A. Grundsatz des Vertrauensschutzes
Overview
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
1.Anwendbarkeit des Grundsatzes des Vertrauensschutzes
2.Vom EPA erteilte Auskünfte
3.Pflicht zur Aufklärung bei leicht behebbaren Mängeln
5.Vertrauensschutz und Rechtsprechung
Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist ein wichtiger Rechtsgrundsatz, der im Recht der Europäischen Union fest verankert und von den Vertragsstaaten des EPÜ und in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern allgemein anerkannt ist (G 2/97, ABl. 1999, 123; s. auch R 4/09). Bei seiner Anwendung auf Verfahren vor dem EPA sollten die vom Amt getroffenen Maßnahmen das in diese Verfahren gesetzte berechtigte Vertrauen der Beteiligten nicht verletzen (G 5/88, G 7/88, G 8/88, ABl. 1991, 137). Es wird auch die Bezeichnung "Grundsatz des guten Glaubens" oder "Grundsatz von Treu und Glauben" verwendet (z. B. J 10/84, ABl. 1985, 71; J 38/97; J 19/13; J 19/16).
Der Vertrauensschutz, den die Benutzer des europäischen Patentsystems genießen, basiert auf zwei Grundprinzipien: Dem Benutzer darf kein Nachteil daraus erwachsen, dass er sich auf eine falsche Auskunft oder einen missverständlichen Bescheid des EPA verlassen hat (s. dieses Kapitel III.A.2.). Außerdem muss das EPA den Anmelder auf einen drohenden Rechtsverlust hinweisen, wenn ein solcher Hinweis nach Treu und Glauben erwartet werden darf. Dies setzt voraus, dass der Mangel für das EPA leicht erkennbar ist (s. dieses Kapitel III.A.3.).
Die Benutzer des europäischen Patentsystems, die an Verfahren vor dem EPA beteiligt sind, sind ebenfalls zu redlichem Verhalten verpflichtet (G 2/97, R 4/09, T 861/12). Eine angebliche Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes kann als solche einen Überprüfungsantrag nach Art. 112a EPÜ nicht rechtfertigen (R 13/11, R 1/16).
- T 353/18
Discrepancies between the clean and the annotated versions of a request: no provision in the EPC establishing any legal primacy of the clean version over the annotated version; special reasons justifying a remittal (reasons: section 8)
- J 10/20
If the European Patent Office issues a promise or statement on how to act in a given area, the principle of legitimate expectations requires that promise or statement to be honoured unless there is good reason not to do so. Users and representatives cannot be expected to question, without any apparent reason, statements on the extension of time limits which are made in publications under Rule 134(4) EPC. Even in the absence of a general dislocation in the delivery or transmission of mail, they can rely on such publications without suffering any disadvantages (points 1.12.-1.20 of the Reasons).
- Rechtsprechung 2021
Zusammenfassungen der Entscheidungen in der Verfahrensprache
Summaries of decisions in the language of the proceedings
Résumés des décisions dans la langue de procedure- Rechtsprechung 2019
ABl. EPA 2020, Zusatzpublikation 4
OJ EPO 2020, Supplementary publication 4
JO OEB 2020, Publication supplémentaire 4