T 0340/19 02-06-2021
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Vorrichtung zur Verminderung der Ausbreitung von Schall, Schwingungen und Druckstößen in einer Flüssigkeit
Implenia Construction GmbH
Van Oord Offshore Wind Germany GmbH
Neuheit (ja)
Neuheit - implizite Offenbarung
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Das Europäische Patent mit der Nummer 2 657 410 (im Folgenden: das Patent) betrifft eine Vorrichtung zur Verminderung der Ausbreitung von Schall, Schwingungen und Druckstößen in einer Flüssigkeit mit mehreren zueinander verschwenkbaren Rahmenteilen und daran entkoppelbar anbringbaren und mit Gas füllbaren Dämpfungskörpern.
II. Die Einspruchsabteilung hat bezüglich des Patents mit der angefochtenen Zwischenentscheidung festgestellt, dass der damalige Hilfsantrag 1 den Erfordernissen des EPÜ genügt.
III. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Einsprechende (im Folgenden "Beschwerdeführerin") mit der Beschwerde.
IV. Am 2. Juni 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Die Verhandlung wurde ohne Einwände seitens der Verfahrensbeteiligten in Form einer Videokonferenz durchgeführt. Die Schlussanträge lauteten wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberinnen (im Folgenden "Beschwerdegegnerinnen") beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.
V. Die folgenden für die Entscheidung relevanten Dokumente waren bereits Bestandteil des Einspruchsverfahrens:
D1: WO 2009/ 121336 A2
D6: WO 2008/ 123761 A1
D10: Wikipedia-Artikel "ISO-Container"
VI. Der für die Entscheidung relevante unabhängige Anspruch 1 des von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Anspruchssatzes lautet (die Merkmalsgliederung wurde in Anlehnung an die Beschwerdebegründung in "[]" hinzugefügt):
"[1.1] Vorrichtung zur Verminderung der Ausbreitung von Schall, Schwingungen und Druckstößen in einer Flüssigkeit, insbesondere von beim Einbringen eines Objekts (1) in einen Untergrund auftretendem Schall und/oder insbesondere in Wasser,
[1.2] mit mehreren mit einem Gas befüllbaren Dämpfungskörpern (2)
[1.3] und einem Träger (3), an dem die Dämpfungskörper (2) in geeigneter relativer Position zueinander anordenbar sind,
[1.4] wobei der Träger (3) einen Rahmen (4) mit horizontalen Gestängeelementen (5) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
[1.5] die Dämpfungskörper (2) derart an den horizontalen Gestängeelementen (5) angeordnet sind, dass einzelne Dämpfungskörper (2) von dem Gestängeelement (5) entkoppelbar und wieder an dem Gestängeelement (5) anbringbar sind,
[1.6] und dass der Rahmen (4) mehrere um mindestens eine Schwenkachse (7) zueinander verschwenkbare Rahmenteile (8) oder Gestängeelemente (5, 6) aufweist,
[1.7] wobei die Rahmenteile (8) oder Gestängeelemente (5, 6) derart zueinander verschwenkbar sind, dass ein zylindermantelartiger Rahmen (4) mit im Wesentlichen geschlossenem Mantel oder ein haubenförmiger Rahmen erzeugbar ist."
VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Neuheit im Hinblick auf D1
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei im Hinblick auf die Offenbarung von D1 nicht neu. D1 offenbare in Figur 5 als Rahmen- oder Gestängeteile eine Anordnung von Käfigen, die einen Rammpfahl umgäben, und welche als beliebig stapel- und verbindbar beschrieben seien. Die Merkmale M1.6 und M1.7 implizierten nicht, dass konkrete Mittel zur verschwenkbaren Kopplung der Käfige vorhanden sein müssten. Somit erfüllten die Käfige gemäß D1, die in beliebigen Achsen zueinander verschwenkt und angeordnet werden können, die Merkmale M1.6 und M1.7. Dies werde auch aus der Tatsache deutlich, dass Anspruch 1 explizit Ausführungsformen mit mehreren Schwenkachsen umfasse. Da gemäß der Ausführungsform der Figur 5 die Käfige den Rammpfahl umgeben (Seite 12, letzter Absatz), sei eine zylindermantelartige Umhüllung in D1 offenbart. Die Anordnung der Dämpfungskörper an den horizontalen Gestängeelementen eines Käfigs erfolge dabei entweder reversibel, beispielsweise durch Verknoten, Verklemmen oder Anschrauben oder irreversibel, wobei Anspruch 1 auch eine destruktive Entkopplung mit anschließender erneuter Anordnung umfasse.
