T 1153/18 16-03-2021
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VORRICHTUNG UND VERFAHREN ZUR ERKENNUNG UND IDENTIFIZIERUNG VON ZIELSTRUKTUREN
Änderungen - zulässig (ja)
Ausreichende Offenbarung - Ausführbarkeit (ja)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Die Einsprechende hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent Nr. 1891417 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, Beschwerde eingelegt.
II. Mit dem Einspruch war das Patent in gesamtem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ, in Verbindung mit den Artikeln 52(1) und 56 EPÜ sowie Artikel 100 b) EPÜ angegriffen worden.
III. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß dem dritten Hilfsantrag das europäische Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügten.
IV. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) beantragte, die Entscheidung aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen. Hilfsweise wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
V. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde oder, hilfsweise, das Patent im Umfang geänderter Ansprüche 1 bis 3, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung vom 20. November 2018, und den Seiten 2 und 3 der Beschreibung gemäß der Zwischenentscheidung vom 6. März 2018 aufrecht zu erhalten. Hilfsweise wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
VI. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK, die als Anlage einer Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige und unverbindliche Meinung zu bestimmten, wesentlichen Aspekten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens mit. Insbesondere teilte die Kammer den Beteiligten mit, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 3 in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung (aktueller Hauptantrag der Patentinhaberin) eine erfinderische Tätigkeit gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik aufzuweisen schien.
VII. Die Mitteilung der Kammer nahm Bezug auf die folgenden Dokumente:
O1: EP 0 810 428 A2,
O5: WO02/075280 A2.
VIII. Die vorläufige Meinung der Kammer hinsichtlich des Vorhandenseins einer erfinderischen Tätigkeit war in der Mitteilung der Kammer, Punkt 7.4, wie folgt formuliert:
"7.4 Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 scheint eine erfinderische Tätigkeit gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik aufzuweisen.
7.4.1 Die Beteiligten sind sich einig, dass O1 den nächstliegenden Stand der Technik bildet.
7.4.2 Die angefochtene Entscheidung, Punkt 9.5, geht davon aus, dass "O1 zumindest das wiederholte Auftragen einer Inkubationslösung durch schräges Aufspritzen auf ein Objekt, sodass ein Shear flow entsteht und anschliessendes Absaugen und erneutes Aufspritzen derselben Lösung nicht offenbart. Dieses Merkmal löst das Problem die Reaktionswahrscheinlichkeit zu erhöhen und somit eine bessere Markierungseffizienz zu erreichen". Dabei wird auf ein Vergleichsexperiment verwiesen.
Die Kammer schließt sich dieser Meinung vorläufig an. Insbesondere scheinen Merkmale M1 bis M6 und M9 des Anspruchs 1 aus den von der Einsprechenden in der Beschwerdebegründung, Punkt 4, vorgetragenen bzw. aus den in der angefochtenen Entscheidung, Punkt 5, gegebenen Gründen nicht neu zu sein oder keine erfinderische Tätigkeit aufzuweisen. Hinsichtlich des Merkmals M5 neigt die Kammer derzeit dazu, die Auffassung der Einspruchsabteilung zu teilen, dergemäß "der schräge Auftrag wie in Anspruch 1 [in der erteilten Fassung] definiert, allein keinen technischen Effekt hervorzubringen vermag" (siehe angefochtene Entscheidung, Punkt 5.5.3).
7.4.3 Argumente der Einsprechenden
Zu M7: Die Einsprechende trägt im Wesentlichen vor, dass Shear Flow "durch eine Bewegung einer Flüssigkeit relativ zu einer Oberfläche entsteht. Somit entsteht bei jedem Auftrag einer Flüssigkeit auf ein festes Objekt ein Shear Flow" (Beschwerdebegründung, Seite 7, letzter Absatz und Seite 8, erster Absatz). Daher wäre das Merkmal "Shear Flow" zumindest implizit in O1, Spalte 10, Zeilen 3 und 9 offenbart. Genau wie Merkmal M5 bewirke das Merkmal M7 keinen technischen Effekt und könne daher keine erfinderische Tätigkeit begründen.
