringen Wärmeleitfähigkeit. Sie ist somit als nächstliegender Stand der Technik geeignet.
3.3 Als Startpunkt für den Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit wird von beiden Beschwerdeführerinnen die D2 genannt.
Diese Wahl ist nicht zu beanstanden.
3.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 das Streitpatents fordert unter anderem eine A-Zahl von über 1600. Die A-Zahl ist proportional zur Druckfestigkeit und umgekehrt proportional zum Quadrat der Rohdichte. Sie ist somit eine relative Druckfestigkeit, die aus der Druckfestigkeit und der Rohdichte errechnet werden kann, und ist im Streitpatent in Abs. [0006] definiert.
3.5 Ausgehend von der D2 stellt sich die technische Aufgabe, wie sie die Patentinhaberin vorschlägt, ein Herstellungsverfahren für Porenbetonformkörper, welche A-Zahlen von mehr als 1600 aufweisen, bereitzustellen. Die Aufgabe entspricht auch in etwa der von der Beschwerdeführerin 2 vorgeschlagenen Formulierung, die Festigkeit bei gleicher oder geringerer Rohdichte zu verbessern.
3.6 Als Lösung wird das Verfahren nach Anspruch 1 vorgeschlagen, welches insbesondere durch den spezifischen Wasser/Feststoffwert in Kombination mit dem beanspruchten Zusatzmittel zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen gekennzeichnet ist.
3.7 Die Beschwerdegegnerin führte aus, dass der hohe Wasser/Feststoffwert zu einer vermehrten Bildung von Gelporen führe, die im Vergleich zu den Poren, die das Treibmittel erzeuge, kleiner und zahlreicher seien. Bei gleicher Rohdichte führten eine große Anzahl kleiner Poren zu einer stabileren Struktur, als eine geringere Anzahl größerer Poren.
3.8 Die von der Beschwerdegegnerin erläuterten physikalisch-chemischen Vorgänge sind überzeugend und wurden im übrigen von den Beschwerdeführerinnen nicht angezweifelt. Tatsächlich beschreibt die von der Beschwerdeführerin 2 zitierte D50 ebendiese Mechanismen.
3.9 Ein hoher Wasser/Feststoffwert fördere allerdings, so die Beschwerdegegnerin weiter, Entmischungsvorgänge. Das Zusatzmittel zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen sei notwendig, um die Blasen zu stabilisieren und ein Anreichern von Feststoffen im unteren Bereich des Rohlings zu verhindern.
3.10 Auch diese Erklärung der technischen Wirkung erscheint überzeugend. Es bestehen daher keine Zweifel, dass die oben genannte technische Aufgabe durch die Kombination der Merkmale gelöst ist. Somit muss von dem von der Beschwerdegegnerin formulierten Problem ausgegangen werden. Das von der Beschwerdeführerin 1 vorgeschlagene Problem, eine Alternative bereitzustellen, ist somit nicht sachgerecht.
3.11 Die D2 offenbart ein Verfahren zum Herstellen eines Porenbetonformkörpers, mit Steindruckfestigkeiten >2,5 N/mm**(2), Rohdichten von 300-400 kg/m**(3), bevorzugt 320-380 kg/m**(3), sowie einer Wärmeleitfähigkeit von <0,8 W/m/K (Abs. [0025]).
Darüber hinaus offenbart die D2 einen Wasser/Feststoffwert im Bereich von 0,7-0,95 und somit unterhalb des beanspruchten Bereichs. Zudem wird ein Zusatzmittel zur Verhinderung der Sedimentation von Gießmassenfeststoffen in der D2 nicht erwähnt.
3.12 Wie die Beschwerdegegnerin geltend macht, wird mit den Parametern der D2 nur für die kleinste offenbarte Rohdichte von 300 kg/m**(3) die beanspruchte A-Zahl erreicht. Für die von Beschwerdeführerin 2 beispielhaft angeführte Rohdichte von 360 kg/m**(3)wird die beanspruchte A-Zahl somit nicht erreicht.
3.13 Im Hinblick auf die D23, Versuche Nr. GV 108 und GV 126, gehen die Beschwerdeführerinnen davon aus, dass auch die A-Zahl in der D2 offenbart werde. Allerdings ist die D23 nachveröffentlicht und es erscheint nicht möglich, zu überprüfen, ob die Gesamtheit der Verfahrensparameter der GV 108 und GV 126 in der D23 und der D2 identisch ist. Es bestehen daher erhebliche Zweifel, dass die Versuche der D23 die Versuche der D2 so weit reproduzieren, dass von einem sicheren Erreichen der beanspruchten A-Zahl ausgegangen werden kann.
