T 2050/20 03-11-2022
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VERFAHREN ZUR ERHÖHUNG DES LICHTSCHUTZFAKTORS EINER KOSMETISCHEN UND/ ODER DERMATOLOGISCHEN ZUBEREITUNG
Änderungen zulässig (ja)
Ausreichende Offenbarung (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent EP 2 034 949 unter Artikel 101(3) a) EPÜ in geänderter Form aufrechtzuerhalten.
II. Im Einspruchsverfahren wurde das Streitpatent auf der Grundlage von Artikel 100 a) EPÜ wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ), sowie unter Artikel 100 b) EPÜ wegen mangelnder Ausführbarkeit angegriffen.
III. Im Laufe des Einspruchsverfahrens wurde unter anderem auf die folgenden Dokumente verwiesen, die auch für das vorliegende Verfahren von Bedeutung sind:
D8: DE 101 43 962 A1
D9: WO 03/039507 A1
D16: Vergleich UV-20-077-5-5 mit UV-20-077-5-6
D17: Vergleich UV-20-077-1-3 mit UV-20-077-1-4
D18: Vergleich UV-20-077-2-2 mit UV-20-077-2-3
D19: Vergleich UV-20-077-3-1 mit UV-20-077-4-1
IV. Die Einspruchsabteilung erachtete die im Streitpatent beanspruchte Erfindung ausreichend offenbart und den Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ daher nicht durchgreifend. Jedoch sei der beanspruchte Gegenstand nicht neu gegenüber der Offenbarung der Dokumente D5, D6, D7 und D8 (Artikel 54 EPÜ).
Die der Einspruchsabteilung vorliegenden Hilfsanträge 1 und 2 erfüllten ihrer Ansicht nach nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
Der ihr vorliegende Hilfsantrag 3 erfülle die Erfordernisse der Artikel 123(2) und (3), 83 und 84 EPÜ. Der beanspruchte Gegenstand sei zudem neu gegenüber der Offenbarung der Dokumente D5 bis D8 (Artikel 54 EPÜ). Ein während der mündlichen Verhandlung von der Einsprechenden neu vorgebrachter Einwand mangelnder Neuheit gegenüber der Offenbarung des Dokuments D9 wurde von der Einspruchsabteilung wegen mangelnder prima facie Relevanz nicht ins Verfahren zugelassen. Die Einspruchsabteilung erachtete den Gegenstand des Hilfsantrags 3 auch als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, und zwar ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D9, und insbesondere unter Berücksichtigung der experimentellen Daten des Dokuments D16 (Artikel 56 EPÜ).
V. Zur Begründung ihrer Beschwerde brachte die Einsprechende vor, dass entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung der aufrechterhaltene Hilfsantrag 3 unzulässig geändert worden sei (Artikel 123(2) EPÜ), dass die beanspruchte Erfindung nicht ausführbar offenbart werde (Artikel 83 EPÜ), sowie dass der darin beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ).
VI. Mit ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung wurden von der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) die Hilfsanträge 1 und 2 eingereicht.
VII. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK informierte die Kammer die Parteien über ihre vorläufige Meinung in Bezug auf die Sach- und Rechtslage mit. Darin teilte sie die Parteien mit, dass der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin, auf dessen Grundlage das angefochtene Patent im Einspruchsverfahren aufrechterhalten wurde (Hilfsantrag 3 des Einspruchsverfahrens), aus vorläufiger Sicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfülle, und dass der beanspruchte Gegenstand für den Fachmann ausführbar offenbart werde (Artikel 83 EPÜ). Die Parteien wurden zudem darauf hingewiesen, dass die Frage der erfinderischen Tätigkeit während der mündlichen Verhandlung zu erörtern sein werde, insbesondere ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D9 und der in experimentellen Daten der Dokumente D16 bis D18.
VIII. Der für das vorliegende Verfahren relevante Hauptantrag hat drei Ansprüche, die den folgenden Wortlaut haben:
"1. Verfahren zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors einer kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitung, die mindestens einen UV-B-Filter, ausgewählt aus Ethylhexyl Triazon und Diethylhexyl Butamido Triazon, und, optional UV-Breitband-Filter enthält, durch Zugabe eines UV-A-Filters während der Herstellung der Zubereitung, dadurch gekennzeichnet, dass in der fertigen kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitung ein Wert für das Verhältnis der Summe der Masse der UV-A-Filter zur Summe der Masse der UV-B-Filter und Breitband-Filter von 1 bis 6 eingestellt wird, dadurch gekennzeichnet, dass 2-(4-Diethylamino-2-hydroxybenzoyl)benzoesäurehexylester als einziger UV-A-Filter eingesetzt wird."
"2. Verwendung des UV-A-Filters 2-(4-Diethylamino-2-hydroxybenzoyl)benzoesäurehexylester zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors einer kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitung, die mindestens einen UV-B- Filter, ausgewählt aus Ethylhexyl Triazon und Diethylhexyl Butamido Triazon, und, optional UV-Breitband-Filter enthält, dadurch gekennzeichnet, dass in der fertigen kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitung der Wert für das Verhältnis des UV-A-Filters zur Summe der Masse der UV-B-Filter und Breitband-Filter 1 bis 6 beträgt, dadurch gekennzeichnet, dass die Zubereitung 2-(4-Diethylamino-2-hydroxybenzoyl)-benzoesäurehexylester als einzigen UV-A-Filter enthält."
"3. Lichtschutzwirksame kosmetische und/oder dermatologische Zubereitung, enthaltend als einzigen UV-A-Filter 2-(4-Diethylamino-2-hydroxybenzoyl)benzoesäurehexylester und mindestens einen UV-B-Filter, ausgewählt aus Ethylhexyl Triazon und Diethylhexyl Butamido Triazon, sowie gegebenenfalls weitere kosmetische Wirk-, Hilfs- und Zusatzstoffe, wobei der Wert für das Verhältnis der Summe der Masse der UV-A-Filter zur Summe der Masse der UV-B-Filter 1 bis 8 beträgt, und die Zubereitung keinen Breitband-Filter enthält."
