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T 1929/18 19-05-2021
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Elektrode für eine Zündkerze sowie Verfahren zu deren Herstellung
I. Die Beschwerde des Einsprechenden richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher festgestellt wurde, dass das europäische Patent Nr. 2 719 037 in geänderter Fassung gemäß dem vor der Einspruchsabteilung anhängigen Hilfsantrag 1 den Erfordernissen des europäischen Patentübereinkommens genügt.
II. Der Beschwerdeführer (Einsprechender) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
III. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Die folgenden, während des Verfahrens vor der Einspruchsabteilung genannten Dokumente sind für diese Entscheidung relevant:
D2 : JP 2010 238499 A
D2'': Computerübersetzung von D2 auf Englisch
D4 : EP 1 049 222 A1
V. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2007 hatte die Kammer den Parteien mitgeteilt, dass sie dazu neige, den Gegenstand des Anspruchs 1 des dem gültigen einzigen Antrags entsprechenden Hauptantrags aus einer Kombination der Dokumente D4 mit D2 als nahegelegt anzusehen.
VI. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 19. Mai 2021 statt.
VII. Anspruch 1 des einzigen Antrags der Beschwerdegegnerin lautet:
"Verfahren zur Herstellung einer Elektrode (2), umfassend die Schritte:
- Bereitstellen eines Elektrodengrundmaterials (4),
- Anordnen eines Edelmetallelements (5; 50) auf dem Elektrodengrundmaterial (4) und
- Anschweißen des Edelmetallelements (5; 50) auf das Elektrodengrundmaterial (4) dadurch gekennzeichnet, dass eine Schweißnaht mit einem Verhältnis einer maximalen Ausdehnung (T) der Schweißnaht senkrecht zu einer Elektrodenoberfläche (20) zu einer maximalen Breite (B) der Schweißnaht an der Oberfläche (20) der Elektrode die Gleichung T/B >= 3 erfüllt, wobei das Schweißen mittels eines Faserlasers erfolgt, und wobei eine Breite der Schweißverbindung zwischen 0,1 bis 0,3 mm liegt."
VIII. Die für die Entscheidung wesentlichen Argumente des Beschwerdeführers lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 seien aus D4 bekannt. D4 offenbare darüber hinaus das beanspruchte Verhältnis von Tiefe zu Breite der Schweißverbindung T/B >= 3 sowie eine Breite der Schweißverbindung zwischen 0,1 und 0,3 mm. Die Tiefe der Schweißverbindung, wie in Absatz [0030] von D4 angegeben sei durch den Ausdruck "As described above" in Absatz [0047] auch auf die Tabelle 2 zu lesen, welche sämtliche in D4 beschriebenen Beispiele betreffe. Zudem beziehe sich die Angabe der Tiefe der Schweißverbindung in Absatz [0030] nicht nur auf die Figuren 4B und 4C. In Figur 4A sei die Tiefe der Schweißverbindung sogar explizit offenbart, da sie eingezeichnet sei. Unabhängig davon stehe die Offenbarung der Tiefe der Schweißverbindung von 0,4 mm in Absatz [0030] für sich alleine. Es sei stets ein Anliegen des Fachmanns, zu verhindern, dass sich das Edelmetallelement ablöse. Tabelle 2 enthalte ein Beispiel, aus dem sich unmittelbar und eindeutig eine Breite der Schweißverbindung von 0,1 mm ergebe.
Das einzige Unterscheidungsmerkmal des Anspruchs 1 gegenüber D4 sei folglich, dass das Schweißen mittels eines Faserlasers durchgeführt werde. In D4 werde ein YAG-Laser zum Schweißen verwendet. Dokument D2'', Absatz [0046], könne entnommen werden, dass ein YAG-Laser nachteilig sei, da er unebene Oberflächen erzeuge, und dass als Verbesserung ein Faserlaser vorgeschlagen werde. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei für den Fachmann daher nahegelegt.