3.14 Das Ziel der D2 ist es, eine hohe Druckfestigkeit und eine niedrige Wärmeleitung dadurch zu erreichen, dass der Anteil des Restquarzmehlgehalts auf maximal 10 M-% (D2, Abs. [0012]) beschränkt wird. Damit wird ein Steggefüge mit einem hohen Anteil an 11 Å-Tobermorit erzielt. Weil 11 Å-Tobermorit eine geringe Wärmeleitfähigkeit aufweist, gelingt es, bei gleicher Rohdichte, die Wärmeleitfähigkeit des gesamten Porenbetonformsteins zu reduzieren (Abs. [0016]).
3.15 Es ist nicht ersichtlich, warum die Fachperson ausgehend von der D2 überhaupt in Erwägung ziehen sollte, die Rohdichte zu verringern, insbesondere weil die D2 lehrt, gerade diese Standardmaßnahme zu vermeiden (Abs. [0009]).
Vielmehr würde die Fachperson die in der D2 vorgeschlagene Strategie verbessern, den 11 Å-Tobermorit-Anteil zu erhöhen.
3.16 Selbst wenn die Fachperson die Lehre der D2 mit den konventionellen Strategien kombinierte, wurde von den Beschwerdeführerinnen nicht gezeigt, dass sie dadurch notwendigerweise zu dem Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen würde.
3.17 Die D50 betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Porenbetonformkörpern mit einer hohen Druckfestigkeit und einer geringen Rohdichte, um das Gewicht von Gebäuden zu verringern, sowie die Arbeiten für den Bau zu erleichtern (D50, Abs. [0003]).
3.18 Die D50 hat zum Ziel, die Rohdichte, wenn auch aus ganz anderen Gründen wie das Streitpatent, zu verringern; jedoch würde eine Fachperson, die die Rohdichte reduzieren wollte, die D50 durchaus berücksichtigen.
4. Die D50, Abs. [0023] offenbart, dass ein hoher Wasser/Feststoffwert zu einer vermehrten Kleinstporenbildung (d.h. Gelporenbildung) und somit stabileren Struktur führt. Dieser Absatz offenbart auch Formeln für den nötigen Bereich des Wasser/Feststoffwerts in Abhängigkeit von der Rohdichte.
5. Wie die Beschwerdegegnerin geltend macht, würde mit diesen Formeln der Bereich für den Wasser/Feststoffwert für die kleinste der in der D2 offenbarten Rohdichten im wesentlichen oberhalb des beanspruchten Bereichs liegen. Somit wäre zwar der beanspruchte A-Wert, nicht jedoch der beanspruchte Wasser/Feststoffwert erreicht.
6. Mit der von der Beschwerdeführerin 2 genannten Rohdichte von 360 kg/m3 würden diese Formeln einen Bereich für den Wasser/Feststoffwert ergeben, der vollständig im beanspruchten Bereich liegt.
7. Allerdings ist dieser Rohdichtewert nicht in der D2 offenbart und daher eine willkürliche Wahl innerhalb des in der D2 offenbarten, bevorzugten Bereichs.
Zudem verweist die Beschwerdeführerin 2 nicht auf den in der D2 angegebenen Druckfestigkeitswert zum Errechnen der A-Zahl, sondern auf den in D50, Abs. [0002] angegeben Wert von 4-5 N/mm**(2).
8. Allerdings ist dieser Festigkeitsbereich, so er sich überhaupt auf die D50 und nicht allgemein auf den Stand der Technik bezieht, das Resultat der Kombination aller in der D50 getroffenen Maßnahmen und nicht des Verfahrens der D2. Beispielsweise wird in der D50 eine Mischung aus Branntkalk und Löschkalk für die Gussmasse eingesetzt. Eine durch die Wahl des Wasser/Feststoffwerts allein erzielbare Festigkeitserhöhung ist in der D50 nicht offenbart. Es ist daher nicht gezeigt, dass nur durch ein Erhöhen des Wasser/Feststoffwerts die Festigkeit des Porenbetonformsteins der D2 derart gesteigert werden kann, dass die A-Zahl in den beanspruchten Bereich fällt.
9. Es ist somit nicht überzeugend dargelegt, dass der Fachmann ausgehend von der D2 alleine oder durch die D50 unmittelbar und ohne erfinderisches Zutun auf den Gegenstand des Anspruchs 1 geführt wird.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.