T 0850/20 15-06-2021
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Einrichtung zur Rekonstruktion von Videohologrammen
Änderungen - zulässig (ja)
Patentansprüche - Klarheit nach Änderung (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung
Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Lösung
I. Die Beschwerde der Patentanmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 09 168 975 gemäß Artikel 97 (2) EPÜ zurückzuweisen.
II. Die Prüfungsabteilung entschied, den damals vorliegenden Hauptantrag sowie die damaligen Hilfsanträge 1, 4 und 5 mit Verweis auf Artikel 84, 52 (1), 54 (1) und 56 EPÜ gemäß Regel 137 (3) EPÜ nicht in das Verfahren zuzulassen.
Weiter entschied die Prüfungsabteilung, dass die damaligen Hilfsanträge 2, 6 und 8 nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ und des Artikels 52 (1) EPÜ in Zusammenhang mit Artikel 56 EPÜ erfüllten und die damaligen Hilfsanträge 3 und 7 nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfüllten.
III. Am 15. Juni 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der die Beschwerdeführerin folgenden abschließenden Antrag als einzigen verbleibenden Antrag stellte:
Die angefochtene Entscheidung sei aufzuheben und ein Patent in folgender Fassung zu erteilen:
Ansprüche: Nr. 1 bis 14 gemäß Hauptantrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 15. Juni 2021
Beschreibung: Seiten 1 bis 11, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 15. Juni 2021
Zeichnungen: Blätter 1/2 und 2/2 wie ursprünglich eingereicht
IV. Es wird auf folgende Dokumente verwiesen:
D1: Travis A.R.L., "The Display of Three-Dimensional Video Images", Proceedings of the IEEE, Vol. 85, No. 11, November 1997, XP011043924,
Dl2: Jendral A. et al., "Synthetic near-field holograms with localized information", Optics Letters, Vol. 20, No. 10, May 1995, XP000512203,
Dl3: Leseberg D., "Computer-generated three-dimensional image holograms", Applied Optics, Vol. 31, No. 2, January 1992, XP000246871.
V. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 13 des Hauptantrags lesen sich wie folgt:
1. Einrichtung zur Rekonstruktion einer aus einzelnen Punkten aufgebauten dreidimensionalen Szene mit einem optischen System, enthaltend mindestens eine reelle punkt- oder linienförmige, hinreichend kohärente Lichtquelle (1) und eine Linse (2), sowie mit einem steuerbaren Display (3) aus matrixförmig oder in anderer Weise regulär angeordneten Zellen mit mindestens einer in Amplitude und/oder Phase steuerbaren Öffnung je Zelle, wobei in Lichtrichtung hintereinander die Lichtquelle (1), die Linse (2), und das steuerbare Display (3) angeordnet sind, wobei die Einrichtung ausgebildet ist, in das steuerbare Display (3) ein Videohologramm zu kodieren und wobei die Linse (2) ein Bild der Lichtquelle (1) in der Ebene der Fourier-Rücktransformation des Videohologramms am Ort des Lichtquellenbildes erzeugt, dadurch gekennzeichnet, dass ein Betrachterfenster (5) in einer Betrachterebene (4), die der Ebene der Fourier-Rücktransformation des Videohologramms am Ort des Lichtquellenbildes entspricht, innerhalb einer Beugungsordnung des in das steuerbare Display (3) kodierten Videohologramms positioniert ist, dass durch das Betrachterfenster (5) hindurch die dreidimensionale Szene (6) betrachtbar ist, wenn ein Auge eines Betrachters an dem Betrachterfenster (5) positioniert ist, dass ein Computer der Einrichtung ausgebildet ist, ein Projektionsgebiet (8) mittels einer Projektion vom Betrachterfenster (5) als Basis durch einen ausgewählten Punkt (7) der dreidimensionalen Szene (6) hindurch zum steuerbaren Display (3) zu bilden, das Videohologramm in dem Projektionsgebiet (8) des steuerbaren Displays (3) zur Darstellung des ausgewählten Punkts (7) zu kodieren, und dass dieses Projektionsgebiet (8) das einzige Gebiet ist, in welchem das Videohologramm für den ausgewählten Punkt (7) kodiert ist.
