7.7.3 Besondere Gründe sprechen gegen eine Zurückverweisung nach Artikel 11 VOBK 2007
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
- Verfahrensverzögerung
In T 21/09 schloss sich die Kammer der Entscheidung T 48/00 an, wonach eine durch die Zurückverweisung bedingte Verzögerung der abschließenden Entscheidung kein ausreichender Grund war, die Zurückverweisung nicht anzuordnen. Das grundlegende Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör vor der Einspruchsabteilung wiegt mehr als jeglicher Vorteil, der sich für die Beschwerdegegner daraus ergeben könnte, dass die Kammer die Sache abschließend behandelt, anstatt sie zurückzuverweisen (T 914/98).
In T 48/00 hatte der Beschwerdegegner als einzigen Grund, der gegen eine Zurückverweisung sprach, geltend gemacht, dies würde die abschließende Entscheidung in der Sache hinauszögern, so dass er durch den Fortbestand eines seines Erachtens ungültigen Patents geschädigt würde. Die Kammer wies darauf hin, dass der Beschwerdegegner jedoch die Möglichkeit hat, die Gültigkeit des Patents vor nationalen Gerichten anzufechten, während für den Beschwerdeführer der Widerruf seines Patents im Einspruchsverfahren den endgültigen Verlust seiner Rechte in allen benannten Staaten bedeuten würde.
- Verletzungsverfahren vor nationalen Gerichten
Ein Verletzungsverfahren vor einem deutschen Gericht ist der Entscheidung T 914/98 zufolge kein besonderer Grund; die Kammer urteilte, dass das grundlegende Recht der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör vor der Einspruchsabteilung mehr wiege als jeglicher Vorteil, der sich für die Beschwerdegegner daraus ergeben könnte, dass die Kammer die Sache abschließend behandelte, anstatt sie zurückzuverweisen.
- Dauer des Verfahrens
In T 1077/06 hatte der Beschwerdeführer, dessen rechtliches Gehör verletzt worden war, die Zurückverweisung an die erste Instanz beantragt. Nach Ansicht der Kammer hatte dieser Antrag unter den besonderen Umständes des vorliegenden Falles Vorrang gegenüber Befürchtungen, das Verfahren können ungebührlich hinausgezogen werden (s. auch T 594/00).
In T 591/17 prüfte die Kammer, ob das Alter der vorliegenden Anmeldung einen besonderen Grund darstellte. Die Prüfungsabteilung hatte fast zehn Jahre gebraucht, um auf das Schreiben des Beschwerdeführers zu reagieren, was nur zu einem geringen Teil auf die Aussetzung des Prüfungsverfahrens zurückzuführen war. Da sich der Beschwerdeführer jedoch zwischen 2005 und 2015 nicht ein einziges Mal zumindest nach dem Stand des Prüfungsverfahrens erkundigt hatte und in seiner Beschwerdebegründung nicht auf die Gesamtdauer des Verfahrens eingegangen war, entschied die Kammer, dass das Alter des Falls keinen besonderen Grund darstellte, um die Angelegenheit nicht zurückzuverweisen.
In T 2092/13 befand die Kammer, dass die Gesamtdauer des Verfahrens einen besonderen Grund darstellen kann. Bei der Anmeldung handelte es sich allerdings um eine Teilanmeldung, was zumindest teilweise die Dauer des Verfahrens erklärte. Dieser Umstand allein stellte im vorliegenden Fall keinen ausreichenden besonderen Grund dar, um die Zurückverweisung nicht ins Auge zu fassen.
In T 1088/11 akzeptierte die Kammer, dass eine Zurückverweisung an die erstinstanzliche Abteilung zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung führen würde, doch konnte dies nicht als einer der besonderen Gründe nach Art. 11 VOBK 2007 betrachtet werden. Wenn gute Gründe für die Annahme vorliegen, dass die angefochtene Entscheidung in falscher Besetzung ergangen ist, die die Rechtsgültigkeit der Entscheidung infrage stellt, ist die Sache an die erstinstanzliche Abteilung zurückzuverweisen. Die Kammer schloss sich der Entscheidung in T 990/06 an, wonach unter diesen Umständen Erwägungen der Verfahrensökonomie keine Rolle spielen.