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T 1906/18 21-10-2021
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Karosseriestruktur, insbesondere Bodenstruktur, für ein Kraftfahrzeug
I. Das europäische Patent Nr. 2 799 314 wurde mit der am 4. Juni 2018 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung in geänderter Form aufrechterhalten. Dagegen wurde von der Einsprechenden form- und fristgerecht gemäß Artikel 108 EPÜ Beschwerde eingelegt.
II. Folgende Dokumente werden in dieser Entscheidung zitiert:
WO-A (Veröffentlichung der ursprünglich eingereichten Fassung der früheren Anmeldung: WO-A1-2011/141147);
EP-A (Veröffentlichung der ursprünglich eingereichten Fassung der dem Streitpatent zugrundeliegenden Anmeldung (Teilanmeldung von WO-A)).
III. Es fand am 21. Oktober 2021 eine mündliche Verhandlung statt. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 8 bis 13, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, aufrechtzuerhalten.
IV. Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
"Karosseriestruktur, insbesondere Bodenstruktur, für ein Kraftfahrzeug, mit definierte Lastpfade für Crashsituationen ausbildenden Trägerbauteilen, wobei die im Bereich eines Heckcrash-Lastpfades liegenden Trägerbauteile wenigstens zum Teil durch hochfeste Trägerbauteile aus einem warmumgeformten bzw. formgehärteten Stahlblech gebildet sind, die unmittelbar oder mittelbar miteinander verbunden sind, wobei die im Bereich des Heckcrash-Lastpfades liegenden hochfesten Trägerbauteile durch jeweils einen, bezogen auf die Fahrzeugquerachse, auf gegenüberliegenden Fahrzeugseiten liegenden, hinteren oder heckseitigen Längsträger (25) und durch jeweils ein, bezogen auf die Fahrzeugquerachse, auf gegenüberliegenden Seiten liegendes Schwellerbauteil (17) gebildet sind, dadurch gekennzeichnet, dass die im Bereich des Heckcrash-Lastpfades liegenden hochfesten Trägerbauteile weiter einen in Fahrzeugquerachsenrichtung verlaufenden, bezogen auf die Fahrzeuglängsrichtung, hinteren Querträger (24) und ein in Fahrzeugquerachsenrichtung verlaufendes Fersenblech aufweisen, und dass die hochfesten hinteren Längsträger (25) unmittelbar oder mittelbar mit einem fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereich (6) verbunden sind, so dass bei einem Heckaufprall die über die hinteren Längsträger (25) eingeleiteten Kräfte über den hinteren Querträger (24) und das Fersenblech (20) auf die Schwellerbauteile (17) und die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche (6) verteilbar und ableitbar sind."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der Wortlaut "verteilbar und abteilbar sind" durch den Wortlaut "verteilbar und ableitbar sind, wobei die hochfesten hinteren Längsträger (25) unmittelbar mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) und/oder mit dem hochfesten Fersenblech (20) verbunden sind" ersetzt wird.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 9 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 dadurch, dass der Wortlaut "mit dem hochfesten Fersenblech (20) verbunden sind" durch den Wortlaut "mit dem hochfesten Fersenblech (20) verbunden sind, und wobei das Fersenblech (20) unmittelbar mit dem jeweils zugeordneten hochfesten Schwellerbauteil (17) und mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) verbunden ist" ersetzt wird.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 9 dadurch, dass der Wortlaut "mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) verbunden ist" durch den Wortlaut "mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) verbunden ist, und wobei die den Heckcrash-Lastpfad ausbildenden hochfesten hinteren Längsträger (25) mitsamt den hochfesten fahrgastzellenseitigen Schwellerbauteilen (17) einerseits sowie der hochfeste hintere Querträger (24) und das hochfeste Fersenblech (20) andererseits eine bodenseitige, hochfeste H-Struktur ausbilden" ersetzt wird.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 11 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der Wortlaut "die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche (6) verteilbar und ableitbar sind" durch den Wortlaut "die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche (6) verteilbar und ableitbar sind, wobei die hochfesten hinteren Längsträger (25) unmittelbar mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) und/oder mit dem hochfesten Fersenblech (20) verbunden sind, wobei das Fersenblech (20) unmittelbar mit dem jeweils zugeordneten hochfesten Schwellerbauteil (17) und mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) verbunden ist, wobei das hochfeste Schwellerbauteil (17) in Fahrzeugslängsrichtung sowie nach