T 0407/20 09-03-2021
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LUFTFÜHRUNGSGEHÄUSE UND EINE BELÜFTUNGS-, HEIZUNGS- ODER KLIMAANLAGE MIT EINEM SOLCHEN LUFTFÜHRUNGSGEHÄUSE
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Neuheit - Hilfsantrag 1 (nein)
Neuheit - Hilfsantrag 2 (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 2 (ja)
I. Die Anmelderin legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts ein, die am 20. September 2019 zur Post gegeben wurde und mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 16187644.6 aufgrund des Artikels 97 (2) EPÜ zurückgewiesen worden ist.
II. Die Prüfungsabteilung hatte entschieden, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 des Hauptantrags, eingereicht am 13. April 2018, und der Hilfsanträge 1-4, eingereicht am 8. August 2019, nicht neu sei gegenüber
D1: US 2012/000363 A1
und folglich die Erfordernisse des Artikel 54 EPÜ nicht erfülle. Weiterhin erfülle Anspruch 8 des Hauptantrags nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ und sei Anspruch 5 des Hauptantrags widersprüchlich zum Wortlaut der Seite 9, Zeilen 25-27, der ursprünglich eingereichten Beschreibung.
III. In der vorliegenden Entscheidung wird des Weiteren auf die folgenden im Recherchenbericht zur Anmeldung zitierten Dokumente Bezug genommen:
D2: DE 199 44 175 A1
D3: US 2006/065389 A1
D4: US 2012/180998 A1
IV. Am 22. Februar 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in deren Vorbereitung die Beschwerdeführerin nach telefonischer Rücksprache mit der Berichterstatterin am 18. Februar einen neugefassten Hilfsantrag 2 einreichte.
Die mündliche Verhandlung endete, da eine weitere Anpassung der Beschreibung erforderlich schien, mit dem Beschluss, das Verfahren schriftlich fortzusetzen.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2021 reichte die Beschwerdeführerin eine an ihren Hilfsantrag 2 angepasste Beschreibung ein.
V. Die abschließenden Antragslage ist daher wie folgt:
Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) beantragte, die Zurückweisung der Patentanmeldung aufzuheben und ein Patent auf der Basis des Hauptantrags, hilfsweise auf der Basis des Hilfsantrags 1, beide eingereicht mit der Beschwerdebegründung, oder weiter hilfsweise auf der Basis des Hilfsantrags 2, wie eingereicht mit den Schreiben vom 18. Februar 2021 (Ansprüche) und 22. Februar 2021 (Beschreibung), zu erteilen.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem vorliegenden Hauptantrag lautet:
Luftführungsgehäuse (110), insbesondere für eine Belüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage eines Fahrzeugs, mit zumindest einer ersten Lufteinlassöffnung (140), wobei die zumindest eine erste Lufteinlassöffnung (140) eine Querschnittsfläche aufweist, welche senkrecht zu einer ersten Achse (160) angeordnet ist, und mit zumindest einer zweiten Lufteinlassöffnung (170), wobei die zumindest eine zweite Lufteinlassöffnung (170) eine Querschnittsfläche aufweist, welche senkrecht zu einer zweiten Achse (180) angeordnet ist, und mit zumindest einer Luftauslassöffnung (190), wobei die zumindest eine Luftauslassöffnung (190) eine Querschnittsfläche aufweist, welche senkrecht zu einer dritten Achse (1100) angeordnet ist, und mit einem Gebläserad (1111) zum Ansaugen von Luft in das Luftführungsgehäuse (110), dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Achse (180) und die dritte Achse (1100) parallel zueinander angeordnet sind, wobei die erste Achse (160) und die zweite Achse (180) in einem Winkel von etwa 90° zueinander angeordnet sind und die erste Achse (160) und die dritte Achse (1100) in einem Winkel von etwa 90° zueinander angeordnet sind.