13. Verfahren zur Rekonstruktion einer aus einzelnen Punkten aufgebauten dreidimensionalen Szene (6) zum Betreiben einer Einrichtung, wobei die Einrichtung ein optisches System, enthaltend mindestens eine reelle punkt- oder linienförmige, hinreichend kohärente Lichtquelle (1) und eine Linse (2), sowie ein steuerbares Display (3) aus matrixförmig oder in anderer Weise regulär angeordneten Zellen mit mindestens einer in Amplitude und/oder Phase steuerbaren Öffnung je Zelle enthält, wobei in Lichtrichtung hintereinander die Lichtquelle (1), die Linse (2), und das steuerbare Display (3) angeordnet sind, wobei in das steuerbare Display (3) ein Videohologramm kodiert wird und wobei die Linse (2) ein Bild der Lichtquelle (1) in einer Ebene der Fourier-Rücktransformation des Videohologramms am Ort des Lichtquellenbildes erzeugt, dadurch gekennzeichnet, dass ein Betrachterfenster (5) in einer Betrachterebene (4), die der Ebene der Fourier-Rücktransformation des Videohologramms am Ort des Lichtquellenbildes entspricht, innerhalb einer Beugungsordnung des in das steuerbare Display (3) kodierten Videohologramms positioniert ist, dass durch das Betrachterfenster (5) hindurch die dreidimensionale Szene (6) betrachtbar ist, wenn ein Auge eines Betrachters an dem Betrachterfenster (5) positioniert ist, dass ein Projektionsgebiet (8) mittels einer Projektion vom Betrachterfenster (5) als Basis durch einen ausgewählten Punkt (7) der dreidimensionalen Szene (6) hindurch zum steuerbaren Display (3) gebildet wird, dass das Videohologramm in dem Projektionsgebiet (8) des steuerbaren Displays (3) kodiert wird und dass dieses Projektionsgebiet (8) das einzige Gebiet ist, in welchem das Videohologramm für den ausgewählten Punkt (7) kodiert ist.
1. Die Erfindung
Die Erfindung betrifft die Rekonstruktion von dreidimensionalen Szenen in Videosequenzen. Hierzu wird das Auge des Betrachters in der optischen Bildebene der Lichtquelle und dort innerhalb einer Beugungsordnung des in dem Display programmierten Videohologramms positioniert. Hierdurch können mit einem bisher nur schwer realisierbaren relativ großen Öffnungsblickwinkel des Betrachters dreidimensionale Szenen in das steuerbare Display kodiert werden. Trotz des großen Öffnungswinkels erfolgt die Kodierung der dreidimensionalen Szene nur in einem ausgewählten Bereich des Displays. Der zu kodierende Bereich ergibt sich mittels Projektion ausgehend von dem Betrachterfenster durch die dreidimensionale Szene auf das steuerbare Display. Aufgrund der speziellen Positionierung des Betrachterfensters und der Kodierung der dreidimensionalen Szene in dem projizierten Bereich des steuerbaren Displays wird mit den verfügbaren Pixelgrößen der am Markt befindlichen Displays eine ausreichende Bildauflösung erreicht und der Rechenaufwand reduziert, sodass Echtzeitdarstellungen möglich werden.
2. Änderungen (Artikel 76 (1), 123 (2) EPÜ)
Die im Beschwerdeverfahren in den unabhängigen Ansprüchen 1 und 13 durchgeführten Änderungen erfüllen die Erfordernisse der Artikel 76 (1) und 123 (2) EPÜ. Diese Änderungen beruhen insbesondere auf den Offenbarungsstellen auf Seite 7, Zeile 26 bis Seite 8, Zeile 2 der ursprünglich eingereichten Beschreibung der Anmeldung bzw. Seite 7, Zeilen 15 bis 25 der Beschreibung der Stammanmeldung.
3. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
Die zuletzt vorgelegten Änderungen beheben alle im Verfahren unter Artikel 84 EPÜ erhobenen Einwände. Insbesondere definieren die unabhängigen Ansprüche des zuletzt vorgelegten Antrags,
- wie die optischen Bauteile im Lichtweg angeordnet sind,
- wie das in dem steuerbaren Display zu kodierende Projektionsgebiet eingeschränkt ist (durch Projektion vom Betrachterfenster zum Display durch die dreidimensionale Szene hindurch) und
- wie das Betrachterfenster im Raum festgelegt ist (es befindet sich in der Ebene der Fourier-Rücktransformation innerhalb einer Beugungsordnung).
