T 2446/19 01-02-2021
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LED-LEUCHTE MIT VERSTELLBAREM HALTEELEMENT SOWIE ANORDNUNG ZUR LICHTABGABE MIT EINER SOLCHEN LED-LEUCHTE
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 1 (ja)
I. Die Beschwerden richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 3006819 in geändertem Umfang, zur Post gegeben am 26. Juni 2019.
II. Die Einspruchsabteilung kam unter anderem zum Schluss, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu ist gegenüber
DE 20 2012 100 629 U1 (D2)
und dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ausgehend von
DE 694 11 904 T2 (D3).
III. Am 1. Februar 2021 wurde vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und das Patent wie erteilt aufrecht zu erhalten, hilfsweise die Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden, weiter hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß dem Hilfsantrag 2 oder 3, vorgelegt mit der Beschwerdeerwiderung.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
IV. Anspruch 1 wie erteilt (Hauptantrag) lautet wie folgt:
LED-Leuchte, aufweisend
- ein Halteelement (1) zur Halterung der Leuchtean einem Leuchtenträger-Element,
wobei das Halteelement (1) gegenüber der restlichen LED-Leuchte manuell zwischen einer Halte-Position,
die zur Halterung der LED-Leuchte an dem Leuchtenträger-Element dient und
einer Offen-Position, die zum Lösen der Halterung dient, hin- und her beweglich gelagert ist,
wobei das Halteelement (1) einen Vorsprung (2) aufweist, der zur Sicherung der Offen-Position ausgestaltet ist,
dadurch gekennzeichnet,dass
das Halteelement (1) einen Arm bereich (3) aufweist, der elastisch gegenüber dem restlichen Halteelement (1) ausgebildet ist,
wobei der Vorsprung (2) an dem Armbereich (3) ausgebildet ist.
V. Anspruch 1 gemäß der Zwischentscheidung (Hilfsantrag 1) lautet wie folgt:
LED-Leuchte, aufweisend
- ein Halteelement (1) zur Halterung der Leuchte an einem LeuchtenträgerElement,
wobei das Halteelement (1) gegenüber der restlichen LED-Leuchte manuell zwischen einer Halte-Position,
die zur Halterung der LED-Leuchte an dem Leuchtenträger-Element dient und einer Offen-Position, die zum Lösen der Halterung dient,
hin- und her beweglich gelagert ist,
wobei das Halteelement (1) einen Vorsprung (2) aufweist, der zur Sicherung der Offen-Position ausgestaltet ist,
wobei das Halteelement (1) einen Armbereich (3) aufweist, der elastisch gegenüber dem restlichen Halteelement (1) ausgebildet ist,
wobei der Vorsprung (2) an dem Armbereich (3) ausgebildet ist,
wobei die Leuchte ein längliches Trägerelement (4) aufweist, das sich entlang einer Längsachse (L) erstreckt,
wobei das Halteelement (1) um eine Drehachse (D) drehbeweglich an dem Trägerelement (4) angeordnet ist, und wobei das Halteele0ment (1) einen Betätigungsarm (6) zum manuellen Verstellen des Halteelements (1) aus der Offen-Position in die Halte-Position aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass der Vorsprung (2) mit Bezug auf die Drehachse (D) dem Betätigungsarm (6) gegenüberliegend angeordnet ist.
VI. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) brachte im Wesentlichen die folgenden Argumente vor:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt sei neu gegenüber D2.
Insbesondere offenbare D2 keine Sicherung des Halteelements in der Offenposition. Davon sei im gesamten Dokument nicht die Rede. Man wisse nicht, welche Kräfte nötig seien, um den Hebel aus der Offenposition zu verschieben. Außerdem sei in den Figuren nicht der Vorsprung des Halteelements mit der Rampe in Kontakt, sondern der Arm. Auch deshalb sei der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.
Auch beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von D3. So sei die Konstruktion von D3 auskonstruiert und die Positionierung von Betätigungsarm und Vorsprung auf gegenüberliegenden Seiten der Drehachse würde keine Verbesserung erzielen. Auf diese Idee käme man nur mit dem Wissen der Erfindung, denn es sei auch keine naheliegende Alternative. Dabei sei zu berücksichtigen, dass in der gezeigten Vorrichtung nach D3 sich zum Lösen Kurbel und Vorsprung an der Gehäusewand bewegen und der Vorsprung bei der Bewegung von der Gehäusewand in einer nicht eingerasteten Stellung gehalten wird. Wenn der Vorsprung aber gegenüber angebracht wäre, wie dies die Einsprechende als naheliegend darstellt, wäre hierfür eine Ersatzkonstruktion nötig, die in der Gehäusegestaltung berücksichtigt werden müsste. Es könne aber nicht erkannt werden, warum der Fachmann diesen Weg beschreiten sollte.