b) Erfinderische Tätigkeit - D1 und allgemeines Fachwissen
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei ausgehend von D1 zumindest nicht erfinderisch. Es ergebe sich im Hinblick auf die Unterscheidungsmerkmale M1.6 und M1.7 die technische Aufgabe, eine Vorrichtung bereitzustellen, bei der die einzelnen Rahmenteile oder Gestängeelemente dauerhaft verschwenkbar aneinander gelagert werden können, so dass eine sichere Zuordnung der einzelnen Rahmenteile bei Erhalt der Anpassbarkeit und Flexibilität der Vorrichtung gewährleistet sei.
Dass dies für die Käfige mittels Kopplung über Gelenke erfolgen könne, sei der Fachperson direkt aus dem allgemeinen Fachwissen offensichtlich und stelle eine rein handwerkliche Tätigkeit dar. Auch gebe D1 bereits Hinweise, dass ein Rammpfahl durch die Käfige umschlossen sein müsse, und dass die Käfige verbindbar seien.
c) Erfinderische Tätigkeit - D1 und D6
D6 offenbare eine polygone Käfigstruktur für den maritimen Einsatz, bei der das Gestänge mit Gelenken versehen sei. Dies führe gemäß D6, Seite 3, Zeilen 27 bis 29 unter anderem zu einer flexiblen und anpassbaren Struktur. Die Fachperson erkenne auf Grund dieser Anregung, dass diese Gelenke auch für die Verbindung der Käfigelemente in D1 geeignet seien, um die technische Aufgabe zu lösen.
VIII. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerinnen lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Neuheit im Hinblick auf D1
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu im Hinblick auf die Offenbarung der D1. D1 offenbare weder, dass einzelne Dämpfungskörper von dem Gestängeelement entkoppelbar und wieder an dem Gestängeelement anbringbar sind, noch dass die Rahmenteile oder Gestängeelemente derart zueinander verschwenkbar sind, dass ein zylindermantelartiger Rahmen mit im Wesentlichen geschlossenem Mantel oder ein haubenförmiger Rahmen erzeugbar wäre. Die Merkmale M1.6 und M1.7 implizierten Mittel zur Verschwenkung, wie z.B. Gelenke. Solche seien in D1 nicht offenbart. Die in D1 optional vorgeschlagene Fixierung der Käfige untereinander erfolge erst nach dem Platzieren der Käfige. Eine anspruchsgemäße Verschwenkbarkeit um mindestens eine Schwenkachse der aneinander fixierten Käfige sei dabei jedoch nicht offenbart.
b) Erfinderische Tätigkeit - D1 und allgemeines Fachwissen
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei auch erfinderisch. Die technische Aufgabe bestehe ausgehend von D1 darin, eine Vorrichtung bereitzustellen, bei der ein besonders sicheres und kontinuierliches Umschließen eines
Rammpfahls ermöglicht werde.
D1 lehre, die als ISO-Container ausgeführten Käfige abzusenken und um den Rammpfahl herum anzuordnen. Dabei ergebe sich gemäß D1 keine Notwendigkeit die ISO-Container derart anzuordnen, dass sie eine im Wesentlichen geschlossene zylinderartige Umhüllung erzeugten. Eine Anordnung mit Beabstandung ließe sich leichter realisieren und wäre im Hinblick auf die Tatsache, dass die Hüllkörper ohnehin beabstandet angeordnet würden, auch nicht ungünstig. Wenn die Fachperson das Verbinden der Container mittels Gelenken zu einem einzigen Rahmen in Betracht ziehen würde, dann vor dem Absenken des Rahmens und der Platzierung um ein Objekt. Bei der Kopplung einer Reihe von ISO-Containern mit Gelenken ergäbe sich dann aber eine schwere und mit normalen Mitteln nicht mehr handhabbare Konstruktion, so dass die Fachperson hiervon Abstand nehme.
c) Erfinderische Tätigkeit - D1 und D6
Auch die Lehre der D6 führe nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1. D6 betreffe zunächst nicht den Lärmschutz, sondern den Schutz eines meerestechnischen Bauwerks vor maritimem Bewuchs. Auch hätte die Fachperson keine Motivation, die Gelenke aus D6 auf die Gitter- und Containerstruktur zu übertragen. Zum einen gebe es im Hinblick auf die bereits aus D1 bekannte Anordnungsmethode keinen Hinweis aus D6, Gelenke zur Lösung der Aufgabe vorzusehen. Zum anderen ergebe sich dann ebenfalls eine nicht mehr handhabbare Konstruktion von mehreren mittels Gelenken gekoppelten ISO-Containern.