Zu M8: Mit Verweis auf O1, Spalte 7, Zeilen 35 bis 37, und Spalte 8, Zeilen 38 bis 53, erklärt die Einsprechende, dass der Fachmann die Motivation hat, "diejenigen Verfahrensschritte öfter als nur einmal durchzuführen, die zu einer Verbesserung des Ergebnisses führen. O1 offenbart das Merkmal M8 zumindest inhärent" (Beschwerdebegründung, Seiten 8 und 9).
7.4.4 Argumente der Patentinhaberin
Zu M7: Die Patentinhaberin argumentiert, dass "[b]ei einem 'Shear Flow' (...) definitionsgemäß Scherkräfte [auftreten], die zu Schergeschwindigkeiten in der Inkubationslösung sowie zu Schubspannungen zwischen dem Objekt und einem mit diesem wechselwirkenden Tag der Inkubationslösung führen. (...) Hierdurch wird die erfindungsgemäß verbesserte Effizienz der Markierungskinetik erzielt" (Beschwerdeerwiderung, Seiten 9 und 10 überbrückender Absatz).
Zu M8: Mit Verweis auf O1, Spalte 2, Zeile 36 bis Spalte 3, Zeile 7 und Spalte 8, Zeilen 35 bis 41, bestreitet die Patentinhaberin, dass "[d]ie Behauptung der Beschwerdeführerin, die Lehre des Dokuments O1 würde den Fachmann dazu anleiten, einzelne Verfahrensschritte aus dem beschriebenen Verfahrenszyklus isoliert mehrfach durchzuführen" (Beschwerdeerwiderung, Seiten 10 und 11).
7.4.5 Die Kammer ist der vorläufigen Ansicht, dass es zwar fraglich ist, ob aus dem Begriff "Shear Flow" an sich bereits ausreichend eindeutig abzuleiten ist, dass der Shear Flow "zu einer verbesserten Tag Reaktion mit dem zu markierenden korrespondierenden Molekül in der Probe" führt (ursprüngliche Anmeldung, Seite 4, letzter Absatz). Jedoch weist Anspruch 1 nicht nur den Begriff "Shear Flow" an sich auf, sondern die zwei weiteren Aspekte des schrägen Aufspritzens im Merkmal M7 und dessen Wiederholung im Merkmal M8. In Anbetracht dieser drei Merkmale kommt die Kammer, wie die Einspruchsabteilung in Punkt 9.5 der angefochtenen Entscheidung, zur provisorischen Meinung, dass das wiederholte schräge Aufspritzen der Flüssigkeit solch einen Shear Flow erzeugt, der "zu einer verbesserten Tag Reaktion mit dem zu markierenden korrespondierenden Molekül in der Probe" führt. Entgegen der Meinung der Einsprechenden scheint daher aus den Merkmalen M7 und M8 ein technischer Effekt ableitbar zu sein, der über das einfache Strömen einer Flüssigkeit über ein Objekt hinausgeht.
Weiterhin ist die Kammer der Meinung, dass aus dem Wortlaut von O1 eine Wiederholung der in O1, Spalte 6, Zeilen 35 bis 53 beschriebenen Verfahrensschritte II bis V mit der gleichen Lösung Y1 nicht ausgeschlossen werden kann. Andererseits enthält O1 keine konkrete Anregung für den Fachmann, diese Schritte tatsächlich wiederholt auszuführen.
Da O1 weder eine Anregung gibt, die Flüssigkeit schräg aufzutragen noch die gleiche Flüssigkeit mehrmals nacheinander aufzutragen, wird der Fachmann nicht auf naheliegende Weise zu einem Shear Flow gelangen, anhand dessen eine verbesserte Effizienz der Markierungskinetik erzielt werden kann.
Somit scheint der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf O1 nicht naheliegend zu sein.
7.4.6 Zulassung des Dokuments O5
Die Einsprechende erhebt auf Basis der Kombination der Dokumente O1 und O5 einen weiteren Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit betreffend den Gegenstand der Ansprüche 1 und 3.