IX. Die für die Entscheidung wesentlichen Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Dokument D4 offenbare weder das beanspruchte Verhältnis von Tiefe zu Breite der Schweißverbindung T/B >= 3, noch einen Faserlaser, noch eine Breite der Schweißverbindung zwischen 0,1 und 0,3 mm. Tabelle 2 fasse lediglich Testergebnisse zur Bestätigung des technischen Effekts der Erfindung von D4 zusammen. Hierbei werde aus dem Verhältnis der minimalen zur maximalen Breite der Schweißnaht auf die Qualität der Schweißverbindung geschlossen. Über die Tiefe der Schweißnaht sage Tabelle 2 nichts aus. Außerdem sei die Tiefe der Schweißverbindung für die in D4 beschriebene Erfindung unerheblich. Die Tiefe der Schweißnaht sei nur an einer einzigen Stelle in D4 offenbart, nämlich in den Absätzen [0029] und [0030]. Die vom Beschwerdeführer dort entnommene Offenbarung sei im Kontext der umgebenden Textstellen zu lesen. Hieraus ergebe sich, dass sich der Absatz [0030] auf den Spezialfall der Figuren 4B und 4C beziehe. Die Tabelle 2, aus welcher die restlichen Teile des beanspruchten Verhältnis der Tiefe zur Breite der Schweißverbindung bekannt sein sollen, beziehe sich jedoch nicht auf die Figur 4B oder 4C. Daher könne die in Absatz [0030] angegebene Tiefe der Schweißverbindung nicht auf die Tabelle 2 gelesen werden. Der Ausdruck in Absatz [0047] "As described above" betreffe die Durchführung des Experiments, dessen Ergebnisse in der Tabelle 2 dargestellt seien und schließe Absatz [0030] nicht ein. Die Tiefe der Schweißverbindung sei für die in D4 beschriebene Erfindung nicht wesentlich, da sie weder im Wortlaut des Anspruchs 1 erwähnt werde noch die Lehre von D4 mit der Tiefe der Schweißverbindung zu tun habe. Zwar offenbare Dokument D2 einen Faserlaser, jedoch fehle in D2 eine Offenbarung der Breite der durch den Faserlaser erzeugten Schweißverbindung zwischen 0,1 und 0,3mm. Diese wirke jedoch mit dem Merkmal Faserlaser zusammen. Anspruch 1 sei folglich aus einer Kombination der Dokumente D4 mit D2 nicht nahegelegt.
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht sowie ausreichend substantiiert. Folglich ist die Beschwerde zulässig.
2. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des einzigen Antrags beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
2.1 Unstrittig sind sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 aus dem Dokument D4 bekannt.
Strittig ist jedoch, ob das im Kennzeichen des Anspruchs 1 beanspruchte Verhältnis von Tiefe zu Breite der Schweißverbindung T/B >= 3 sowie eine Breite der Schweißverbindung zwischen 0,1 und 0,3 mm aus Dokument D4 bekannt sind und ob der Fachmann veranlasst gewesen wäre, D4 mit der Offenbarung von D2 zu kombinieren. Hierbei wurde von beiden Parteien das Dokument D2'' als englische Übersetzung des japanischen Dokuments D2 anerkannt.
Ebenfalls unstrittig offenbart das Dokument D4 nicht, dass das Schweißen mittels eines Faserlasers erfolgt.
2.2 Entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung und den Argumenten der Beschwerdegegnerin schließt sich die Kammer der Beschwerdeführerin dahingehend an, dass nicht nur die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, sondern auch die strittigen Merkmale des Kennzeichens aus Dokument D4 bekannt sind.
Die Angabe der Tiefe der Schweißverbindungen (lav) in Absatz [0030] von D4 ist auch auf die Tabelle 2 von D4 zu lesen, da sich Absatz [0030] damit beschäftigt, ein Ablösen des Edelmetallchips von der Elektrode zu vermeiden und die vorgeschlagene Tiefe der Schweißverbindungen von 0,4 mm somit für alle in der Tabelle 2 gezeigten Beispiele Gültigkeit haben dürfte.
2.3 Die diesbezüglichen Argumente der Beschwerdegegnerin überzeugen die Kammer nicht. Einerseits ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass die Figur 4A getrennt von den Figuren 4B und 4C zu betrachten sei. Folglich ist die Tiefe der Schweißverbindungen (lav), die in Figur 4A dargestellt ist, auch auf die Offenbarung der Figuren 4B und 4C zu lesen.
Die Kammer stimmt der Beschwerdegegnerin zwar dahingehend zu, dass die Tabelle 2 und die zugehörigen Absätze [0045] bis [0047] der Beschreibung von D4 sich lediglich auf die Durchführung des darin beschriebenen Qualitätstests beziehe. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Inhalt der Tabelle 2 für die in der Beschreibung genannten weiteren Beispiele keine Bedeutung hat. Ungeachtet dessen schließt sich die Kammer dem Beschwerdeführer dahingehend an, dass die in Absatz [0030] angegebene Tiefe der Schweißverbindung von 0,4mm für sich alleine steht. Wie bereits oben ausgeführt dürfte der durch die dort offenbarte Tiefe der Schweißverbindung erreichte technische Effekt, ein Ablösen des Edelmetallelements zu vermeiden, für sämtliche Beispiele von D4 Gültigkeit haben.
