3.2.1 Einspruchsbeschwerdeverfahren
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In T 2094/12 war der vom erteilten Anspruch 1 abhängige erteilte Anspruch 5 nicht angegriffen worden. Der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltene Anspruch 1 kombinierte den erteilten Anspruch 1 mit dem (nicht optionalen) Gegenstand des erteilten Anspruchs 5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags beruhte somit auf einem "abhängigen Gegenstand" gemäß G 9/91. Dort heißt es: "Auch wenn der Einspruch ausdrücklich nur gegen den Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs eines europäischen Patents gerichtet ist, können doch auch Ansprüche, die von einem solchen unabhängigen Anspruch abhängen, auf ihre Patentierbarkeit hin geprüft werden, wenn der unabhängige Anspruch im Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren vernichtet wird, sofern die Gültigkeit dieser abhängigen Ansprüche durch das bereits vorliegende Informationsmaterial prima facie infrage gestellt wird (s. T 293/88, ABl. 1992, 220). Es muss davon ausgegangen werden, dass ein solcher abhängiger Gegenstand durch die Erklärung nach R. 55 c) EPÜ 1973 (jetzt R. 76 (2) c) EPÜ) implizit mit abgedeckt ist ...". Weil im vorliegenden Fall der Einspruch explizit gegen den erteilten Anspruch 1 gerichtet war, betraf er implizit auch den Gegenstand des erteilten Anspruchs 5, der nun den Anspruch 1 des Hauptantrags bildete. Die Einspruchsabteilung war somit auch zuständig, die Prima-facie-Gültigkeit des Patents zu prüfen. Im vorliegenden Fall befand die Einspruchsabteilung, dass die Gültigkeit der aufrechterhaltenen Ansprüche durch die damals aktenkundigen Beweismittel (Unterlagen) prima facie nicht infrage gestellt wurde. Um diese Entscheidung in der Sache anzufechten, musste der Beschwerdeführer (Einsprechende) deshalb nachweisen, warum die Einspruchsabteilung mit ihrer Feststellung der Prima-facie-Gültigkeit falsch lag und eine vollständige Prüfung hätte durchführen müssen. Die Überprüfung der Entscheidung muss unter denselben Bedingungen stattfinden, d. h. zunächst muss die Prima-facie-Gültigkeit geprüft werden, und erst wenn sich diese nicht bestätigt, kann eine vollständige Prüfung erfolgen.