1. Neuheit
1.1 Die Kammer kommt zu dem Schluss, dass die Merkmale 1.6 und 1.7 nicht in D1 offenbart sind und der Gegenstand von Anspruch 1 somit neu ist (Artikel 54(1)&(2) EPÜ).
1.2 D1 offenbart eine Vorrichtung zur Verminderung der Ausbreitung von Schall in Wasser, die mehrere mit einem Gas befüllbare Dämpfungskörper aufweist, wobei die Dämpfungskörper in geeigneter relativer Position zueinander an einem Träger angeordnet sind. Der Träger kann dabei gemäß der Ausführungsform auf Seite 9, Absätze 5 und 6, Käfige umfassen, die beispielsweise als ISO-Container ohne Wandflächen aufgeführt sind. Diese weisen inhärent horizontale Gestängeelemente auf.
Bezüglich D1 war lediglich streitig, ob die Merkmale M1.5 bis M1.7 ebenfalls offenbart sind.
1.3 Merkmal 1.5
1.3.1 Die Kammer stimmt der angefochtenen Entscheidung (Punkt 12) zu, dass auch das Merkmal 1.5 in D1 offenbart ist.
1.3.2 An den offenbarten Käfigen werden Dämpfungskörper mittels Trägerelementen angeordnet (Seite 9, Absätze 4 und 6), die beispielsweise durch Seile gebildet werden (Seite 8, Absatz 3). D1 offenbart zwar keine Details bezüglich der Befestigung der Dämpfungskörper an den Seilen oder der Seile an den Käfigen. Dämpfungskörper, die mittels Seilen am Rahmen befestigt sind, können jedoch zum einen mittels reversibler Verfahren entkoppelt und wieder angebracht werden (die Beschwerdeführerin erwähnt "Verknoten, Verklemmen oder Anschrauben"). Die Seile können zum anderen auch durchtrennt und wieder verbunden werden. Das Patent ist bezüglich der funktionellen Merkmale "entkoppelbar" und "wieder anbringbar" nicht auf bestimmte, zerstörungsfrei lösbare, d.h. reversible Verbindungen beschränkt.
1.3.3 Selbst wenn, wie in Figur 1 oder 4 gezeigt, mehrere Dämpfungskörper miteinander verbunden sind, so kann doch immer ein einzelner Dämpfungskörper aus dem Verbund herausgetrennt werden. Ein Erfordernis, dass jeder der Dämpfungskörper einzeln reversibel entkoppelbar sein muss, besteht nach Anspruch 1 nicht.
1.3.4 Somit offenbart D1 implizit und wie von Merkmal M1.5 gefordert, dass einzelne Dämpfungskörper beispielsweise von dem horizontalen Rahmengestänge eines ISO-Containers ohne Seitenwände entkoppelbar und wieder an diesen anbringbar sind.
1.4 D1 und Merkmal 1.6 und 1.7
1.4.1 Im vorliegenden Fall war zu überprüfen, ob sich die Merkmale M1.6 und M1.7 auch auf die nicht mit Mitteln zur Verschwenkung gekoppelten Käfige von D1 lesen lassen, die die Fachperson nach Auffassung der Beschwerdeführerin trotzdem beliebig - und somit im Sinne der Merkmale M1.6 und M1.7 um mehrere Schwenkachsen - zueinander verschwenken könne. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin erforderten die Merkmale weder eine Kopplung der Rahmenteile, noch eine spezifische Vorrichtung zum Verschwenken der Gestängeelemente um eine Verschwenkachse. Allein die Anordnung verschiedener "Käfige" zueinander, wie in Figur 5 und auf Seite 12, Absatz 4 beschrieben, bewirke "dass sich ein geschlossenes Polygon ... ergibt" und erfülle somit bereits den Anspruchswortlaut.
1.4.2 Nach der ständigen Rechtsprechung (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9.Auflage, 2019, II.A.6.1) sollte die Fachperson versuchen, zu einer Auslegung des Anspruchs zu gelangen, die technisch sinnvoll ist und bei der die gesamte Offenbarung des Patents berücksichtigt wird. Gleichzeitig sollte ein breiter Ausdruck nicht enger ausgelegt werden als notwendig.