IX. In ihrer Beschwerdebegründung und im weiteren Verfahren brachte die Beschwerdeführerin hierzu im Wesentlichen folgendes vor:
Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
In den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen wird kein Verfahren offenbart, welches die Kombination des Merkmals "... UV-B-Filter, ausgewählt aus Ethylhexyl Triazon und Diethylhexl Butamido Triazon ..." mit dem Merkmal "... dass in der fertigen kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitung ein Wert für das Verhältnis der Summe der Masse der UV-A-Filter zur Summe der Masse der UV-B-Filter und Breitband-Filter von 1 bis 6 eingestellt wird" für den Fall aufweise, dass die Zubereitung keine Breitbandfilter enthalte. Anspruch 1 des Hauptantrags erfordere nun jedoch selbst bei Abwesenheit eines Breitband-Filters das angegebene Verhältnis. Insbesondere finde sich auf Seite 13, Zeilen 38 bis 41 der ursprünglichen Beschreibung keine Basis für diese Kombination, da dort lediglich Zusammensetzungen offenbart seien, die auch Breitband-Filter enthielten. Auf Seite 18, Zeilen 21 bis 23 hingegen finde sich zwar eine Offenbarung für Zusammensetzungen ohne Breitband-Filter, jedoch werde an dieser Stelle der Wert für ein Masseverhältnis von "1 bis 6" nicht offenbart.
Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ):
Gemäß Absatz [0031] der Beschreibung des Streitpatents sei eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors (LSF) nur dann erfindungsgemäß, wenn diese Erhöhung wenigstens 1 bis 3 SPF Einheiten betrage. Jedoch zeigten die Beispiele des Streitpatents, dass eine derartige Erhöhung nicht über den gesamten beanspruchten Bereich auftrete. Die Beschwerdeführerin verwies hierzu auch auf die von ihr mit Schriftsatz vom 19. Juni 2020 bereits im Einspruchsverfahren vorgelegten experimentellen Daten.
Die Beschwerdeführerin machte des Weiteren geltend, dass eine Zugabe des UV-A-Filters vor allem dann nicht zu einer Erhöhung gemäß Absatz [0031] der Beschreibung führe, wenn sich bereits UV-A-Filter in der Zubereitung befinden. So zeige der Vergleich der Beispiele 2 und 16 sowie 4 und 12 des Streitpatents, dass die Zugabe von DHHB in bestimmten Fällen sogar zu einer Verringerung des Lichtschutzfaktors führe. Dies gehe auch aus dem Versuchsbericht vom 19. Juni 2020 hervor.
Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ):
Die Beschwerdeführerin stützte ihre Argumentation insbesondere darauf, dass für den Anspruchsgegenstand keine technische Wirkung gezeigt worden sei, die auf die Unterscheidungsmerkmale gegenüber Dokument D9 als nächstliegendem Stand der Technik zurückgeführt werden könnten. Die von der Beschwerdegegnerin herangezogenen experimentellen Daten der Dokumente D16 bis D19 seien nicht aussagekräftig. Daher sei die objektive technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung einer Alternative zu sehen. Selbst wenn eine technische Wirkung anerkannt werden sollte, gehe aus den genannten Dokumenten der geltend gemachte Zusammenhang zwischen der Verwendung des UV-A-Filters DHHB und einer Erhöhung des Lichtschutzfaktors der erhaltenen Zubereitungen bereits hervor.
X. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
Die Beschwerdegegnerin verwies insbesondere auf die Seite 18, Zeilen 8 bis 19 in Verbindung mit Seite 17, Zeilen 21 bis 28 der ursprünglichen Beschreibung. Ihrer Ansicht nach gehe aus diesen Passagen die beanstandete Kombination von Merkmalen hervor.
Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)
Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin erhalte der Fachmann bereits aus der Offenbarung des Streitpatents, insbesondere durch die in Tabelle 2 angeführten experimentellen Nachweise, ausreichend Informationen über die Durchführung des beanspruchten Gegenstands. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente seien daher nicht durchgreifend.
Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Die Beschwerdegegnerin stützte ihre Argumentation insbesondere auf die in Tabelle 2 des Streitpatents sowie die in den Dokumenten D16 bis D19 angeführten experimentellen Daten. Damit werde gezeigt, dass entweder durch Zugabe eines einzigen UV-A-Filters, nämlich der Verbindung DHHB, zu einer Zubereitung, die einen der beiden UV-B-Filter EHT oder DBT enthalte, oder durch Einstellung des Masseverhältnisses der in solchen Zubereitungen enthaltenen UV-Filter auf einen anspruchsgemäßen Bereich eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors erreicht werden könne. Auch wenn durch die Dokumente D16 bis D19 kein direkter Vergleich gegenüber den Beispielen des Dokuments D9 gezeigt werde, seien die Ergebnisse übertragbar. Die technische Aufgabe sei in der Bereitstellung von verbesserten Verfahren, Verwendungen und Zubereitungen zu sehen, und die beanspruchten Lösungen jeweils erfinderisch.
XI. Am 3. November 2022 fand eine mündliche Verhandlung statt.
XII. Anträge
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Europäischen Patents Nr. 2 034 949.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde oder, hilfsweise, die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis eines der mit der Erwiderung auf die Beschwerdebegründung vorgelegten Hilfsanträge 1 und 2.
Hauptantrag - von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltener "Hilfsantrag 3"
1. Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
1.1 Beiden Parteien haben sich in der mündliche Verhandlung vor der Kammer auf ihr schriftliches Vorbringen beschränkt.
Die Argumentation der Beschwerdeführerin bezog sich auf die Kombination der Merkmale betreffend die Auswahl der UV-Filter und deren Masseverhältnisses in der fertigen Zubereitung für den Fall, dass die Zubereitung keinen UV-Breitband-Filter enthält.
