9.1.6 Beurteilung von Merkmalen, die sich auf die Wiedergabe von Informationen beziehen
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In T 756/06 stellte die Kammer fest, dass das Anzeigen von internen Zuständen eines technischen Systems in Form einer optischen Rückmeldung, die eine menschliche Interaktion mit dem System hervorrufen soll, von den Kammern in der Vergangenheit als technisch anerkannt worden ist (s. z. B. T 115/85, ABl. 1990, 30; T 362/90). Diese Feststellung ist in jüngerer Zeit bestätigt worden, insbesondere in T 643/00, wo das Design einer grafischen Benutzeroberfläche im Kontext des technischen Vorgangs der schnellen und effizienten Bildsuche in einer Bildverarbeitungsvorrichtung gesehen wurde. In Fällen hingegen, in denen das Design der grafischen Benutzeroberfläche ausschließlich auf die mentalen Aktivitäten eines Betrachters ausgerichtet war, insbesondere auf die Vorbereitung der relevanten Daten für einen nichttechnischen Entscheidungsprozess des Benutzers als Endadressaten, wurde ein über die reine Umsetzung hinausgehender technischer Beitrag nicht anerkannt. So zielte beispielsweise in T 125/04 die vektorielle Darstellung von Informationen auf dem Bildschirm, mit deren Hilfe der Kunde über Produkteigenschaften informiert wurde, einzig und allein auf die nichttechnische gedankliche Aktivität der Auswahl eines gewünschten Produkts und der Kaufentscheidung ab. Im vorliegenden Fall stellte die Kammer fest, dass das Layout des Terminplans vom Benutzer gedanklich, d. h. nach Maßgabe seiner Bedürfnisse und Vorlieben genutzt werden sollte und keinen technischen Zweck in einem technischen Verfahren erfüllte. Zwar hatte der Beschwerdeführer die Möglichkeit von Benutzereingaben in einem ersten Zeitabschnitt vorgesehen, doch führte dies nach Auffassung der Kammer lediglich zu einer subjektiven Verbesserung des äußeren Erscheinungsbilds des Terminplans und war nicht Teil eines technischen Verfahrens.
In T 1841/06 erklärte die Kammer, Gegenstand und Zweck der Erfindung seien bestenfalls das Ergebnis der Abwägung verschiedener mentaler Präferenzen des Benutzers, aber per se keine technische Aufgabe. Die Möglichkeit, zwischen einer Originalsprache und einer bevorzugten Sprache zu wählen, kann von dem einen Benutzer als lästig und von dem anderen als vorteilhaft empfunden werden. Die Erfindung brachte eine mentale Vereinfachung und einen subjektiven Vorteil für einige Benutzer, aber weder einen objektiven Vorteil noch einen technischen Fortschritt auf einem technischen Gebiet. Derartige rein subjektive Präferenzen bilden ebenso wenig wie andere nichttechnische Aspekte einer Erfindung eine tragfähige Grundlage für einen technischen und erfinderischen Beitrag zum Stand der Technik. Dementsprechend genügte die Erfindung dem Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit nicht (s. oben T 1958/13).
In T 478/06 handelte es sich bei der beanspruchten Erfindung um ein Verfahren, das den Zugriff auf geografische Informationen in einem Computersystem ermöglichte. Die Kammer stellte fest, dass im Allgemeinen alle Aspekte, die auf subjektiven Interessen, persönlichen Vorlieben und den (geschäftlichen) Aktivitäten oder Gegebenheiten des Benutzers beruhen, ihrem Wesen nach nichttechnisch sind. Die Kammer pflichtete der Auffassung bei, dass die Verwaltung von persönlichen und geografischen Informationen, d. h. ihre wunschgemäße Verwendung, nichttechnisch ist. Auch die Entscheidung, an welcher Stelle eine Schaltfläche eingeblendet werden soll, hängt von den Präferenzen des Benutzers und/oder den geschäftlichen Gegebenheiten ab, etwa davon, welches Programm verfügbar ist und angepasst werden soll. Gleiches gilt für den zweiten Aspekt, die Aufforderung an den Benutzer, bei Einblendung der Karteninformation anzugeben, ob er eine Wegbeschreibung benötigt. Die Kammer sah darin technisch keinen Unterschied zur Basisfunktion, bei der eine Wegbeschreibung vorgeschlagen wurde. Ein Unterschied wurde allenfalls darin gesehen, dass die Informationen in Form einer Frage angeboten wurden und dass der Zeitpunkt, zu dem die Wegbeschreibung vorgeschlagen wurde, von den Präferenzen des Benutzers abhing; weder das eine noch das andere ist eine technische Überlegung. Schließlich ist auch der Informationsgehalt selbst ohne Frage nichttechnisch und kann bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit keine Rolle spielen (s. auch T 1528/12). Die Kammer gelangte zu dem Schluss, dass die Entscheidung, an welcher Stelle die Schaltfläche eingeblendet werden soll, ebenso wie Präferenzen des Benutzers oder die geschäftliche Gegebenheit, welches Programm verfügbar ist und angepasst werden kann, eine rein nichttechnische Überlegung ist. Diese Entscheidung hat keine technische Wirkung auf das Endergebnis, die Einblendung der Karteninformation, auch wenn sie eine besondere technische Umsetzung impliziert.