hinten in Richtung Heckseite gesehen über das Fersenblech (20) hinaus mit einer demgegenüber aus einem niederfesten stahlmaterial und/oder aus einem Leichtmetall und/oder aus einem Kunststoff hergestellten Schwellerteilverlängerung (18) verlängert ist und mit dieser Schwellerteilverlängerung (18) mit dem jeweils zugeordneten hinteren hochfesten Längsträger (25) und/oder mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) unmittelbar oder mittelbar verbunden ist, und wobei die den Heckcrash-Lastpfad ausbildenden hochfesten hinteren Längsträger (25) mitsamt den hochfesten fahrgastzellenseitigen Schwellerbauteilen (17) einerseits sowie der hochfeste hintere Querträger (24) und das hochfeste Fersenblech (20) andererseits eine bodenseitige, hochfeste H-Struktur ausbilden" ersetzt wird.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 12 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 11 dadurch, dass der Wortlaut "mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) unmittelbar oder mittelbar verbunden ist" durch den Wortlaut "mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) unmittelbar oder mittelbar verbunden ist, wobei die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche (6) jeweils durch eine Verlängerung eines vorderen Längsträgerbauteils (5) gebildet sind, nämlich jeweils durch einen sich an ein vorderwagenseitig angeordnetes, hochfestes Längsträgerbauteil (5) anschließenden Längsträgerbereich (6) gebildet sind" ersetzt wird.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 13 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der Wortlaut "fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche (6) verteilbar und ableitbar sind" durch den Wortlaut "fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche (6) verteilbar und ableitbar sind, wobei die hochfesten hinteren Längsträger (25) unmittelbar mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) und/oder mit dem hochfesten Fersenblech (20) verbunden sind, und wobei das Fersenblech (20) unmittelbar mit dem jeweils zugeordneten hochfesten Schwellerbauteil (17) und mit dem hochfesten hinteren Querträger (24) und mit dem fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereich (6) verbunden ist" ersetzt wird.
V. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) führte aus, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 (welcher in der gemäß der angefochtenen Entscheidung aufrechterhaltenen Fassung des Patents unverändert aufrechterhalten wurde) einen über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung der früheren Anmeldung hinausgehenden Gegenstand beinhalte, da sich die durch die Änderungen bedingten Merkmale in dieser Form weder aus den (ursprünglichen) Ansprüchen noch aus der Beschreibung oder den Figuren ergäben.
Insbesondere seien die Merkmale M9 (d.h. "so dass bei einem Heckaufprall die über die hinteren Längsträger (25) eingeleiteten Kräfte über den hinteren Querträger (24) und das Fersenblech (20) auf die Schwellerbauteile (17) und die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche (6) verteilbar und ableitbar sind") nicht in der ursprünglich eingereichten Fassung der früheren Anmeldung (siehe z.B. veröffentlichte ursprüngliche Fassung der früheren Anmeldung, im Folgenden als WO-A bezeichnet) offenbart.
Die einzigen Offenbarungsstellen in WO-A, die eine Auskunft über die im Heckaufprall eingeleiteten Kräfte und über definierte Lastpfade ausbildende Trägerbauteile enthielten, seien auf Seite 7 (letzter Absatz) und Seite 8 (erster Absatz) zu finden (d.h. "mit einem derartigen Aufbau des heckseitigen Karosseriebereichs wird eine zuverlässige Kraftaufteilung und Kraftverteilung bei einem Heckcrash erzielt, da die Heckcrashkräfte durch die hinteren Längsträger in die Schwellerbauteile bzw. die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche sowie auch in das Fersenblech bzw. den hinteren Querträger eingeleitet und damit vorteilhaft vielfältigst aufgeteilt und verteilt werden können"), sowie auf Seite 14 (letzter Absatz) (d.h. "ebenso trifft das zuvor Gesagte auf die in der Figur 5 gezeigte Heckcrashsituation zu, bei der die über die hinteren Längsträger 25 eingeleiteten Kräfte in Fahrzeuglängsrichtung x gesehen im wesentlichen H-förmig über den inneren Schweller 17 bzw. die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche 6 sowie auch über das Fersenblech 20 bzw. den hinteren Querträger 24 verteilt und abgeleitet werden können") zu finden (siehe auch die zu den genannten Passagen äquivalenten Textstellen in den Absätzen [0027] und [0060] in der veröffentlichten Fassung der ursprünglich eingereichten Teilanmeldung EP-A der früheren Anmeldung WO-A).
