T 1879/18 22-03-2022
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Sicherheitselement mit Volumenhologramm
Neuheit - (nein)
Neuheit - implizite Offenbarung
I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 11 001 219 wegen mangelnder Neuheit zurückzuweisen.
II. Auf folgende Dokumente wird Bezug genommen:
D4 =|WO 2008/131852 A1 |
D5 =|P. HARIHARAN, IMPROVED TECHNIQUES FOR MULTICOLOUR REFLECTION HOLOGRAMS, J. Optics (Paris), 1980, vol. 11, n° 1, pp. 53-55, XP020026517|
D6 =|P. HARIHARAN, Optical holography, Principles, techniques and applications, CAMBRIDGE UNIVERSITY PRESS, Cambridge, 1991|
III. Die Beschwerdeführerin beantragt am Ende der mündlichen Verhandlung die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der Ansprüche 1-6, eingereicht mit Schreiben vom 25 Mai 2016, eingegangen am 27 Mai 2016, als einziger Antrag.
IV. Anspruch 1 des einzigen vorliegenden Antrags lautet wie folgt (Merkmalsbezeichnungen (A), (B) etc. durch die Kammer):
(A) Sicherheitselement zur Erhöhung des Fälschungsschutzes von Sicherheitsdokumenten, wie Banknoten, Wertpapieren, Ausweisen, Kreditkarten, Debit-Karten oder dergleichen,
(B) wobei das Sicherheitselement aus einem Volumenhologramm in einer belichtbaren Schicht besteht, (C) wobei die Dicke der belichtbaren Schicht mindestens eine Wellenlänge der belichtenden bzw. auslesenden elektromagnetischen Strahlung beträgt,
(D) wobei in dem Volumenhologramm eine Information in Form mindestens eines Musters, mindestens eines alphanumerischen Zeichens oder einer graphischen Abbildung abgespeichert ist, dadurch gekennzeichnet, dass
(E) die belichtbare Schicht in mindestens einem ersten Teilbereich mindestens teiltransparent ist und keinen dunklen Hintergrund aufweist,
(F) so dass die in dem Volumenhologramm abgespeicherte Information für einen Betrachter erst erkennbar wird, wenn der Betrachter das Volumenhologramm vor einen dunklen Hintergrund hält,
(G) wobei das Volumenhologramm ohne dunklen Hintergrund im Fenster einer sogenannten Fenster-Banknote untergebracht ist,
(H) wobei sich bei der Fenster-Banknote in dem Substrat der Banknote mindestens ein Fenster in Form eines transparenten Teilbereichs oder einer durchgehenden Öffnung befindet
(I) und die in dem Volumenhologramm abgespeicherte Information erst erkennbar wird, wenn der Betrachter die Banknote mit dem Fenster vor einen dunklen Hintergrund hält.
V. Die Beschwerdeführerin hat in Bezug auf Neuheit gegenüber Dokument D4 im Wesentlichen Folgendes vorgetragen (ausführliche Diskussion siehe unten):
a) D4 offenbare ein Transmissionshologramm.
b) Folglich hänge die Sichtbarkeit des Hologramms nicht von einem dunklen Hintergrund ab.
c) Folglich seien die Merkmale (E), (F) und (I) weder offenbart noch nahegelegt.
1. Die beanspruchte Erfindung
1.1 Zum Schutz gegen Nachahmung, insbesondere mit Farbkopierern oder anderen Reproduktionsverfahren, werden Datenträger, wie beispielsweise Banknoten oder Karten, mit optisch variablen Sicherheitselementen ausgestattet. Der Fälschungsschutz beruht dabei darauf, dass der visuell und einfach und deutlich erkennbare optisch variable Effekt von den oben genannten Reproduktionsgeräten nicht oder nur ungenügend wiedergegeben wird.
1.2 Hologramme und hologrammartige Gitterbilder als optisch variable Sicherheitselemente bei Fenster-Banknoten können als Volumenhologramm bzw. Bragg-Gitter vorliegen. Ein solches Hologramm wird durch Belichtung einer Photopolymerschicht hergestellt. Die holographische Schicht ist mehrfach so dick wie die maßgebliche Lichtwellenlänge. In der holographischen Schicht entsteht durch Belichtung und Fixierung eine Abfolge von Schichtbereichen unterschiedlicher Brechzahl.
1.3 Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, den Schutz gegenüber Fälschungen weiter zu erhöhen sowie die Erkennbarkeit von Fälschungen zu verbessern. Dies wird unter anderem durch ein Volumenhologramm erreicht, das bei hellem Hintergrund nicht erkennbar ist.