VII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) erwiderte die Argumente wie folgt:
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei nicht neu. Hierbei sei es völlig unerheblich, ob D2 eine Sicherung explizit offenbare, oder ob implizit durch eine technische Gestaltung, hier eine Rampe, eine "Haftreibung" erzeugt werde, und ein Vorsprung mit einem "vergleichsweise geringen Kraftaufwand" verstellt werden könne; dies sei jedenfalls gemäß Paragraph [0010] der Patentschrift als für eine Sicherung der Offenposition ausreichend anzusehen.
Ebenfalls beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von D3. Eine technische Wirkung sei aus dem unterscheidenden Merkmal, wonach der Vorsprung mit Bezug auf die Drehachse dem Betätigungsarm gegenüberliegend angeordnet sei (Merkmal M8), weder aus dem Streitpatent erkennbar noch für den Fachmann offensichtlich. Daher könne der Vorsprung 12 (vgl. D3, Figur 1) an einer beliebigen anderen Stelle an der Drehachse angebracht sein, so eben auch genau an der gegenüberliegenden Seite vom Betätigungsarm (Kurbel 8) in Bezug auf die Drehachse.
Es sei davon auszugehen, dass die Positionierung des Vorsprungs gegenüberliegend zum Betätigungsarm auch einen technischen Vorteil aufweise, da die filigrane Struktur um Bereich der Kurbel (vgl. Figur 4) stabiler gestaltet werden könne. Es habe also auch Vorteile, wenn Kurbel und Vorsprung nicht an derselben Stelle untergebracht seien.
1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt ist nicht neu gegenüber dem Dokument D2, Artikel 54 EPÜ.
1.1 Die Kammer folgt hierbei vollumfänglich der Entscheidung der Einspruchsabteilung.
1.2 Obwohl das Dokument D2 keine explizite Sicherung in der "Offen-Position" des Halteelements offenbart (vgl. Merkmal 1.4, Merkmalsgliederung wie in der Entscheidung der Einspruchsabteilung, Seite 4) sind die technischen Gegebenheiten der in D2 offenbarten Vorrichtung derart, dass sie eine Sicherung für den in der Patentschrift angegebenen Zweck ermöglichen, siehe Paragraphen [0005] und [0010].
1.3 Das in Figur 3 der D2 gezeigte Betätigungselement entspricht auch dem anspruchsgemäßen Vorsprung. Daher ist auch das Argument der Patentinhaberin, dass nicht das Haltelement sondern der Armbereich mit der Rampe in Kontakt stehe und zur Arretierung in der Halte-Position verwendet werde, nicht überzeugend.
Der dem Merkmal 1.5 im strittigen Anspruch 1 entsprechende elastische Betätigungsarm ist in D2 der Bereich, der sich dem Element 44 anschließt, vgl. Figur 4B, und dessen Materialstärke reduziert ist um das Teil flexibel und elastisch zu halten. Ein in der Materialstärke reduziertes Teil ist aber in der Figur 3 nicht erkennbar.
2. Der Gegenstand des Hilfsantrags 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von dem Dokument D3, Artikel 56 EPÜ.
2.1 Auch hier folgt die Kammer in Gänze den Ausführungen der Einspruchsabteilung und hat dem nichts weiter hinzuzufügen.
2.2 Besonders betont die Kammer dabei, dass das Merkmal M8 dem Fachmann nicht nahegelegt ist und dass die Argumentation der Einsprechenden, der Vorsprung 12 und der Kurbel 8 könnten auch gegenüberliegend angebracht sein, auf einer rückschauenden Betrachtungsweise beruht.
2.3 Dabei kann dahinstehen, ob die von der Einsprechenden vorgetragene Konstruktion wie behauptet robuster ist, da der Vorsprung 12 sich bei einer gegenüberliegenden Platzierung nicht mehr mit der Kurbel am Gehäuserand bewegt sondern durch das Innere des Gehäuses. Daher wären bei der Platzierung von Kurbel und Vorsprung auf gegenüberliegenden Seiten der Drehachse in der Konstruktion erhebliche Veränderungen nötig, die sicherstellten, dass der Vorsprung bei einer Bewegung durch das Innere des Gehäuses in einer entriegelten Position gehalten wird.
Auch von daher kann die Positionierung des Vorsprungs gegenüber von der Kurbel nicht als eine Gestaltungsalternative angesehen werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.