1.2 Die Argumentation der Beschwerdeführerin überzeugt aus folgenden Gründen nicht:
1.2.1 Die in den ursprünglich eingereichten Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale finden sich auf Seite 18, Zeilen 13 bis 14 (der UV-A-Filter "2-(4-Diethylamino-2-hydroxybenzoyl)-benzoesäurehexylester"), auf Seite 18, Zeilen 18 bis 19 und Seite 12, Zeilen 30 bis 31 ("UV-B-Filter, ausgewählt aus Ethylhexyl Triazon und Diethylhexl Butamido Triazon"), sowie auf Seite 17, Zeile 28 und Seite 13, Zeile 41 (der Wert für das Masseverhältnis "von 1 bis 6").
1.2.2 Die anspruchsgemäße Kombination der UV-A-Filter und UV-B-Filter entnimmt der Fachmann den Zeilen 8 bis 19, insbesondere den Zeilen 13 und 14 sowie 18 bis 19 der Seite 18. Die an dieser Stelle als besonders bevorzugt offenbarte lichtschutzwirksame kosmetische und/oder dermatologische Zubereitung enthält als UV-A-Filter bevorzugt insbesondere 2-(4-Diethylamino-2-hydroxybenzoyl)-benzoesäurehexylester) und als UV-B-Filter bevorzugt Ethylhexyl Triazon oder Diethylhexal Butamido Triazon.
1.2.3 Auf der Seite 17 (Zeilen 21 bis 28) wird die Verwendung von UV-A-Filtern zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors von Zubereitungen offenbart, die mindestens einen UV-B- und/oder einen Breitband-Filter enthalten. In den fertigen Zubereitungen beträgt das Verhältnis der Summe der Masse der UV-A-Filter zur Summe der Masse der UV-B-Filter und Breitband-Filter dabei besonders bevorzugt insbesondere im Bereich von 1 bis 6. Der Fachmann wird diese Offenbarung derart verstehen, dass die in die Bestimmung der Summe von 1 bis 6 eingehenden Massen der verschiedenen Filter nur dann auch den Breitbandfilter berücksichtigt, wenn dieser tatsächlich in der Zubereitung enthalten ist. Dieser Teil der Beschreibung offenbart daher das genannte Verhältnis auch für den Fall, dass kein Breitband-Filter enthalten ist, und somit auch für die vorstehend genannte, auf Seite 18 offenbarte Kombination von UV-A- und UV-B-Filtern.
1.2.4 Auch die von der Beschwerdeführerin herangezogene Stelle der Seite 18 (Zeilen 21 bis 23) steht nicht im Widerspruch hierzu. Insbesondere ist diese Offenbarung nicht dahingehend zu interpretieren, dass das Masseverhältnis von UV-A-Filter zu UV-B-Filter einer keinen Breitband-Filter umfassenden Zubereitung nicht innerhalb des auf der Seite 17, Zeile 28 angegebenen Bereichs von 1 bis 6 liegt.
1.2.5 Des Weiteren offenbart keine der genannten Stellen die jeweiligen Merkmale lediglich in Verbindung mit weiteren Merkmalen, welche nicht in den geänderten Anspruch aufgenommen wurden. Auch bezieht sich keine der genannten Stellen lediglich auf bestimmte Ausführungsformen, die die weiteren Merkmale des geänderten Anspruchs 1 nicht enthalten.
1.3 Der Hauptantrag erfüllt daher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ, der Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ ist nicht durchgreifend.
2. Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)
2.1 Die Argumentation der der Beschwerdeführerin bezog sich einerseits auf eine durch Zugabe von UV-A-Filter hervorgerufene Mindesterhöhung des Lichtschutzfaktors, und andererseits darauf, dass der Lichtschutzfaktor bei Zubereitungen, die bereits UV-A-Filter enthalten, nicht erhöht werde.
2.2 Das Vorbringen der Beschwerdeführerin überzeugt aus folgenden Gründen nicht:
2.2.1 Anspruch 1 bezieht sich auf ein Verfahren zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors einer kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitung. Die Zubereitung enthält mindestens einen der zwei im Anspruch genannten UV-B-Filter Ethylhexyl Triazon (EHT) oder Diethylhexyl Butamido Triazon (DBT) sowie optional einen UV-Breitband-Filter. Die Erhöhung des Lichtschutzfaktors einer derartigen Zubereitung soll erfolgen durch Zugabe des UV-A-Filters 2-(4-Diethylamino-2-hydroxybenzoyl)-benzuesäurehexylester (DHHB) während deren Herstellung. Das beanspruchte Verfahren erfordert zudem, dass die fertige Zubereitung ein bestimmtes Verhältnis der Massen der UV-A-, UV-B- und gegebenenfalls UV-Breitband-Filter aufweist.
2.2.2 Um das beanspruchte Verfahren ausführen zu können, muss der Fachmann durch die Lektüre des Streitpatents und unter Zuhilfenahme seines allgemeinen Fachwissens in die Lage versetzt werden, die im Anspruch genannte Verbindung DHHB einer kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitung zuzugeben, die bereits mindestens eine der beiden als UV-B-Filter genannten Verbindungen sowie gegebenenfalls UV-Breitband-Filter enthält. Dabei muss er die Massenverhältnisse so wählen, dass in der fertigen Zubereitung ein Wert für das Verhältnis der Summe der Masse der UV-A-Filter zur Summe der Masse der UV-B-Filter und Breitband-Filter von 1 bis 6 eingestellt wird.
2.2.3 Dieses Vorgehen kann der Fachmann bereits ausgehend vom Wortlaut des Anspruchs nacharbeiten, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der in den ab Absatz [0047] der Beschreibung des Streitpatents angegebenen möglichen UV-Breitband-Filter, und gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Angaben in den Beispielen (siehe Absatz [0091]). Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt.
2.2.4 Im Weiteren muss der Fachmann anspruchsgemäß durch die Zugabe des genannten UV-A-Filters unter Berücksichtigung der zu erhaltenden Mengenverhältnisse eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors der Zubereitung erreichen, die den oder die UV-B- und gegebenenfalls UV-Breitband-Filter enthält. Dies wurde von der Beschwerdeführerin bezweifelt.