VII. Anspruch 1 des vorliegenden Hilfsantrag 1 lautet (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag sind von der Kammer fett hervorgehoben.):
Luftführungsgehäuse (110), insbesondere für eine Belüftungs-, Heizungs- oder Klimaanlage eines Fahrzeugs, mit einer Kammer mit einer Kammerwand, mit zumindest einer ersten Lufteinlassöffnung (140) an der Kammerwand, wobei die zumindest eine erste Lufteinlassöffnung (140) eine Querschnittsfläche aufweist, welche senkrecht zu einer ersten Achse (160) angeordnet ist, und mit zumindest einer zweiten Lufteinlassöffnung (170) an der Kammerwand, wobei die zumindest eine zweite Lufteinlassöffnung (170) eine Querschnittsfläche aufweist, welche senkrecht zu einer zweiten Achse (180) angeordnet ist, und mit zumindest einer Luftauslassöffnung (190) in der Kammerwand, wobei die zumindest eine Luftauslassöffnung (190) eine Querschnittsfläche aufweist, welche senkrecht zu einer dritten Achse (1100) angeordnet ist, und mit einem Gebläserad (1111) zum Ansaugen von Luft in das Luftführungsgehäuse (110), dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Achse (180) und die dritte Achse (1100) parallel zueinander angeordnet sind, wobei die erste Achse (160) und die zweite Achse (180) in einem Winkel von etwa 90° zueinander angeordnet sind und die erste Achse (160) und die dritte Achse (1100) in einem Winkel von etwa 90° zueinander angeordnet sind.
VIII. Anspruch 1 des vorliegenden Hilfsantrags 2 basiert auf Hilfsantrag 1 und enthält am Ende die zusätzlichen Merkmale:
", wobei die zumindest eine erste Lufteinlassöffnung (140) mit einem Frischluftkanal fluidverbindbar ist, wobei über den Frischluftkanal Frischluft aus der Umgebung des Fahrzeugs durch die zumindest eine erste Lufteinlassöffnung (140) in das Luftführungsgehäuse (110) ansaugbar ist und wobei durch die zumindest eine zweite Lufteinlassöffnung (170) Umluft aus einem Umluftkanal und/oder aus einer Kabine des Fahrzeugs in das Luftführungsgehäuse (110) ansaugbar ist, wobei in der Kammer das Gebläserad angeordnet ist, welches Luft über die erste Lufteinlassöffnung und/oder die zweite Lufteinlassöffnung in die Kammer einsaugt und durch die Luftauslassöffnung aus der Kammer fördert, wobei das Gebläserad (1111) drehbar um eine vierte Achse (1112) gelagert ist, wobei die zweite Achse (180) und die vierte Achse (1112) in einem Winkel von etwa 90° zueinander angeordnet sind und wobei in einer Luftströmungsrichtung hinter der zumindest einen Luftauslassöffnung (190) ein Luftfilter angeordnet ist."
IX. Die Argumente der Beschwerdeführerin (Anmelderin) - soweit sie für die Entscheidung wesentlich waren - lauteten wie folgt:
Der Hauptantrag entspreche im Wesentlichen dem Hauptantrag der zurückgewiesenen Anmeldung. Der Klarheitseinwand der Prüfungsabteilung gegenüber Anspruch 8 sei durch Streichung der Alternative "und/oder in einem zum Luftführungsgehäuse (110) benachbart angeordneten Bereich" ausgeräumt.
Anspruch 1 des Hauptantrags sei neu gegenüber D1, da sich Anspruch 1 auf ein Luftführungsgehäuse beziehe (siehe Absatz [0001] der A1-Offenbarung), nicht auf ein kombiniertes Luftführungs-/ Luftansauggehäuse wie in D1, Figur 1, gezeigt. Das erfindungsgemäße Luftführungsgehäuse sei, wie aus Absatz [0002] der A1-Schrift entnehmbar, als Gebläsegehäuse zu verstehen, dass zwischen einem vorgeschalteten Luftansauggehäuse und einem nachgeschalteten Luftverteilergehäuse angeordnet sei.
Die Prüfungsabteilung sah die erste und zweite Lufteinlassöffnung mit den entsprechenden Achsen in Figur 1 der D1 bei den Pfeilen A1 und B1 (vgl. auch D1, Absatz [0018]). Dies seien jedoch bei erfindungsgemäßer Auslegung des Begriffs "Luftführungsgehäuse" nicht die maßgeblichen Lufteinlassöffnungen, da dies nicht die Öffnungen seien, mittels welchen die Luft in die Kammer des Gebläserads - das Luftführungsgehäuse - einströme.
Vielmehr sei das Luftführungsgehäuse in der D1 im unteren Bereich des Gehäuses 11 zu sehen, von oben begrenzt durch das Bauteil 22 und die nach rechts in Figur 1 angrenzende, L-förmige Gehäusewand. In diesem Bereich zeige das Luftführungsgehäuse eine erste Lufteinlassöffnung (senkrecht zu Bauteil 22 nach unten) und zwei zweite Lufteinlassöffnungen (zum einen die Öffnung zwischen dem L-förmigen Einsatz und dem rechten Bogen, sowie zum anderen Öffnung 14). Die entsprechenden Achsen würden jedoch nicht die anspruchsgemäße Winkelanordnung aufweisen.
