4.2.1 Zeugenaussagen und schriftliche Erklärungen
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In T 1191/97 konnte die Kritik des Beschwerdeführers an der Beweiswürdigung der ersten Instanz die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht ernsthaft erschüttern. Die Tatsache, dass die strittigen Vorgänge lange zurückliegen, erkläre gewisse Ungenauigkeiten in den Angaben des Zeugen. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge seine Verpflichtung, nach bester Erinnerung auszusagen, verletzt haben könnte, seien allerdings nicht ersichtlich.
In T 61/07 stellte die Kammer klar, dass die Frage des von der Beschwerdegegnerin in Zweifel gezogenen Erinnerungsvermögens (23 Jahre zurückliegender Sachverhalt) nicht die Glaubwürdigkeit des Zeugen, sondern die Glaubhaftigkeit seiner Aussage betreffe. Die Kammer sah allerdings keinen Anlass, an der Glaubhaftigkeit zu zweifeln. Die Tatsache allein, dass die Zeugen sich jeder für sich vor ihrer Einvernahme mit einem dritten Zeugen getroffen haben, kann nicht automatisch als eine Einflussnahme auf ihr Gedächtnisvermögen betrachtet werden. Kurz bevor eine Partei eine Vorbenutzung geltend macht, wird normalerweise im Voraus sondiert, an was sich der Zeuge tatsächlich erinnern kann. Eine solche Besprechung mit dem potenziellen Zeugen impliziert nicht automatisch, dass die entsprechende Partei bzw. einer ihrer Mitarbeiter während dieses Gesprächs Einfluss auf sein Erinnerungsvermögen ausübt.
Unter den Umständen der Sache T 918/11 befand die Kammer die Begründung der angefochtenen Entscheidung für nicht stichhaltig, die da lautete, dass "die bloße Erklärung eines Zeugen in Zusammenhang mit Tatsachen, die zwischen 1992 und 1997 stattfanden, d. h. mindestens 14 Jahre zurückliegen, nicht ausreicht, um die Einzelheiten der Vorbenutzung nachzuweisen".
In T 905/94 stellte die Kammer fest, dass die Aussage eines Zeugen nicht dadurch glaubhafter wird, dass er sie drei Jahre früher gemacht hat als andere Zeugen.
Zur Glaubwürdigkeit von Zeugen stellte die Kammer in T 1210/05 fest, dass jemand nicht unbedingt unlauter sein muss, um die Unwahrheit zu sagen. Eine Person könne sich in ehrlicher Absicht bei der Erinnerung an ein Ereignis täuschen, vor allem wenn das Ereignis einige Zeit zurückliege.