2.6.5 Einführung von neuem Vorbringen
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In einigen Entscheidungen wurde eine Beschwerde für zulässig erachtet, in denen der Einsprechende (Beschwerdeführer) im Beschwerdeverfahren einen neuen Sachverhalt zum selben Einspruchsgrund eingeführt hatte (s. T 3/92, T 219/92, T 229/92, T 847/93, T 708/95, T 191/96 und T 509/13).
So wurde schon in T 611/90 (ABl. 1993, 50) ausgeführt, dass eine Beschwerde, die einen völlig anderen Sachverhalt als den der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden einführt, ist – vorbehaltlich sonstiger Mängel – dann zulässig ist, wenn sie sich noch auf denselben Einspruchsgrund stützt. In der vorliegenden Sache entwickelte der Einsprechende im Rahmen seiner Beschwerde gegen die Feststellung der Einspruchsabteilung, das Patent sei neu und erfinderisch, ein völlig neues Vorbringen zu fehlender Neuheit. Desgleichen wurde die Beschwerde in der Sache T 938/91 für zulässig erachtet, wo der Einsprechende (Beschwerdeführer) eine angebliche Vorbenutzung und eine Entgegenhaltung neu eingeführt hatte; der Beschwerdeführer hatte der Kammer damit zwar einen ganz neuen Sachverhalt unterbreitet, doch fiel die neue Begründung noch unter denselben Einspruchsgrund.
Im Anschluss an T 611/90 stellte die Kammer in T 252/95 fest, dass eine Begründung auch dann als ausreichend angesehen werden kann, wenn ein neuer Tatbestand vorgebracht wird, der der Entscheidung die rechtliche Grundlage entzieht. Das gilt auch dann, wenn die Einspruchsgründe auf einen neuen Sachverhalt gestützt werden und eine Auseinandersetzung mit den Gründen der Entscheidung der Einspruchsabteilung vollständig fehlt. Auch in T 801/00 stellte die Kammer fest, dass eine zulässige Beschwerde ganz auf neue Tatsachen gestützt werden kann. Die von dem Beschwerdeführer bezüglich der neuen Entgegenhaltungen vorgebrachten Argumente waren so einleuchtend, dass für die Kammer und die Gegenpartei sofort nachvollziehbar war, warum die angegriffene Entscheidung als falsch angesehen wurde und inwiefern sie aufgehoben werden sollte.