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T 0773/18 24-08-2021
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BODENBEARBEITUNGSWERKZEUG
Horsch Maschinen GmbH
Amazonen-Werke H. Dreyer GmbH & Co. KG
Lemken GmbH & Co. KG
I. Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden 2 und 3 richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2 445 329 in geändertem Umfang nach Artikel 101(3)a) EPÜ aufrechtzuerhalten.
II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass Anspruch 1 des Hauptantrags (erteilte Fassung) unzulässige Änderungen enthalte, und dass der Gegenstand von Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Daher entschied die Einspruchsabteilung, das Patent auf Basis des Hilfsantrags 3 aufrechtzuerhalten.
III. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2020 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung zu den Sachfragen mit. Die mündliche Verhandlung fand am 24. August 2021 in Anwesenheit der Patentinhaberin und der Einsprechenden 2 und 3 statt. Die weitere Verfahrensbeteiligte Einsprechende 1 hatte mit Schreiben vom 17. November 2018 mitgeteilt, nicht an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.
IV. Die Beschwerdeführerin Patentinhaberin beantragt die angegriffene Entscheidung aufzuheben, und das Patent im erteilten Umfang aufrecht zu erhalten (Hauptantrag). Hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1-7, oder der mit Schreiben vom 27. November 2018 eingereichten Hilfsanträge 2a, 2b, 3a, 3b, 4a-4c, 5c, 6a-6c, 7a-7c. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nahm die Patentinhaberin alle Hilfsanträge zurück.
V. Die Beschwerdeführerinnen Einsprechende 2 und 3 beantragen die Aufhebung der Zwischenentscheidung und den Widerruf des Patents.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 des für diese Entscheidung relevanten Hauptantrags (erteilte Fassung des Patents) hat den folgenden Wortlaut:
"Bodenbearbeitungswerkzeug für eine landwirtschaftliche Maschine, insbesondere Pflugschar oder Grubberspitze mit einem Träger (10), der eine Vorderseite (11), eine Rückseite (12) und einen Ansatz (14.1) aufweist, der das freie Ende des Trägers (10) bildet, wobei der Träger (10) einen Schneidbereich (14) mit einer Schneidkante aufweist, wobei im Schneidbereich (14) ein oder mehrere Hartstoffelemente angeordnet sind, wobei das Hartstoffelement ein Schneidelement (20) ist, das zumindest einen Teil der Schneidkante bildet und ein Befestigungsstück (21) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass das schenkelartige Befestigungsstück (21) rückseitig, entgegengesetzt zur Vorschubrichtung (v) eine Anlagefläche (21.1) aufweist, dass das Befestigungsstück (21) in Vorschubrichtung (V) gerichtet ist, dass rückseitig, abstehend ein Ansatz (22) an dem Schneidelement (20) angeformt ist. der mit einem Stützabschnitt (22.1) auf der freien Stirnseite des Ansatzes (14.1) unter Vermittlung von Lotmaterial anliegt."
VII. Die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin hat zum entscheidungserheblichen Punkt Folgendes vorgetragen:
Anspruch 1 des Hauptantrags enthalte zulässige Änderungen.
VIII. Die Einsprechenden 2 und 3 als Beschwerdeführerinnen haben zum entscheidungserheblichen Punkt Folgendes vorgetragen:
Die Änderungen in Anspruch 1 des Hauptantrags gingen über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft ein Bodenbearbeitungswerkzeug für eine landwirtschaftliche Maschine, beispielsweise eine Pflugschar oder eine Grubberspitze, siehe die Figuren 1 und 2 der Patentschrift. Das Bodenbearbeitungswerkzeug umfasst einen Träger (10) mit einem Ansatz (14.1), der das freie Ende des Trägers bildet. Der Träger weist zudem einen Schneidbereich (14) mit einer Schneidkante auf, wobei im Schneidbereich ein oder mehrere Hartstoffelemente als Schneidelemente (20) angeordnet sind und zumindest einen Teil der Schneidkante bilden. Jedes Schneidelement (20) weist ein schenkelartiges, in Vorschubrichtung des Bodenbearbeitungswerkzeugs gerichtetes Befestigungsstück (21) auf. Zudem ist rückseitig, abstehend ein Ansatz (22) an dem Schneidelement angeformt, der mit einem Stützabschnitt (22.1) auf der freien Stirnseite des Ansatzes (14.1) unter Vermittlung von Lotmaterial anliegt. Dadurch lässt sich der an die Schneidkante anschließende Bereich des Trägers (10) vor Auswaschung infolge des abrasiven Angriffs durch Steine und Erde schützen, so dass die Standzeit des Bodenbearbeitungswerkzeugs erhöht wird (Patentschrift, Absatz 0008).
3. Änderungen
3.1 Die Beschwerdeführerin Patentinhaberin bestreitet den Befund der Entscheidung, wonach die Änderungen in Anspruch 1 des Hauptantrags über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgingen.
3.2 In ihrer Mitteilung, Abschnitte 2.1 und 2.2, hat die Kammer zu den Änderungen die folgende vorläufige Meinung geäußert:
"2.1. Anspruch 1 des Hauptantrags scheint auf einer Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 2 zu beruhen. Zusätzlich wurden die Merkmale "der eine Vorderseite, eine Rückseite und einen Ansatz aufweist, der das freie Ende des Trägers bildet", "der mit einem Stützabschnitt auf der freien Stirnseite des Ansatzes unter Vermittlung von Lotmaterial anliegt" und "das schenkelartige Befestigungsstück rückseitig, entgegengesetzt zur Vorschubrichtung eine Anlagefläche aufweist" aus der Beschreibung aufgenommen.
2.2 Das letztgenannte Merkmal scheint auch Schneidelemente zu umfassen, die mehr als zwei Schenkel aufweisen und z.B. T-förmig ausgebildet sind. Solche Geometrien scheinen nicht in den Anmeldeunterlagen offenbart zu sein, wo nur "im Wesentlichen L-förmig" ausgestaltete Schneidelemente genannt werden (Seite 6, zweiter Absatz; Figuren 2-5, 8, 10, 13, 15, 17-23, 32, 37)."
Die Beschwerdeführerin Patentinhaberin hat dazu weder schriftlich noch mündlich weiter Stellung genommen. Mangels weiterer Ausführungen sieht die Kammer keinen Grund, von ihrer Sichtweise abzuweichen.
3.3 Außerdem wird in der Anmeldung (Seite 6, zweiter Absatz) das Schneidelement zunächst als "im Wesentlichen L-förmig" und dann nachrangig als "ein schenkelartiges Befestigungsstück" aufweisend definiert. Daher ist die Kammer der Auffassung, dass es nur eine ursprüngliche Offenbarung für ein schenkelartiges Befestigungsstück in engem strukturellen Zusammenhang mit der L-Form des Schneidelements gibt. Das erstere ohne das letztere zu beanspruchen, stellt folglich eine unerlaubte Zwischenverallgemeinerung dar.
3.4 Somit bestätigt die Kammer den Befund der angefochtenen Entscheidung zu den Änderungen, wonach der Hauptantrag nicht den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genügt.
4. Die Kammer schließt aus den obengenannten Gründen, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 (c) EPÜ der Aufrechterhaltung des erteilten Patents entgegensteht, Artikel 101(2) EPÜ.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.