1.4.3 Eine technisch sinnvolle Auslegung der funktionellen Merkmale M1.6 und M1.7 umfasst jedoch nach Auffassung der Kammer nicht nur:
a) die Ermöglichung der Bewegung der Teile zueinander um die Verschwenkachse(n), so dass ein zylindermantelförmiger oder haubenförmiger Rahmen erzeugbar ist.
Vielmehr erfordert die definierte Richtung der Bewegung um mindestens eine Schwenkachse, so dass ein zylindermantelförmiger oder haubenförmiger Rahmen erzeugbar ist, zudem:
b) die Begrenzung der Freiheitsgrade in anderen Bewegungsrichtungen.
Letztere Eigenschaft fehlt in der Betrachtung der Beschwerdeführerin der Ausrichtung der Käfige auf Basis lediglich virtueller und für jede Bewegung erneut beliebig wählbarer Schwenkachsen.
1.4.4 Aus Sicht der Kammer folgt für die Fachperson aus den Merkmalen M1.6 und M1.7 im Rahmen einer technisch sinnvollen Auslegung daher, dass konkrete Mittel zur Verschwenkung um mindestens eine Achse vorhanden sein müssen. Diese Mittel müssen in der Lage sein, die Verschwenkungsbewegung so zu lenken und zu begrenzen, dass letztendlich eine zylinder- oder haubenartige Struktur des Rahmens erzielt wird. Entsprechende Mittel sind somit impliziter Teil des Gegenstandes des Anspruchs 1.
1.4.5 Solche Mittel können, wie auch in den Figuren 4 und 5 des Patents mit Bezugszeichen 7 gezeigt, Gelenke mit einer Gelenkachse sein. Die Kammer schließt nicht aus, dass weitere Mittel zum Verschwenken ohne physische Achse denkbar sind. Hierbei ist jedoch stets erforderlich, dass die Mittel beide der oben genannten Bedingungen a) und b) erfüllen. Diese Auslegung wird auch durch die Offenbarung in den Absätzen [0014] und [0029] des Patents gestützt. Hier wird darauf hingewiesen, dass das Ziel des Verschwenkens in einer "Positionierung" der Rahmen- oder Gestängeelemente zueinander um ein Objekt herum besteht, was ebenfalls auf eine geführte Bewegung hindeutet.
Die von der Beschwerdeführerin angeführte Ausführungsform in Absatz [0032] des Patents mit ringförmigen Rahmenteilen fällt hingegen nicht unter Anspruch 1, da hier keine Schwenkachsen vorgesehen sind.
1.4.6 Die Anordnung mehrerer Käfige um ein Objekt gemäß D1, ohne dass diese durch Mittel zur Verschwenkung verbunden sind, führt nicht zu dem gemäß Anspruch 1 definierten zylindermantel- oder haubenförmigen Rahmen. Vielmehr wird die Struktur aus mehreren Einzelrahmen (Käfigen oder Containern) aufgebaut. Auch die Tatsache, dass Anspruch 1 das Vorhandensein mehrerer Schwenkachsen umfasst, ändert hieran nichts, da mit der zylindermantelartigen beziehungsweise haubenförmigen Gestalt die Freiheitsgrade auch bei einer mehrachsigen Lösung eingeschränkt bleiben. Insbesondere stellt auch die Herstellung einer Fixierung der über- oder nebeneinander angeordneten Käfige (vgl. D1, Seite 9 vorletzter Absatz) keine derartigen Mittel dar, da eine Fixierung im Allgemeinen keine Verschwenkbarkeit zueinander ermöglicht.
1.5 Da D1 keine konkreten Mittel zur Ermöglichung einer Verschwenkung im Sinne der Merkmale M1.6 und M1.7 offenbart, was im Übrigen nicht streitig war, ist der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 neu im Sinne von Artikel 54(1) und (2) EPÜ.
2. Erfinderische Tätigkeit
2.1 Nächstliegender Stand der Technik
2.1.1 Das Dokument D1 ist unstreitig als nächstliegender Stand der Technik geeignet, da hier Vorrichtungen zur Dämmung von Unterwasserschall offenbart sind, bei denen mit Gas befüllbare Dämpfungskörper an Trägern angeordnet sind. Dabei wird, wie auch im Patent, der Frage nachgegangen, wie man die Dämpfungskörper anordnen kann, damit sie ein Objekt wie beispielsweise einen Rammpfahl vollständig umhüllen (Seite 2, Absatz 2).