2.2.5 Auch hier wird der Fachmann jedoch nicht mit unüberwindbaren Problemen konfrontiert, wie aus den in der Beschreibung angegebenen Beispielen hervorgeht (siehe insbesondere die Tabelle 2). Aus den Beispielen 1 bis 3 entnimmt der Fachmann, dass eine Erhöhung des Anteils des UV-A-Filters DHHB (Uvinul® A Plus, Tabelle 1, Eintrag 2; siehe auch Absatz [0091]) von 2,5 über 5 zu 10 Gew.-% zu einer Erhöhung des Lichtschutzfaktors ("SPF in vivo" in Tabelle 2) von 10 nach 20 und schließlich nach 32 führt. Die Erhöhung des Lichtschutzfaktors wird augenscheinlich durch Zugabe des UV-A-Filters DHHB hervorgerufen.
2.2.6 Ob durch Zugabe des UV-A-Filters eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors von wenigstens 1 bis 3 hervorgerufen werden muss, wie von der Beschwerdeführerin mit Verweis auf Absatz [0031] der Beschreibung des Streitpatents argumentiert wurde, ist für die Frage der Ausführbarkeit des beanspruchten Verfahrens nicht von Bedeutung, da gemäß Anspruch 1 lediglich allgemein eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors erreicht werden muss, nicht aber eine Erhöhung um eine bestimmte Anzahl von Einheiten.
2.2.7 Die Beschwerdeführerin hat zudem argumentiert, ein Mangel and Ausführbarkeit liege insbesondere auch deshalb vor, weil die Zugabe eines UV-A-Filters zu einer Zubereitung, die bereits einen solchen enthalte, nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Lichtschutzfaktors führe. Daher sei das beanspruchte Verfahren zumindest nicht über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbar.
2.2.8 Diese Argumentation überzeugt ebenfalls nicht. Sie beruht auf der Annahme, dass der Fachmann Anspruch 1 derart interpretiere, dass der Lichtschutzfaktor einer mindestens einen der beiden genannten UV-B-Filter enthaltenden Zubereitung durch Zugabe von DHHB beliebig weit erhöht werden kann. Der Fachmann wird den Anspruch jedoch so verstehen, dass die technische Wirkung der Erhöhung des Lichtschutzfaktors durch Zugabe des UV-A-Filters DHHB nicht beliebig gesteigert werden kann, sondern dass diese Wirkung insbesondere bei Zubereitungen eintritt, die noch kein DHHB enthalten. Auch aus der Beschreibung des Streitpatents lässt sich die Auslegung der Beschwerdeführerin nicht ableiten.
2.2.9 Daher führt auch der von der Beschwerdeführerin herangezogene Vergleich der Beispiele 4 und 12, bzw. 2 und 16 der Tabelle 2 nicht dazu, einen Mangel an Ausführbarkeit zu belegen. Diese Vergleiche bestätigen lediglich, dass der LSF von Zubereitungen, die bereits DHHB enthalten, durch weitere Zugabe von DHHB nicht beliebig weit erhöht werden kann.
2.2.10 Die Beschwerdeführerin stützte ihre Argumentation zudem auf den in ihrer Beschwerdebegründung erläuterten Versuchsbericht, der vor der Einspruchsabteilung am 19. Juni 2020 eingereicht wurde. Auch diesen experimentellen Daten lässt sich jedoch lediglich entnehmen, dass eine Zugabe von DHHB den beobachteten LSF nicht linear zur Zugabemenge ansteigen lässt. Ein Mangel an Ausführbarkeit lässt sich dadurch ebenfalls nicht belegen.
2.2.11 Zusammenfassend wurde somit von der Beschwerdeführerin nicht überzeugend dargelegt, dass der Fachmann das Verfahren gemäß Anspruch 1 nicht ausführen kann.
2.3 In Bezug auf die unabhängigen Ansprüche 2 und 3 wurden von der Beschwerdeführerin keine zusätzlichen Argumente vorgebracht. Diese Ansprüche sind auf die Verwendung von DHHB zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors einer bestimmten kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitung (Anspruch 2) bzw. auf eine lichtschutzwirksame kosmetische und/oder dermatologische Zubereitung gerichtet (Anspruch 3). In beiden Ansprüchen werden die UV-Filter wie im Anspruch 1 definiert, wobei das Verhältnis der Filter gemäß Anspruch 3 jedoch 1 bis 8 beträgt. In Bezug auf die Frage der Ausführbarkeit ergibt sich hierdurch kein neuer Sachverhalt.
2.4 Der Hauptantrag erfüllt daher die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ, der Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ ist somit nicht durchgreifend.
3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Im Einspruchsverfahren war das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit anerkannt worden. Die Einspruchsabteilung erachtete Dokument D9 als nächstliegenden Stand der Technik. Ein Unterscheidungsmerkmal sah sie entweder darin, dass lediglich ein einziger UV-A-Filter verwendet werde, oder darin, dass das Verhältnis der Summe der Masse der verwendeten UV-Filter nicht im anspruchsgemäßen Bereich von 1 bis 6 liege. Das gelöste objektive technische Problem formulierte die Einspruchsabteilung als die Bereitstellung kosmetischer und/oder dermatologischer Zubereitungen mit verbessertem Lichtschutzfaktor. Ihrer Ansicht nach werde die in den unabhängigen Ansprüchen 1 bis 3 vorgeschlagene Lösung dem Fachmann auch unter Berücksichtigung der technischen Lehren der Dokumente D5 bis D8 nicht nahegelegt.
Anspruch 1
Nächstliegender Stand der Technik
3.1 Das Streitpatent beschäftigt sich mit der Erhöhung des Lichtschutzfaktors von kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitungen (Absatz [0001]). Im Streitpatent wird insbesondere auf die Aufgabe verwiesen, mit möglichst wenig UV-Filtersubstanz sowohl einen hohen UV-A- als auch hohen UV-B-Schutz zu erreichen. Hierzu soll unter effizienter Ausnutzung der eingesetzten Lichtschutzfiltersubstanzen bei gleichzeitigem sehr gutem UV-A-Schutz der Erythemschutz erhöht werden (Absätze [0027] und [0028]). Dieser Erythemschutz wird als Lichtschutzfaktor (LSF) ausgedrückt, der als Maß für den Schutz gegen UV-B-Strahlung dient (Absätze [0005] und [0030]).