Beide Offenbarungsstellen könnten aber nur belegen, dass die über die hinteren Längsträger 25 eingeleiteten Kräfte (im wesentlichen H-förmig) über die folgenden vier Trägerelemente unmittelbar und direkt abgeleitet werden würden: den inneren Schweller 17, die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche 6, das Fersenblech 20 und den hinteren Querträger 24. Insbesondere würden durch diesen Lastpfad die eingeleiteten Kräfte "vorteilhaft vielfältigst aufgeteilt und verteilt" werden, wie auch in der Figur 5 gezeigt werde. Dies sei aber gerade nicht als äquivalent zu den Merkmalen M9 anzusehen, weil gemäß den Merkmalen M9 die eingeleiteten Kräfte erst über den hinteren Querträger 24 und das Fersenblech 20 (also lediglich über zwei Trägerbauteile) weiter auf die Schwellerbauteile 17 und die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche 6 verteilbar und ableitbar seien. Dies sei ursprünglich in WO-A nicht offenbart.
VI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) legte dar, dass der Gegenstand des Anspruchs 1, insbesondere die Merkmale M9 (d.h. "so dass bei einem Heckaufprall die über die hinteren Längsträger (25) eingeleiteten Kräfte über den hinteren Querträger (24) und das Fersenblech (20) auf die Schwellerbauteile (17) und die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche (6) verteilbar und ableitbar sind"), nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung der früheren Anmeldung (WO-A) hinausgehe.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, sei aus den besagten Absätzen von WO-A (oder entsprechend aus den Absätzen [0027] bzw. [0060] der Beschreibung von EP-A) nicht zu entnehmen, auf welche Trägerbauteile sich der Kraftfluss ausgehend von den hinteren Längsträgern 25 unmittelbar oder mittelbar erstrecke. Es sei in diesen Absätzen lediglich die Kraftflussrichtung im Allgemeinen offenbart, insbesondere erstrecke sich die Kraftflussrichtung, bezogen auf die Fahrzeuglängsrichtung (x), vom Fahrzeugheck in Richtung der Fahrzeugfront und führe dabei über die Lastpfad-Bauteile, d.h. innere Schweller 17, fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche 6, Fersenblech 20 und hinterer Querträger 24. Somit sei in diesen Absätzen lediglich offenbart, über welche Bauteile sich der Kraftfluss erstrecke, allerdings sei nicht dargelegt, wie es sich mit dem Kraftflussübergang zwischen den einzelnen Lastpfad-Bauteile verhalte.
Hingegen ergäben sich die Merkmale M9 für den Fachmann eindeutig aus der Figur 5 in WO-A (oder entsprechend in EP-A). Es sei für den Fachmann direkt ersichtlich, dass mittels des hinteren Querträgers 24 und des Fersenbleches 20 eine Querverteilung der Kräfte beim Heckaufprall erfolge. Dies sei allerdings nach den Gesetzen der Mechanik nur möglich, sofern sich der Kraftfluss zumindest mehrheitlich ausgehend von den hinteren Längsträgerbereichen 25 über den hinteren Querträger 24 und das Fersenblech 20 auf die Schwellerbauteile 17 und die Längsträgerbereiche 6 erstrecke. Somit führe zumindest ein Teil des Kraftflusses von den Längsträgern 25 zuerst auf den hinteren Querträger 24 und das Fersenblech 20 und von dem hinteren Querträger 24 und dem Fersenblech 20 auf die Schwellerbauteile 17 und die Längsträgerbereiche 6.