2. Neuheit (Artikel 52(1), 54(1) und (2) EPÜ)
2.1 Merkmalsauslegung / Klarheit
Die Ausdrücke in den Merkmalen (E), (F) und (I) "teiltransparent ... erst erkennbar ... dunklen Hintergrund" sind breit auszulegende, relative Begriffe. Es ist nicht definiert, wie "dunkel" der Hintergrund im Vergleich zu einem "hellen Hintergrund" sein muss. Das Gleiche gilt für den Begriff "teiltransparent". Da diese Begriffe nicht eindeutig definiert sind, müssen sie bei der Prüfung der Neuheit breit ausgelegt werden. Sie sind auch nicht dazu geeignet, den Schutzumfang der Ansprüche gegenüber dem Stand der Technik eindeutig abzugrenzen.
2.2 Die Offenbarung von D4
2.2.1 D4 offenbart in Figuren 1 bis 3b eine Banknote mit einem Durchsichtssicherheitselement 12/20, das über einem Durchsichtsbereich 14, etwa einem Fensterbereich oder einer durchgehenden Öffnung der Banknote 10 angeordnet ist.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK FORMEL/TABELLE/GRAPHIKD4
2.2.2 In dem Fenster ist eine Trägerfolie 22 angebracht, die auf beiden Seiten mit einem diffraktiven optischen Sicherheitselement 24/60 bzw. 34 versehen werden kann. Das erste Sicherheitselement 24/60 ist ein Hologramm, z.B. ein Prägehologramm 24 oder ein Bragg-Hologramm 60. Das zweite Sicherheitselement 34 erhöht die Fälschungssicherheit zusätzlich zum ersten Sicherheitselement, da es nur durch einen Laser mittels Projektion sichtbar gemacht werden kann.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIKFORMEL/TABELLE/GRAPHIKD4
2.2.3 D4 offenbart im Zusammenhang mit Fig. 7, dass das Prägehologramm als Volumenhologramm bzw. Bragg-Hologramm 60 (cf. D4, Seite 16, Zeile 6 ff., Seite 5, Zeile 4 ff., Anspruch 14) ausgebildet werden kann. Auf diese Weise kann ein Durchsichtssicherheitselement 20 mit einer charakteristischen Farbwirkung erzeugt werden (Bezeichnungen (1) ...(4) und Hervorhebungen durch die Kammer eingeführt):
Seite 16, Zeile 11 ff,: "(1) Das Bragg-Hologramm reflektiert lediglich Licht einer einzigen Wellenlänge, (2) so dass das durch das Bragg-Hologramm durchtretende Licht nicht breitbandig in seiner Intensität geschwächt wird, (3) sondern entsprechend der reflektierten Wellenlänge eines bestimmten Farbanteils beraubt wird. (4) Auf diese Weise kann ein Durchsichtssicherheitselement 20 mit einer charakteristischen Farbwirkung erzeugt werden".
2.2.4 Das Bragg-Hologramm ist nach obiger Beschreibung im Wesentlichen transparent, da nur Licht einer bestimmten Wellenlänge reflektiert wird, so dass die restlichen Wellenanteile ungehindert durch das Hologramm treten können und das zweite Hologramm 34 durch einen Laser abgebildet werden kann. Das Bragg-Hologramm 60 in Fig. 7 ersetzt das Präge-Hologramm des Beispiels aus Fig. 2 und muss folglich keine (semitransparente) Metallschicht 30 enthalten.
2.2.5 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass Bragg-Hologramme nur aus bestimmten Blickwinkeln sichtbar seien, und entweder wie in D4, Fig. 7, als Durchsichtssicherheitselemente (Transmissionshologramm) oder alternativ als Reflexionselement ausgeführt werden könnten. D6, Fig. 4.2, stelle die zwei Volumenhologramm-Typen dar:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIKD6
D5 lehre (Seite 55, Absatz rechts oben), dass das dort beschriebene Reflexions-Volumenhologramm mit einer Schicht versehen werde, um einen "dunklen Hintergrund" zu erzeugen. Insofern könne D4 nur ein Transmissionshologramm darstellen, da dort keine (semitransparente) Reflexions-Schicht im Zusammenhang mit Fig. 7 offenbart werde. Dies werde durch die Halbsätze (2) und (4) in der oben zitierten Stelle untermauert. Der Fachmann würde folglich das Bragg-Hologramm in D4 als ein Transmissionshologramm erkennen, aber nur ein Reflexionshologramm würde unter den Anspruch fallen. Es sei auch fraglich, ob die gespeicherten Informationen in D4 erkennbar würden.