3.2 Beide Parteien argumentierten erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument D9 als nächstliegendem Stand der Technik. Die Kammer schließt sich dieser Beurteilung an. Das Dokument bezieht sich ebenfalls auf kosmetische und dermatologische Lichtschutzformulierungen, und verweist darauf, dass derartige Zubereitungen sowohl gegen UV-B- als auch gegen UV-A-Strahlung ausreichenden Schutz bieten müssen (Seite 2, Zeilen 21 bis 23). Die Zubereitungen gemäß Dokument D9 enthalten sowohl UV-A- als auch UV-B-Filter.
Unterscheidungsmerkmale
3.3 Dokument D9 offenbart im Anspruch 9 die Verwendung von Hydroxybenzophenonen zur Erhöhung der UV-Schutzleistung von triazin- und/oder benzotriazolhaltigen kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitungen. Das Dokument offenbart hierzu Zubereitungen, die mindestens ein Hydroxybenzophenon und mindestens ein Triazin- und/oder Benzotriazolderivat enthalten (Seite 3, Zeilen 5 bis 11). Als besonders vorteilhaftes Hydroxybenzophenon wird auf Seite 5, Zeilen 5 bis 9 die Verbindung 2-(4'-(Diethylamino)-2'-hydroxybenzoyl)-benzoesäurehexylester angegeben, also der gemäß Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags eingesetzte UV-A-Filter DHHB (siehe Absatz [0035] des Streitpatents). Im Dokuments D9 werden des Weiteren Ethylhexyl Triazon (EHT; Seite 5, Zeilen 15 bis 18) und Diethylhexyl Butamido Triazon (DBT; Seite 7, Zeile 27 bis Seite 8, Zeile 4) als bevorzugte Triazine angegeben. Diese Verbindungen werden auch in den Beispielen des Dokuments D9 verwendet (siehe Seite 30, Zeilen 20 bis 24 sowie die Tabellen der Seiten 31 bis 40).
Die durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags hergestellten Zubereitungen unterscheiden sich von den in den Beispielen des Dokuments D9 offenbarten entweder dadurch, dass
a) lediglich ein einziger UV-A-Filter enthalten ist (D9: im Beispiel 1, Nr. 6 werden neben DHHB noch die beiden weiteren UV-A-Filter Butyl Methoxydibenzoylmethan und Terephthalidencampher-sulfonsäure verwendet),
oder dadurch, dass
b) die Masseverhältnisse der enthaltenen UV-Filter nicht im anspruchsgemäßen Bereich von 1 bis 6 liegen (D9: in Beispiel 2, Nr. 3, Beispiel 4, Nr. 4, Beispiel 5, Nr. 1 sowie Beispiel 6, Nr. 4 und 8 werden Verhältnisse kleiner als 1 offenbart).
Auch hierüber bestand Einigkeit zwischen den Parteien. Ebenso bestand Einigkeit darüber, dass im Dokument D9 für keine der beschriebenen Zubereitungen Werte der Lichtschutzfaktoren offenbart werden.
3.4 Die Beschwerdegegnerin sah ein weiteres Unterscheidungsmerkmal darin, dass der mindestens eine UV-B-Filter anspruchsgemäß ausgewählt werden müsse aus EHT und DBT. Jedoch enthalten die Zubereitungen der oben genannten Beispiele aus D9 ebenfalls EHT. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal liegt daher nicht vor.
Technische Wirkung und objektive technische Aufgabe
3.5 Uneinigkeit zwischen den Parteien herrschte darüber, welche technische Wirkung durch die genannten Unterscheidungsmerkmale a) oder b) hervorgerufen wird.
Die Beschwerdeführerin erachtete weder die Daten des Streitpatents, noch der Dokumente D16 bis D19 als aussagekräftig, da sie keinen direkten Vergleich zum nächstliegenden Stand der Technik erlaubten. Zudem seien diese Daten durch in vitro, statt in vivo Messungen erhalten worden. Auch gehe aus den Beispielen 2 und 16 sowie 4 und 12 der Tabelle 2 des Streitpatents hervor, dass die Zugabe von DBBH als alleinigem UV-A-Filter zu einer UV-B-Filter enthaltenden Zubereitung nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Lichtschutzfaktors führe, sondern dieser sich sogar verringere. Daher könne das gelöste technische Problem lediglich in der Bereitstellung einer Alternative gesehen werden, deren anspruchsgemäße Lösung dem Fachmann aus den Dokumenten D9 und D8 nahegelegt werde. Auch im Hinblick auf das Unterscheidungsmerkmal der Masseverhältnisse der verwendeten UF-Filter sei erfinderische Tätigkeit aus denselben Gründen zu verneinen.
Die Beschwerdegegnerin stützte ihre Argumentation neben der Tabelle 2 des Streitpatents insbesondere auf die in den Dokumenten D16 bis D19 angeführten Daten. Sie zog hieraus den Schluss, dass die Unterscheidungsmerkmale eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors gegenüber einer in D9 offenbarten Zubereitung hervorriefen. Die technische Aufgabe lag ihrer Ansicht nach in der Bereitstellung eines Verfahrens zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors.
3.6 Die von der Beschwerdegegnerin vorgebrachte Argumentation überzeugt aus folgenden Gründen:
3.6.1 Zunächst ist nicht ersichtlich, inwiefern in vitro Messungen nicht zur Bestimmung von Unterschieden des Lichtschutzfaktors verschiedener Zubereitungen herangezogen werden können, bzw. zu anderen Ergebnissen führen sollten als entsprechende in vivo Messungen. Zudem beruht die Argumentation der Beschwerdegegnerin auf Messungen, die jeweils die in den Dokumenten D16 bis D19 beschriebenen Zubereitungen untereinander vergleichen und die daher vergleichbar sind, auch unabhängig davon, ob diese Untersuchungen unter in vivo oder in vitro Bedingungen durchgeführt wurden.