Die Einspruchsabteilung hat jedoch ihr Ermessen dahin gehend ausgeübt, O5 nicht in das Verfahren zuzulassen, weil es außerhalb der Einspruchsfrist von neun Monaten eingereicht worden und weil es prima facie nicht relevant für den Verfahrensausgang sei (siehe angefochtene Entscheidung, Punkt 9.2.4). Die Einspruchsabteilung befand, dass das Merkmal des Auftragens und Absaugens mit der gleichen Pipettenspitze nicht aus O5 abzuleiten sei. Daher sei O5 nicht geeignet, die Lücke zwischen O1 und dem Gegenstand der unabhängigen Ansprüche zu schließen. Auch in Anbetracht des Arguments der Einsprechenden, "dass O5 als Reaktion auf die Erwiderung der Patentinhaberin eingereicht worden sei und das Prinzip des Shear flow zur Verbesserung der Reaktionsausbeute belege", wurde O5 wegen ungenügender technischer Relevanz nicht in das erstinstanzliche Einspruchsverfahren zugelassen.
Die Kammer ist derzeit nicht in der Lage, eine unzulässige Ermessensausübung in der Art und Weise zu erkennen, wie die Einspruchsabteilung den Fall behandelt hat. In Anlehnung an den in der Entscheidung G7/93, Punkt 2.6, festgelegten und z.B. in T28/10, Punkt 2.1, angewandten Grundsatz, wonach die Ausübung des Ermessens durch die erste Instanz von der Kammer nur dann aufgehoben werden sollte, wenn falsche Kriterien angewandt wurden oder das Ermessen unangemessen ausgeübt wurde, beabsichtigt die Kammer daher, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufrechtzuerhalten und O5 nicht in das Beschwerdeverfahren nach Artikel 12(4) VOBK 2007 zuzulassen.
7.4.7 Einerseits hat die Einsprechende keine weiteren spezifischen Argumente zugunsten fehlender erfinderischer Tätigkeit der Vorrichtung des Anspruchs 3 vorgebracht.
Andererseits kam die Einspruchsabteilung zur folgenden Schlussfolgerung (siehe angefochtene Entscheidung, Punkt 9.5, letzter Absatz): "Da die Vorrichtung nach Anspruch 3 ausgebildet ist, die für die erfinderische Tätigkeit maßgeblichen Schritte M7-M9 auszuführen, ist auch der Gegenstand von Anspruch 3 als erfinderisch anzusehen".
Die Kammer schließt sich vorläufig der Meinung der Einspruchsabteilung an."
IX. Mit Schreiben vom 29. Januar 2021 zog die Einsprechende ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und bat um eine Entscheidung nach Aktenlage. Zum Inhalt des Ladungsbescheids nahm sie keine Stellung.
X. Am 19. Februar 2021 reichte die Patentinhaberin eine Stellungnahme zum Ladungsbescheid ein.
XI. Am 1. März 2021 wurde der Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vom 23. März 2021 aufgehoben.
XII. Es wird mit M1 bis M9 auf die von den Beteiligten und der Einspruchsabteilung benutzte Gliederung der Merkmale des unabhängigen Anspruchs 1 des von der Einspruchsabteilung gemäß damaligem dritten Hilfsantrag aufrechterhaltenen Patents Bezug genommen (siehe z. B. angefochtene Entscheidung, Seite 13; Beschwerdebegründung, Seiten 1 und 2).
Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag lautet (Nummerierung M1 bis M9 vorangestellt):
"M1 Verfahren zur Bestimmung und Messung einer beliebigen Anzahl Xn (n = 1,2,3...N) von Zielstrukturen
M2 bestehend aus Molekülklassen, Molekülgruppen und Molekülteilen auf einem festen biologischen Objekt bzw. in einem festen biologischen Objekt
M3 mittels repetitiver Inkubations-Imaging-Bleaching Zyklen,
dadurch gekennzeichnet, dass
M4 - eine automatische Pipettierung für die Aufnahme und Abgabe von mindestens einem Tag enthaltenden Flüssigkeiten
M5 unter schrägem Auftrag auf das feste Objekt bzw. in das feste Objekt
M6 ohne Pipettenwechsel erfolgt;
M7 - dass zum schrägen Auftrag die von der Pipettenspitze aufgenommene Flüssigkeit auf das biologische Objekt schräg aufgespritzt wird, so dass auf dem Objekt ein Shear Flow der Inkubationslösung entsteht;
M8 - dass Zyklen der Inkubation mit ein und demselben Tag durchgeführt werden, indem mehrfach nach einer variablen Inkubationszeit dieselbe Inkubationslösung rasch von derselben Pipettenspitze wieder abgesaugt und anschließend schräg wieder auf dasselbe Objekt gespritzt wird; und
M9 - dass nach einer variabel zu bestimmenden Zeit dann mit einer Waschlösung gespült wird, gefolgt von einem Imaging-Vorgang, der die Lokalisation der Tag-Reaktion im Objekt registriert".
