2.2.8 Angabe von Tatsachen und Beweismitteln – Substantiierung der Einspruchsgründe
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In T 182/89 (ABl. 1991, 391) befand die Kammer, dass die bloße Erklärung eines Einsprechenden, die einmalige Wiederholung eines Beispiels eines Patents "genau nach der Beschreibung" habe nicht genau die im Patent beschriebenen und beanspruchten Ergebnisse erbracht, eindeutig nicht ausreicht. Zur Frage der Substantiierung stellte die Kammer Folgendes fest: Wird in einer Einspruchsschrift als alleiniger Einspruchsgrund unzureichende Offenbarung nach Art. 100 b) EPÜ 1973 geltend gemacht und als Angabe der "Tatsachen und Beweismittel" zur Begründung lediglich eine solche Erklärung abgegeben, so ist der Einspruch selbst dann als unzulässig anzusehen, wenn die behaupteten Tatsachen sich nachträglich als zutreffend erweisen.
In T 550/88 (ABl. 1992, 117) setzte sich die Kammer mit der Frage auseinander, ob ältere nationale Rechte von Rechts wegen "Tatsachen oder Beweismittel" darstellen, die für den Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit nach Art. 54 (1) und (3) EPÜ 1973 relevant sind. Nach Meinung der Kammer gehören bei richtiger Auslegung des Art. 54 (3) EPÜ 1973 ältere nationale Rechte nicht zum Stand der Technik; nur früher eingereichte europäische Patentanmeldungen nach dem Übereinkommen gelten nach Art. 54 (3) EPÜ 1973 als Stand der Technik. Die Kammer entschied, dass der Einspruch unzulässig war, weil die einzigen in der Einspruchsschrift angegebenen Tatsachen und Beweismittel auf ältere nationale Rechte zurückgingen.
In T 613/10 sind nach Ansicht der Kammer die jeweiligen Umstände des Einzelfalls bei der Frage der Zulässigkeit eines Einspruchs zu berücksichtigen, vor allem dann, wenn die Erfordernisse der R. 76 (2) c) EPÜ nicht klar und eindeutig erfüllt sind. Zu diesen Umständen gehört ebenso wie der Schwierigkeitsgrad des technischen Sachverhalts hinsichtlich des Streitpatents und der Entgegenhaltungen auch die Anzahl der Ansprüche des Streitpatents und der zitierten Entgegenhaltungen, auch wenn es keine grundsätzliche Beschränkung auf eine Zahl von Angriffen oder Entgegenhaltungen bei einem Einspruch gibt. Es obliegt nicht dem Patentinhaber, anhand der vorhandenen, aber für eine ausreichende Begründung unzulänglichen Angaben in der Einspruchsschrift eine eigene Begründung auszuarbeiten. Im vorliegenden Fall war der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist unter Verwendung des amtlichen Formblatts sowie von zwei Zusatzblättern eingelegt worden, auf denen 26 Beweismittel angeführt waren, die jedoch erst nach Fristablauf zusammen mit einer eingehenden Erklärung nachgereicht wurden. In der Einspruchsschrift war nicht angegeben, welche Entgegenhaltungen zu welchem der beiden geltend gemachten Einspruchsgründe (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) in Bezug zu setzen waren. Keine der zitierten Textpassagen bzw. Zeichnungen wurde darin mit den Merkmalen des Gegenstands eines der 26 Patentansprüche verglichen, und es wurde auch kein technischer Zusammenhang zwischen der jeweiligen Entgegenhaltung und den einzelnen Ansprüchen des Streitpatents hergestellt. Die Kammer gelangte zu dem Schluss, dass der eingereichte Einspruch hinsichtlich keines der beiden Einspruchsgründe ausreichende Angaben zu den zur Begründung vorgebrachten Tatsachen enthielt. Die Erfordernisse der R. 76 (2) c) EPÜ waren daher nicht erfüllt.