Das Bauteil 22 selbst und die oberhalb dargestellten Bauteile in D1, Figur 1, seien dem Luftansauggehäuse zuzuordnen.
Diese Unterscheidung sei wichtig, da in der Gestaltung der D1 gar keine Geräuschreduzierung stattfinde. Das Geräusch entstehe durch das Gebläse, sowie durch die Luftverwirbelungen in diesem und in den dazu unmittelbar benachbarten Ansaug- und Ausblaskanälen. Da wie ausgeführt, D1 aber nicht am Gebläsegehäuse die entsprechende Winkelanordnung aufweise, könne dort auch keine Geräuschoptimierung stattfinden.
Im Hilfsantrag 1 werde durch Aufnahme der Merkmale "Kammer" und "Kammerwand" der Begriff "Luftführungsgehäuse" deutlicher definiert und genauer von der D1-Anordnung differenziert. Die nun anspruchsgemäße Kammer sei wie bereits erläutert im unteren Bereich des Gehäuses 11 zu sehen mit dem Bauteil 22 und der angrenzenden, L-förmigen Gehäusewand als oberer Begrenzung.
Für Hilfsantrag 2 seien neben Anpassungen an den Anspruchswortlaut zur Beseitigung des von der Prüfungsabteilung erhobenen Klarheitsmangels in der Beschreibung die Zeilen 24-30 der ursprünglich eingereichten Seite 9 gestrichen worden.
1. Hauptantrag - Artikel 54 EPÜ
1.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist nicht neu gegenüber D1, Artikel 54 EPÜ. Die Kammer schließt sich hierbei vollumfänglich der Entscheidung der Prüfungsabteilung an.
1.2 Auch die im Beschwerdeverfahren erstmals vorgebrachten Argumente der Beschwerdeführerin ändern an dieser Auffassung nichts.
Die Beschwerdeführerin widerspricht der Auslegung, dass die erste und zweite Lufteinlassöffnung in der D1, Figur 1, mit den entsprechenden Achsen bei den Pfeilen A1 und B1 (vgl. auch D1, Absatz [0018]) zu sehen sind. Stattdessen befänden sich die erste Lufteinlassöffnung senkrecht zum Bauteil 22 nach unten und zwei zweite Lufteinlassöffnungen zwischen dem L-förmigen Einsatz und dem rechten Bogen bzw. bei der Öffnung 14. Die entsprechenden Achsen würden dann jedoch nicht die anspruchsgemäße Winkelanordnung aufweisen.
Die Identifizierung der Lufteinlassöffnungen wird von der Beschwerdeführerin dadurch begründet, dass der Begriff "Luftführungsgehäuse" anhand der A1-Veröffentlichung, Absatz [0002], als ein zwischen einem Luftansaug- und einem Luftverteilergehäuse angeordnetes, weiteres "Gebläsegehäuse" auszulegen sei. Das Gebläsegehäuse beginne in der D1 erst unterhalb des Bauteils 22. Darüber liege das Luftansauggehäuse, das nicht mehr Bestandteil des Luftführungsgehäuses im Sinne der Erfindung sei.
1.3 Diese Argumentation ist nicht überzeugend.
Insbesondere enthält die A1-Offenbarung keine Definition des erfindungsgemäßen Luftführungsgehäuses, die eine Einschränkung gegenüber dem Dokument D1 darstellen könnte. Die Kammer stellt fest, dass in Absatz [0002] lediglich ausgeführt ist, dass dem Gebläse ein Luftansauggehäuse vorgeschaltet ist, und dass dem Gebläse ein Luftverteilergehäuse folgt. Eine Definition für ein Luftführungsgehäuse oder gar eine Definition, die das Luftführungsgehäuse auf eine Gebläsebehausung reduziert, ist dieser Passage nicht zu entnehmen. Der Begriff Luftführungsgehäuse wird darin nicht einmal erwähnt.
2. Hilfsantrag 1 - Artikel 54 EPÜ
2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 ist aus denselben Gründen wie Anspruch 1 des Hauptantrags nicht neu gegenüber D1. Die aufgenommenen Merkmale "Kammer" und "Kammerwand" ändern nichts an der zum Hauptantrag diskutierten Auslegung der D1.