Dies entspreche genau der in Figur 5 gezeigten Situation und sei auch im Einklang mit der Offenbarung in Absatz [0060] von EP-A, wonach "die über die hinteren Längsträger 25 eingeleiteten Kräfte in Fahrzeuglängsrichtung x gesehen im wesentlichen H-förmig über den inneren Schweller 17 bzw. die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche 6 sowie auch über das Fersenblech 20 bzw. den hinteren Querträger 24 verteilt und abgeleitet werden können".
Folglich sei in den genannten Absätzen (entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin) keine "gleichzeitige" oder "gleichmäßige" Aufteilung der eingeleiteten Kräfte offenbart. Es sei vielmehr jedes Mal zum Ausdruck gebracht, dass mit der erfindungsgemäßen Lösung eine vielfältigste Kraftverteilung und Kraftableitung erfolgen solle, mithin also insbesondere bei der Heckcrashsituation diverse Lastpfade zur Verfügung gestellt werden würden, die eine Kraftverteilung und Kraftableitung unter Einbeziehung des Fersenblechs 20 und des hinteren Querträgers 24 auf die Schwellerbauteile 17 und die Längsträgerbeeiche 6 ermöglichten, wie von den Merkmalen M9 gefordert werde.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag)
verstößt gegen Artikel 76 (1) EPÜ, da er über den Inhalt der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.
Tatsächlich werden die hinzugefügten Merkmale M9 (d.h. "so dass bei einem Heckaufprall die über die hinteren Längsträger (25) eingeleiteten Kräfte über den hinteren Querträger (24) und das Fersenblech (20) auf die Schwellerbauteile (17) und die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche (6) verteilbar und ableitbar sind"), sei es explizit oder implizit, weder durch die Absätze [0027] und [0060] der Beschreibung in EP-A gestützt, noch durch die Offenbarung der Figur 5 in EP-A (dies gilt natürlich auch für die äquivalenten, zitierten Textstellen (siehe oben) und Figuren in WO-A).
Zunächst ergibt sich unzweifelhaft aus den Merkmalen M9, dass diese einen besonderen oder bevorzugten Lastpfad definieren, bei dem die im Heckaufprall über die Längsträger 25 eingeleiteten Kräfte zuerst auf den hinteren Querträger 24 und das Fersenblech 20 abgeleitet und verteilt werden, und erst mittelbar, d.h. durch diese beiden Trägerbauteile, weiter auch auf die Schwellerbauteile 17 und die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche 6 abgeleitet und verteilt werden.
Ein solcher besonderer oder spezifischer Lastpfad wird in den genannten Stellen in der Beschreibung von WO-A (oder EP-A) weder explizit noch implizit offenbart, da diese Passagen lediglich aussagen, dass "die Heckcrashkräfte durch die hinteren Längsträger in die Schwellerbauteile bzw. die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche sowie auch in das Fersenblech bzw. den hinteren Querträger eingeleitet und damit vorteilhaft vielfältigst aufgeteilt und verteilt werden können" (EP-A; Absatz [0027]), bzw. "verteilt und abgeleitet werden können" (EP-A; Absatz [0060]).
Damit vermitteln diese Passagen der Beschreibung von EP-A lediglich die allgemeine technische Lehre, dass die beim Heckaufprall entstehenden Stosskräfte durch die Längsträger 25 im Wesentlichen in vier verschiedene Trägerbauteile eingeleitet werden (d.h. in die Schwellerbauteile bzw. die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche sowie auch in das Fersenblech bzw. den hinteren Querträger), sowie auch über diese Trägerbauteile verteilt und abgeleitet werden. Auf welche Art und Weise dies geschehen soll, wird jedoch weder dort noch in anderen Offenbarungsstellen von EP-A (oder WO-A) dargelegt. Insbesondere auch ob diese Stosskräfte gleichzeitig (bzw. in einer gegebenen Reihenfolge) oder gleichmäßig, mittelbar oder unmittelbar eingeleitet und aufgeteilt werden, wird in der Beschreibung von EP-A weder explizit noch implizit offenbart.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) würde der Fachmann auch aus der Figur 5 von EP-A die Merkmale M9 nicht entnehmen können. Tatsächlich zeigt der dort ersichtliche Lastpfad bestenfalls und wenn überhaupt nur, dass die über die Längsträger 25 eingeleiteten Kräfte zumindest sowohl über die Schwellerbauteile 17 (bzw. die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche 6) als auch über das Fersenblech 20 und den Querträger 24 (obwohl der Querträger 24 in der Figur 5 nicht eindeutig identifizierbar und auch nicht mit Bezugszeichen versehenen ist, aber zweifelsohne analog zur Figur 1 in unmittelbarer Nähe des Fersenblechs 20 liegt) aufgeteilt und abgeleitet werden (siehe Pfeil in der Nähe des Bezugszeichens 25 sowie zweigeteilter Pfeil in der Nähe des Fersenblechsbezugszeichens 20). Irgendwelche Informationen zu der zeitlichen Reihenfolge bei der Einleitung der Kräfte über die besagten Trägerbauteile, oder Informationen zu der Relation bzw. dem Verhältnis in dem die jeweiligen Kräfte bei der genannten Aufteilung zueinander stehen, sind aus der Figur 5 nicht zu entnehmen.