2.1.2 In der angefochtenen Entscheidung wird zum einen die Ausführungsform der Figur 4, zum anderen die der Figur 5 als Ausgangspunkt betrachtet. Die Figur 5 ist jedoch aus folgenden Gründen der besser geeignete Ausgangspunkt: In dieser Ausführungsform werden, wie zuvor diskutiert, feste Rahmen ("Käfige") als Träger verwendet (Seite 9, Absätze 5 und 6 und Figur 5). Hieran werden die Dämpfungskörper angeordnet. Die Ausführungsform, die in Figur 4 gezeigt wird, weist dagegen keinen festen Rahmen mit horizontalen Gestängeelementen Gestängeelemente auf, sondern ein Netz (9).
2.1.3 Wie zuvor ausgeführt, offenbart D1 keine Mittel, mit Hilfe derer Rahmenteile oder Gestängeelemente mindestens um eine Schwenkachse derart zueinander verschwenkbar sind, dass ein zylindermantelartiger Rahmen mit im Wesentlichen geschlossenem Mantel oder ein haubenförmiger Rahmen erzeugbar ist.
2.2 Objektive technische Aufgabe
Bezüglich der unterscheidenden Merkmale 1.6 und 1.7 formuliert die Beschwerdeführerin die technische Aufgabe "eine Vorrichtung bereitzustellen, bei der die einzelnen Rahmenteile oder Gestängeelemente dauerhaft schwenkbar aneinander gelagert werden können". Dieser Aufgabe kann die Kammer nicht zustimmen, da sie bereits Lösungselemente beinhaltet.
Die objektive technische Aufgabe liegt vielmehr in Anlehnung an das Patent, Absätze [0014] und [0015], in der Ermöglichung einer möglichst flexiblen Anpassung des Rahmens der Vorrichtung an vorliegende Gegebenheiten wie die Form eines einzubringenden Objektes. Der Beschwerdeführerin kann auch zugestimmt werden, dass hierbei die "sichere Zuordnung der einzelnen Rahmenteile" zueinander eine einzuhaltende Rahmenbedingung ist.
2.3 Offensichtlichkeit in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen
2.3.1 Die Kammer ist der Ansicht, dass es für die Fachperson nicht naheliegend gewesen wäre, unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens die in D1 offenbarten Käfige im Sinne der Merkmale M1.6 und M1.7 mit Gelenken zu versehen.
2.3.2 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Fachperson die Möglichkeit kenne, Gegenstände gelenkig miteinander zu verbinden, um eine Bewegung um eine oder mehrere Schwenkachsen zu ermöglichen. Dem kann die Kammer zustimmen.
Entscheidend ist jedoch die Frage, ob die Fachperson dieses Fachwissen als auch auf die Käfig- bzw. Containerkonstruktion gemäß D1 anwendbar betrachten würde. Zwar ist in D1 offenbart, die Käfige gemäß D1, Seite 9, vorletzter Absatz, neben- und übereinander anzuordnen und zu fixieren. Dies deutet jedoch in keiner Weise eine Notwendigkeit der Verwendung von Gelenken an. Vielmehr wird in D1 offenbart, dass die Käfige einzeln transportiert werden und erst unter Wasser (statisch) zueinander angeordnet und gegebenenfalls fixiert werden (Seite 9, Absatz 4, Satz 2 und Absatz 5, Satz 2). Eine Verschwenkbarkeit der Rahmenteile zueinander nach der Fixierung ist nicht beschrieben. Auch eine definierte Anordnung zueinander, wie sie durch die Merkmale M1.6 und M1.7 erzielt wird ist in D1 nicht offenbart. Die Käfige können sowohl neben- als auch übereinander gestapelt werden. Es ist dabei nicht einmal notwendig, dass die um einen Rammpfahl platzierten Käfige direkt aneinander angeordnet sind, wie dies schematisch von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18. Mai 2021, Seite 3 postuliert wurde (siehe nachfolgende Figur).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Anordnung der Käfige aus D1 um einen Rammpfahl.
Eine solche Anordnung ergibt sich nicht direkt und unmittelbar aus D1. Die Käfige können den Rammpfahl vielmehr auch mit Abstand zueinander einschließen, da ja die Dämpfungskörper in D1 stets beabstandet zueinander angeordnet sind (Seite 4, letzter Absatz). Dies würde auch das Absenken der Käfige bzw. Container bei der Platzierung erleichtern.