2.2 Dort beginnt die Kammer an der Oberseite des Bauteils 22. Dann entspricht die erste Achse dem Pfeil A1 und die zweite Achse dem Pfeil B1 (vgl. Hauptantrag), wobei sich die Lufteinlassöffnungen an der Kammerwand befinden. Das Bauteil 22 ist in der Kammer angeordnet, genauso wie der Filter 19, das Gebläserad 17 oder die "switching door 18".
3. Hilfsantrag 2 - Änderungen
3.1 Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 wurde gegenüber Hilfsantrag 1 eingeschränkt und basiert auf den ursprünglichen Ansprüchen 1, 2, 3, 4, 5 und 7. Weiterhin wurden alle "im Wesentlichen" gestrichen und der Begriff "vertikal" durch den in der Beschreibung verwendeten Begriff "senkrecht" ersetzt.
Zusätzlich wurden die Merkmale aus der Beschreibung, Seite 7, Zeilen 26-28 und Seite 8, Zeilen 10-11 und Zeilen 27-28 (Kammer 120, Kammerwand 130 mit erster, zweiter Lufteinlassöffnung und Luftauslassöffnung) und Seite 9, Zeilen 13-16 (Gebläserad in der Kammer) ergänzt.
Die Beschreibung wurde an die geänderten Ansprüche angepasst.
3.2 Die Erfordernisse der Artikel 123 (2) EPÜ und 84 EPÜ sind somit erfüllt.
4. Hilfsantrag 2 - Artikel 54 EPÜ
4.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu gegenüber D1 bis D4.
4.2 D1 bis D3 offenbaren zumindest keinen in einer Luftströmungsrichtung hinter der zumindest einen Luftauslassöffnung angeordneten Luftfilter. In D1, Figur 1, ist der Luftfilter 19 vor dem Gebläserad 17 angeordnet. In D2, Figur 1, ist ein Luftfilter 21 zwischen den Lufteinlassöffnungen 26 und 28 vorgesehen. D3 erwähnt keinerlei Luftfilter.
4.3 D4, Figur 1, zeigt zwei Lufteinlassöffnungen 113, 114 und eine Luftauslassöffnung bei dem mit "Air" bezeichneten Pfeil. D4 offenbart zumindest nicht, dass die zweite Achse (bei 113) und die dritte Achse (bei "Air") parallel zueinander angeordnet sind.
5. Hilfsantrag 2 - Artikel 56 EPÜ
5.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
5.2 Aufgrund der konstruktiven Ähnlichkeit wird D3 als nächstliegender Stand der Technik für den beanspruchten Gegenstand angesehen.
5.2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem in D3 offenbarten Luftführungsgehäuse im Wesentlichen dadurch, dass die Umluft parallel zur Achse des Luftauslasses in das Gebläserad einströmt, wodurch im Gegensatz zu D3 die zweite und die dritte Achse parallel zueinander angeordnet sind (vgl. Figur 2 mit Absatz [0025], letzter Satz). Weiterhin erwähnt die D3 keinerlei Luftfilter.
5.2.2 Die objektive, technische Aufgabe wird, wie in der Anmeldung formuliert, darin gesehen, die Betriebsgeräusche des Luftführungsgehäuses zu reduzieren.
5.2.3 Ungeachtet dessen, ob der Figur 2 angesichts ihrer nur schematischen Darstellung eine Lehre bzgl. der im Anspruch 1 der Erfindung definierten Winkel zu entnehmen ist, müsste der Fachmann ausgehend von der D3 neben der anspruchsgemäßen Anordnung des Luftfilters die Funktion der ersten und zweiten Lufteinlassöffnung tauschen. Eine Veranlassung hierfür ist u.a. aufgrund der offenbarten Einbaulage im Fahrzeug nicht ersichtlich. Weiterhin ist hinsichtlich der Aufgabe der Reduzierung von Betriebsgeräuschen in keinem der aus dem Stand der Technik zitierten Dokumente ein Hinweis zu entnehmen, dass die beanspruchten Modifikationen in ihrer Gesamtheit zur Geräuschreduzierung beitragen.
5.2.4 Auch bei der Kombination der aus D3 bekannten Merkmale mit der Lehre aus D1, D2 oder D4 ergibt sich kein Luftführungsgehäuse gemäß Anspruch 1.