3.6.2 Aus Tabelle 2 des Streitpatents geht hervor, dass durch die Zugabe des einzigen UV-A-Filters DHHB (Uvinul® A Plus) zu einer Zubereitung, die bereits einen der UV-B-Filter EHT oder DBT enthält, eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors erreicht werden kann. So erhöht sich dieser bei den Beispielen 2 und 3 auf 20 bzw. 32 gegenüber 10 im Beispiel 1, wobei sich diese Beispiele lediglich durch die Menge an DHHB unterscheiden, und die Menge an EHT unverändert ist. Ein Vergleich der Beispiele 6 und 7 zeigt ebenfalls eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors (von 15 nach 32) bei Erhöhung der Menge an DHHB von 2 nach 10 und gleichbleibender Menge des UV-B-Filters DBT, also durch Zugabe von DHHB. Das Masseverhältnis ist in allen Beispielen innerhalb des anspruchsgemäßen Bereichs.
3.6.3 Wie bereits unter Punkt 2.2.8 der vorliegenden Entscheidung erläutert, wird der Fachmann nicht erwarten, dass der Lichtschutzfaktor einer EHT oder DBT enthaltenden Zubereitung durch Zugabe von DHHB beliebig weit erhöht werden kann. Da die Zubereitungen der genannten Beispiele 2 und 4 bereits DHHB enthalten, kann ein Vergleich dieser Beispiele mit den Beispielen 16 und 12 die technische Wirkung der Verbesserung des Lichtschutzfaktors nicht generell in Frage stellen.
3.6.4 Die Dokumente D16 bis D19 wurden von der Beschwerdegegnerin im Laufe des Einspruchsverfahrens eingereicht, und zwar innerhalb der von der Einspruchsabteilung in ihrer Ladung zur mündlichen Verhandlung unter Regel 116 EPÜ gesetzten Frist. Sie wurden von der Einspruchsabteilung ins Verfahren zugelassen und in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt (siehe unter den Punkten 23. und 34.4 der angefochtenen Entscheidung). Sie sind daher im Verfahren.
3.6.5 Im Dokument D16 wird eine Zubereitung "UV-20-077-5-5" einer Zubereitung "UV-20-077-5-6" gegenübergestellt. Dabei enthält die erste der Zubereitungen neben EHT drei UV-A-Filter, nämlich neben DHHB (2,00 Anteile) auch Butyl Methoxydibenzoylmethan (BMDBM, 1,00 Anteile) und Terephthalylidene dicamphor sulfonic acid (TDCS, 1,00 Anteile). Die zweite Zubereitung enthält lediglich einen einzigen UV-A-Filter, nämlich DHHB. Die Menge an DHHB der zweiten Zubereitung entspricht mit 4,00 Anteilen der Summe der UV-A-Filter der ersten. Die Zubereitung mit dem einzigen UV-A-Filter DHHB zeichnet sich durch einen Lichtschutzfaktor von 19 aus, gegenüber 17 bei der Zubereitung mit drei UV-A-Filtern.
3.6.6 Von der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, dass die beobachtete Verbesserung des Lichtschutzfaktors darauf zurückgeführt werden könne, dass der UV-A-Filter DHHB im Vergleich zu den beiden anderen UV-A-Filter (BMDBM und TDCS) eine bessere Sonnenschutzwirkung hervorrufe, und dass daher der Ersatz von BMDBM und TDCS durch dieselbe Menge an DHHB zwangsläufig zu einer Erhöhung des Lichtschutzfaktors führe.
3.6.7 Die Beschwerdegegnerin hat hierzu jedoch keine Nachweise erbracht. Somit ist insbesondere nicht nachgewiesen, ob, bzw. welcher der verwendeten UV-A-Filter eine gegenüber den anderen erhöhte Wirksamkeit aufweist. Gezeigt wurde durch die Versuche jedoch, dass bei gleichbleibender Gesamtmenge an UV-A-Filtern (4,00 Anteile) die Verwendung des einzigen UV-A-Filters DHHB gegenüber der Verwendung einer Mischung dieses mit weiteren UV-A-Filtern (BMDBM und TDCS) zu einer Verbesserung des Lichtschutzfaktors (19 vs. 17) führt.
3.6.8 Von der Beschwerdeführerin wurde bezüglich Dokument D16 des Weiteren vorgebracht, dass ein direkter Vergleich mit Dokument D9 nicht möglich sei, da die im Dokument D16 einander gegenübergestellten Zubereitungen zu viele Unterschiede im Vergleich zur Zubereitung aus Dokument D9 aufwiesen.
3.6.9 Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, in Frage zu stellen, dass durch die Verwendung des einzigen UV-A-Filters DHHB eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors erzielt werden kann.
3.6.10 Zunächst ist festzustellen, dass die Zubereitungen gemäß Dokument D16 wie diejenigen gemäß Dokument D9 neben DHHB als UV-A-Filter und EHT als UV-B-Filter auch die Substanzen Glycerinmonostearat SE, PEG-100 Stearat, Cetearylsulfat, Stearylalkohol, Zinkoxid HP1, C12-15 Alkyl Benzoat, Dicaprylcarbonate, Phenoxyethanol, Ethanol sowie gegebenenfalls die weiteren UV-A-Filter Butyl Methoxydibenzoylmethan (BMDBM) und Terephthalidendicampher Sulfonsäure (TDCS) aufweisen. Als zusätzlichen Inhaltsstoff weist die Zubereitung gemäß Dokument D9 den Breitbandfilter Drometrizol Trisiloxan sowie Glycin Soja und Parfüm auf. Damit besteht hinsichtlich der Inhaltsstoffe der verglichenen Zubereitungen eine weitgehende Übereinstimmung. Zwar wurde von der Beschwerdeführerin in Zweifel gezogen, dass die vorstehend unter Punkt 3.6.5 genannte technische Wirkung tatsächlich aus Dokument D16 ableitbar ist, jedoch wurde nicht dargelegt, noch ist ansonsten erkennbar, welche konkreten Auswirkungen die von ihr angeführten Unterschiede, insbesondere die Anwesenheit des Breitbandfilters sowie die unterschiedlichen Mengen der enthaltenen Substanzen, auf die beobachtete technische Wirkung hat. Daher ist in Ermangelung gegenteiliger Nachweise davon auszugehen, dass die durch den Vergleich der Zubereitungen "UV-20-077-5-5" und "UV-20-077-5-6" festgestellte technische Wirkung der Erhöhung des Lichtschutzfaktors von 17 auf 19 auf den Austausch von zwei Anteilen DHHB, einem Anteil BMDBM und einem Anteil TDCS durch vier Anteile DHHB zurückgeführt werden kann. Auch ist glaubhaft, dass eine derartige Wirkung auch gegenüber der im Dokument D9, Beispiel 1, Nr. 6 offenbarten Zubereitung auftritt, wenn darin ebenfalls die beiden UV-A-Filter BMDBM und TDCS durch dieselbe Menge an DHHB ausgetauscht würden.