In Tabelle 2 von D4 ist ein Beispiel eines Edelmetallelements mit einem Durchmesser von 0,8mm bei einem Dmax von 1,0mm, also einem Gesamtdurchmesser bestehend aus dem Durchmesser des Edelmetallelements und zweimal der Breite der Schweißverbindung, offenbart. Hieraus ergibt sich unmittelbar und eindeutig eine Breite der Schweißverbindung von 0,1mm (0,5*(1,0mm-0,8mm)). Das im Kennzeichen definierte Verhältnis von Tiefe zu Breite der Schweißverbindung T/B ist laut dem genannten Beispiel von D4 und der in D4 offenbarten Tiefe der Schweißverbindung von 0,4mm daher 4 und somit größer gleich 3. Daher ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass das erste der beiden strittigen Merkmale in Dokument D4 offenbart ist.
Das zweite strittige Merkmal, also eine Breite der Schweißverbindung zwischen 0,1mm und 0,3mm, ist ebenso aus der Tabelle 2 von D4 zu entnehmen, wie bereits oben zum ersten strittigen Merkmal erläutert.
2.4 Die Kammer ist folglich zu dem Schluss gelangt, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 lediglich dadurch von der Offenbarung des Dokuments D4 unterscheidet, dass "das Schweißen mittels eines Faserlasers erfolgt".
Die Kammer ist vom diesbezüglichen Vortrag der Beschwerdegegnerin nicht überzeugt, dass das Schweißen mittels eines Faserlasers mit der im Kennzeichen definierten Breite der Schweißverbindung zusammenwirke, d.h. dass um das Unterscheidungsmerkmal im Stand der Technik nachzuweisen, ein Faserlaser mit der im Kennzeichen definierten Breite der Schweißverbindung offenbart sein müsste. Es wurde von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten, dass ein Faserlaser allgemein geeignet ist, eine Schweißverbindung mit einer Breite von 0,1 bis 0,3 mm herzustellen.
2.5 Der Anspruch 1 enthält darüber hinaus auch keinerlei Merkmale, die auf eine Beeinflussung der Breite der durch einen Faserlaser erzeugten Schweißverbindung gerichtet sind. Es ist für die Kammer daher nicht ersichtlich, warum der Fachmann daran gehindert sein sollte, den aus Dokument D2 bekannten Faserlaser, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, auf das Verfahren gemäß D4 anzuwenden.
2.6 Die von der Beschwerdegegnerin vertretene Auslegung des Unterschieds des Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung von D4 widerspräche auch dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz, nach welchem lediglich die unterscheidenden Merkmale zur Bildung der objektiven technischen Aufgabe herangezogen werden. Da die Kammer zu der Auffassung gelangt ist, dass die Breite der Schweißverbindung bereits, wie oben unter 2.2 erläutert, aus Dokument D4 bekannt ist, kann sie bei der Bildung der objektiven technischen Aufgabe nicht berücksichtigt werden. Als objektive technische Aufgabe kann daher angesehen werden, ein Verfahren zur Herstellung einer Elektrode mit verbesserter Schweißverbindung anzugeben.
Hierzu lehrt das Dokument D2 in Absatz [0046], dass YAG-Laser nachteilig sind, da sie eine unebene Schweißverbindung erzeugen. Auch in D4 wird ein YAG-Laser verwendet, siehe Seite 7, Zeile 3. Als Lösung schlägt das Dokument D2 in Absatz [0046] einen Faserlaser vor. Auch D2 betrifft ein Verfahren zum Herstellen einer Elektrode, sodass für die Kammer keinerlei Gründe ersichtlich sind, warum der Fachmann die Lehre von D2 nicht mit jener von D4 kombiniert hätte. Die Auswahl aus mehreren allgemein bekannten Schweißverfahren sieht die Kammer darüber hinaus als trivial an. Der Fachmann wäre folglich ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.
2.7 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
Da der einzige Antrag der Beschwerdegegnerin nicht gewährbar ist, kann die Kammer dem Antrag der Beschwerdegegnerin auf Zurückweisung der Beschwerde nicht stattgeben.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.