2.3.3 Insbesondere aufgrund der Größe und des Gewichts von ISO-Containern (vergleiche D10) wird die Fachperson von einer Verbindung der Container mit Gelenken vor der Absenkung weggeführt. So müssten für eine Umhüllung eines Rammpfahls mindestens drei bis vier ISO-Container in einer Kette mit Gelenken verbunden werden, um eine vollständige Umhüllung zu erzielen. Eine solche Struktur wäre jedoch deutlich größer und unhandlicher als die einzelnen ISO-Container und würde von der Fachperson aus der Lehre der D1 (einfacher Transport, einfache Aufstellung) heraus nicht berücksichtigt werden.
2.3.4 Die einzige nicht-statische Option, die in D1 offenbart wird, besteht darin, mehrere Käfige ineinander zu platzieren und dann teleskopartig (nach oben) auszuziehen. Aber auch diese Option legt die Verwendung von Mitteln zur Verschwenkung gemäß der Merkmale M1.6 und M1.7 nicht nahe.
2.4 Offensichtlichkeit in Verbindung mit der Offenbarung von D6
2.4.1 Es ist auch nicht überzeugend, dass die Lehre von D6 die Lösung der objektiven technischen Aufgabe in offensichtlicher Weise nahelegt.
2.4.2 Auch wenn die Offenbarung von D6 ebenfalls auf eine maritime Anwendung gerichtet ist, bezieht sie sich nicht auf den Schallschutz, sondern auf die Verhinderung von maritimem Bewuchs. Die hiermit verbundenen Konstruktionsprinzipien und technischen Aufgaben unterscheiden sich beträchtlich. Im Unterschied zu den Käfigen zur Befestigung der Dämpfungselemente in D1, die fest positioniert werden, ist es für den Apparat von D6 gerade wesentlich, dass der offenbarte Rahmen vertikal und rotatorisch beweglich an einer Unterseekonstruktion angeordnet wird (Seite 2, Zeilen 16 bis 21). Auch die hier betrachtete Aufgabe ist anders und bezieht sich auf die stabile Ausgestaltung von Verbindungselementen für eine dynamische Dauerbelastung (D6, Seite 1, Zeilen 13-26). Der Rahmen in D6 ist in sich beweglich, um mit dem Objekt, das er umgibt, möglichst in Kontakt zu kommen. Diese Art von Flexibilität ist jedoch bei der gezielten Positionierung der Dämpfungskörper in D1 unerwünscht (Seite 6, Absatz 4). Es handelt sich dabei nämlich nicht um eine Anpassbarkeit oder Flexibilität beim Anbringen der Struktur im Sinne der technischen Aufgabe, wie bereits zuvor ausgeführt.
Daher hat die Kammer Zweifel, dass die Fachperson D6 zur Lösung der technischen Aufgabe heranziehen würde.
2.4.3 Zudem ist D6 auf ein spezifisches Gelenk gerichtet ("three-to two pivoting connector"), das speziell gegen den Verschleiß durch die in der Anwendung inhärent auftretende dynamische Dauerbelastung ausgelegt ist (Seite 1, Absatz 2). Selbst wenn die Fachperson D6 in Betracht ziehen würde, so ist nicht erkennbar, inwieweit dieses Gelenk als Verbindungsmöglichkeit für die Käfige in D1 und insbesondere die ISO-Container geeignet ist. Der Ausgangspunkt ist mit der Ausführungsform von D1, Figur 5, nämlich nicht bereits eine polygone Umschließung des Rammpfahls, in der lediglich noch die Verschwenkungselemente fehlen. Zwar wird in D6 eine Rahmenstruktur mit verschwenkbaren Rahmenteilen offenbart, die eine zylinderartige Struktur bilden (Figuren 1 und 2), jedoch müsste der Fachmann die gesamte polygone Rahmenstruktur auf die Schalldämpfungsvorrichtung in D1 übertragen oder zumindest erkennen, dass die Käfige zunächst so anzuordnen sind, dass verschwenkbare Verbindungen überhaupt zwischen ihnen angeordnet werden können.
2.4.4 Dazu kommt, dass die Fachperson, wie unter Punkt 2.3 ausgeführt, eine Verbindung der Käfigelemente aus D1 mit Gelenken ohnehin nicht in Betracht ziehen würde.
2.4.5 Somit führt auch die Zusammenschau von D1 und D6 die Fachperson nicht zum Gegenstand von Anspruch 1.
2.5 Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
3. Nach alledem ist die Beschwerde unbegründet.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.