3.6.11 Des Weiteren ergibt sich aus Dokument D17, dass die Erhöhung des Anteils des UV-A-Filters DHHB zu einer Erhöhung des Lichtschutzfaktors führt. So bewirkt eine Erhöhung von 2,50 Anteilen DHHB (Zubereitung "UV-20-077-1-3") auf 6,00 Anteile (Zubereitung "UV-20-077-1-4") eine Änderung von 58 auf 162. Diese Erhöhung ist zweifelsfrei auf das einzige Unterscheidungsmerkmal des Anteils an DHHB zurückzuführen, die nach von der Beschwerdeführerin nicht angezweifelten Berechnungen der Beschwerdegegnerin einer Änderung des Verhältnisses der Masse UV-A-Filter zur Summe der Massen der UV-B- und Breitbandfilter von 0,4 (außerhalb des anspruchsgemäßen Bereichs) zu 1,2 (anspruchsgemäßer Bereich) entspricht. Aus den bereits vorstehend im Hinblick auf Dokument D16 festgestellten Gründen ist diese auf den Anteil des UV-A-Filters an der Gesamtmasse der verwendeten Filter zurückzuführende technische Wirkung der Erhöhung des Lichtschutzfaktors auch auf Zubereitungen gemäß Dokument D9 übertragbar. Dieser Zusammenhang geht auch aus den Dokumenten D18 und D19 hervor.
3.6.12 Somit ist aus den vorliegenden experimentellen Daten ableitbar, dass die Zugabe des UV-A-Filters zu einer Zubereitung, die den UV-B-Filter EHT enthält, zu einer Verbesserung des Lichtschutzfaktors führt (insbesondere Tabelle 2). Zudem ist ableitbar, dass diese Verbesserung entweder durch die Verwendung von DHHB als einzigem UV-A-Filter hervorgerufen wird (Dokument D16), oder durch die Erhöhung des Masseanteils von DHHB an der Gesamtmasse der enthaltenen UV-Filter (Dokumente D17 bis D19). Dass diese Schlussfolgerung auch auf Zubereitungen zutrifft, die statt EHT den UV-B-Filter DHB, oder Mischungen der beiden, enthalten, ist ebenfalls glaubhaft, da es sich hierbei um strukturell verwandte Verbindungen handelt, nämlich jeweils um Triazone.
3.6.13 Die objektive technische Aufgabe kann daher darin gesehen werden, ein Verfahren bereitzustellen, durch das der Lichtschutzfaktor von im Dokument D9 offenbarten kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitungen erhöht werden kann, wobei diese Zubereitungen mindestens einen UV-B-Filter enthalten, der ausgewählt ist aus EHT und DBT.
Lösung der gestellten technischen Aufgabe
3.7 Zur Lösung dieser Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags ein Verfahren zur Verfügung gestellt, bei dem während der Herstellung der Zubereitung DHHB als einziger UV-A-Filter zugegeben wird, und wobei in der fertigen kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitung ein Wert für das Verhältnis der Summe der Masse des UV-A-Filters zur Summe der Masse der UV-B-Filter und Breitband-Filter von 1 bis 6 eingestellt wird. Durch diese Maßnahmen wird die gestellte Aufgabe gelöst.
Nicht-Naheliegen der vorgeschlagenen Lösung
3.8 Aus Dokument D9 entnimmt der Fachmann, dass Hydroxybenzophenone dazu verwendet werden können, die UV-Schutzleistung von triazin- und/oder benzotriazinhaltigen lichtschutzwirksamen kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitungen zu erhöhen (Anspruch 9).
Als Hydroxybenzophenon wird hierzu DHHB vorgeschlagen (Anspruch 4 sowie Seite 5, Zeilen 5 bis 9), als mögliche Triazine EHT (Anspruch 5 sowie Seite 15 bis 18) und DBT (Anspruch 5 sowie Seite 7, Zeile 27 bis Seite 8, Zeile 4).
Gemäß Dokument D9 stellen beispielsweise der Lichtschutzfaktor oder auch der IPD-Wert ein Maß für die im Anspruch 9 genannte UV-Schutzleistung dar (Dokument D9: Seite 4, Zeilen 4 bis 5).
Dabei stellt der Lichtschutzfaktor ein Maß für den Schutz gegen UV-B-Strahlung dar (Streitpatent: Absätze [0004], [0005], [0014] und [0030] sowie Dokument D9, Seite 4, Zeilen 7 bis 10), und der IPD-Wert oder der PPD-Wert wird zur Bestimmung der UV-A-Schutzleistung verwendet (Streitpatent: Absatz [0012]; Dokument D9: Seite 4, Zeilen 12 bis 16; Dokument D8: Absatz [0031]).
Somit entnimmt der Fachmann der Offenbarung des Dokuments D9, dass der UV-A-Filter DHHB zwar zur Erhöhung der UV-Schutzleistung verwendet werden kann. Da sich diese jedoch aus UV-A- sowie UV-B-Schutz zusammensetzt, und der UV-B-Schutz einer kosmetischen und/oder dermatologischen Zubereitung gemäß Anspruch 9 bereits durch die darin enthaltenen Triazine und/oder Benzotriazine gewährleistet wird, wird der Fachmann Dokument D9 lediglich die Lehre entnehmen, dass die Verwendung von DHHB dem Schutz vor UV-A-Strahlung dient. Ein Zusammenhang zwischen der Verwendung von DBBH und der Verbesserung des Lichtschutzfaktors (also des UV-B-Schutzes) lässt sich dem Dokument jedoch nicht entnehmen. Bereits aus diesem Grund wird dem Fachmann der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag durch Dokument D9 nicht nahegelegt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Kombination der Ansprüche 4 und 5 des Dokuments D9 prinzipiell zu Zubereitungen führt, die sowohl DHHB als auch ETH oder DBT enthalten.