Der Wortlaut des Anspruchs 3 gemäß Hauptantrag lautet:
"Automatisierte Vorrichtung zur Bestimmung und Messung einer beliebigen Anzahl Xn (n = 1,2,3...N) von Zielstrukturen bestehend aus Molekülklassen, Molekülgruppen und Molekülteilen auf einem festen biologischen Objekt bzw. in einem festen biologischen Objekt, zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, wobei die Vorrichtung eine Kombination aus einem Pipettiersystem, einem 3D-Handhabesystem und einem optischen Messsystem umfasst, wobei das Pipettiersystem, das 3D-Handhabesystem und das optische Messsystem durch einen Computer gesteuert und kontrolliert werden und das Pipettiersystem eine automatische Pipettierung für die Aufnahme und Abgabe von Flüssigkeiten und eine angemessene Wiederholpositioniergenauigkeit, bevorzugt von mindestens +/- 0,1 mm, sowie eine manuell oder automatisch vor und nach dem Einsatz der Vorrichtung aufsetzbare und abnehmbare oder fest installierte Pipettenspitze aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Vorrichtung ausgebildet ist
- für einen schrägen Auftrag der mindestens ein Tag enthaltenden Flüssigkeit auf die Probe die von der Pipettenspitze aufgenommene Flüssigkeit auf das biologische Objekt schräg aufzuspritzen, so dass auf dem Objekt ein Shear Flow der Inkubationslösung entsteht;
- Zyklen der Inkubation mit ein und demselben Tag durchzuführen, indem mehrfach nach einer variablen Inkubationszeit dieselbe Inkubationslösung rasch von derselben Pipettenspitze wieder abgesaugt und anschließend schräg wieder auf dasselbe Objekt gespritzt wird; und
- nach einer variabel zu bestimmenden Zeit dann mit einer Waschlösung zu spülen, gefolgt von einem Imaging-Vorgang, der die Lokalisation der Tag-Reaktion im Objekt registriert".
Hauptantrag
1. Basis für die Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ
1.1 Die Einsprechende erhebt in der Beschwerdebegründung, Punkt 1, Einwände gemäß Artikel 123(2) EPÜ hinsichtlich der Merkmale "festes biologisches Objekt" und "Zyklen der Inkubation" der unabhängigen Ansprüche 1 und 3.
1.2 Die Kammer kann sich diesen Einwänden aus den in der angefochtenen Entscheidung, Punkt 6.5, bzw. aus den in der Beschwerdeerwiderung, Punkt 3.2, angegebenen Gründen nicht anschließen. Insbesondere teilt die Kammer die Meinung der Einspruchsabteilung, dergemäß "der ursprüngliche Anspruch 1 bereits ein festes Objekt als eine mögliche Form des Objekts enthielt und die gesamte Anmeldung in der Einleitung (vgl. §0001) der Diskussion des Stands der Technik (vgl. §0005), der Formulierung des Problems §0007 auf biologische Proben wie Proteine bezogen ist".
2. Ausführbarkeit - Artikel 83 EPÜ 1973
2.1 Laut Einsprechender, Beschwerdebegründung, Punkt 2, ist die Erfindung gemäß den unabhängigen Ansprüchen 1 und 3 nicht ausführbar, weil es technisch nicht möglich sei, Flüssigkeit in ein festes Objekt zu spritzen, so dass dabei auf dem Objekt ein Shear Flow entstehe.