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 Nächstkommender Stand der Technik
4.1.1 Die Prüfungsabteilung und die Anmelderin sahen das Dokument D1 als nächstkommenden Stand der Technik an. Die Kammer hält ebenfalls das Dokument D1 für den nächstkommenden Stand der Technik, da es mit dem Anmeldegegenstand gattungsgleich ist und von der Rekonstruktion von Videohologrammen inklusive bewegter dreidimensionaler Szenen handelt. Außerdem hat es die meisten Merkmale mit ihm gemein (siehe Punkt 4.2 unten).
4.1.2 Dokument D13 ist dem beanspruchten Gegenstand ferner als Dokument D1. Obwohl Dokument D13 einige Merkmale der beanspruchten Erfindung offenbart (siehe Figur 4, Anordnung des Betrachterfensters in der Brennebene der Linse und dort in der ersten Beugungsordnung), ist es nach Ansicht der Kammer als nächstkommender Stand der Technik nicht heranzuziehen, da es nicht die Rekonstruktion von Videohologrammen, also die Erzeugung von bewegten Bildern, betrifft, sondern lediglich die Rekonstruktion statischer Hologrammbilder. Es kann daher den Fachmann nicht in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand führen.
4.1.3 Auch das Dokument D12 ist dem beanspruchten Gegenstand nicht näher als Dokument D1.
4.2 Unterschiedsmerkmale
4.2.1 Dokument D1 (die Verweise in Klammern in diesem Absatz beziehen sich auf D1) zeigt Einrichtungen, welche zur Rekonstruktion von dreidimensionalen bewegten Szenen (Titel, Zusammenfassung) verwendet werden. Eine der gezeigten Einrichtungen weist ein optisches System auf (Figuren 1 und 15), enthaltend mindestens eine reelle punkt- oder linienförmige, hinreichend kohärente Lichtquelle (Seite 1817; rechte Spalte, Zeile 1 bis 5) und eine Linse (Seite 1817; linke und rechte Spalte überbrückender Satz), sowie ein steuerbares Display aus matrixförmig oder in anderer Weise regulär angeordneten Zellen mit mindestens einer in Amplitude und/oder Phase steuerbaren Öffnung je Zelle (Figuren 1 und 15; Seite 1828, Absatz "VI. ADVANCED 3-D DISPLAYS", linke und rechte Spalte überbrückender Absatz), wobei in Lichtrichtung hintereinander die Lichtquelle, die Linse, und das steuerbare Display (Figuren 1 und 15) angeordnet sind. Die Einrichtung ist ausgebildet, in das steuerbare Display ein Videohologramm zu kodieren (Seite 1826, rechte Spalte, Zeile 44 bis Seite 1827, linke Spalte, Zeile 2), wobei die Linse ein Bild der Lichtquelle in der Ebene der Fourier-Rücktransformation des Videohologramms am Ort des Lichtquellenbildes erzeugt.
Das Dokument D1 offenbart nicht, das Betrachterfenster in der optischen Bildebene der Lichtquelle anzuordnen und überdies das Betrachterfenster in seiner Größe so zu beschränken, dass es in dieser Ebene nur auf eine Beugungsordnung des kodierten Videohologramms beschränkt ist. Im Dokument D1 kann das Betrachterfenster beliebig angeordnet sein, solange ein Abbild der 3D-Szene bzw. die durch das Display dargestellte Szene vom Ort des Betrachterfensters aus betrachtbar ist. Es findet sich in Dokument D1 aber keine Offenbarung, weder explizit noch implizit, dass das gezeigte Betrachterfenster in der optischen Bildebene der Lichtquelle angeordnet sein muss, welche durch die Brennweite der Linse und den Abstand der Lichtquelle zur Linse festgelegt ist. Auch findet sich im Dokument D1 kein Hinweis, das Betrachterfenster innerhalb einer Beugungsordnung anzuordnen.
Der in Anspruch 1 definierte Gegenstand unterscheidet sich folglich von der aus dem Dokument D1 bekannten Lehre durch folgende drei Unterschiedsmerkmale:
- Die Betrachterebene, in der das Betrachterfenster angeordnet ist, wird durch die optische Bildebene der Lichtquelle definiert, welche der Ebene der Fourier-Rücktransformation des Videohologramms entspricht;
- in dieser Betrachterebene ist das Betrachterfenster räumlich innerhalb einer Beugungsordnung angeordnet und auf diese Maximalgröße beschränkt;
- ausgehend von dem durch die zuvor genannten zwei Unterschiedsmerkmale festgelegten Betrachterfenster wird in dem Blickfeld des Betrachters eine dreidimensionale Szene und deren Projektionsgebiet auf dem Display bestimmt; nur in diesem räumlich eindeutig abgegrenzten Projektionsgebiet des steuerbaren Displays wird die dreidimensionale Szene kodiert.