3.9 Folglich findet sich darüber hinaus im Dokument D9 auch weder die Lehre, DHHB als alleinigen UV-A-Filter zur Verbesserung des Lichtschutzfaktors zu verwenden, noch die Lehre, den Lichtschutzfaktor durch ein bestimmtes Verhältnis von DHHB als alleinigem UV-A-Filter zur Summe der Masse der UV-B-Filter und Breitband-Filter zu erhöhen.
3.10 Von der Beschwerdeführerin wurde auch Dokument D8 herangezogen. Aus der Offenbarung dieses Dokuments ist jedoch ebenfalls kein Zusammenhang ableitbar zwischen der Zugabe des UV-A-Filters DHHB zu einer Zubereitung enthaltend mindestens einen der beiden UV-B-Filter EHT oder DBT, und einer Erhöhung des Lichtschutzfaktors.
3.11 Zwar werden im Anspruch 1 des Dokuments DHHB enthaltende kosmetische oder dermatologische Zubereitungen offenbart, und in den Absätzen [0040], [0043] und [0046] wird darauf verwiesen, dass die erfindungsgemäßen, also DHHB enthaltenden Zubereitungen einen hohen Lichtschutzfaktor aufwiesen, jedoch entnimmt der Fachmann dieser Offenbarung nicht, dass die Zugabe von DHHB für die Erhöhung des Lichtschutzfaktors verantwortlich ist. Vielmehr wird im Dokument D8 ebenfalls auf die Verwendung der UV-B-Filter DBT und EHT verwiesen (Absätze [0105] und [0106]). Somit entnimmt der Fachmann Dokument D8, wie bereits Dokuments D9, dass der UV-A-Filter DHHB für die UV-A-Schutzleistung der Zubereitungen verantwortlich ist (Absatz [0034]). Dahingegen wird im Absatz [0040] lediglich ein Zusammenhang hergestellt wird zwischen Lichtschutzfaktor und Lichtschutzfiltersubstanzen im Allgemeinen, nicht jedoch zwischen Lichtschutzfaktor und UV-A-Filtern. Auch im Absatz [0043] wird zwischen Lichtschutzfaktoren und UV-A-Schutzleistung unterschieden.
3.12 Somit wird dem Fachmann auch unter Zuhilfenahme der technischen Lehre des Dokuments D8 das beanspruchte Verfahren nicht nagegelegt.
3.13 Folglich lässt die Argumentation der Beschwerdeführerin nicht den Schluss zu, dass dem Fachmann das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags in naheliegender Weise offenbart wird. Dessen Bereitstellung beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
Anspruch 2
3.14 Anspruch 2 bezieht sich auf die Verwendung des UV-A-Filters DHHB zur Erhöhung des Lichtschutzfaktors einer Zubereitung, die mindestens einen der UV-B-Filter EHT oder DBT und gegebenenfalls UV-Breitband-Filter enthält, wobei das Masseverhältnis der UV-Filter der Zubereitung wie gemäß Anspruch 1 ebenfalls im Bereich von 1 bis 6 liegt. Erfinderische Tätigkeit liegt daher aus den hinsichtlich Anspruch 1 angeführten Gründen auch für die Verwendung gemäß Anspruch 2 vor (Artikel 56 EPÜ).
Anspruch 3
3.15 Anspruch 3 bezieht sich auf kosmetische und/oder dermatologische Zubereitungen. Diese enthalten ebenfalls DHHB als einzigen UV-A-Filter sowie mindestens einen der beiden UV-B-Filter EHT oder DBT. Im Gegensatz zum Verfahren gemäß Anspruch 1 oder zur Verwendung gemäß Anspruch 2 enthält die Zubereitung gemäß Anspruch 3 keinen Breitband-Filter. Zudem beträgt das Masseverhältnis des UV-A-Filters DHHB zur Summe der UV-B-Filter 1 bis 8, gegenüber 1 bis 6 gemäß der Ansprüche 1 und 2.
Anspruch 3 unterscheidet sich daher von den vorstehend genannten Beispielen des Dokuments D9 ebenfalls zumindest durch die vorstehend genannten Merkmale.
Mit Blick auf die bereits unter Punkt 3.6.12 der vorliegenden Entscheidung genannten, durch diese Unterscheidungsmerkmale hervorgerufenen technischen Wirkung ist die objektive technische Aufgabe in der Bereitstellung einer verbesserten lichtschutzwirksamen Zubereitung zu sehen.
Aus den bereits unter den Punkten 3.8 und 3.9 angeführten Gründen wird dem Fachmann zur Lösung dieser technischen Aufgabe nicht nahegelegt, die genannten Zubereitungen des Dokuments D9 anspruchsgemäß abzuändern, also entweder DHHB als einzigen UV-A-Filter zu verwenden, oder das Masseverhältnis der UV-Filter anspruchsgemäß einzustellen.
Somit liegt auch für die Bereitstellung von Zubereitungen gemäß Anspruch 3 erfinderische Tätigkeit vor (Artikel 56 EPÜ).
Hilfsanträge
4. Da die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründe einer Aufrechterhaltung des Hauptantrags der Patentinhaberin nicht entgegenstehen, erübrigt sich eine Erörterung der Hilfsanträge.
5. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass das Patent auf der Grundlage des vorliegenden Hauptantrags der Beschwerdegegnerin - des Hilfsantrags 3 des Einspruchsverfahrens - den Erfordernissen der Artikel 123(2), 83 und 56 EPÜ genügt. Die von der Einsprechenden angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung hat somit Bestand.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.