2.2 Die Kammer ist von diesem Argument der Einsprechenden nicht überzeugt. Die Patentinhaberin hat überzeugend erklärt, dass Flüssigkeit einerseits in ein festes, aber nicht steinartiges Objekt aufgetragen werden kann und dass andererseits "aber durch diesen Auftrag ein Shear Flow 'auf' dem Objekt entsteht, da das Flüssigkeitsvolumen, das 'in' das 'feste' Objekt eindringen kann, minimal ist, so dass das verbleibende Flüssigkeitsvolumen zwangsläufig 'auf' das feste Objekt aufgetragen wird und über das Objekt strömt". Siehe das Schreiben der Patentinhaberin vom 19. Februar 2021, Seite 2, in Antwort auf die in dem Ladungsbescheid aufgeworfene Frage, "wie das Spritzen von Flüssigkeit in ein Objekt einen Shear Flow auf dem Objekt generieren kann".
Die Einsprechende hat zu der diesbezüglichen, im Ladungsbescheid, Punkt 7.2.3, aufgeworfenen Frage betreffend die Ausführbarkeit der Erfindung schriftlich nicht Stellung genommen. Am 29. Januar 2021 hat sie ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und um Entscheidung nach Aktenlage gebeten. Die Patentinhaberin ihrerseits hat die obige, im Ladungsbescheid aufgeworfene Frage mit Schreiben vom 19. Februar 2021 auf überzeugende Weise beantwortet. Daher bestand kein Bedarf mehr, diese Frage betreffend die Ausführbarkeit in der mündlichen Verhandlung zu klären.
3. Klarheit - Artikel 84 EPÜ 1973
3.1 Die Einsprechende erhebt sieben Klarheitseinwände bezüglich verschiedener Begriffe des Anspruchs 1 (Beschwerdebegründung, Punkte 3.1 bis 3.7).
3.2 Die Kammer schließt sich den entsprechenden Argumenten der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung, Punkt 8, und denjenigen der Patentinhaberin in der Beschwerdeerwiderung, Punkt 5, an, wonach die von der Einsprechenden beanstandeten Begriffe als möglicherweise breit, jedoch als ausreichend klar anzusehen sind.
Hinsichtlich des Einwands fehlender Klarheit des Begriffs "rasch" teilt die Kammer zwar die Meinung der Einsprechenden, dass der Begriff "rasch" nur eine relative Bedeutung hat. Nichtsdestotrotz schließt sich die Kammer der Ansicht der Einspruchsabteilung an, dass der Begriff "nicht zur Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik verwendet wird und zumindest längere Verzögerungen die deutlich länger als die Inkubationszeit sind ausschließt, [und somit] der Begriff nicht unter Art. 84 EPÜ zu beanstanden" ist (siehe angefochtene Entscheidung, Punkt 8.6). Die Kammer bestätigt damit ihre im Ladungsbescheid, Punkt 7.3.2, zum Ausdruck gebrachte vorläufige Tendenz zu entscheiden. Die Einsprechende hat sich - wie ausgeführt - zum Ladungsbescheid insgesamt, und damit auch zu diesem Punkt, nicht geäußert.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 In der Mitteilung, die als Anlage der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, hat die Kammer ihre vorläufige und unverbindliche Auffassung zum Ausdruck gebracht und begründet, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 3 eine erfinderische Tätigkeit aufweist. Siehe oben, Punkt VIII.
4.2 Die Einsprechende hat - wie ausgeführt - nicht versucht, die vorläufige Stellungnahme der Kammer zu widerlegen.
4.3 Die Kammer sieht keinen Grund, ihre vorläufige Auffassung, die sie den Beteiligten in der der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung mitgeteilt hat, zu ändern, die hiermit zu ihrer endgültigen Auffassung wird.
4.4 Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.5 Der Gegenstand des Anspruch 2 beruht, aufgrund der Rückbeziehung auf Anspruch 1, ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit
5. Es folgt, dass die Ansprüche 1 bis 3 gemäß dem Hauptantrag der Patentinhaberin die Erfordernisse des EPÜ erfüllen und das Patent auf deren Basis aufrechterhalten werden kann.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.