Die Kammer merkt an, dass das erste oben genannte Unterschiedsmerkmal in der nun vorliegenden Anspruchsformulierung so präzisiert wurde, dass eine breite Auslegung dieses Merkmals, wie sie von der Prüfungsabteilung zugrunde gelegt wurde (siehe Entscheidung, Punkt 12.13), nicht mehr in Betracht kommt.
4.3 Objektive technische Aufgabe
Die genannten Unterschiedsmerkmale lösen die objektive technische Aufgabe, dreidimensionale Szenen mit einem relativ großen Betrachterwinkel in Echtzeit als Videosequenz darstellen zu können.
Dies war vor dem Prioritätsdatum aus zwei Gründen nur schwer möglich:
- Die herstellbare Pixelgröße des Displays, d. h. die Abstände und Größe der steuerbaren Öffnungen der Zellen des steuerbaren Displays, beschränkte den Blickwinkel des Betrachters auf sehr kleine Winkel und
- der Berechnungsaufwand der Kodierung der dreidimensionalen Szenen im Bildschirm war wegen der großen Pixelanzahl, welche die räumliche Auflösung fordert, derart zeitaufwendig, dass die Berechnungsdauer eine Echtzeitdarstellung nur für sehr kleine dreidimensionale Objekte ermöglichte.
4.4 Naheliegen
4.4.1 Durch die Positionierung des Betrachterfensters innerhalb einer Beugungsordnung in der Bildebene können größere Öffnungswinkel bei dennoch relativ großer Pixelgröße des Displays für den Betrachter verwendet werden. Dieses eindeutig definierte Betrachterfenster ermöglicht einen relativ großen Blickfeldkegel, in dem beliebige dreidimensionale Objekte oder Szenen auf das Display projiziert und dort kodiert werden können. Da die Kodierung der dreidimensionalen Objekte nur in dem durch die Projektion vorgegebenen Bereich des Displays erfolgt, wird eine Echtzeitdarstellung dank des dadurch reduzierten Rechenaufwands technisch möglich. Somit lösen die Unterschiedsmerkmale die oben genannte Aufgabe einer dreidimensionalen Darstellung von bewegten Objekten in Videosequenzen in Echtzeit. Dies ist nach Meinung der Kammer nicht durch den verfügbaren Stand der Technik nahegelegt.
4.4.2 Das Dokument D13 gibt zwar in der Figur 4 einen Hinweis darauf, dass es für die optische Rekonstruktion einer dreidimensionalen Szene vorteilhaft ist, das Betrachterauge in der Brennweite der Linse (Auge in der Fourier-Ebene F) und dort in der ersten Beugungsordnung (+1) anzuordnen. Das gesamte Dokument D13 bezieht sich allerdings nur auf Standbilder. Bei Videosequenzen ist jedoch davon auszugehen, dass der Betrachter nicht statisch verbleibt, sondern sich möglicherweise bewegt und somit nicht die gewünschte Position des Betrachterauges einhalten kann. Deswegen ist es für den Fachmann ohne entsprechende weitere Ausführungen im Dokument D13 nicht offenkundig, dass die Lehre dieses Dokuments auf die Darstellung von bewegten dreidimensionalen Szenen mittels Videohologrammen übertragbar ist. Folglich würde der Fachmann Dokument D13 zur Lösung der gestellten Aufgabe nicht heranziehen.
Selbst wenn der Fachmann aber die Lehre des Dokuments D13 in den im Dokument D1 offenbarten Sachverhalt integrieren würde, käme er dennoch nicht zum Anspruchsgegenstand, da nur die ersten zwei der oben genannten Unterschiedsmerkmale im Dokument D13 offenbart sind. Bei Kombination der Lehre der Dokumente D1 mit D13 würde der Fachmann das gesamte Betrachterfenster in alle Pixel des steuerbaren Displays projizieren und kodieren. Das dritte, oben genannte Unterschiedsmerkmal die Projektionsvorschrift betreffend, nämlich die dreidimensionale Szene nur innerhalb eines limitierten Bereichs des Displays zu kodieren, welche durch die Doppelkegel-Projektion vom Betrachterfenster auf die Bildschirmfläche durch das dreidimensionale Objekt bestimmt wird, wäre dem Fachmann weiterhin nicht aufgezeigt oder nahegelegt.