Abgesehen davon, dass D1 konstruktiv völlig anders ausgestaltet ist und sich mit einer völlig anderen Aufgabenstellung befasst, fehlt bei einer Kombination von D3 mit D1 weiterhin der hinter der Luftauslassöffnung angeordnete Luftfilter.
Die Zusammenschau der D3 mit der D2 oder D4 führt weg von der beanspruchten Winkelanordnung. Zum einen würde der Fachmann die in D3 schematisch dargestellten Merkmale mit den Detailinformationen der D2 bzw. D4 anfüllen. Dazu gehört auch die explizite Offenbarung der Anordnung der Lufteinlassöffnungen in D2 und D4 mit den nicht anspruchsgemäßen Winkeln der Achsen zueinander. Auch fehlt jeder Hinweis darauf, welche Merkmale aus der D2 oder der D4 zur Lösung der Aufgabe überhaupt in das Luftführungsgehäuse der D1 zu übernehmen wären.
5.2.5 Folglich ist Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 erfinderisch gegenüber D3 mit Fachwissen, D1, D2 oder D4.
5.3 D1 stellt nicht den nächstliegenden Stand der Technik dar, auch wenn es das einzige Dokument ist, das ein Luftführungsgehäuse mit der anspruchsgemäßen Winkelanordnung der Achsen offenbart.
Diese ist aber aus Sicht der Kammer insbesondere in Bezug auf die Luftauslassöffnung eher zufällig.
5.3.1 D1 befasst sich mit einer völlig anderen Aufgabestellung, nämlich damit, die Effizienz eines Luftfilters mit Permeationsfolie in einer Luftfiltereinrichtung zu optimieren (Absatz [0005]). Die Anordnung der Lufteinlassöffnungen dient hier ausschließlich dem Zweck der Optimierung der Anströmungsverhältnisse der Permeationsfolie im Filter.
Aus Sicht der Kammer ist diese Gestaltung auch nicht in der Lage, die geräuschreduzierenden Strömungsverhältnisse herzustellen, wie sie in der Erfindung der vorliegenden Anmeldung vorliegen.
Sollte daher D1 als nächster Stand der Technik gewählt werden, ergäbe sich durch das unterscheidende Merkmal (Luftfilter hinter Luftauslassöffnung) eine technische Aufgabe, die für den beanspruchten Gegenstand irrelevant ist, nämlich Veränderung der Filtersituation.
Aus diesem Grunde ist D1 kein geeigneter Ausgangspunkt zur Bewertung der erfinderischen Tätigkeit.
5.3.2 Unabhängig davon träfe die oben genannte Aufgabe in
D1 auf eine fertige - auf die Luftfiltration gerichtete - spezifische Anordnung, da in der D1 bereits sowohl zur Geruchsentfernung als auch zum Schutz des Gebläserads 17 ein zusätzlich zur Permeationsfolie vorgesehener Filter 19 angeordnet ist (D1, Absatz [0019], letzter Satz "a filter 19 for removing dust)".
Eine Veranlassung, diese Anordnung zu ändern, ist weder dem Fachmann aus D1 oder seinem Fachwissen nahegelegt noch dem in D2 oder D4 offenbarten Stand der Technik zu entnehmen.
5.4 D2 und D4 werden nicht als nächstliegender Stand der Technik angesehen, da D2 nicht über den Offenbarungsgehalt der D3 hinaus geht und sich D4 wie D1 mit einer völlig anderen Aufgabestellung, nämlich dem Entfernen von Gerüchen unter Verwendung eines Photokatalysators, befasst.
Der Fachmann würde selbst dann, wenn er D2 oder D4 zum Ausgangspunkt nehmen würde, nicht zur Erfindung gelangen:
5.4.1 Die Achsen der Lufteinlassöffnungen sind in D2 und D4 nicht anspruchsgemäß angeordnet.
5.4.2 Stellte sich der Fachmann die in der Patentanmeldung formulierte Aufgabe, die Betriebsgeräusche zu reduzieren, könnte keinem der Dokumente D1 bis D4 ein Hinweis darauf entnommen werden, dass die beanspruchte Anordnung der Geräuschreduzierung dient.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, ein europäisches Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:
- Ansprüche 1 bis 5 des Hilfsantrags 2 eingereicht mit Schreiben vom 18. Februar 2021
- Beschreibungsseiten 1 bis 10 eingereicht mit Schreiben vom 22. Februar 2021
- Zeichnungsblätter 1/3 bis 3/3 wie ursprünglich eingereicht.