Infolgedessen stimmt auch die Offenbarung der Figur 5 mit derjenigen der genannten Beschreibungsstellen insofern überein, als nur allgemein die Einleitung und Aufteilung von Kräften beim Heckaufprall über die Längsträger 25 und über die weiteren genannten vier Trägerbauteile (d.h. Schwellerbauteile 17, Längsträgerbereiche 6, Fersenblech 20 und Querträger 24) explizit und implizit entnehmbar ist.
Somit wird in Figur 5 zweifellos nicht gezeigt, dass gemäss den Merkmalen M9 die über Längsträger 25 eingeleiteten Kräfte zunächst in den hinteren Querträger 24 und das Fersenblech 20 abgeleitet und verteilt werden, und erst mittelbar (also danach), d.h. durch diese beiden Trägerbauteile, weiter auch auf die Schwellerbauteile 17 und die fahrgastzellenseitigen Längsträgerbereiche 6 abgeleitet und verteilt werden.
Damit kann auch der Behauptung der Beschwerdegegnerin, wonach aus Figur 5 für den Fachmann entnehmbar sei, dass zumindest ein Teil des Kraftflusses von den Längsträgern 25 zuerst auf den hinteren Querträger 24 und das Fersenblech 20 und von dem hinteren Querträger 24 und dem Fersenblech 20 auf die Schwellerbauteile 17 und die Längsträgerbereiche 6 führe, nicht zugestimmt werden.
In der Tat ergibt sich offensichtlich aus den obigen Ausführungen (im Hinblick auf die besagten Absätze der Beschreibung und auf Figur 5), dass die beim Heckaufprall über die Längsträger 25 eingeleiteten Kräfte weiter über die genannten vier Trägerbauteile (d.h. Schwellerbauteile 17, Längsträgerbereiche 6, Fersenblech 20 und Querträger 24) eingeleitet und zwischen diesen Trägerbauteilen aufgeteilt und verteilt werden. Also muss zwingend zumindest ein Teil des Kraftflusses von den Längsträgern 25 auf den hinteren Querträger 24 und das Fersenblech 20 führen (ohne Angabe irgendeiner zeitlichen Reihenfolge), aber genauso zwingend muss zumindest ein weiterer Teil des Kraftflusses von den Längsträgern 25 auf die Schwellerbauteile 17 und die Längsträgerbereiche 6 führen (auch hier ohne Angabe irgendeiner zeitlichen Reihenfolge). Welcher Kraftfluss zuerst oder später stattfindet, oder in welchem Verhältnis die jeweiligen Kräfte zueinander stehen, ist für den Fachmann auch aus der Figur 5 nicht ersichtlich.
Aus den obigen Gründen erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht die Anforderungen von Artikel 76 (1) EPÜ.
3. Der jeweilige Anspruch 1 der Hilfsanträge 8 bis 13 enthält ebenfalls, wie der Anspruch 1 des Hauptantrags, die genannten Merkmale M9. Folglich erfüllt aus den obigen Gründen der Gegenstand des Anspruchs 1 dieser Hilfsanträge nicht die Anforderungen von Artikel 76 (1) EPÜ.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.