Um zu dem in Anspruch 1 definierten Gegenstand zu gelangen, wäre es folglich nötig, neben den Lehren der Dokumente D1 und D13 (sofern der Fachmann das letztere Dokument überhaupt heranziehen würde, siehe oben) für das dritte Unterschiedsmerkmal noch ein weiteres Dokument, wie beispielsweise das Dokument D12 (siehe zur Frage der Berücksichtigung dieses Dokuments unten Punkt 4.4.3), heranzuziehen. Das Dokument D12 zeigt zwar in Figur 2 eine ähnliche Projektionsvorschrift, gibt aber keine weiteren Hinweise zu dem ersten oder zweiten Unterschiedsmerkmal. Da aber alle drei Unterschiedsmerkmale eng miteinander verbunden sind und keine voneinander unabhängigen Aufgaben lösen, erscheint es der Kammer nicht zulässig, einzelne Merkmale aus unterschiedlichen Dokumenten je nach Bedarf zu kombinieren. Dies entspräche nach Ansicht der Kammer einer rückschauenden Betrachtungsweise, welche bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu vermeiden ist. Somit kann schon vor diesem Hintergrund eine Argumentation basierend auf der Kombination dreier Dokumente (D1 kombiniert mit D13 und D12) nicht überzeugen.
4.4.3 Schließlich wird zu Dokument D12 angemerkt, dass es bereits fraglich erscheint, ob der Fachmann dieses Dokument überhaupt zur Lösung der gestellten Aufgabe in Betracht ziehen würde. Das Dokument D12 betrifft Nahfeld-Hologramme mit örtlich begrenzter Information (siehe Titel). Die Kammer bezweifelt, dass der Fachmann dieses Dokument für die Darstellung von dreidimensionalen Szenen in Videosequenzen, welche keine Nahfeld-Hologramme betreffen, heranziehen würde. Selbst wenn der Fachmann dennoch die Lehre des Dokuments D12 in Erwägung ziehen und mit der Lehre des Dokuments D1 kombinieren würde, könnte er zwar in der Figur 2 einen Hinweis erkennen, dass er mit Hilfe eines Doppelkegels eine dreidimensionale Szene auf das Display projizieren könnte. Hierbei wird aber in D12, wie bereits oben genannt, weder ein Hinweis auf das erste noch das zweite oben genannte Unterschiedsmerkmal gegeben. Folglich kann auch die Kombination der Lehren der Dokumente D1 mit D12 den in Anspruch 1 definierten Gegenstand nicht nahelegen.
4.5 Zusammenfassend kommt die Kammer zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des zuletzt vor der Kammer eingereichten Antrags gegenüber den drei diskutierten Dokumenten D1, D12 und D13 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
4.6 Der unabhängige Verfahrensanspruch 13 wurde an den unabhängigen Vorrichtungsanspruch 1 angepasst, sodass alle für den in Anspruch 1 definierten Gegenstand genannten Argumente mutatis mutandis auch für den in Anspruch 13 definierten Gegenstand zutreffen.
4.7 Die Ansprüche 2 bis 12 und 14 sind direkt oder indirekt von Anspruch 1 oder Anspruch 13 abhängig und erfüllen somit ebenfalls die Erfordernisse des EPÜ.
5. Fazit
Da die Anmeldeunterlagen gemäß dem einzigen im Verfahren verbliebenen Antrag und die Erfindung, die sie zum Gegenstand haben, den Erfordernissen des EPÜ genügen, ist ein Patent auf Grundlage dieser Unterlagen zu erteilen (Artikel 97 (1), 111 (1) EPÜ).
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent in folgender Fassung zu erteilen:
Ansprüche: Nr. 1 bis 14 gemäß Hauptantrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 15. Juni 2021;
Beschreibung: Seiten 1 bis 11, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 15. Juni 2021;
Zeichnungen: Blätter 1/2 und 2/2 wie ursprünglich eingereicht.