In T 115/85 (ABl. 1990, 30) stellte die Kammer fest, dass die automatische visuelle Anzeige der in einer Vorrichtung oder Anlage herrschenden Bedingungen in der Regel eine technische Aufgabe darstellt.
In T 1000/09 war die Anmeldung auf ein Überwachungs- und Berichterstattungssystem für Fahrzeuge gerichtet, das Echtzeitdaten über die Fahrzeugleistung mit spezifischen Benutzerpräferenzen für verschiedene Arten von Daten kombinierte, die vom System erfasst werden konnten, sodass der Benutzer einen auf das spezifische Unternehmenskonzept für seine Fahrzeuge abgestimmten Wartungsplan ausführen konnte. Mit dem Betrieb eines Fahrzeugs zusammenhängende Daten wurden gesammelt und verarbeitet, um die Wahrscheinlichkeit eines Fahrzeugausfalls zu ermitteln, und wurden dem Benutzer angezeigt. Die Kammer urteilte, dass die Informationen zur Ausfallwahrscheinlichkeit gemäß Anspruch 1 nur ermittelt wurden, um sie dem Benutzer anzuzeigen, der daraufhin beschließen konnte, technische Maßnahmen zu ergreifen. Der kognitive Inhalt der Anzeige war kein technisches Merkmal und wurde auch nicht dadurch technisch, dass der Benutzer aufgefordert wurde, technische Maßnahmen zu ergreifen (unterbrochene technische Kette, T 1741/08, T 1670/07). Die Kammer stellte außerdem fest, dass Einstellungen, die der Benutzer vornimmt, um sich Datenkategorien oder -bereiche in einer für ihn zweckmäßigen Weise anzeigen zu lassen, auf eine Wiedergabe von Informationen abzielen, die a priori nichttechnisch ist (Art. 52 (2) d) EPÜ), selbst wenn sie die kognitive Belastung des Benutzers verringert (T 1741/08). Die kognitive Bedeutung der angezeigten Daten verleiht ihrer Wiedergabe keinen technischen Charakter. Wirkungen, die sich aus einer benutzerdefinierten Wiedergabe von Daten ergeben, sind von der Wahrnehmung des Benutzers abhängig und/oder mittelbare technische Wirkungen und/oder betreffen organisatorische und wirtschaftliche Aspekte. Was den technischen, die Eingabe betreffenden Aspekt der Mensch-Maschine-Schnittstelle betrifft, so war der Wunsch, die Schnittstelle mit Eingabemitteln zur Steuerung der Datenausgabe zu versehen, durch naheliegende Benutzerbedürfnisse bestimmt. Die Kammer urteilte, dass das System nach Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte.
In T 862/10 verwies die Kammer auf ihre Rechtsprechung (T 1143/06 und T 1741/08) und befand die gezielte Platzierung des angezeigten Objekts in Abhängigkeit von der Dringlichkeit der Nachricht für nichttechnisch. Mit anderen Worten konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung, an welcher Stelle ein Objekt in Abhängigkeit von dem ihm zugewiesenen Wert (seiner "Dringlichkeit") auf einem Computerbildschirm erscheinen soll, eine weitere technische Wirkung erzeugt. Die Kammer stellte überdies fest, dass das ständige Verschieben des angezeigten Objekts keinem anderen objektiven Ziel dienen konnte als der Wiedergabe von Informationen als solcher. Es erzeugte somit keine weitere technische Wirkung (d. h. keine technische Wirkung außer den normalen physikalischen Veränderungen, die naturgemäß an einem Computerbildschirm eintreten) und trug nicht zum Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit bei (s. auch T 1562/11). Im Gegensatz dazu wurde in Anspruch 1 des Hilfsantrags, Merkmal (3) die Aufgabe gelöst, dass der Benutzer die Position des Anzeigeobjekts auf dem Bildschirm schnell lokalisieren kann. Sowohl das Problem als auch die Lösung wurden in diesem Zusammenhang als technisch angesehen, da sie nicht von psychologischen oder subjektiven Faktoren abhängen. Vielmehr hängen sie von technischen Parametern ab, die genau definiert werden können.