2.2.6 Die Kammer kommt jedoch zum Schluss, dass die Anspruchsmerkmale sehr breit gefasst sind und dass die Beschreibung keine weiteren Einzelheiten darüber enthält, wie das Volumenhologramm aufgebaut sein muss, um die beanspruchten Eigenschaften zu erzielen. D4 betont auch im Anspruch 1 ausdrücklich, dass das erste Sicherheitselement ein "in Reflexion erkennbares Sicherheitsmerkmal" ist. Anspruch 14 bezieht sich auf dieses Reflexionselement und definiert es als Volumenhologramm, das nur Licht einer vorbestimmten Wellenlänge reflektiert (also als Reflexionshologramm). Dies wird auch untermauert durch die Halbsätze (1) und (3) oben.
2.2.7 In Transmission bei hellem Licht überlagert jedoch das helle Licht der anderen Wellenlängen das reflektierte (farbige) Licht, so dass das Hologramm nicht sichtbar ist, wenn das Licht nur hell genug ist. Die Erkennbarkeit des Hologramms ist nicht eindeutig im Anspruch definiert (siehe Abschnitt 2.1 oben) und hängt auch von der subjektiven Wahrnehmung jedes Betrachters ab. Bei ausreichend dunklem Hintergrund ist jedoch der Kontrast groß genug, so dass das (farbige) reflektierte Licht gut sichtbar und somit das Reflexions-Volumenhologramm und die darin enthaltene Information (Muster, Zeichen, Bild etc.) erkennbar ist.
2.3 Neuheit
2.3.1 D4 offenbart folglich an den oben diskutierten Stellen ein (Bezugszeichen gemäß D4)
(A) Sicherheitselement (12, 20) zur Erhöhung des Fälschungsschutzes von Sicherheitsdokumenten, wie Banknoten (Seite 11, Zeilen 4 bis 8), Wertpapieren, Ausweisen, Kreditkarten, Debit-Karten oder dergleichen,
(B) wobei das Sicherheitselement aus einem Volumenhologramm (Volumenhologramm, Bragg-Hologramm 60) in einer belichtbaren Schicht (60, Seite 3, Zeile 10 bis 12) besteht,
(C) wobei die Dicke der belichtbaren Schicht mindestens eine Wellenlänge der belichtenden bzw. auslesenden elektromagnetischen Strahlung beträgt (implizit für das Bragg-Hologramm, da es sonst nicht funktionieren würde, cf. D6, Fig. 4.2),
(D) wobei in dem Volumenhologramm eine Information in Form mindestens eines Musters (Seite 16, Zeilen 8 bis 11: "Bragg-Hologramm ... Anordnung von Phasen- oder Amplitudenobjekten, die die darzustellenden Daten bilden"), mindestens eines alphanumerischen Zeichens oder einer graphischen Abbildung abgespeichert ist, wobei
(E) die belichtbare Schicht in mindestens einem ersten Teilbereich mindestens teiltransparent ist und keinen dunklen Hintergrund aufweist (Fig. 7, Halbsätze (2) und (4) oben),
(F) so dass die in dem Volumenhologramm abgespeicherte Information für einen Betrachter erst erkennbar wird, wenn der Betrachter das Volumenhologramm vor einen dunklen Hintergrund hält (folgt aus den Halbsätzen (1) und (3) oben, siehe auch die oben angegebene Textstelle in D5),
(G) wobei das Volumenhologramm ohne dunklen Hintergrund (Fig. 7, Halbsätze (2) und (4) oben) im Fenster einer sogenannten Fenster-Banknote untergebracht ist,
(H) wobei sich bei der Fenster-Banknote in dem Substrat der Banknote mindestens ein Fenster (14 in Fig. 1, Ansprüche 1, 40, 41) in Form eines transparenten Teilbereichs (12, 20) oder einer durchgehenden Öffnung befindet
(I) und die in dem Volumenhologramm abgespeicherte Information erst erkennbar wird, wenn der Betrachter die Banknote mit dem Fenster vor einen dunklen Hintergrund hält (folgt aus den Halbsätzen (1) und (3) oben).
2.4 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des einzigen vorliegenden Antrages nicht neu (Artikel 52(1), 54(1) und (2) EPÜ).
3. Schlussfolgerung
Da der einzige vorliegende Antrag nicht den Anforderungen des EPÜ bezüglich Neuheit genügt, wird die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung zurückzuweisen, bestätigt. Folglich muss die Beschwerde zurückgewiesen werden (Artikel 97(2) and 111(1) EPÜ).
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.